Nießbrauch-Übertragung: Kein Pflichtteilsergänzungsanspruch
Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 15.11.2023 (Az.: 5 U 35/23) die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken abgewiesen. Die Kläger hatten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Tod ihrer Mutter geltend gemacht. Das Gericht entschied, dass die Zuwendung eines Nießbrauchs an den Beklagten keine Schenkung darstellt und somit keine Grundlage für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch bietet. Die Revision wurde nicht zugelassen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Zurückweisung der Berufung der Kläger.
- Keine Schenkung bei Zuwendung eines Nießbrauchs.
- Keine Pflichtteilsergänzungsansprüche ohne Vermögensminderung beim Erblasser.
- Bedeutung der Vertragsauslegung für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit.
- Entscheidung basiert auf einer gründlichen Prüfung der Vermögensverhältnisse.
- Berücksichtigung des Äquivalents, das die Erblasserin für die Zuwendung erhielt.
- Relevanz der Bedingung für die Entstehung des Nießbrauchsrechts.
- Keine Revision zugelassen, da rechtliche Fragen geklärt sind.
Übersicht
Zuwendungsnießbrauch und Pflichtteilsergänzungsanspruch: Rechtliche Herausforderungen und Gestaltungsoptionen
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein wichtiges Instrument im Erbrecht, um den Pflichtteil von Erben zu schützen, der durch Schenkungen oder Verfügungen zu Lebzeiten des Erblassers beeinträchtigt werden kann. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Gewährung eines Zuwendungsnießbrauchs dar, der dem Berechtigten das Recht einräumt, eine Sache oder ein Vermögen zu nutzen und die daraus resultierenden Erträge zu beziehen.
Die rechtliche Beurteilung eines solchen Zuwendungsnießbrauchs ist komplex und erfordert eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren. Es ist zu prüfen, ob die Zuwendung unentgeltlich erfolgt ist und dadurch den Pflichtteil der Erben beeinträchtigt. Dabei spielt auch die vertragliche Ausgestaltung des Nießbrauchs eine entscheidende Rolle.
Nießbrauch im Erbrecht: Ein detaillierter Blick auf das OLG Saarbrücken-Urteil
Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein komplexes Geflecht aus testamentarischen Verfügungen, Pflichtteilsansprüchen und einem Nießbrauchsrecht, das nach dem Tod der Erblasserin zu erheblichen familieninternen Auseinandersetzungen führte. Die Erblasserin, Mutter der streitenden Parteien, hatte in einem notariellen Erbvertrag ihren Ehemann als Alleinerben eingesetzt. Nach dessen Tod und ihrer eigenen Krebserkrankung änderte sie ihre testamentarischen Verfügungen zuungunsten ihrer Kinder, indem sie ihren Sohn zum Alleinerben machte und die Tochter sowie den anderen Sohn lediglich mit Vermächtnissen bedachte.
Der Übertragungsvertrag und das Nießbrauchsrecht als Zankapfel
Besondere Brisanz erhielt der Fall durch einen Übertragungsvertrag, den die Erblasserin kurz vor ihrem Tod abschloss. Dabei übertrug sie ihren Grundbesitz an den Enkel, unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchsrechts für sich selbst und, aufschiebend bedingt auf ihren Tod, ein weiteres Nießbrauchsrecht für ihren Sohn, den Alleinerben. Zugleich verzichtete dieser im Rahmen des Vertrages auf sämtliche Pflichtteils- und Pflichtteil
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was ist ein Zuwendungsnießbrauch im Erbrecht?
Der Zuwendungsnießbrauch im Erbrecht ist eine spezielle Form des Nießbrauchs, bei der der Eigentümer einer Sache oder eines Rechts den Nießbrauch zugunsten eines anderen bestellt. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer Schenkung geschehen, bei der der Schenker einer anderen Person eine Sache überträgt und sich gleichzeitig das Recht vorbehält, die Sache weiterhin zu nutzen oder die Erträge daraus zu ziehen.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind die rechtlichen Grundlagen des Nießbrauchs in den §§ 1030 ff. geregelt. Der Nießbrauch ist weder veräußerbar noch vererbbar und erlischt grundsätzlich mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten. Bei der Bestellung des Nießbrauchs kann jedoch auch eine begrenzte Laufzeit vereinbart werden.
Der Zuwendungsnießbrauch wird häufig im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge eingesetzt, um Vermögenswerte zu übertragen, während sich der Übertragende bestimmte Nutzungsrechte vorbehält. Dies kann steuerliche Vorteile haben, da der Wert des Nießbrauchs bei der Berechnung der Schenkungssteuer berücksichtigt wird und somit die Steuerlast des Beschenkten mindern kann.
Es ist ratsam, bei der Ausgestaltung eines Zuwendungsnießbrauchs die Unterstützung eines Fachanwalts für Erbrecht in Anspruch zu nehmen, um individuelle Regelungen zu treffen und vertraglich festzuhalten. Ein Fachanwalt kann auch bei der Berechnung des Nießbrauchs beziehungsweise der Ermittlung des Kapitalwerts behilflich sein und sicherstellen, dass die Vereinbarung rechtlich und steuerlich optimiert ist.
Wie wirkt sich die Gewährung eines Nießbrauchs auf den Pflichtteil aus?
Die Gewährung eines Nießbrauchs kann signifikante Auswirkungen auf den Pflichtteil im Erbrecht haben. Der Pflichtteil stellt den gesetzlich festgelegten Mindestanteil am Erbe dar, der bestimmten nahen Angehörigen des Erblassers zusteht, selbst wenn sie im Testament nicht als Erben eingesetzt wurden.
Auswirkungen auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Wenn der Erblasser zu Lebzeiten Vermögenswerte verschenkt und sich dabei einen Nießbrauch vorbehält, kann dies den Pflichtteilsergänzungsanspruch der pflichtteilsberechtigten Angehörigen beeinflussen. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch bezieht sich auf Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod vorgenommen hat. Diese Schenkungen werden dem Nachlasswert hinzugerechnet, um den Pflichtteil zu berechnen.
