Die Frist zur Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses war verstrichen, weshalb gegen den Erben ein Zwangsgeld bei notariellem Nachlassverzeichnis festgesetzt wurde. Obwohl die Pflicht objektiv verletzt war, erklärte das Oberlandesgericht München das Zwangsmittel für unzulässig und nahm ihm die Strafwirkung.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Zwangsgeld bei notariellem Nachlassverzeichnis: Wann die Strafe für den Erben unzulässig ist
- Was war der Auslöser des Rechtsstreits?
- Welche rechtlichen Prinzipien stehen im Mittelpunkt?
- Warum hob das OLG München das Zwangsgeld auf?
- Was bedeutet dieses Urteil für Erben und Pflichtteilsberechtigte?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie kann das Gericht die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses erzwingen?
- Wann ist ein Zwangsgeld gegen mich unzulässig, obwohl ich die Pflicht noch nicht erfüllt habe?
- Muss ich gegen einen Notar, der die Beurkundung verweigert, rechtlich Beschwerde einlegen?
- Was mache ich, wenn sich die Erstellung des Nachlassverzeichnisses unverschuldet verzögert?
- Wie weise ich als Erbe meine Bemühungen um einen kooperativen Notar lückenlos nach?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 33 W 1013/25 e | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 08.10.2025
- Aktenzeichen: 33 W 1013/25 e
- Verfahren: Beschwerde gegen Zwangsgeldanordnung
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Zwangsvollstreckung
- Das Problem: Ein Pflichtteilsberechtigter forderte von dem Erben die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Weil der Erbe dies nicht vorlegen konnte, verhängte die Vorinstanz ein Zwangsgeld gegen ihn. Der Erbe legte Beschwerde gegen das Zwangsgeld ein.
- Die Rechtsfrage: Muss ein Erbe juristische Schritte gegen einen Notar einleiten, der die Arbeit ablehnt? Oder reicht es, wenn der Erbe schnell einen neuen Notar findet?
- Die Antwort: Nein, die Zwangsgeldanordnung wurde aufgehoben. Ein Zwangsgeld ist unzulässig, wenn der Erbe nachweislich alles Mögliche getan hat, um die Mitwirkung eines Notars zu erlangen. Der Erbe hatte schnell einen anderen Notar beauftragt und alle Unterlagen übergeben.
- Die Bedeutung: Erben müssen nicht zwingend langwierige Beschwerden gegen einen ablehnenden Notar führen. Das Zwangsgeld wird nur verhängt, wenn der Erbe nicht aktiv handelt. Es ist wichtiger, zügig einen neuen Notar zu beauftragen, um die Pflicht zu erfüllen.
Zwangsgeld bei notariellem Nachlassverzeichnis: Wann die Strafe für den Erben unzulässig ist
Ein Erbe ist per Gerichtsurteil verpflichtet, ein notarielles Nachlassverzeichnis vorzulegen. Doch der beauftragte Notar weigert sich. Die pflichtteilsberechtigte Person beantragt daraufhin ein Zwangsgeld gegen den Erben.

Muss der Erbe erst den Notar verklagen, bevor er sich einen neuen suchen darf? Mit genau dieser Frage hat sich das Oberlandesgericht München in seinem Beschluss vom 08. Oktober 2025 (Az.: 33 W 1013/25 e) befasst und eine klare Grenze für die Zwangsvollstreckung gezogen. Das Gericht stellt klar: Ein Zwangsgeld ist kein Mittel zur Bestrafung für vergangene Verzögerungen, sondern soll aktuellen Stillstand überwinden. Hat der Erbe bereits eine alternative Lösung in die Wege geleitet, läuft das Zwangsgeld ins Leere.
Was war der Auslöser des Rechtsstreits?
Die Geschichte beginnt mit einem Erbfall. Nach dem Tod ihres Ehemannes am 09. Oktober 2022 stand der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter ein gesetzlicher Anspruch auf einen Teil des Nachlasses zu. Um die Höhe dieses Anspruchs exakt beziffern zu können, benötigte sie eine detaillierte Aufstellung des gesamten Vermögens – ein sogenanntes notarielles Nachlassverzeichnis. Der Erbe des Verstorbenen, der Beklagte, war gesetzlich zur Vorlage dieses Verzeichnisses verpflichtet.
