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Zwangsgeld bei notariellem Nachlassverzeichnis: Unzulässig nach Notarwechsel

Wegen einer Verzögerung beim notariellen Nachlassverzeichnis verhängte das Gericht ein hohes Zwangsgeld gegen den Erben, obwohl der beauftragte Notar die Arbeit verweigerte. Der Erbe wechselte zwar umgehend den Notar, doch die Juristen prüften, ob er nicht zuerst gegen den ablehnenden Dienstleister hätte Beschwerde einlegen müssen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 33 W 1013/25 e | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze


  • Das Problem: Eine Pflichtteilsberechtigte forderte die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses vom Erben. Nachdem zwei Notare die Erstellung ablehnten, beantragte die Klägerin ein Zwangsgeld gegen den Erben.
  • Die Rechtsfrage: Darf gegen einen Erben ein Zwangsgeld verhängt werden, wenn er zwar das Nachlassverzeichnis noch nicht vorlegen konnte, aber unverzüglich einen neuen Notar beauftragt und diesem alle Unterlagen übergeben hat?
  • Die Antwort: Nein, das Zwangsgeld wurde aufgehoben. Der Erbe hat alles in seiner Macht Stehende getan, um seine Pflicht zu erfüllen. Ein Zwangsgeld darf nur verhängt werden, wenn der Erbe aktuell keine weiteren erfolgversprechenden Schritte unternimmt.
  • Die Bedeutung: Ein Erbe muss nicht gegen ablehnende Notare rechtliche Schritte einleiten, wenn er das Ziel schneller durch die Beauftragung eines neuen Notars erreicht. Für die Verhängung eines Zwangsgeldes ist nur der aktuelle Zustand relevant, nicht das frühere Verhalten des Erben.

Wann ist ein Zwangsgeld bei einem notariellen Nachlassverzeichnis unzulässig?

Ein Erbe steht vor einem Dilemma: Ein Gericht hat ihn verurteilt, ein detailliertes, von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis vorzulegen. Doch der beauftragte Notar weigert sich. Die Pflichtteilsberechtigte Partei drängt auf die Vollstreckung und beantragt ein Zwangsgeld, um den Druck zu erhöhen. Der Erbe aber hat bereits einen neuen Notar gefunden, der die Arbeit übernehmen will. Reicht dieser pragmatische Schritt aus, um ein Zwangsgeld abzuwenden? Oder muss der Erbe erst den Rechtsweg gegen den ersten, unwilligen Notar ausschöpfen? Mit dieser Frage befasste sich das Oberlandesgericht München und gab in seinem Beschluss vom 08. Oktober 2025 (Az. 33 W 1013/25 e) eine klare Leitlinie vor, die den Fokus auf Effizienz statt auf formale Rechtskämpfe legt.

Was war der Auslöser für den Rechtsstreit?

Ein Notar schiebt einem Erben einen dicken Stapel Nachlassdokumente abweisend über den Schreibtisch zurück.
Zwangsgeld bei Nachlassverzeichnis: OLG München präzisiert Anforderungen bei Erben-Verzögerungen. | Symbolbild: KI

Nach dem Tod ihres Ehemannes am 09. Oktober 2022 machte die Witwe als Pflichtteilsberechtigte ihre Ansprüche gegenüber dem Erben, einem Neffen des Verstorbenen, geltend. Um die genaue Höhe ihres Pflichtteils berechnen zu können, benötigte sie eine vollständige Übersicht über den Nachlass. Der Erbe ist gesetzlich verpflichtet, eine solche Auskunft zu erteilen. Da ein einfaches, privat erstelltes Verzeichnis der Witwe nicht ausreichte, klagte sie erfolgreich auf die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Mit einem Teilurteil vom 03. April 2025 verurteilte das Landgericht Ingolstadt den Erben genau dazu. Dieser hatte bereits im Oktober 2024 versucht, einen Notar zu beauftragen, war jedoch erfolglos geblieben. Unmittelbar nach dem Urteil, im April 2025, beauftragte er einen Notar am letzten Wohnsitz des Erblassers und übermittelte ihm am 15. April alle notwendigen Unterlagen, inklusive eines bereits erstellten privaten Verzeichnisses.