Für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei Nießbrauch wird der Wert des Nießbrauchs zum Zeitpunkt der Schenkung sowie zum Zeitpunkt des Erbfalls berücksichtigt. Ist der Wert des verschenkten Gegenstands zum Zeitpunkt der Schenkung niedriger als zum Zeitpunkt des Erbfalls, wird der Wert des Nießbrauchs in die Berechnung einbezogen. Falls jedoch der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls niedriger ist, wird der Wert des Nießbrauchs nicht abgezogen, da der Nießbrauch mit dem Tod des Berechtigten erlischt.
Direkte Auswirkungen auf den Pflichtteil
Wenn ein Nießbrauch auf eine Immobilie oder ein anderes Vermögen bestellt wird, kann dies den Wert des Erbes und damit auch den Pflichtteil mindern. Der Wert des Nießbrauchs wird vom Wert des Erbes abgezogen, was zu einem geringeren Pflichtteil führen kann. Allerdings kann der Nießbrauch den Pflichtteil nicht vollständig ausschließen.
Rechtliche Betrachtung und Urteile
In einem Urteil des OLG München wurde entschieden, dass der Wert eines Nießbrauchs die Höhe des Pflichtteils der Kinder reduzieren kann, auch wenn der Nießbrauch im Erbfall verfällt. Dies bedeutet, dass der Nießbrauch bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden muss, selbst wenn er durch den Erbfall erlischt.
Die Gewährung eines Nießbrauchs kann also sowohl den Pflichtteilsergänzungsanspruch als auch den direkten Pflichtteil der pflichtteilsberechtigten Angehörigen beeinflussen. Der Wert des Nießbrauchs spielt eine wesentliche Rolle bei der Berechnung des Pflichtteils und kann diesen verringern. Daher ist es ratsam, bei der Planung von Schenkungen und der Bestellung von Nießbrauchrechten die möglichen Auswirkungen auf den Pflichtteil zu berücksichtigen und gegebenenfalls rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 35/23 – Urteil vom 15.11.2023
I. Die Berufung der Kläger gegen das am 27. Februar 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 364/20 – wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind von der Klägerin zu 1) zu 2/3 und von dem Kläger zu 2) zu 1/3 zu tragen.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.258,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien sind Geschwister; sie streiten nach dem Tode ihrer am 19. Dezember 2017 verstorbenen Mutter I. S. (im Folgenden: Erblasserin) um Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Die Erblasserin war mit J. S. verheiratet gewesen, der an Lungenkrebs erkrankt war und am 13. August 2014 vorverstorben ist; beide hinterließen die Parteien als ihre einzigen Abkömmlinge. Am 29. Juli 2011 hatten die Eheleute einen notariellen Erbvertrag errichtet (UR 178/2011V des Notars T. R. = Anlage K2, Bl. 2 ff. Anlagenband K), in dem sie sich gegenseitig, der Erstversterbende den Längerlebenden, zum alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt hatten. Außerdem enthielt der Erbvertrag als – ausdrücklich – einseitige Verfügung des Längstlebenden eine Erbeinsetzung der drei Kinder zu jeweils 1/3. Mit notarieller Urkunde vom 9. Februar 2017 (UR 0139/2017 der Notarin Dr. D. K. = Anlage K3, Bl. 5 ff. Anlagenband K) errichtete die Erblasserin, die im Jahre 2016 an Darmkrebs erkrankt war, ein Testament, in dem sie sämtliche früheren Verfügungen von Todes wegen, insbesondere diejenige aus dem vorbezeichneten Erbvertrag, widerrief, den Beklagten zu ihrem alleinigen Erben berief und diesen mit Vermächtnissen in Höhe von 30.000,- Euro zugunsten des Klägers zu 2) und von 20.000,- Euro zugunsten der Klägerin zu 1) beschwerte, verbunden mit der Anordnung, dass eine eventuelle Pflichtteilslast im Verhältnis zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer vom Vermächtnisnehmer allein zu tragen sei. Ebenfalls am 9. Februar 2017 schloss die Erblasserin – als „Veräußerer“ – mit dem Sohn des Beklagten, M. S. – als „Erwerber“ – und dem Beklagten – als „weiterer Beteiligter“ – einen notariellen „Übergabevertrag“ (UR 0138/2017 derselben Notarin = Anlage K4, Bl. 10 ff. Anlagenband K). Darin übertrug sie dem Sohn des Beklagten den damals von ihr bewohnten, in ihrem Alleineigentum stehenden, im Grundbuch von O. Blatt 4149 verzeichneten Grundbesitz „S.-Straße 73“, lfd. Nr. 2 Flur 20, Nr. 122/65, Hof- und Gebäudefläche, groß 6,00 ar, Wiese, groß 12,35 ar. Unter „III. – Gegenleistungen, Vorbehalte, Auflagen“ wurde die Zahlung eines am 30. Juni 2017 fälligen „Übernahmepreises“ von 50.000,- Euro durch den Sohn des Beklagten vereinbart, wobei im Falle der Nichtzahlung Verzug ohne Mahnung eintreten sollte und die Beteiligten ausdrücklich darauf verzichteten, die Umschreibung von der vorherigen Zahlung abhängig zu machen. Außerdem behielt sich die Erblasserin an dem Grundbesitz ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht vor, dessen Eintragung gleichzeitig mit der Eintragung des Eigentumswechsels bewilligt und beantragt wurde; bis zu dessen Eintragung sollte ein inhaltsgleiches schuldrechtliches Nießbrauchsrecht gelten, der einjährige Wert des Rechts wurde mit 9.600,- Euro angegeben. Sodann heißt es weiter:
„Der Veräußerer bestellt zu Gunsten des Mitbeteiligten, Herrn A. S. an dem in dieser Urkunde übertragenen Grundbesitz ein lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht, und zwar aufschiebend bedingt auf den Todesfall des Veräußerers, Frau I. S..
