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Zwangsgeld für unvollständiges Nachlassverzeichnis

Zwangsgeld für unvollständiges Nachlassverzeichnis: Notar muss Bestand eigenständig ermitteln

Das OLG Frankfurt bestätigte mit Beschluss vom 06.10.2023 (Az.: 14 W 41/23) die Entscheidung des Landgerichts Fulda, gegen eine Schuldnerin ein Zwangsgeld wegen Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen aus einem Teil-Anerkenntnisurteil zur Vorlage eines vollständigen Nachlassverzeichnisses zu verhängen. Die Schuldnerin hatte versäumt, ein von einem Notar erstelltes Verzeichnis vorzulegen, das den Anforderungen an Vollständigkeit und Ermittlungstiefe entspricht. Trotz mehrfacher Nachfragen beim Notar und Einreichung eines unvollständigen Entwurfs konnte die geforderte Auskunft nicht fristgerecht erbracht werden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 14 W 41/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Schuldnerin wurde ursprünglich verpflichtet, ein vollständiges Nachlassverzeichnis vorzulegen.
  2. Trotz Bemühungen und Nachfragen beim Notar blieben die vorgelegten Informationen unvollständig.
  3. Ein Zwangsgeld wurde zur Erzwingung der Erfüllung der gerichtlichen Anordnung festgesetzt.
  4. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen die Verhängung des Zwangsgeldes blieb erfolglos.
  5. Das Gericht betont die Notwendigkeit, dass der Notar den Nachlassbestand eigenständig ermittelt.
  6. Unvollständigkeiten im Nachlassverzeichnis rechtfertigen die Festsetzung eines Zwangsgeldes, wenn wesentliche Informationen fehlen.
  7. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Schuldnerin auferlegt.
  8. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen und vollständigen Erstellung von Nachlassverzeichnissen.

Zwangsgeld bei unvollständigem Nachlassverzeichnis

Im deutschen Erbrecht kann die Pflicht zur Erstellung eines vollständigen Nachlassverzeichnisses bestehen, um die Ansprüche von Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen. Werden unvollständige oder verzögerte Nachlassverzeichnisse vorgelegt, können Gerichte Zwangsgelder festsetzen, um die Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses zu erzwingen. Diese Rechtsprechung betont die Bedeutung der korrekten und vollständigen Informationsbereitstellung im Erbrecht und dient dem Schutz der Rechte pflichtteilsberechtigter Personen.

Rechtliche Herausforderungen bei der Erstellung von Nachlassverzeichnissen ergeben sich insbesondere aus der Komplexität der Ermittlung des Nachlassbestandes und der Notwendigkeit, alle relevanten Informationen sorgfältig zusammenzutragen. Die Festsetzung von Zwangsgeldern soll sicherstellen, dass Erben ihren Verpflichtungen zur vollständigen und rechtzeitigen Auskunft nachkommen und die Rechte von Pflichtteilsberechtigten gewahrt bleiben. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main verdeutlicht die Anwendung dieser Rechtsprechung in einem konkreten Fall und unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Erstellung von Nachlassverzeichnissen.

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Auseinandersetzung um ein unvollständiges Nachlassverzeichnis, das von der Schuldnerin im Rahmen eines Erbfalls vorgelegt wurde. Die Gläubigerin, eine direkte Erbberechtigte, hatte daraufhin die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt, um die vollständige Aufklärung des Nachlassbestands zu erzwingen. Das Landgericht Fulda und in der Folge das OLG Frankfurt am Main befassten sich mit der Frage, inwiefern die Schuldnerin ihren Pflichten nachgekommen war und ob die Verhängung eines Zwangsgeldes gerechtfertigt sei.