Für die Witwe ging das alles nicht schnell genug. Am 19. Juni 2025 beantragte sie beim Landgericht, ein Zwangsgeld gegen den Erben zu verhängen, da das notarielle Verzeichnis immer noch nicht vorlag. Die Situation spitzte sich zu, als der beauftragte Notar nach einer weiteren Aufforderung durch den Erben am 04. Juli 2025 die Beurkundung endgültig ablehnte. Er begründete dies unter anderem mit einem möglichen Beurkundungsverbot nach § 14 Abs. 2 der Bundesnotarordnung (BNotO). Nur fünf Tage später, am 09. Juli 2025, gab das Landgericht dem Antrag der Witwe statt und verhängte das Zwangsgeld.

Dagegen legte der Erbe sofortige Beschwerde ein. Er argumentierte, er sei keineswegs untätig gewesen. Innerhalb kürzester Zeit nach der Ablehnung habe er ein anderes Notariat in Augsburg gefunden, das die Erstellung des Verzeichnisses zugesagt hatte. Alle Unterlagen seien bereits dorthin weitergeleitet worden. Das Landgericht Ingolstadt wies die Beschwerde jedoch zurück und leitete den Fall an die nächste Instanz, das Oberlandesgericht München, weiter.

Welche juristischen Maßstäbe legt das Gericht an ein Zwangsgeld an?

Im Zentrum des Falles steht die Zwangsvollstreckung nach § 888 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dieses Instrument kommt bei sogenannten „unvertretbaren Handlungen“ zum Einsatz. Das sind Pflichten, die nur der Schuldner – hier der Erbe – persönlich erfüllen kann. Die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses ist ein klassisches Beispiel: Der Erbe kann die Arbeit nicht selbst erledigen, ist aber darauf angewiesen, die Mitwirkung eines Dritten, des Notars, zu erlangen.

Das OLG München stellte klar, dass ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO keinen Strafcharakter hat. Es dient nicht dazu, vergangenes Zögern zu sanktionieren. Vielmehr ist es ein reines Beugemittel, das den Schuldner zu künftigem Handeln zwingen soll. Deshalb gilt ein streng gegenwartsbezogener Prüfungsmaßstab. Die entscheidende Frage für das Gericht lautet: Hat der Schuldner zum Zeitpunkt der Entscheidung alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare getan, um seiner Verpflichtung nachzukommen? Gibt es aktuell noch konkrete, erfolgversprechende Maßnahmen, die er ergreifen könnte, um den Prozess zu beschleunigen? Nur wenn diese Frage mit „Ja“ beantwortet wird, ist ein Zwangsgeld gerechtfertigt.

Warum hob das Oberlandesgericht das Zwangsgeld wieder auf?

Das OLG München folgte der Argumentation des Erben und hob den Beschluss des Landgerichts auf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit einer präzisen Analyse der Pflichten des Erben und verwarfen die Argumente der Witwe und der Vorinstanz Punkt für Punkt.

Der entscheidende Maßstab: Was kann der Erbe jetzt noch tun?

Das Gericht stellte fest, dass der Erbe im entscheidenden Moment – dem Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung – bereits die Weichen für die Erfüllung seiner Pflicht gestellt hatte. Nachdem der erste Notar die Beurkundung am 4. Juli endgültig ablehnte, fand der Erbe innerhalb von nur drei Wochen ein neues Notariat, das die Aufgabe übernahm. Er leitete unverzüglich alle Unterlagen weiter.

Aus Sicht des Senats hatte der Erbe damit alles getan, was von ihm aktuell verlangt werden konnte. Es gab keine weiteren, erfolgversprechenderen Schritte, die er hätte unternehmen können, um die Erstellung des Verzeichnisses zu beschleunigen. Der Zweck des Zwangsgeldes, den Erben zu weiterem Handeln zu zwingen, lief somit ins Leere. Ein Druckmittel ist sinnlos, wenn der Betreffende bereits den schnellsten und effektivsten Weg zur Zielerreichung eingeschlagen hat.

Die falsche Erwartung: Muss der Erbe einen Notar verklagen?

Das zentrale Argument der Witwe und des Landgerichts war, der Erbe hätte gegen die Ablehnung des ersten Notars rechtlich vorgehen müssen. Konkret wurde ihm vorgeworfen, keine Beschwerde nach § 15 Abs. 2 der Bundesnotarordnung (BNotO) eingelegt zu haben.