Im Rahmen dieses Nießbrauches wird vereinbart, dass der Nießbraucher sämtliche mit dem Grundbesitz zusammenhängenden Lasten und Aufwendungen wie ein Eigentümer zu tragen hat. (…).
Ab sofort bis zur Entstehung des Nießbrauchsrechtes durch Eintragung im Grundbuch gilt ein inhaltsgleiches schuldrechtliches Nießbrauchsrecht.
Die Beteiligten bewilligen und beantragen gleichzeitig mit der Eintragung des Eigentumswechsels die Eintragung eines entsprechenden Nießbrauchsrechts zugunsten von Herrn A. S. und zu Lasten des Grundstücks Flur 20 Nr. 122/65 mit dem Vermerk, dass zur Löschung der bloße Nachweis des Todes des Berechtigten genügen soll.
Der einjährige Wert des Rechts beträgt 9.600,- Euro.“
Außerdem wurde unter „IV. – Erbrechtliche Regelung“ Folgendes vereinbart:
„In Ansehung des übertragenen Grundeigentums verzichtet hiermit Herr A. S. für sich und seine Abkömmlinge gegenüber seiner dies annehmenden Mutter I. S. und seinem dies annehmenden Sohn M. S. auf sämtliche etwaigen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche am Nachlass der Frau I. S..
Dieser Verzicht erfolgt unter der Bedingung, dass Herr M. S. aufgrund dieser Urkunde Eigentümer des in dieser Urkunde übertragenen Grundbesitzes wird.
In Ansehung des übrigen Vermögens des Veräußerers behält sich der Verzichtende alle Rechte vor.
Über die rechtliche Bedeutung des in der vorstehenden Ziffer 1 enthaltenen Verzichts wurden die Beteiligten belehrt.“
Der Sohn des Beklagten wurde am 25. August 2017 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Der Verkehrswert des Hausgrundstücks belief sich auf rund 103.000,- Euro (Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. C. S., Anlage KE2 = Bl. 10 ff. Anlagenband B). Nach dem Tode der Erblasserin erfüllte der Beklagte die beiden Vermächtnisse zugunsten der Kläger; auf deren Aufforderung hin ließ er unter dem 24. September 2018 ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen (UR Nr. 1095/2018 der Notarin Dr. D. K. = Anlage KE 1, Bl. 1 ff. Anlagenband B). Auf Grundlage seiner Auskünfte, gegen deren Richtigkeit und Vollständigkeit die Kläger Bedenken geäußert, die sie sich aber für ihre Klage insoweit zu Eigen gemacht haben, belief sich der Aktivnachlass zum Zeitpunkt des Erbfalles auf zumindest 125.670,54 Euro; als Passiva waren jedenfalls Beträge in Höhe von 6.641,38 Euro in Abzug zu bringen (Anlagen K5 = Bl. 19 Anlagenband K und KE1 = Bl. 1 ff. Anlagenband B).
Die Kläger haben mit ihrer am 1. Dezember 2020 beim Landgericht Saarbrücken eingereichten Klage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegenüber dem Beklagten geltend gemacht und deswegen auf Zahlung ihres Erachtens nach Verrechnung des ihnen jeweils zugewandten Vermächtnisses noch offener Beträge in Höhe von 19.629,44 Euro an die Klägerin zu 1) und von 9.629,44 Euro an den Kläger zu 2), jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2018 angetragen. Sie haben sich, ausgehend von einem behaupteten Nachlasswert in Höhe von 119.994,26 Euro, einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von jeweils 1/6 dieses Betrages, d.h.: 19.999,04 Euro, errechnet; außerdem halten sie aufgrund einer ihres Erachtens in der Zuwendung des Nießbrauches an den Beklagten zu erblickenden Schenkung im Wert von 117.782,40 Euro weitere Pflichtteilsergänzungsansprüche in Höhe von jeweils 1/6 dieses Betrages, d.h.: 19.630,40 Euro, für gegeben. Der Beklagte hat sich in Ansehung dieser Forderungen auf angebliche Ausgleichsansprüche nach §§ 2316, 2057a BGB wegen vormals von ihm geleisteter Dienste berufen, von denen er meint, dass diese den Wert des Nachlasses überstiegen; außerdem, hinsichtlich des Klägers zu 2), auf ein Jagdgewehr oder den zum Erwerb überlassenen Betrag von 10.000,- Euro, dessen Wert er nach § 2327 BGB zur Hälfte angerechnet wissen will. Schließlich hat er mit einem vermeintlichen Rückzahlungsanspruch aus einem der Klägerin zu 1) im Jahre 2008 – unstreitig – gewährten, mit der Klageerwiderung vorsorglich gekündigten Darlehen über 15.000,- Euro, dessen Rückzahlung streitig ist, hilfsweise die Aufrechnung erklärt und sich deswegen auch auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (Bl. 70 GA).