Zwangsgeld als Mittel zur Durchsetzung von Auskunftspflichten

Das Landgericht Fulda hatte zuvor mit einem Teil-Anerkenntnisurteil die Schuldnerin dazu verurteilt, detaillierte Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Verzeichnisses zu erteilen. Diese Anordnung inkludierte die Angabe von Werten zu allen Positionen des Verzeichnisses sowie die Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den Wert von im Nachlass befindlichen Immobilien- und Betriebsvermögen. Der Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung eines Zwangsgeldes folgte auf wiederholte, erfolglose Aufforderungen an die Schuldnerin, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Der lange Weg zum notariellen Nachlassverzeichnis

Die Schuldnerin hatte den Notar bereits im November 2021 beauftragt, das Nachlassverzeichnis zu erstellen, und bis Juni 2022 mehrfach nach dem Stand der Dinge gefragt. Trotz dieser Bemühungen und einer Beschwerde bei der Notarkammer über die Untätigkeit des Notars blieben wesentliche Teile des Verzeichnisses unvollständig. Erst nach dem Beschluss des Landgerichts über das Zwangsgeld legte die Schuldnerin einen Entwurf des Nachlassverzeichnisses vor und berichtete von einem bevorstehenden Beurkundungstermin. Die Gläubigerin monierte jedoch die Unvollständigkeit des vorgelegten Entwurfs und die mangelnde Anwesenheit bei der Beurkundung.

Notarielle Sorgfaltspflicht und die Feststellung des Nachlassbestands

Das rechtliche Dilemma lag in der Verantwortung des Notars, den Nachlassbestand eigenständig und umfassend zu ermitteln. Der OLG Frankfurt betonte, dass die Erfüllung der Auskunftspflicht eine selbstständige Ermittlung durch den Notar erfordert, der sich nicht ausschließlich auf die Angaben der Schuldnerin verlassen darf. Vielmehr müsse er aktive Nachforschungen anstellen, um ein vollständiges und korrektes Bild des Nachlasses zu gewährleisten. Die Entscheidung des Gerichts unterstrich die Notwendigkeit, dass der Notar für die Inhalte des Verzeichnisses verantwortlich ist und diese Verantwortung durch eine eigenständige Prüfung und Ermittlung untermauern muss.

Die gerichtliche Entscheidung und ihre Begründung

Das OLG Frankfurt wies die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurück und bestätigte das vom Landgericht festgesetzte Zwangsgeld. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Schuldnerin ihren aus dem Teil-Anerkenntnisurteil resultierenden Verpflichtungen nicht vollständig nachgekommen sei. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit, dass der Notar den Nachlassbestand eigenständig ermittelt, was in diesem Fall nicht ausreichend geschehen sei. Auch die Frage der Anwesenheit der Gläubigerin bei der Beurkundung sowie die Angemessenheit des vorgelegten Sachverständigengutachtens zur Bewertung der Immobilien spielten eine Rolle in der Urteilsfindung.

Das Fazit dieses Falls liegt in der Bestätigung, dass die sorgfältige und vollständige Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durch einen Notar essentiell ist, um den rechtlichen Anforderungen zu genügen. Das Zwangsgeld dient hierbei als Mittel, um die Einhaltung dieser Pflichten zu gewährleisten.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter einem Zwangsgeld im Zusammenhang mit einem Nachlassverzeichnis?

Unter einem Zwangsgeld im Zusammenhang mit einem Nachlassverzeichnis versteht man ein vom Gericht festgesetztes Geldbuße, die dazu dient, einen Erben zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zu zwingen. Nach § 2314 BGB hat ein Pflichtteilsberechtigter Anspruch auf ein Nachlassverzeichnis, das vom Erben zu erstellen ist. Kommt der Erbe dieser Pflicht nicht nach, kann der Pflichtteilsberechtigte gerichtliche Schritte einleiten, um die Erstellung des Nachlassverzeichnisses zu erzwingen. Das Zwangsgeld ist dabei ein Druckmittel, um den Erben zur Herausgabe der geforderten Informationen zu bewegen.

Das Zwangsgeld wird in einem gerichtlichen Verfahren festgesetzt und kann, falls es nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft ersetzt werden. Die Höhe des Zwangsgeldes richtet sich nach dem Einzelfall und soll sicherstellen, dass der Erbe seiner Verpflichtung zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses nachkommt.

Das Zwangsgeld entfällt, sobald der Erbe der Aufforderung nachgekommen ist und ein vollständiges und korrektes Nachlassverzeichnis vorgelegt hat.