Dieser Sichtweise erteilte das OLG eine klare Absage. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs sei kein Selbstzweck. Ein Erbe könne nur dann dazu verpflichtet werden, einen Notar auf Durchführung der Beurkundung zu verklagen, wenn dieser Rechtsweg zwei Bedingungen erfüllt: Er muss geeignet und erfolgversprechend sein. Das Landgericht hatte jedoch versäumt zu prüfen, ob die Weigerung des Notars überhaupt unbegründet war. Ohne diese Prüfung war die Forderung, der Erbe müsse klagen, reine Spekulation.

Mehr noch, das Gericht betonte, ein solcher Rechtsstreit wäre den Interessen der pflichtteilsberechtigten Witwe sogar zuwidergelaufen. Ein Beschwerdeverfahren gegen einen Notar kann langwierig und der Ausgang ungewiss sein. Den Erben auf diesen Weg zu zwingen, hätte die Vorlage des Nachlassverzeichnisses weiter verzögert. Der vom Erben gewählte Weg – die sofortige Suche nach einem kooperationsbereiten Notar – war objektiv der schnellere und damit für alle Beteiligten sinnvollere.

Verfahrensfehler der Vorinstanz: Warum das Landgericht das rechtliche Gehör verletzte

Neben der inhaltlichen Kritik rügte das OLG auch das Vorgehen des Landgerichts. In seiner Beschwerde hatte der Erbe detailliert dargelegt, dass er bereits ein neues Notariat beauftragt hatte. Das Landgericht ging auf diesen entscheidenden neuen Umstand in seiner Abweisungsentscheidung mit keinem Wort ein und behauptete lediglich formelhaft, der Erbe habe nicht alles Zumutbare getan. Dieses Ignorieren von wesentlichem Vortrag stellt eine Verletzung des Anspruchs auf Rechtliches Gehör dar. Auch wenn das OLG den Fall aus prozessökonomischen Gründen selbst entschied, machte es die Mangelhaftigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung deutlich.

Was bedeutet dieses Urteil für Erben und Pflichtteilsberechtigte?

Die Entscheidung des OLG München schafft praktische Klarheit für eine häufige Konfliktsituation im Erbrecht. Sie stärkt die Position des Erben, der sich aktiv und nachweislich um die Erfüllung seiner Auskunftspflichten bemüht, auch wenn er auf Widerstände Dritter stößt.

Checkliste für Erben bei der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses:

  • Handeln Sie proaktiv: Warten Sie nicht auf eine Klage. Beginnen Sie frühzeitig mit der Suche nach einem Notar und der Zusammenstellung der erforderlichen Unterlagen.
  • Dokumentieren Sie Ihre Bemühungen: Halten Sie die Kommunikation mit Notariaten schriftlich fest (E-Mails, Auftragsbestätigungen). Diese Dokumentation ist Ihr wichtigster Beleg im Streitfall.
  • Reagieren Sie bei Ablehnung sofort: Lehnt ein Notar die Beurkundung ab, ist das kein Grund zur Panik. Verfallen Sie nicht in Untätigkeit, sondern suchen Sie umgehend nach einer Alternative.
  • Wählen Sie den schnellsten Weg: Der pragmatische und schnellste Weg zur Erfüllung ist in der Regel die Beauftragung eines neuen, kooperationsbereiten Notars – nicht ein langwieriger Rechtsstreit mit dem ersten.
  • Kommunizieren Sie transparent: Informieren Sie die Gegenseite und gegebenenfalls das Gericht über Ihre Schritte. Legen Sie dar, dass Sie einen neuen Notar beauftragt und diesem alle Unterlagen zur Verfügung gestellt haben. Dies zeigt Ihre Erfüllungsbereitschaft und kann die Verhängung eines Zwangsgeldes von vornherein verhindern.
  • Verstehen Sie den Zweck des Zwangsgeldes: Ein Zwangsgeld ist kein Strafzettel für die Vergangenheit. Solange Sie nachweisen können, dass Sie aktuell alles Sinnvolle und Notwendige tun, um Ihrer Pflicht nachzukommen, ist die Anordnung eines Zwangsgeldes rechtswidrig.