Die Kläger haben gemeint, in den Nachlasswert zum Stichtag sei außer dem unstreitigen Betrag von 125.670,54 Euro auf Aktivseite noch eine weitere Position für Verzugszinsen in Höhe von 965,10 Euro einzustellen, weil der Sohn des Beklagten den Übernahmepreis von 50.000,- Euro nicht bei Fälligkeit am 30. Juni 2017, sondern erst am 18. Dezember 2017 gezahlt habe (Bl. 6 GA). Vom Beklagten auf Passivseite angesetzte weitere Verbindlichkeiten aus angeblichen Pflichtteilsansprüchen nach dem vorverstorbenen Vater seien verjährt, von ihm geltend gemachte weitere Beerdigungs- und sonstige Kosten bereits zu Lebzeiten der Erblasserin getilgt worden und daher nicht zu berücksichtigen. Die notariell beurkundete Zuwendung des lebenslangen Nießbrauchs an den Beklagten an dem auf dessen Sohn übertragenen Hausanwesen sei als ergänzungspflichtige Schenkung ihrer Mutter an den Beklagten anzusehen, deren Wert sich unter Berücksichtigung des im Vertrag angegebenen Jahreswertes und des Alters des Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf 117.782,40 Euro belaufe (Bl. 7 GA; Anlage K 6 = Bl. 21 ff. Anlagenband K). Das von der Klägerin zu 1) im Jahre 2008 – unstreitig – empfangene Darlehen in Höhe von 15.000,- Euro sei dieser nur von dem Vater gewährt und von ihr nach und nach in Teilbeträgen zurückgezahlt worden, und zwar zunächst an den Vater und nach dessen Tod an die Erblasserin, wobei die letzte Rate von 1.000,- Euro im Mai 2017 an diese gezahlt und von dieser auch quittiert worden sei (Beleg Anlage K 8, Bl. 138 GA). Soweit dem Kläger zu 2) von seinem Vater ein Jagdgewehr geschenkt worden sei, das im Jahre 2000 12.394,- DM gekostet habe, scheide eine Anrechnung nach § 2327 BGB aus. Allgemein müsse es dem Beklagten nach Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens versagt werden, sich nunmehr auf solche Positionen zu berufen, für deren Aufnahme in das Nachlassverzeichnis er nicht gesorgt habe (Bl. 117 f. GA). Für Ansprüche des Beklagten wegen vormals geleisteter Dienste und Zuwendungen nach den §§ 2057a, 2316 BGB bestehe mangels entsprechender besonderer Leistungen keine Grundlage.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten; hilfsweise für den Fall seiner Verurteilung hat er darum gebeten, ihm die Beschränkung seiner Haftung gem. § 780 ZPO auf den Nachlass der am 19. Dezember 2017 verstorbenen Erblasserin vorzubehalten. Er hat die von den Klägern zum Aktivnachlass gerechnete Zinsforderung in Höhe von 965,10 Euro als nicht berücksichtigungsfähig erachtet, weil sie weder von der Erblasserin noch von dem Beklagten als Erbe geltend gemacht worden und mittlerweile verjährt sei (Bl. 78 GA). Demgegenüber seien auf Passivseite außer dem unstreitigen Betrag von 6.641,38 Euro noch ein ihm am Nachlass seines vorverstorbenen Vaters zustehender Pflichtteilsanspruch in angeblicher Höhe von 6.436,79 Euro (Bl. 104 ff. GA), die beiden Vermächtnisse der Kläger (Bl. 80 GA) sowie weitere Verbindlichkeiten nach Maßgabe seines Nachlassverzeichnisses (dort Seite 6 = Bl. 3 Rs. Anlagenband B, konkret: weitere Beerdigungskosten in Höhe von 224,20 Euro, Kosten der Gerichtskasse in Höhe von 100,- Euro und Kosten für die Anforderung von Kontounterlagen der Sparkasse in Höhe von 147,- Euro), in Abzug zu bringen. Außerdem seien die Beerdigungskosten im Hinblick darauf, dass nach dem Tode des Vaters Kosten für ein Familiengrabmal und ein Doppelgrab angefallen seien, die hälftig der Mutter zuzurechnen seien, um 6.045,50 Euro zu erhöhen (Bl. 105 ff. GA). Der ihm eingeräumte Nießbrauch sei keine Schenkung der Erblasserin gewesen, weil diese Zuwendung letztlich nicht aus ihrem Vermögen, sondern aus dem seines Sohnes erfolgt sei und es im Hinblick auf den von ihm zugleich erklärten Pflichtteilsverzicht auch an der Unentgeltlichkeit gefehlt habe. Zur Ermittlung des Wertes eines vermeintlichen Geschenks sei auch nicht auf das Alter des Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern zum Zeitpunkt des Erbfalles abzustellen, woraus sich nur 115.200,- Euro errechneten (Bl. 76 f. GA); ohnehin belaufe sich der Wert des Nießbrauchs allenfalls auf den Wert des Grundstücks. Eine Rückzahlung des Darlehens, das der Klägerin zu 1) von beiden Eltern gewährt worden sei, sei bislang nicht erfolgt; solches folge auch nicht aus dem Sinngehalt der vorgelegten Quittung, deren Echtheit überdies in Abrede gestellt werde (Bl. 204 ff. GA). Der Kläger zu 2) habe von den Eltern im Jahre 2014 entweder 10.000,- Euro oder ein Jagdgewehr dieses Wertes geschenkt bekommen; dieses Geschenk sei zumindest zur Hälfte gem. § 2327 BGB auf einen etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruch anzurechnen (Bl. 91 GA). Ohnehin hätten die Kläger durch die Erfüllung der beiden Vermächtnisse ohne Vornahme der an sich gebotenen Kürzung nach § 2318 BGB schon mehr erhalten, als ihnen zustehe. Schließlich müssten zu seinen Gunsten gemäß §§ 2316, 2057a BGB zum Ausgleich zu bringende Leistungen berücksichtigt werden, die daraus resultierten, dass er bis zum Jahre 1978 als einziges Kind bei der elterlichen Schweinezucht und dem Verkauf von Bier mitgeholfen und im Gegensatz zu seinen Geschwistern auch nicht mietfrei zu Hause gewohnt habe, dass er sodann von 1983 bis 2017 das elterliche Anwesen rundum gleichsam als Hausmeister versorgt und betreut und darüber hinaus während der Erkrankung des Vaters von 2009 bis 2014 alles Erforderliche im Haushalt der Eltern erledigt sowie den Vater gepflegt habe und er sich nach dem Tod des Vaters bis November 2016 auch um die Mutter gekümmert habe.
Mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 307 ff. GA), auf dessen Inhalt auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Pflichtteilsansprüche der Kläger bestünden schon auf Grundlage ihrer eigenen Berechnung nicht. Ausgehend von dem behaupteten – geringfügig höheren – Nachlasswert von 119.994,26 Euro errechneten sich Pflichtteilsansprüche von jeweils 19.999,04 Euro; diese seien jedoch nach § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil die bereits ausgezahlten Vermächtnisse von 20.000,- Euro an die Klägerin zu 1) und von 30.000,- Euro an den Kläger zu 2) diesen Betrag jeweils überstiegen. Auch Pflichtteilsergänzungsansprüche seien nicht begründet, weil es sich bei der Zuwendung des Nießbrauches an den Beklagten nicht um eine Schenkung der Erblasserin an diesen gehandelt habe. Diese habe den Nießbrauch zwar, aufschiebend bedingt auf den Todesfall, dem Beklagten zugewandt, jedoch sei diese Zuwendung nicht aus ihrem Vermögen, sondern aus dem des Sohnes des Beklagten erfolgt, der zum Zeitpunkt des Erbfalles Eigentümer des Grundbesitzes gewesen sei, und der Nachlass dadurch nicht verringert worden. Darüber hinaus sei diese Zuwendung angesichts des zugleich von dem Beklagten erklärten Pflichtteilsverzichts wohl auch nicht unentgeltlich gewesen.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren auf Pflichtteilsergänzung unter Wiederholung und Vertiefung ihres früheren Vorbringens weiter. Sie räumen die Erfüllung bestehender Pflichtteilsansprüche mittels der vereinnahmten Vermächtnisse ein, bekämpfen jedoch die – von ihnen für „abwegig“ erachtete – Ansicht des Landgerichts, wonach die Zuwendung des Nießbrauches an den Beklagten nicht aus dem Nachlass, sondern aus dem Vermögen des Sohnes des Beklagten erfolgt sei. Letzterem sei von der Erblasserin nur die um den Wert des zugunsten der Erblasserin vorbehaltenen Nießbrauches verringerte Immobilie zugewandt worden, für den er 50.000,- Euro bezahlt habe; zugleich habe die Erblasserin aus dem ihr insoweit verbliebenen „Teil der Gebäudesubstanz“ dem Beklagten einen lebenslangen Nießbrauch schenkweise zugewandt, allein die Erfüllung dieses Schenkungsversprechens sei auf den Todeszeitpunkt aufgeschoben und später ohne ihr weiteres Zutun verwirklicht worden.
Die Kläger beantragen (Bl. 347 GA), unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 27. Februar 2023, zugestellt am 27. Februar 2023,
1. den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 19.629,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2018 zu zahlen,
2. den Beklagten weiter zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 9.629,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2018 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt (sinngemäß, Bl. 360 GA), die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 6. Februar 2023 (Bl. 300 f. GA) sowie des Senats vom 25. Oktober 2023 (Bl. 379 f. GA) verwiesen.
II.
Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, den Klägern günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Das Landgericht hat die mit der Klage geltend gemachten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche zu Recht insgesamt für unbegründet erachtet.
1.
Die Kläger haben gegen den Beklagten keine Pflichtteilsansprüche aus § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das Landgericht hat zu Recht – und von der Berufung unbeanstandet – angenommen, dass an sich dem Grunde nach bestehende Ansprüche der Kläger, selbst ausgehend von ihrer eigenen – höheren – Berechnung, nach § 2307 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen sind.
a)
§ 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt zugunsten des Abkömmlings des Erblassers, der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist, dass dieser von dem Erben den Pflichtteil verlangen kann. Diese Voraussetzungen liegen freilich im Streitfall vor: Die beiden Kläger sind Tochter und (weiterer) Sohn der am 19. Dezember 2017 verstorbenen Erblasserin; sie wurden durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, nachdem der Beklagte in dem notariellen Testament vom 9. Februar 2017 (UR Nr. 0139/2017 der Notarin Dr. D. K., Ottweiler = Anlage K3, Bl. 5 ff. Anlagenband K) zum alleinigen Erben der Erblasserin eingesetzt worden ist. Dem Umfange nach besteht der Pflichtteil grundsätzlich in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB). Er beläuft sich danach vorliegend auf jeweils 1/6 des Nachlasses, weil die drei Parteien die einzigen Abkömmlinge der Erblasserin sind, deren Ehemann zuvor verstorben war, andere gesetzliche Erben mithin nicht existieren.
b)
Soweit sich die Kläger auf dieser rechtlichen Grundlage, ausgehend von einem behaupteten – vom Beklagten als zu hoch erachteten – Nachlasswert von 119.994,26 Euro, Pflichtteilsansprüche in Höhe von jeweils 19.999,04 Euro errechnet haben, sind diese hier jedoch mit Blick auf die ihnen von der Erblasserin zugewandten und bereits an sie ausgezahlten Vermächtnisse in Höhe von 20.000,- Euro zugunsten der Klägerin zu 1) und von 30.000,- Euro zugunsten der Klägerin zu 2) ausgeschlossen. Denn gemäß § 2307 Abs. 1 BGB kann ein Pflichtteilsberechtigter, der mit einem Vermächtnis bedacht ist, den Pflichtteil nur verlangen, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. Schlägt er dagegen nicht aus, so steht ihm ein Recht auf den Pflichtteil nicht zu, soweit der Wert des Vermächtnisses reicht; bei der Berechnung des Wertes bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der in § 2306 bezeichneten Art außer Betracht. Das Landgericht hat diese gesetzliche Regelung auf den vorliegenden Fall zur Anwendung gebracht und danach von den Klägern geltend gemachte Pflichtteilsansprüche zu Recht für unbegründet erachtet. Diesen waren nämlich in dem notariellen Testament der Erblasserin jeweils Geldvermächtnisse – in Höhe von 20.000,- Euro für die Klägerin zu 1) und von 30.000,- Euro für den Kläger zu 2) – zugewandt worden. Soweit ein solches Vermächtnis gemäß § 2180 Abs. 2 Satz 1 BGB durch (ausdrückliche oder schlüssige) Erklärung nach Eintritt des Erbfalles gegenüber dem Beschwerten ausgeschlagen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 – IV ZR 99/99, NJW 2001, 520; Senat, Urteil vom 10. Mai 2023 – 5 U 57/22, NJW-RR 2023, 1119), ist das hier unstreitig nicht geschehen. Weil die als Vermächtnis zugewandten Geldbeträge jeweils mit ihrem Wert über denjenigen Betrag hinausreichen, den sich die beiden Kläger, ohne Rücksicht auf Beschränkungen und auf die von dem Beklagten gegen die Höhe des Nachlasswertes (§ 2311 BGB) erhobenen Einwände, jeweils als Pflichtteil errechnet haben, scheidet ein weitergehender Anspruch nach § 2307 Abs. 1 BGB aus. Dies stellt auch die Berufung nicht mehr in Frage.