Welche Pflichten hat ein Erbe bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses?

Bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses hat der Erbe mehrere Pflichten zu erfüllen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Ein Nachlassverzeichnis dient dazu, einen umfassenden Überblick über alle Bestandteile des Nachlasses zu geben. Dies umfasst sowohl die Aktiva (Vermögenswerte) als auch die Passiva (Schulden) des Verstorbenen. Die Erstellung eines solchen Verzeichnisses ist insbesondere dann erforderlich, wenn Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden, bei der Beantragung eines Erbscheins, bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft oder bei angeordneter Testamentsvollstreckung.

Übersichtlichkeit und Vollständigkeit

Das Nachlassverzeichnis muss übersichtlich gestaltet sein, wobei Nachlassaktiva und -passiva klar voneinander getrennt und Gegenstände einzeln aufgeführt werden müssen. Es ist wichtig, dass der Erbe bei der Erstellung des Verzeichnisses sorgfältig vorgeht und alle Vermögenswerte sowie Verbindlichkeiten des Erblassers erfasst. Dies beinhaltet auch die Ermittlung des Werts der Nachlassgegenstände, der grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Erbfalls bezogen wird.

Einbeziehung von Schenkungen

Neben den unmittelbaren Nachlassgegenständen müssen unter bestimmten Umständen auch Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat, in das Nachlassverzeichnis aufgenommen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Pflichtteilsberechtigter ein Nachlassverzeichnis verlangt, da solche Schenkungen den Pflichtteil beeinflussen können.

Notarielles Nachlassverzeichnis

In manchen Fällen kann ein Pflichtteilsberechtigter die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen. Ein Notar darf sich bei der Erstellung nicht allein auf die Angaben des Erben verlassen, sondern muss eigene Nachforschungen anstellen, um die Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses zu gewährleisten. Ein notarielles Nachlassverzeichnis bietet eine größere Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben als ein vom Erben privat erstelltes Verzeichnis.

Recht auf Hinzuziehung

Der Pflichtteilsberechtigte hat das Recht, bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses hinzugezogen zu werden, insbesondere bei der Begehung der Wohnung und der Aufnahme der Hausratsgegenstände. Dieses Recht soll sicherstellen, dass der Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit hat, die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses zu überprüfen.Die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses ist eine komplexe Aufgabe, die eine genaue Kenntnis der Vermögensverhältnisse des Erblassers erfordert. Der Erbe muss dabei nicht nur die unmittelbaren Nachlassgegenstände und Verbindlichkeiten erfassen, sondern auch Schenkungen berücksichtigen und gegebenenfalls ein notarielles Verzeichnis erstellen lassen. Die Einhaltung dieser Pflichten ist entscheidend, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen und die Rechte der Pflichtteilsberechtigten zu wahren.

Was geschieht, wenn ein vorgelegtes Nachlassverzeichnis als unvollständig betrachtet wird?

Wenn ein vorgelegtes Nachlassverzeichnis als unvollständig betrachtet wird, kann der Pflichtteilsberechtigte verschiedene rechtliche Schritte einleiten, um die Vervollständigung des Verzeichnisses zu erzwingen. Ein unvollständiges Nachlassverzeichnis kann zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen, bei denen das Gericht den Erben zur Ergänzung des Verzeichnisses auffordern kann. In einigen Fällen kann das Gericht auch ein Zwangsgeld gegen den Erben festsetzen, um ihn zur Erfüllung seiner Pflichten zu bewegen.

Das Zwangsgeld ist ein Druckmittel, das eingesetzt wird, wenn der Erbe trotz Aufforderung kein vollständiges Nachlassverzeichnis vorlegt. Es soll den Erben zur Herausgabe der geforderten Informationen zwingen. Wird das Zwangsgeld nicht gezahlt oder bleibt das Nachlassverzeichnis weiterhin unvollständig, kann das Zwangsgeld durch Zwangshaft ersetzt werden.