Die Urteilslogik

Die Zwangsvollstreckung von unvertretbaren Handlungen dient allein dazu, den Schuldner zu künftigem Handeln anzuhalten und erzwingt keine strafende Sanktion für vergangene Untätigkeit.

  • [Zwangsgeld dient der Beugung, nicht der Strafe]: Die Justiz beurteilt die Zulässigkeit eines Zwangsgeldes ausschließlich nach den aktuellen Bemühungen des Schuldners und nicht nach dessen Verzögerungen in der Vergangenheit.
  • [Pragmatismus schlägt formalen Rechtsstreit]: Blockiert ein Dritter (Notar) die Erfüllung einer Gerichtspflicht, wählt der Verpflichtete den schnellsten und effektivsten Weg zur Zielerreichung; er muss keinen langwierigen Rechtsbehelf gegen den Dritten einlegen, wenn eine kooperationsbereite Alternative bereitsteht.
  • [Zumutbarkeit erfordert Wirksamkeit]: Ein Gericht darf einen Schuldner nur zu solchen Handlungen zwingen, die objektiv geeignet und erfolgversprechend sind, die Pflicht unverzüglich zu erfüllen; unnötig langsame oder ungewisse Rechtsstreitigkeiten sind ihm nicht zuzumuten.

Die Pflicht des Schuldners endet, sobald er nachweislich alles in seiner Macht Stehende und Zumutbare unternimmt, um den Vollzug der gerichtlich angeordneten Handlung zu gewährleisten.


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Experten Kommentar

Wenn bei der Erfüllung der Auskunftspflicht der Notar blockiert, stehen Erben schnell vor einem Dilemma. Das OLG München liefert hier Klartext und fokussiert auf Pragmatismus: Man muss nicht den langwierigen Rechtsstreit gegen den unwilligen Notar führen, um das Zwangsgeld abzuwenden. Entscheidend ist allein, dass der Erbe unverzüglich den schnellsten, erfolgversprechendsten Weg einschlägt – nämlich die Beauftragung eines neuen Notariats. Diese Entscheidung ist eine klare Erleichterung, denn sie macht das Zwangsgeld zu einem reinen Druckmittel für die Zukunft, das ins Leere läuft, sobald der Erbe nachweislich aktiv handelt.


Das Bild zeigt auf der linken Seite einen großen Text mit "ERBRECHT FAQ Häufig gestellte Fragen" vor einem roten Hintergrund. Auf der rechten Seite sind eine Waage, eine Schriftrolle mit dem Wort "Testament", ein Buch mit der Aufschrift "BGB", eine Taschenuhr und eine Perlenkette zu sehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann ist ein Zwangsgeld zulässig, wenn mein Notar das Nachlassverzeichnis verweigert?

Ein Zwangsgeld ist nur zulässig, wenn Sie aktuell nachweisbar untätig sind und keine Anstrengungen unternehmen, die Pflicht zu erfüllen. Es dient ausschließlich als Beugemittel für zukünftiges Handeln und hat keinen Strafcharakter für vergangene Verzögerungen. Können Sie dem Gericht beweisen, dass Sie bereits aktiv den schnellsten Weg zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses gewählt haben, entfällt die Berechtigung für die finanzielle Sanktion.

Gerichte legen einen streng gegenwartsbezogenen Prüfungsmaßstab an. Sie müssen nachweisen, dass Sie im Moment der gerichtlichen Entscheidung alles Zumutbare tun, um Ihrer Verpflichtung nachzukommen. Wenn der Notar die Beurkundung ablehnt, dürfen Sie nicht in Untätigkeit verfallen, sondern müssen unverzüglich einen Ersatz suchen. Eine zu lange Übergangszeit zwischen der Ablehnung des ersten und der Beauftragung des zweiten Notars werten Gerichte schnell als mangelnde Erfüllungsbereitschaft.

Der pragmatische Wechsel zu einem neuen Notariat ist dabei der effizienteste Schritt. Konkret: Nachdem der erste Notar ablehnt, beauftragen Sie umgehend einen anderen Dienstleister und leiten alle notwendigen Unterlagen weiter. Haben Sie diesen schnellen, effektiven Weg gewählt, läuft der Zweck des Zwangsgeldes ins Leere. Ein Druckmittel ist unnötig, wenn der Erbe bereits aktiv alle ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, um den Prozess zu beschleunigen.