2.
Auch den mit der Berufung explicit weiterverfolgten Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB in geltend gemachter Höhe von jeweils 19.630,40 Euro hat das Landgericht den Klägern im Ergebnis zu Recht abgesprochen. In der notariell beurkundeten Zuwendung eines auf den Todesfall der Erblasserin bedingten „lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchsrechts“ an dem zugleich auf den Enkelsohn übertragenen Grundstück lag, ungeachtet dieser Wortwahl, schon keine tatbestandsmäßige „Schenkung“ an den Beklagten. Überdies würde eine Hinzurechnung des Wertes des unter diesen Umständen – unterstellt – „verschenkten“ Gegenstandes zum Nachlass in der Rechtsfolge nicht zu einer Erhöhung des Pflichtteils der Kläger führen.
a)
Gemäß § 2325 Abs. 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte für den Fall, dass der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat, als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Der Anspruch setzt mithin voraus, dass der Erblasser eine „Schenkung“ im Sinne von § 516 BGB gemacht hat, d.h. eine Zuwendung, die ihren Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und bei der beide Teile darüber einig sind, dass sie unentgeltlich erfolgt (BGH, Urteil vom 14. März 2018 – IV ZR 170/16, NJW 2018, 1475). Entscheidend ist das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung beim Vollzug des Vertrages; auf das in § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltene Niederstwertprinzip, das allein der Bewertung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs dient, sich aber nicht zu der Frage verhält, ob überhaupt eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorliegt, ist an dieser Stelle nicht zurückzugreifen (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2002 – IV ZR 259/01, NJW 2002, 2469; Versäumnisurteil vom 25. November 2009 – XII ZR 92/06, BGHZ 183, 242, 255). Eine ergänzungspflichtige Schenkung kann danach angenommen werden, wenn der ohne wirtschaftlichen Gegenwert erfolgte Vermögensabfluss beim Erblasser zu einer materiell-rechtlichen, dauerhaften und nicht nur vorübergehenden oder formalen Vermögensmehrung des Empfängers geführt hat (BGH, Urteil vom 14. März 2018 – IV ZR 170/16, NJW 2018, 1475; vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 – IV ZR 249/02, BGHZ 157, 178, 181). Darlegungs- und beweisbelastet für diese tatsächlichen Voraussetzungen ist der Pflichtteilsberechtigte: Diesem obliegt insbesondere der Nachweis, dass ein bestimmter Gegenstand zum Nachlass gehörte und dass dieser unentgeltlich auf einen Dritten übertragen wurde (BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 – IVa ZR 132/80, NJW 1981, 2458; Urteil vom 17. Januar 1996 – IV ZR 214/94, NJW-RR 1996, 705; Lange, in: MünchKomm-BGB 9. Aufl., § 2325 Rn. 55).
b)
Dies zugrunde legend, teilt der Senat im Ergebnis die Einschätzung des Landgerichts, dass es sich bei der am 9. Februar 2017 beurkundeten Einräumung des erst mit ihrem Tode wirksamen lebenslangen Nießbrauchsrechts an dem auf den Enkelsohn übertragenen Grundstück bereits nicht um eine „Schenkung“ der Erblasserin an den Beklagten gehandelt hat. Wenngleich in der Bestellung dieses weiteren Nießbrauches eine den Beklagten bereichernde Zuwendung zu sehen sein mag (sog. Zuwendungsnießbrauch; vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 2002, 512 = ZEV 2002, 460 m. Anm. Kornexl; Reiff, ZEV 1998, 241), so lässt sich hier jedenfalls nicht feststellen, dass dem auch eine – nach § 516 Abs. 1 BGB weiterhin erforderliche – Vereinbarung der Beteiligten über die Unentgeltlichkeit dieser Zuwendung an den Beklagten zugrunde gelegen hat.
aa)
Für die Annahme einer Schenkung im Sinne von § 516 BGB ist eine Einigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung, bzw. – im Falle einer gemischten Schenkung – über deren teilweise Unentgeltlichkeit, unentbehrlich (BGH Urteil vom 17. April 2002 – IV ZR 259/01, NJW 2002, 2469; Urteil vom 6. März 1996 – IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754; BGHZ 82, 274, 281 f.). Auch die Zuwendung eines Nießbrauches ist nur dann eine Schenkung, wenn sich der Erblasser und der Dritte darüber einig waren, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (vgl. Reiff, ZEV 1998, 241). Grundsätzlich ist es Sache des Pflichtteilsberechtigten, hier: der Kläger, im Rahmen des Anspruchs nach § 2325 BGB zu beweisen, dass die Übertragung des Grundstücks unentgeltlich erfolgte, mithin, dass der Leistung des Erblassers nach dem Vertrag keine (ausreichende) Gegenleistung gegenübersteht (BGH, Urteil vom 17. Januar 1996 – IV ZR 214/94, NJW-RR 1996, 705). Möglichen Beweisschwierigkeiten, die daraus resultieren, dass der Pflichtteilsberechtigte als Dritter von den insoweit wesentlichen Tatsachen keine Kenntnis hat, ist ggf. dadurch Rechnung zu tragen, dass es hier zunächst Sache des über die erforderlichen Kenntnisse verfügenden Anspruchsgegners ist, zu den für die Begründung der Gegenleistung maßgeblichen Tatsachen und den seinerzeit für die Bewertung maßgebenden Vorstellungen der Beteiligten vorzutragen (BGH, Urteil vom 17. Januar 1996 – IV ZR 214/94, NJW-RR 1996, 705; Senat, Urteil vom 24. Juli 2019 – 5 U 95/18, ZEV 2020, 423). Die Einigung über eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit wird außerdem vermutet, wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Missverhältnis besteht, das den Vertragsschließenden nicht verborgen geblieben sein kann (BGH, Urteil vom 17. April 2002 – IV ZR 259/01, NJW 2002, 2469; Versäumnisurteil vom 25. November 2009 – XII ZR 92/06, BGHZ 183, 242).
bb)
Der notarielle Vertrag vom 9. Februar 2017 enthält danach, ungeachtet seines auf den ersten Blick möglicherweise anderes nahelegenden Wortlautes, bei der gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung auch aller weiteren maßgeblichen Umstände keine Schenkungsabrede der Erblasserin und des Beklagten.