Der Pflichtteilsberechtigte hat das Recht, bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses anwesend zu sein und kann die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Erben verlangen, wenn Zweifel an der Vollständigkeit des Verzeichnisses bestehen. Sollte sich herausstellen, dass der Erbe wissentlich falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat, kann dies strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In der Praxis bedeutet dies, dass der Erbe, der ein unvollständiges Nachlassverzeichnis vorgelegt hat, nachbessern muss, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen und weitere rechtliche Schritte zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 14 W 41/23 – Beschluss vom 06.10.2023

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 21.6.2023 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin nach einem Beschwerdewert von 700 € zu tragen.

Gründe

I.

Mit Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts vom 28.4.2022 (Bl. 21 f. d.A.) ist die Schuldnerin zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am XX.XX.2019 verstorbenen Erblassers Vorname1 X durch Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Verzeichnisses sowie zur Angabe von Werten zu allen im Bestandsverzeichnis angegebenen Positionen sowie zur Vorlage eines Sachverständigengutachtens über den Wert von im Nachlass befindlichen Immobilien- und Betriebsvermögen verurteilt worden.

Mit Antrag vom 19.10.2022 (Bl. 32 d.A.) hat die Gläubigerin die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt.

Die Schuldnerin ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass sie den Notar Y bereits im November 2021 beauftragt und in dem Zeitraum vom 10.2.2022 bis 23.6.2022 insgesamt 4-mal telefonisch in der Kanzlei nachgefragt habe. Am 1.8.2022 habe der Notar mitgeteilt, dass noch Informationen fehlten, die er einhole (Bl. 39 d.A.). Auch weitere telefonische Nachfragen vom 15.9.2022 und 5.10.2022 seien erfolglos geblieben.

Auf den Hinweis des Landgerichts vom 19.12.2022 (Bl. 47 d.A.) hat die Schuldnerin am 4.1.2023 Beschwerde bei der Notarkammer Stadt1 gegen den Notar Y eingereicht (Bl. 49, 50 d.A.).

Der Notar hat mit Schreiben vom 12.4.2023 an die Bevollmächtigten der Schuldnerin (Bl. 60 Rs. d.A.) mitgeteilt, dass er noch Kontoauszüge bei der Bank1 angefordert habe und nach deren Eingang einen Entwurf übersenden werde.

Mit Beschluss vom 21.6.2023 hat das Landgericht zur Erzwingung der sich aus der Verurteilung vom 28.4.2022 ergebenden Pflichten gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld in Höhe von 700 € verhängt (Bl. 74 d.A.).

Die Schuldnerin hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 23.6.2023 (Bl. 79 d.A.) einen Entwurf des Nachlassverzeichnisses zur Akte gereicht und mitgeteilt, dass sie von dem Notar aufgefordert worden sei, einen Beurkundungstermin zu vereinbaren.

Mit Schriftsatz vom 30.6.2023 (Bl. 89 d.A.) hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt und mitgeteilt, dass für den 14.7.2023 ein Beurkundungstermin vereinbart sei. Die Gläubigerin hat mit Schriftsatz vom 7.7.2023 (Bl. 100 d.A.) zu der ihr am 6.7.2023 übersandten Beschwerde ausgeführt, dass sie bislang weder einen Entwurf des Nachlassverzeichnisses noch eine Aufforderung zu einer Terminvereinbarung von dem Notar erhalten habe. Der dem Schriftsatz der Schuldnerin vom 23.6.2023 beigefügte Entwurf des Notars sei ohne Anlagen übersandt worden.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 13.7.2023 (Bl. 103 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Schuldnerin verpflichtet sei, alle in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen, um auf den Notar einzuwirken und diesen zur Erledigung des Auftrags anzuhalten. Zwar habe die Schuldnerin wiederholt nachgefragt und auf die gerichtliche Verfügung vom 19.12.2022 eine Untätigkeitsbeschwerde bei der Notarkammer erhoben. Indes hätte sie jedoch alles in ihren Kräften Stehende tun, also sämtliche in der Verfügung vom 19.12.2022 skizzierten Maßnahmen kumulativ ergreifen müssen.