Suchen Sie, beginnend heute, gezielt in Ihrer Region nach einem zweiten Notariat und erbitten Sie eine schriftliche Zusage zur Übernahme, um die Zeitspanne der Untätigkeit zu minimieren.


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Muss ich gegen den ablehnenden Notar klagen, um das Zwangsgeld abzuwenden?

Nein, Sie müssen den ablehnenden Notar nicht verklagen, um ein verhängtes Zwangsgeld abzuwenden. Das Oberlandesgericht München verneinte diese formale Erwartungshaltung klar. Gerichte dürfen Sie nur dann zu einem Rechtsstreit verpflichten, wenn dieser Weg nachweislich geeignet und erfolgversprechend ist. Der sofortige Wechsel zu einem kooperativen Notar ist in der Regel der pragmatischere und vorzugswürdige Weg.

Die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen den Notar, beispielsweise eine Beschwerde nach der Bundesnotarordnung, ist kein Selbstzweck. Ein solcher formaljuristischer Weg muss das Ziel unterstützen, das notarielle Nachlassverzeichnis zeitnah zu erstellen. Ein langwieriger Prozess gegen den Notar würde die Vorlage des Verzeichnisses jedoch unnötig verzögern. Dies läuft den Interessen der pflichtteilsberechtigten Gegenseite zuwider, die dringend die Auskünfte benötigt.

Ein Rechtsstreit mit dem ersten Notar ist typischerweise ungewiss im Ausgang und kann Monate dauern. Das Gericht muss dem Erben zugestehen, den objektiv schnelleren und effizienteren Weg zu wählen. Ist der Notarwechsel bereits vollzogen und die Unterlagen an den neuen Dienstleister übergeben, hat das Zwangsgeld seinen Zweck als Beugemittel verloren. Konzentrieren Sie Ihre Energie auf die zügige Beauftragung eines Ersatzes, statt Ressourcen in eine Klage zu investieren.

Formulieren Sie gegenüber dem Gericht den Einwand, dass eine Klage gegen den Notar die Pflichtteilsberechtigte zeitlich benachteiligen würde, und legen Sie den Beauftragungsnachweis für den neuen Notar vor.


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Welche Schritte muss ich unternehmen, um bei Notarwechsel das Zwangsgeld zu verhindern?

Um ein Zwangsgeld abzuwenden, müssen Sie nach der Notarablehnung eine lückenlose Kette aktiven Handelns beweisen. Der Schlüssel liegt in der Geschwindigkeit des Wechsels und der Dokumentation der Unterlagenübergabe. Zeigen Sie dem Gericht, dass Sie zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses alle zumutbaren Schritte unternommen haben.

Gerichte wenden einen streng gegenwartsbezogenen Prüfungsmaßstab an, ob Sie aktuell untätig sind. Wenn der erste Notar die Beurkundung endgültig ablehnt, müssen Sie unverzüglich reagieren und einen Ersatz finden. Die Zeitspanne zwischen der Ablehnung und der Beauftragung des neuen Notars sollte so kurz wie möglich sein, idealerweise nicht länger als drei Wochen. Diese schnelle, pragmatische Reaktion widerlegt vor Gericht den Vorwurf der mangelnden Erfüllungsbereitschaft des Erben.

Leiten Sie alle bereits erfassten Dokumente – auch Ihr privates Verzeichnis – sofort und nachweisbar an das neue Notariat weiter. Verzögern Sie die Weiterleitung der Unterlagen nicht, nur weil die Vollständigkeit noch nicht zu 100 Prozent gewährleistet ist. Wichtig ist die transparente Kommunikation gegenüber dem Gericht und der Gegenseite. Dokumentieren Sie sowohl die Beauftragungsbestätigung des neuen Notars als auch das genaue Datum der Unterlagenübergabe.

Erstellen Sie eine Übergabeliste der Dokumente und senden Sie diese zusammen mit den Unterlagen per E-Mail an das neue Notariat, um sofort einen datierbaren Beweis der Übermittlung zu besitzen.


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Gilt ein Zwangsgeld als Strafe für eine verzögerte Erstellung des Nachlassverzeichnisses?