(1)
Anerkanntermaßen sind auch Urkunden über formbedürftige Rechtsgeschäfte nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) auszulegen; das Formerfordernis ist erfüllt für denjenigen Vertragsinhalt, den die Auslegung ergibt (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1974 – V ZR 132/73, BGHZ 63, 359; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB 82. Aufl., § 133 Rn. 19). Daher ist zwar auch hier zunächst vom Wortlaut auszugehen; bei der Auslegung ist aber auch das Gesamtverhalten der Erklärenden einschließlich aller Nebenumstände, etwaiger Vorbesprechungen sowie des Zwecks der Erklärungen zu berücksichtigen. Es können auch außerhalb des Vertrags liegende, zur Erforschung des Vertragsinhalts geeignete Umstände herangezogen werden, wenn der einschlägige rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der Urkunde einen, wenn auch nur unvollkommenen, Ausdruck gefunden hat (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1974 –V ZR 132/73, BGHZ 63, 359, 362; BGH, Urteil vom 25. März 1983 – V ZR 268/81, BGHZ 87, 150, 154). Die Grenze bei der Berücksichtigung dieser Umstände ist erst dort überschritten, wo der beurkundete Text die Richtung des rechtsgeschäftlichen Willens nicht einmal dem Grunde nach erkennen lässt (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 – VII ZR 218/08, NJW-RR 2010, 821).
(2)
Die unter Beachtung dieser Grundsätze vorzunehmende Auslegung der notariellen Urkunde führt vorliegend nicht zu der Annahme, die Zuwendung des Nießbrauches an den Beklagten sei – den Anforderungen des § 516 Abs. 1 BGB entsprechend – von den Beteiligten als unentgeltliche gewollt gewesen. Zwar heißt es unter der Überschrift „Gegenleistungen, Vorbehalte, Auflagen“, in Ziff. III. 7., dass der Veräußerer (die Erblasserin) zugunsten des Mitbeteiligten (des Beklagten) an dem in der Urkunde auf den Enkelsohn übertragenen Grundbesitz ein – so wörtlich – „lebenslängliches unentgeltliches Nießbrauchsrecht und zwar aufschiebend bedingt auf den Todesfall des Veräußerers“, bestellt. Zudem sollte „ab sofort bis zur Entstehung des Nießbrauchsrechtes durch Eintragung im Grundbuch“ ein „inhaltsgleiches“, mithin ebenfalls unentgeltliches und aufschiebend bedingtes „schuldrechtliches Nießbrauchsrecht“ gelten. Wenngleich der Beklagte nach diesen Formulierungen augenscheinlich kein (unmittelbares) Entgelt als Gegenwert schuldete, folgt aus den Umständen, dass damit in der Sache gleichwohl keine schenkweise Zuwendung gewollt war. Ohnehin spricht das Fehlen einer gleichwertigen Gegenleistung (nur) des Beklagten im Rahmen dieses mit weiteren Beteiligten geschlossenen Vertrages nicht zwingend für die Annahme der Unentgeltlichkeit der von der Erblasserin versprochenen Leistung (allgemein: Weidenkaff, in: Grüneberg, BGB 82. Aufl, § 516 Rn. 8). Es ist nämlich in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Unentgeltlichkeit einer Leistung nur dann zu bejahen ist, wenn damit zugleich eine Minderung des Vermögens auf Seiten des Zuwendenden gegeben ist (BGH, Urteil vom 10. Januar 1951 – II ZR 18/50, NJW 1951, 268). Eine solche Vermögensminderung liegt jedoch nicht vor, wenn die Zuwendung – wie hier – unter der Bedingung gewährt wird, dass der Zuwendende ein nach seiner Ansicht ausreichendes Äquivalent von Seiten eines Dritten erhält; denn es besteht für die Frage der Entgeltlichkeit kein Unterschied, ob die rechtliche Abhängigkeit von Zuwendung und Äquivalent durch eine Verpflichtung (synallagmatische Verknüpfung) oder durch eine Bedingung (konditionale Verknüpfung) geschaffen wird (BGH, Urteil vom 10. Januar 1951 – II ZR 18/50, NJW 1951, 268; RG, Beschluss vom 30. Januar 1940 – V 76/38, RGZ 163, 348, 356; Staudinger/Chiusi (2021) BGB § 516, Rn. 47; Koch, in: MünchKomm-BGB 9. Aufl., § 516 Rn. 27). Ein solches ausreichendes Äquivalent hat die Erblasserin hier nach ihrer Vorstellung erhalten, indem sie sich in derselben Urkunde von dem Sohn des Beklagten die Zahlung von 50.000,- Euro versprechen ließ, der sich in Ansehung dieses am 30. Juni 2017 fälligen Betrages der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwarf, und sich zugleich bis zu ihrem Tode einen lebenslangen Nießbrauch an dem Hausanwesen vorbehielt, während der Sohn des Beklagten – nur – das sowohl mit dem lebenslangen Vorbehaltsnießbrauch der Erblasserin als auch mit dem sich daran ggf. anschließenden aufschiebend bedingten Zuwendungsnießbrauch des Beklagten belasteten („nackten“) Eigentums erhielt. Denn vor diesem Hintergrund ist es unzweifelhaft, dass die Erblasserin dem Beklagten das auf ihren Todestag aufschiebend bedingte lebenslängliche Nießbrauchsrecht nur deshalb zuwandte, weil sie dafür nach dem notariellen Vertrag mit den darin von dem Sohn des Beklagten übernommenen Verpflichtungen ein aus ihrer Sicht ausreichendes Äquivalent erhielt. Berücksichtigt man auch diese weiteren, in der notariellen Urkunde ausdrücklich geregelten Aspekte, so lag in der Zuwendung des aufschiebend auf den Todesfall bedingten Nießbrauchs, ungeachtet dessen isolierter Bezeichnung als „unentgeltlich“, keine Schenkung an den Beklagten. Die Erblasserin hat ihm damit schon keine Zuwendung gemacht, die zu einer Minderung ihres eigenen Vermögens geführt hat, weil sie, entsprechend ihren eigenen Vorstellungen, dafür die in dem Vertrag als Voraussetzung ihrer Leistung zugrunde gelegten Vorteile erlangt hat. Dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch offen war, wann die darin eingegangenen Verpflichtungen vollzogen werden würden, wie die Kläger mit ihrer Berufung betonen, ist insoweit nicht entscheidend, weil schon die Erlangung dieses Zahlungsversprechens aus ihrer Sicht ein ausreichendes Äquivalent für die von ihr eingegangenen Verpflichtungen darstellte.