Auf Anfrage des Senats vom 28.7.2023 (Bl. 107 d.A.) hat die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 2.8.2023 mitgeteilt, dass das notarielle Nachlassverzeichnis am 14.7.2023 beurkundet worden sei, und das Nachlassverzeichnis nebst Anlagen (Bl. 110 bis 196 d.A.) zur Akte gereicht.

Die Gläubigerin ist der Erfüllungswirkung des Nachlassverzeichnisses entgegengetreten (Bl. 199 d.A.) und hat hierzu ausgeführt, dass ihr zum einen ihr Recht auf Anwesenheit gemäß § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB verwehrt worden sei und der Notar selbst keine ausreichenden Ermittlungen im Hinblick auf den Bestand des Nachlasses, insbesondere auch betreffend Schenkungen des Erblassers und den Hausrat einschließlich des in der Wohnung befindlichen Tresors, vorgenommen habe. Darüber hinaus habe nicht die Schuldnerin, sondern ein Kaufinteressent das als Anlage dem Nachlassverzeichnis beigefügte Sachverständigengutachten (Bl. 126 bis 140 d.A.) zur Ermittlung des Immobilienwerts in Auftrag gegeben, so dass zu befürchten sei, dass der Wert zu niedrig angesetzt worden sei. Ohnehin sei der Wert des Nachlassgegenstandes auf den Todeszeitpunkt am XX.XX.2019 und nicht auf den Stichtag 3.8.2020, wie geschehen, zu ermitteln.

II.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, mithin zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat gegen die Schuldnerin zu Recht ein Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO verhängt, weil diese ihren sich aus dem Teil-Anerkenntnisurteil ergebenden Verpflichtungen bisher nicht vollständig nachgekommen ist.

Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung, nämlich Zustellung des Vollstreckungstitels sowie Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung sind ausweislich des Erledigungsvermerks der Geschäftsstelle (Bl. 30 d.A.) gegeben.

Gemäß § 888 ZPO ist auf Antrag des Gläubigers vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs der Schuldner zur Vornahme der geschuldeten Handlung durch Verhängung eines Zwangsgelds anzuhalten, wenn der Schuldner seine Verpflichtung nicht erfüllt.

Die Erfüllung der Auskunftspflicht gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB durch Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses über den Nachlass einschließlich der Zuwendungen setzt voraus, dass der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig ermittelt und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein. Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen, darf sich hierauf allerdings nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung vornehmen. Vielmehr muss er den Nachlassbestand selbst ermitteln und feststellen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich hielte (BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – I ZB 109/17 -, Rn. 32, juris) Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 10. August 2021 – 3 U 122/20 -, Rn. 21, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 27.7.2016 – 17 W 266/16 -, Rn. 15, juris).

Ungeachtet dessen kann ein Auskunftsanspruch nicht bei jeder Unvollständigkeit des notariellen Nachlassverzeichnisses als unerfüllt angesehen werden; Anspruch auf Ergänzung der Auskunft besteht nur dann, wenn in der Aufstellung bestimmte sachliche oder zeitliche Teile völlig fehlen und die Angaben erkennbar unvollständig sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. September 2019 – I-7 W 29/19 -, Rn. 12, juris).

Vorliegend erfüllt das notarielle Nachlassverzeichnis die sich aus dem Teil-Anerkenntnisurteil ergebenden Verpflichtungen der Schuldnerin nicht vollständig.

1. Soweit die Gläubigerin meint, das Nachlassverzeichnis sei zur Erfüllung der sich aus dem Teilurteil des Landgerichts ergebenden Auskunftsverpflichtung bereits deshalb nicht geeignet, weil sie zur Beurkundung nicht hinzugezogen worden ist, kommt aus diesem Grund die Verhängung eines Zwangsgeldes nicht in Betracht.