Da er dieser Pflicht nicht nachkam, zog die Witwe vor Gericht. Das Landgericht Ingolstadt gab ihr Recht und verurteilte den Erben mit einem Teilurteil vom 03. April 2025 zur Vorlage des geforderten Dokuments. Als auch Monate später nichts passierte, beantragte die Klägerin am 19. Juni 2025 die Verhängung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, um den Erben zur Handlung zu zwingen.
Der Erbe verteidigte sich jedoch und legte dar, dass die Verzögerung nicht seine Schuld sei. Er schilderte eine Kette von vergeblichen Bemühungen: Bereits im Oktober 2024, also noch vor dem Urteil, hatte er einen Notar kontaktiert, der den Auftrag ablehnte. Nach dem Urteil beauftragte er im April 2025 einen Notar am letzten Wohnsitz des Erblassers und übermittelte ihm am 15. April alle notwendigen Unterlagen. Doch auch dieser Notar verweigerte nach einiger Zeit mit einem Bescheid vom 04. Juli 2025 die Erstellung des Verzeichnisses und berief sich dabei unter anderem auf ein gesetzliches Beurkundungsverbot.
Der entscheidende Punkt in der Argumentation des Erben war jedoch, was danach geschah: Statt den Kopf in den Sand zu stecken, handelte er umgehend. Innerhalb von nur drei Wochen fand und beauftragte er ein drittes Notariat in Augsburg, das sich zur Übernahme des Mandats bereit erklärte. Auch diesem Notariat wurden sofort alle Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Das Landgericht Ingolstadt überzeugte dies nicht. Es verhängte am 09. Juli 2025 das beantragte Zwangsgeld mit der Begründung, der Erbe habe nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft. Er hätte beispielsweise eine offizielle Beschwerde gegen den ablehnenden Notar einlegen oder disziplinarische Maßnahmen prüfen müssen. Gegen diesen Beschluss legte der Erbe Sofortige Beschwerde ein, die das Landgericht jedoch nicht abhalf und dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung vorlegte.
Welche rechtlichen Prinzipien stehen im Mittelpunkt?
Dieser Fall dreht sich um das Spannungsfeld zwischen der Pflicht eines Erben und den praktischen Hürden, die seiner Erfüllung im Weg stehen können. Die zentralen rechtlichen Instrumente sind hier das Zwangsgeld nach § 888 der Zivilprozessordnung (ZPO) und die Amtspflichten eines Notars.
Ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen, ist eine sogenannte Unvertretbare Handlung. Das bedeutet, die Handlung kann nur vom Schuldner – in diesem Fall dem Erben – persönlich vorgenommen werden. Niemand anderes kann an seiner Stelle die notwendigen Informationen und Unterlagen für den Notar zusammenstellen. Um die Erfüllung solcher höchstpersönlicher Pflichten zu erzwingen, sieht das Gesetz in § 888 ZPO das Zwangsgeld oder die Zwangshaft vor.
Der entscheidende Knackpunkt ist jedoch, dass der Erbe hier auf die Mitwirkung eines Dritten, des Notars, angewiesen ist. Ohne einen Notar, der das Verzeichnis beurkundet, kann der Erbe das Urteil schlicht nicht erfüllen. Das Zwangsgeld soll in solchen Fällen den Willen des Schuldners beugen, damit er alles rechtlich und tatsächlich Mögliche unternimmt, um die Mitwirkung des Dritten zu erreichen.
Genau hier kommt die entscheidende juristische Unterscheidung ins Spiel, die das OLG München in den Fokus rückte: Das Zwangsgeld ist ein Beugemittel, kein Strafmittel. Sein Zweck ist es, zukünftiges Handeln zu erzwingen, nicht vergangenes Zögern zu sanktionieren. Die zentrale Frage für das Gericht lautet also nicht: „Hat der Erbe in der Vergangenheit genug getan?“, sondern: „Gibt es zum Zeitpunkt unserer Entscheidung noch etwas, das der Erbe tun kann, um den Prozess zu beschleunigen?“
Warum hob das OLG München das Zwangsgeld auf?
Das Oberlandesgericht München folgte der Argumentation des Erben und hob den Beschluss des Landgerichts auf. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit einer präzisen Analyse der Zweckbestimmung des Zwangsgeldes und der konkreten Umstände des Falles.
Der entscheidende Maßstab: Was kann der Erbe jetzt noch tun?