Nein, das Zwangsgeld ist juristisch keine Strafe für vergangene Verzögerungen bei der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses. Nach der Zivilprozessordnung (§ 888 ZPO) handelt es sich vielmehr um ein reines Beugemittel. Dieses Instrument dient ausschließlich dazu, den Erben zur Aufnahme künftiger, aktiver Handlungen anzuhalten und die Erfüllung der Pflicht zu erzwingen.

Gerichte legen bei der Prüfung eines Zwangsgeldes einen streng gegenwartsbezogenen Prüfungsmaßstab an. Das bedeutet, dass früher eingetretene Verzögerungen keine Rolle spielen, sofern Sie im Moment der richterlichen Entscheidung nachweislich alle notwendigen Schritte unternehmen. Das Zwangsgeld darf nicht dazu dienen, vergangenes Zögern zu sanktionieren. Wenn Sie den objektiv schnellsten und effektivsten Weg zur Erfüllung bereits eingeschlagen haben, verliert dieses Druckmittel seinen Zweck.

Konzentrieren Sie Ihre juristische Verteidigung daher ausschließlich auf Ihre aktuellen, proaktiven Schritte. Hat beispielsweise ein erster Notar die Arbeit abgelehnt und haben Sie unverzüglich ein neues Notariat beauftragt, muss das Zwangsgeld aufgehoben werden. Da die Zwangsvollstreckung lediglich die Beugung zu künftigem Handeln bezweckt, läuft sie ins Leere, sobald Sie beweisen, dass Sie bereits alles Zumutbare tun, um das Nachlassverzeichnis fertigzustellen.

Weisen Sie dem Gericht nach, dass die Erfüllung des Titels durch Ihre jüngsten Maßnahmen eingeleitet wurde.

Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.


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Wie kann ich meine Bemühungen nachweisen, um ein Zwangsgeld als Erbe zu vermeiden?

Sie beweisen Ihre Bemühungen ausschließlich durch schriftliche Kommunikation und lückenlose Dokumentation. Das Gericht muss erkennen, dass Sie aktiv handeln und keine Verzögerung absichtlich herbeiführen. Sammeln Sie alle Belege dafür, dass Sie die Vorlage des Nachlassverzeichnisses schnellstmöglich vorantreiben. Die lückenlose Dokumentation Ihrer Proaktivität ist Ihr stärkstes Argument gegen ein Zwangsgeld.

Beginnen Sie idealerweise schon vor einer gerichtlichen Verurteilung mit dem Aufbau des privaten Verzeichnisses und den ersten Notar-Anfragen. Dokumentieren Sie diese proaktiven Startversuche detailliert. Halten Sie alle Beauftragungen, Ablehnungen und die Weiterleitung notwendiger Unterlagen an den Notar schriftlich per E-Mail oder Auftragsbestätigung fest. Nur die nachweisbare Kommunikation belegt die genauen Zeitpunkte Ihres Handelns. Vermeiden Sie stets, sich auf mündliche Zusagen zu verlassen.

Wichtig ist die sofortige Reaktion, falls ein Notar die Beurkundung ablehnt. Suchen Sie unverzüglich einen Ersatz und dokumentieren diesen Wechsel lückenlos. Erstellen Sie eine präzise digitale Zeitleiste mit allen Kontaktdaten, Beauftragungen und Absagen (z.B. Notar A: Datum XX; Notar B beauftragt: Datum YY). Legen Sie dem Gericht alle relevanten neuen Umstände und die Erfüllungsbereitschaft transparent und sofort im Rahmen Ihrer Stellungnahme vor.

Diese Dokumentation zeigt dem Gericht, dass Sie den objektiv schnellsten Weg zur Pflichterfüllung gewählt haben.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Beugemittel

Ein Beugemittel ist eine gerichtliche Maßnahme, wie beispielsweise ein Zwangsgeld, deren einziger Zweck es ist, den Schuldner zur künftigen Erfüllung einer auferlegten Pflicht zu motivieren. Juristen nutzen dieses Druckmittel ausschließlich, um aktives Handeln zu erzwingen, weshalb es im Gegensatz zu einer Strafe nicht dazu dient, vergangenes Zögern zu sanktionieren.

Beispiel: Das OLG München stellte klar, dass das Zwangsgeld seinen Charakter als Beugemittel verlor, weil der Erbe bereits aktiv den schnellsten Weg zur Zielerreichung eingeschlagen hatte.