Es kann dahinstehen, ob vorliegend ein Zwangsgeld bereits ausscheidet, weil die Pflicht, der Gläubigerin die Anwesenheit zu gestatten, nicht tituliert ist (so: OLG München, Beschluss vom 9. August 2021 – 33 W 775/21 -, Rn. 7 – 8, juris; zustimmend: Burandt/Rojahn/Horn, 4. Aufl. 2022, BGB § 2314 Rn. 62). Jedenfalls kann der Pflichtteilsberechtigte die Wiederholung der Errichtung unter seiner Hinzuziehung nur dann verlangen, wenn er vor der Erstellung sein Anwesenheitsrecht geltend gemacht hatte (BeckOGK/Blum/Heuser, 15.6.2021, BGB § 2314 Rn. 69; NK-BGB/Ralf Bock, 6. Aufl. 2022, BGB § 2314 Rn. 26).

Darin fehlt es vorliegend.

Auf den Schriftsatz der Schuldnerin vom 30.6.2023, in dem u.a. mitgeteilt worden ist, dass für den 14.7.2023 ein Beurkundungstermin vereinbart sei, hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 7.7.2023 lediglich ausgeführt, dass sie bislang weder einen Entwurf des Nachlassverzeichnisses noch eine Aufforderung zu einer Terminvereinbarung von dem Notar erhalten habe. Dass sie an der Beurkundung teilzunehmen wünsche, ergibt sich hieraus nicht.

2. Soweit die Gläubigerin rügt, dass der Notar seinen Ermittlungspflichten nicht hinreichend nachgekommen sei, gilt Folgendes:

Vorliegend hat es der Notar versäumt, das ehemals im Miteigentum des Erblassers stehende und von der Schuldnerin und diesem gemeinsam bewohnten Haus aufzusuchen und die Einrichtungsgegenstände zu besichtigen sowie weitere Ermittlungen im Hinblick auf vorhandene Wertgegenstände oder auch Fahrzeuge vor Ort durchzuführen. Allerdings könnte eine solche Ermittlungstätigkeit zwischenzeitlich ausscheiden, wenn die Schuldnerin das Haus nunmehr veräußert und geräumt hat. Eine Ergänzung käme insoweit nicht mehr in Betracht. Das wäre zu klären.

Der Vorwurf, der Notar habe keine Kontoauszüge beigezogen und durchgesehen, trifft nicht zu. Dem Nachlassverzeichnis sind Kontoauszüge beigefügt. Nach den Ausführungen in dem Nachlassverzeichnis hat der Notar bei verschiedenen Banken nach Konten und Kontounterlagen angefragt.

Soweit die Gläubigerin rügt, der Notar habe nicht aufgeklärt, was mit zuvor bestehenden Versicherungen bei der A Lebensversicherung und bei der B Lebensversicherung geschehen sei, hat der Notar unter C. unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers ausgeführt, dass nach der Auskunft der Schuldnerin sich aus den Kontoauszügen der Konten und Depots des Erblassers keinerlei Anhaltspunkte für Zuwendungen an Dritte ergeben und ihr auch solche nicht bekannt seien. Ferner hat der Notar mitgeteilt, dass er selbst die Kontoauszüge der letzten 10 Jahre eingesehen habe. Damit hat er seine Ermittlungstätigkeit im Hinblick auf die Frage, ob der Erblasser in den letzten 10 Jahren ergänzungsrelevante Schenkungen getätigt habe, genügt. Dies gilt auch im Hinblick auf Schenkungen an die Schuldnerin während der Ehe.

Da die Gläubigerin einziger Abkömmling der Eheleute X ist, waren auch keine Ermittlungen zu ausgleichspflichtigen Zuwendungen notwendig.

3. Jedenfalls ist die Schuldnerin ihrer Verpflichtung zu Ziffer 2. des Urteilstenors, nämlich u.a. über den Wert von der im Nachlass befindlichen Immobilien ein Sachverständigengutachten vorzulegen, nicht nachgekommen. Das seitens des Kaufinteressenten in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten vom 3.8.2020 erfüllt die Verpflichtung nicht. Die Ermittlung des Wertes im Sinne des § 2311 BGB hat für den Zeitpunkt des Todesfalls, hier für den XX.XX.2019 zu erfolgen (Burandt/Rojahn/Horn BGB § 2314 Rn. 67; BeckOK/Blum/Heuser BGB § 2314 Rn. 129).

Daher war die sofortige Beschwerde mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

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