Das Gericht stellte klar, dass für die Verhängung eines Zwangsgeldes allein der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist. Die Richter prüften also die Situation im Oktober 2025. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Erbe bereits einen neuen, zur Mitwirkung bereiten Notar beauftragt und diesem alle Unterlagen übergeben. Aus Sicht des Gerichts gab es nichts weiter, was der Erbe hätte tun können, um die Erstellung des Verzeichnisses zu beschleunigen. Der Ball lag nun im Spielfeld des Notariats. Da der Zweck des Zwangsgeldes – den Willen des Erben zu beugen – bereits erreicht war, gab es für die Maßnahme keine Grundlage mehr.
Die Grenzen der Mitwirkungspflicht: Muss der Erbe einen Notar verklagen?
Das Kernargument des Landgerichts war, der Erbe hätte gegen die Ablehnung des zweiten Notars rechtlich vorgehen müssen, etwa durch eine Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 der Bundesnotarordnung (BNotO). Dieser Ansicht erteilte das OLG eine klare Absage. Ein Erbe muss nicht jeden denkbaren rechtlichen Weg beschreiten, sondern nur solche, die geeignet und erfolgversprechend sind, um das Ziel – die zeitnahe Erstellung des Verzeichnisses – zu erreichen.
Die Richter argumentierten, dass die Einlegung einer Beschwerde gegen den Notar ein langwieriges und im Ausgang ungewisses Verfahren gewesen wäre. Der Erbe hatte stattdessen einen pragmatischeren und schnelleren Weg gewählt: die Beauftragung eines neuen Notars. Dieses Vorgehen diente dem Interesse der pflichtteilsberechtigten Witwe an einer schnellen Auskunft weitaus mehr als ein aussichtsloser Rechtsstreit. Das Gericht betonte, dass die Erhebung eines Rechtsbehelfs kein Selbstzweck sein darf.
Der Vorwurf der Untätigkeit: Die lückenlose Dokumentation als Schlüssel
Entscheidend für den Erfolg des Erben war, dass er seine Bemühungen detailliert nachweisen konnte. Er legte eine Chronologie vor, die von der ersten Kontaktaufnahme über die Beauftragung bis hin zur schnellen Reaktion auf die Ablehnung reichte. Damit entkräftete er den pauschalen Vorwurf der Untätigkeit. Das OLG München rügte in diesem Zusammenhang auch das Vorgehen des Landgerichts, das die konkreten Darlegungen des Erben in seiner Beschwerdebegründung nicht ausreichend gewürdigt und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hatte. Der Fall zeigt eindrücklich, wie wichtig eine lückenlose Dokumentation der eigenen Anstrengungen in einem solchen Verfahren ist.
Was bedeutet dieses Urteil für Erben und Pflichtteilsberechtigte?
Die Entscheidung des OLG München schafft wichtige Klarheit für eine in der Praxis häufige und belastende Situation. Sie schützt Erben vor einer Zwangsvollstreckung, wenn sie unverschuldet von der Mitwirkung Dritter abhängig sind und nachweislich alles Zumutbare unternehmen, um ihrer Verpflichtung nachzukommen. Für Pflichtteilsberechtigte bedeutet das Urteil, dass sie zwar weiterhin auf eine zügige Auskunft pochen können, eine Verzögerung durch einen unkooperativen Notar aber nicht automatisch zu einem Zwangsgeld gegen den Erben führt, wenn dieser aktiv nach Lösungen sucht.
Checkliste für Erben: So vermeiden Sie ein Zwangsgeld
Wenn Sie als Erbe zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verpflichtet sind, können Sie aus diesem Urteil konkrete Handlungsempfehlungen ableiten:
- Handeln Sie unverzüglich: Nehmen Sie direkt nach Kenntnis Ihrer Verpflichtung Kontakt zu einem Notar auf. Warten Sie nicht auf eine gerichtliche Verurteilung.
- Dokumentieren Sie lückenlos: Halten Sie jeden Schritt schriftlich fest. Sichern Sie E-Mails, erstellen Sie Notizen zu Telefonaten und bewahren Sie alle Briefwechsel mit Notaren und der Gegenseite auf. Diese Dokumentation ist Ihr wichtigstes Beweismittel.
- Suchen Sie bei Ablehnung sofort Alternativen: Weigert sich ein Notar, den Auftrag anzunehmen, verlieren Sie keine Zeit. Suchen Sie umgehend nach einem anderen Notariat. Die schnelle Reaktion des Erben war in diesem Fall der Schlüssel zum Erfolg.