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Notarielles Nachlassverzeichnis

Das notarielle Nachlassverzeichnis ist eine umfassende und formell verbürgte Aufstellung aller Vermögenswerte und Schulden des Verstorbenen, die ein Notar im Auftrag des Erben erstellt. Dieses spezielle Dokument garantiert der pflichtteilsberechtigten Person eine gesicherte Grundlage für die Berechnung ihrer Ansprüche und verhindert, dass der Erbe unvollständige oder fehlerhafte Auskünfte erteilt.

Beispiel: Da das einfache private Verzeichnis nicht ausreichte, klagte die Witwe erfolgreich auf die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses, um ihren Pflichtteil korrekt zu berechnen.

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Pflichtteilsberechtigte Partei

Als pflichtteilsberechtigte Partei gelten in der Regel nahe Verwandte wie Ehepartner oder Kinder, denen selbst bei Enterbung ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Nachlass zusteht. Das Erbrecht schützt mit diesem Anspruch die nächsten Angehörigen vor der vollständigen Benachteiligung, auch wenn der Erblasser dies testamentarisch anders verfügt hat.

Beispiel: Die Witwe machte als Pflichtteilsberechtigte ihre Ansprüche gegenüber dem Erben, dem Neffen des Verstorbenen, geltend und benötigte dafür vollständige Auskunft über den gesamten Nachlass.

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Rechtliches Gehör

Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert jedem Bürger im Gerichtsverfahren das grundlegende Recht, sich zu allen entscheidungserheblichen Punkten äußern zu dürfen und dass das Gericht diesen Vortrag auch zur Kenntnis nimmt. Diese Verpflichtung dient der Fairness und Transparenz, indem sie sicherstellt, dass richterliche Entscheidungen nicht auf Basis unvollständiger oder einseitiger Informationen getroffen werden.

Beispiel: Das Landgericht Ingolstadt verletzte den Anspruch auf rechtliches Gehör des Erben, weil es in seiner Abweisungsentscheidung den entscheidenden Vortrag über die Beauftragung des neuen Notariats komplett ignorierte.

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Unvertretbare Handlung

Juristen sprechen von einer unvertretbaren Handlung, wenn die geschuldete Leistung ausschließlich vom Verpflichteten selbst erbracht oder zumindest initiiert werden muss, weil die Übertragung der Verantwortung auf Dritte oder die Fremderfüllung unmöglich ist. Bei solchen Pflichten kann das Gericht nicht einfach einen Ersatzbeauftragten einsetzen, sondern muss stattdessen das Druckmittel des Zwangsgeldes nutzen, um den Schuldner zur Mitwirkung zu zwingen.

Beispiel: Die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses gilt als unvertretbare Handlung, weil der Erbe zwar einen Notar beauftragt, aber persönlich die Mitwirkung eines Dritten erlangen muss.

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Zwangsgeld

Das Zwangsgeld ist eine durch das Gericht verhängte Geldbuße, die der Schuldner zahlen muss, um zu künftiger Pflichterfüllung bei einer unvertretbaren Handlung angehalten zu werden. Dieses Druckmittel soll eine effektive Zwangsvollstreckung gewährleisten, wenn jemand eine Handlung schuldet, die niemand sonst für ihn erledigen kann.

Beispiel: Das Landgericht verhängte ein Zwangsgeld gegen den Erben, nachdem die pflichtteilsberechtigte Witwe die Vollstreckung beantragt hatte, weil das notarielle Nachlassverzeichnis noch nicht vorlag.

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Zwangsvollstreckung

Die Zwangsvollstreckung ist das staatliche Verfahren, durch das Gläubiger ihre titulierten Ansprüche gegen den Willen des Schuldners mithilfe gerichtlicher oder behördlicher Maßnahmen durchsetzen. Dieses gesetzlich geregelte Verfahren stellt sicher, dass gerichtliche Urteile und Beschlüsse nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auch tatsächlich zur Geltung gebracht werden können.

Beispiel: Im Zentrum des Falles stand die Zwangsvollstreckung nach § 888 der Zivilprozessordnung, welche das rechtliche Instrumentarium für die Durchsetzung unvertretbarer Handlungen festlegt.

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Das vorliegende Urteil


OLG München – Az.: 33 W 1013/25 e – Beschluss vom 08.10.2025


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