- Informieren Sie proaktiv: Teilen Sie der Gegenseite und gegebenenfalls dem Gericht Ihre Bemühungen und eventuelle Schwierigkeiten mit. Transparenz kann helfen, eine Eskalation wie einen Zwangsgeldantrag von vornherein zu vermeiden.
- Wählen Sie den pragmatischen Weg: Bevor Sie ein langwieriges und teures Beschwerdeverfahren gegen einen Notar anstrengen, prüfen Sie, ob die Beauftragung eines anderen Notars nicht der schnellere und effektivere Weg ist. Das Gericht honoriert praxisnahe und zielführende Lösungen.
Die Urteilslogik
Zwangsmittel verlieren ihre Grundlage, sobald der Schuldner nachweislich alle zumutbaren Schritte unternimmt, um seiner gerichtlich auferlegten Verpflichtung nachzukommen.
- Zweckbestimmung des Zwangsgeldes: Gerichte verhängen Zwangsgelder, um zukünftiges Handeln zu erzwingen; sie dürfen vergangene Verzögerungen weder bestrafen noch sanktionieren.
- Pragmatismus geht vor Formalismus: Der Schuldner wählt zur Erfüllung seiner Pflicht den schnelleren und effektiveren Weg; die Beauftragung einer sofortigen Alternative erfüllt die Forderung besser als ein langwieriger und ungewisser Rechtsstreit gegen einen verweigernden Dritten.
- Grenzen der Mitwirkungspflicht: Ist der Schuldner zur Erfüllung einer unvertretbaren Handlung auf die Mitwirkung eines Dritten angewiesen, muss er nur solche Rechtsbehelfe oder Maßnahmen ergreifen, die tatsächlich erfolgversprechend und zielführend sind.
Entscheidend für die Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist stets die lückenlose Dokumentation der eigenen, zügigen und lösungsorientierten Anstrengungen.
Benötigen Sie Hilfe?
Droht Ihnen wegen des fehlenden Nachlassverzeichnisses ebenfalls ein Zwangsgeld? Klären Sie Ihre Pflichten als Erbe und erhalten Sie eine rechtliche Ersteinschätzung Ihrer Situation.
Experten Kommentar
Zwangsgeld klingt nach Bestrafung, aber es ist nur ein Werkzeug, um den Erben zur Mitarbeit zu bewegen, nicht um vergangene Fehler zu ahnden. Das OLG München bestätigt klar: Sobald der Erbe einen neuen, zur Mitwirkung bereiten Notar beauftragt und dies beweist, läuft die Vollstreckung ins Leere. Für Erben bedeutet dies eine wichtige Entlastung, denn sie müssen nicht den aufwändigen und langsamen Weg einer Beschwerde gegen den ablehnenden Notar gehen. Die Lektion ist einfach: Wer konsequent und lückenlos dokumentiert, dass er sofort eine pragmatische Alternative gesucht hat, schützt sich erfolgreich vor Zwangshaft.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie kann das Gericht die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses erzwingen?
Das Gericht kann die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses erzwingen, indem es das Zwangsgeld verhängt. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 888 der Zivilprozessordnung (ZPO). Weil die Erstellung eine höchstpersönliche Pflicht des Erben ist, gilt sie als unvertretbare Handlung. Dieses Zwangsgeld dient als Beugemittel, um Ihren Willen zur Zusammenarbeit zu erzwingen.
Das Gesetz betrachtet die Zusammenstellung der für das Verzeichnis nötigen Informationen als eine Aufgabe, die nur Sie persönlich erledigen können. Aus diesem Grund ist eine Ersatzvornahme, bei der jemand anderes die Pflicht erfüllt, rechtlich ausgeschlossen. Das Zwangsgeld soll Sie dazu anhalten, alles Zumutbare zu unternehmen, damit der Prozess voranschreitet und Sie den Notar umgehend beauftragen. Das Instrument soll aktuellen Stillstand überwinden, nicht vergangene Versäumnisse bestrafen.
Falls das zunächst verhängte Zwangsgeld nicht ausreicht, um Sie zur Handlung zu bewegen, drohen drastischere Konsequenzen. Das Gericht kann das Zwangsgeld mehrfach festsetzen und die Höhe stufenweise erhöhen. Im äußersten Fall sieht das Gesetz vor, ersatzweise die Zwangshaft anzuordnen. Nehmen wir an: Sie ignorieren die gerichtliche Aufforderung konsequent und zeigen keinerlei Bemühungen zur Beauftragung eines Notars; dann kann das Gericht diese schwerwiegende Maßnahme als letztes Mittel einleiten.
Wurden Sie bereits zur Vorlage verurteilt, beauftragen Sie sofort einen Notar und dokumentieren Sie diesen Schritt lückenlos, um dem Zwangsgeld aktiv die juristische Grundlage zu entziehen.
Wann ist ein Zwangsgeld gegen mich unzulässig, obwohl ich die Pflicht noch nicht erfüllt habe?
Ein Zwangsgeld ist dann unzulässig, wenn es seinen Zweck als Beugemittel nicht mehr erfüllen kann. Es dient der Überwindung zukünftigen Stillstands, nicht der Bestrafung für vergangene Verzögerungen. Das Oberlandesgericht München stellte klar: Wenn Sie als Erbe bereits alles Zumutbare unternommen und aktive Schritte zur Problemlösung eingeleitet haben, ist die gerichtliche Maßnahme aufzuheben.
Der entscheidende Maßstab ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Vollstreckung. Hat der Erbe zu diesem Zeitpunkt nachweislich eine alternative, zielführende Lösung in die Wege geleitet, entfällt der Zweck der Maßnahme. Der Wille des Erben gilt dann bereits als „gebeugt“. Konkret: Haben Sie nach der Ablehnung durch einen Notar umgehend ein neues Notariat beauftragt und alle Unterlagen übergeben, liegt die Erfüllung der Pflicht nicht mehr in Ihrer Macht, sondern im Spielfeld des Notariats.
Nehmen wir den Fall des OLG München: Ein Notar verweigerte die Erstellung des Nachlassverzeichnisses per Bescheid. Statt eine langwierige Beschwerde gegen den Notar zu führen, beauftragte der Erbe binnen drei Wochen einen dritten, kooperativen Notar. Das Gericht wertete dieses schnelle und pragmatische Handeln als ausreichende Erfüllung der Mitwirkungspflicht. Die Verhängung eines Zwangsgeldes wäre nur gerechtfertigt, wenn der Erbe untätig bliebe und den Prozess aktiv blockieren würde.
Dokumentieren Sie alle Schritte lückenlos: Wenn Sie nach der Ablehnung durch den Notar sofort einen neuen beauftragt haben, sichern Sie die Daten der Beauftragung und der Übergabe der Unterlagen als Ihren wichtigsten Nachweis.
Muss ich gegen einen Notar, der die Beurkundung verweigert, rechtlich Beschwerde einlegen?
Nein, Sie sind nicht verpflichtet, eine langwierige Beschwerde nach § 15 Abs. 2 BNotO gegen den ablehnenden Notar einzulegen. Das Oberlandesgericht München hat klargestellt, dass ein schneller Wechsel zu einem kooperativen Notariat der bevorzugte Weg ist. Gerichte bewerten diesen pragmatischen Ansatz als effektiver und zielführender, um das Nachlassverzeichnis zeitnah zu erstellen.
Das Gesetz verlangt von Ihnen nur Maßnahmen, die geeignet und erfolgversprechend sind, um Ihre Auskunftspflicht zu erfüllen. Ein formelles Beschwerdeverfahren gegen einen Notar ist typischerweise zeitaufwendig, teuer und liefert kein garantiertes Ergebnis. Die Verzögerung, die durch einen solchen Rechtsstreit entsteht, widerspricht dem eigentlichen Ziel des Pflichtteilsberechtigten, nämlich der schnellen Ermittlung des Nachlasswertes.
Nehmen wir an: Ein Landgericht hatte gefordert, der Erbe hätte alle verfügbaren Mittel ausschöpfen müssen, inklusive eines Rechtsbehelfs. Das OLG München lehnte diese strenge Sichtweise jedoch ab. Die Richter werteten den schnellen Notarwechsel innerhalb weniger Wochen als vernünftige, pragmatische Lösung. Dieser Weg war dem zeitraubenden Rechtsbehelf gegen den Notar klar vorzuziehen, da er die Sache unmittelbar voranbringt.
Dokumentieren Sie die Ablehnung des Notars schriftlich und nutzen Sie die gewonnene Zeit, um sofort alternative Notariate zu kontaktieren.
Was mache ich, wenn sich die Erstellung des Nachlassverzeichnisses unverschuldet verzögert?
Wenn ein Notar die Erstellung des Nachlassverzeichnisses verzögert oder ablehnt, ist Ihre schnelle Reaktion entscheidend. Sie dürfen auf keinen Fall passiv bleiben. Bei einer unverschuldeten Verzögerung müssen Sie sofort proaktive Schritte unternehmen. Die Gerichte bewerten die aktive Suche nach Lösungen als Nachweis Ihres Beugungswillens und vermeiden damit die Verhängung eines Zwangsgeldes.
Das Zwangsgeld dient dazu, Sie zur Erfüllung Ihrer Pflicht zu beugen, nicht dazu, Sie für vergangene Versäumnisse zu bestrafen. Warten Sie nicht ab, bis die pflichtteilsberechtigte Person einen Antrag auf Zwangsvollstreckung stellt. Suchen Sie umgehend alternative Notare, wenn der ursprüngliche die Beurkundung verweigert. Ein langwieriges Beschwerdeverfahren gegen den unwilligen Notar ist meist unnötig und ineffektiv. Wählen Sie stets den pragmatischen Weg der neuen Beauftragung, da dieser das Ziel am schnellsten erreicht.
Informieren Sie die Gegenseite stets transparent und unaufgefordert über die aufgetretenen Schwierigkeiten und Ihre Gegenmaßnahmen. Erstellen Sie eine detaillierte Status-Update-E-Mail, die präzise darlegt, wann der ursprüngliche Notar abgelehnt hat und dass Sie Notar B beauftragt haben. Fügen Sie die Daten der Übergabe der vollständigen Unterlagen bei. Diese Transparenz entzieht dem Vorwurf der Untätigkeit die Grundlage und verhindert in vielen Fällen die gerichtliche Eskalation.
Dokumentieren Sie jeden Schritt der Notarsuche lückenlos, da diese Chronologie später Ihr wichtigstes Beweismittel vor Gericht darstellt.
Wie weise ich als Erbe meine Bemühungen um einen kooperativen Notar lückenlos nach?
Um den Vorwurf der Untätigkeit erfolgreich zu entkräften, ist die lückenlose Dokumentation Ihrer Anstrengungen entscheidend. Sie müssen dem Gericht eine detaillierte Chronologie vorlegen, die jeden einzelnen Schritt belegt. Sichern Sie jede Kommunikation schriftlich, um Ihre schnellen Reaktionen gerichtsfest zu machen. Dadurch beweisen Sie, dass die Verzögerung nicht auf mangelnden Willen des Erben zurückzuführen ist.
Diese Dokumentation dient als wichtigstes Beweismittel im Zwangsvollstreckungsverfahren. Das Gericht muss nachvollziehen können, dass Sie alles Zumutbare unternommen haben, um Ihrer Pflicht nachzukommen. Halten Sie die gesamte Kette von Ereignissen fest: von der ersten Kontaktaufnahme über die Ablehnung bis hin zur umgehenden Beauftragung des nächsten Notars. Nur so entkräften Sie den Vorwurf, Sie hätten nicht alle zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft.
Sichern Sie spezifische Unterlagen, um die Kette zu vervollständigen. Dazu zählt der schriftliche Bescheid des Notars, der die Beurkundung des Nachlassverzeichnisses verweigerte. Entscheidend ist auch die Übergabebestätigung aller Unterlagen an den Notar, der das Mandat schließlich übernommen hat. Das Gericht wertet diese schnelle Reaktion als einen pragmatischen, zielführenden Weg, der langwierigen Rechtsstreitigkeiten vorzuziehen ist. Verlassen Sie sich im Umgang mit ablehnenden Notaren niemals auf bloße mündliche Zusagen.
Erstellen Sie sofort einen digitalen Ordner und pflegen Sie dort alle E-Mails und Notizen systematisch, beginnend mit dem Datum der ersten Kontaktaufnahme.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Beugemittel
Juristen nennen ein Beugemittel ein Zwangsinstrument, das den Schuldner zur Erfüllung einer auferlegten Handlung zwingen soll. Dieses Instrument dient dazu, den Willen des Betroffenen zu beugen und zukünftiges Handeln zu erzwingen; es soll gerade keine Sanktion für bereits vergangene Versäumnisse darstellen.
Beispiel: Das OLG München stellte klar, dass das Zwangsgeld als reines Beugemittel eingesetzt werden muss und nicht als Strafmittel, um den Erben für die lange Dauer des Rechtsstreits zu sanktionieren.
Pflichtteilsberechtigter
Ein Pflichtteilsberechtigter ist eine Person, meist ein naher Angehöriger wie Kinder oder Ehepartner, die auch bei Enterbung Anspruch auf einen gesetzlich garantierten Mindestanteil am Nachlass hat. Das Erbrecht schützt auf diese Weise die engsten Familienmitglieder vor der vollständigen Benachteiligung im Todesfall und sichert ihnen eine finanzielle Basis.
Beispiel: Die Witwe des Verstorbenen trat im vorliegenden Fall als Pflichtteilsberechtigte auf und forderte zur Bezifferung ihres Anspruches die Vorlage eines detaillierten notariellen Nachlassverzeichnisses.
Sofortige Beschwerde
Die sofortige Beschwerde ist ein spezieller Rechtsbehelf gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen, die nicht im Hauptverfahren ergehen, wie zum Beispiel Beschlüsse im Zwangsvollstreckungsverfahren. Dieses Mittel ermöglicht eine schnelle Überprüfung der Entscheidung durch die nächsthöhere Instanz (hier das OLG), da die normale Berufung oder Revision in diesen Verfahrensteilen nicht zulässig ist.
Beispiel: Nachdem das Landgericht Ingolstadt die Verhängung des Zwangsgeldes beschlossen hatte, legte der Erbe umgehend die sofortige Beschwerde ein, die zur letztgültigen Entscheidung beim OLG München vorlag.
Unvertretbare Handlung
Eine unvertretbare Handlung ist eine gesetzlich auferlegte Pflicht, die nur vom Schuldner persönlich erbracht werden kann und nicht durch Dritte oder eine Ersatzvornahme erfüllt werden darf. Die Zivilprozessordnung (ZPO) sieht für solche höchstpersönlichen Verpflichtungen – im Gegensatz zu gewöhnlichen Zahlungen oder Sachleistungen – spezielle Zwangsmittel wie das Zwangsgeld vor.
Beispiel: Die Zusammenstellung aller notwendigen Informationen für ein notarielles Nachlassverzeichnis gilt als unvertretbare Handlung, da nur der Erbe alle Details des Nachlasses beibringen kann.
Zwangsgeld
Das Zwangsgeld ist eine finanzielle Sanktion, die das Gericht gegen einen Schuldner verhängt, um die Einhaltung einer Pflicht oder Urteilsanordnung gemäß § 888 ZPO zu erzwingen, wenn diese nicht erbracht wird. Dieses Vollstreckungsmittel soll den Betroffenen finanziell unter Druck setzen und dessen Willen beugen, damit er aktiv handelt und die geschuldete unvertretbare Leistung erbringt.
Beispiel: Die Klägerin beantragte die Verhängung eines Zwangsgeldes, als der Erbe auch Monate nach dem Teilurteil die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses nicht erreicht hatte.
Zwangshaft
Zwangshaft ist die drastischste Maßnahme der Zwangsvollstreckung und wird als letztes Mittel angeordnet, falls ein zuvor verhängtes Zwangsgeld den Schuldner nicht zur Erfüllung einer unvertretbaren Handlung bewegen konnte. Das Gesetz erlaubt diese temporäre Freiheitsentziehung, um den Beugungsdruck auf den Schuldner extrem zu erhöhen und dadurch die Erfüllung der geschuldeten höchstpersönlichen Pflicht sicherzustellen.
Beispiel: Im Antrag der Klägerin wurde ersatzweise Zwangshaft beantragt, falls das festgesetzte Zwangsgeld nicht ausreichen sollte, den Erben zur Beschaffung des notariellen Nachlassverzeichnisses zu zwingen.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 33 W 1013/25 e – Beschluss vom 08.10.2025
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

Dr. jur. Christian Gerd Kotz ist Notar in Kreuztal und seit 2003 Rechtsanwalt. Als versierter Erbrechtsexperte gestaltet er Testamente, Erbverträge und begleitet Erbstreitigkeiten. Zwei Fachanwaltschaften in Verkehrs‑ und Versicherungsrecht runden sein Profil ab – praxisnah, durchsetzungsstark und bundesweit für Mandanten im Einsatz.