cc)
Auf den subjektiven Tatbestand einer Schenkung, nämlich die Einigkeit der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit, kann vorliegend auch nicht deshalb geschlossen werden, weil ein auffallendes, grobes Missverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung, hier: der von der Erblasserin aufgegebenen und der im Gegenzug empfangenen Vermögenswerte – festzustellen wäre; denn das ist hier nicht der Fall.
(a)
Allgemein wird die Einigung über eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit im Sinne einer gemischten Schenkung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dann vermutet, wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Missverhältnis besteht, das den Vertragsschließenden nicht verborgen geblieben sein kann (BGH, Urteil vom 17. April 2002 – IV ZR 259/01, FamRZ 2002, 883, 884; Versäumnisurteil vom 25. November 2009 – XII ZR 92/06, BGHZ 183, 242). Diese Einschränkung der privatautonomen Bewertung von Leistung und Gegenleistung durch eine derartige Vermutung ist dann gerechtfertigt, wenn – wie im Falle des § 2325 BGB – schutzwerte Interessen Dritter berührt sind (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 1995 – IV ZR 36/94, NJW 1995, 1349). Dabei ist allerdings unter Verwandten zu berücksichtigen, dass sie den ohnehin nur abzuschätzenden Wert ihrer Leistungen kaum je exakt kalkulieren; deshalb ist für die einzelnen Leistungen von Werten auszugehen, die bei verständiger, die konkreten Umstände berücksichtigender Beurteilung noch als vertretbar gelten können (BGH, Urteil vom 17. April 2002 – IV ZR 259/01, FamRZ 2002, 883, 884; vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 – IVa ZR 132/80, NJW 1981, 2458; Urteil vom 1. Februar 1995 – IV ZR 36/94, NJW 1995, 1349). Für das Vorliegen eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung sind die Kläger beweispflichtig (BGH, Urteil vom 1. Februar 1995 – IV ZR 36/94, NJW 1995, 1349); maßgebend hierfür ist der Zeitpunkt der Zuwendung (BGH, Urteil vom 6. März 1996 – IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754; Urteil vom 27. Mai 1981 – IVa ZR 132/80 – NJW 1981, 2458). Angesichts der von den Beteiligten gewählten Vertragsgestaltung unter Einbeziehung des Sohnes des Beklagten hat diese Bewertung im Streitfall einheitlich, d.h. unter Berücksichtigung aller von der Erblasserin aufgegebenen und der im Gegenzug von ihr empfangenen Vermögenswerte, zu erfolgen.
(b)
Ein solches grobes Missverhältnis kann hier bei objektiver Betrachtung jedoch nicht festgestellt werden. Die von der Erblasserin in dem notariellen Vertrag vom 9. Februar 2017 aufgegebenen Rechte – nur das mit dem Vorbehaltsnießbrauch belastete Eigentum, nicht auch der dem Beklagten gewährte, aufschiebend auf den Todestag bedingte Zuwendungsnießbrauch – stehen zu den von ihr erlangten Vorteilen nicht außer Verhältnis, nachdem – auch ohne Rücksicht auf den von dem Beklagten in Ziff. IV. außerdem erklärten gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht, dessen wirtschaftliche Relevanz die Kläger bestreiten – schon der zu ihren Gunsten bedungene Anspruch auf den am 30. Juni 2017 fälligen, mittlerweile auch unstreitig gezahlten Übernahmepreis von 50.000,- Euro den Wert dieser Leistungen überstieg:
(aa)
Was die von der Erblasserin im Rahmen des dreiseitigen Übergabevertrages zugunsten der anderen Beteiligten aufgegebenen Vermögenswerte anbelangt, ist zunächst das Eigentum an dem Grundstück zu berücksichtigen, das darin auf den Sohn des Beklagten übertragen wurde und dessen Verkehrswert die Parteien nach den tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts unstreitig mit 103.000,- Euro angegeben haben; diese Feststellung, die sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt, dessen Berichtigung hier nicht beantragt wurde, und der gemäß § 314 Satz 1 ZPO vollen Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefert (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 – IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120), ist – mangels aus dem Urteil selbst ersichtlicher Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten, die die Beweiskraft des Tatbestandes einschränken könnten – für den Senat nach §§ 314, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend (BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 – XI ZR 457/10, NJW-RR 2012, 622).
(bb)
Wie das Landgericht weiterhin – wenn auch in anderem Kontext – richtig ausführt, mindert sich der Wert des Grundstücks um den Wert des der Erblasserin vorbehaltenen Nießbrauchs in Höhe von 55.392,- Euro (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1993 – V ZR 181/91, NJW 1993, 1577; Urteil vom 6. März 1996 – IV ZR 374/94, NJW-RR 1996, 754); dass dieses Recht vereinbarungsgemäß mit dem Erbfall erlöschen sollte, ist für die hier vorzunehmende Beurteilung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt der Schenkung unerheblich.
(aaa)
Der in dem angefochtenen Urteil auf Grundlage des unstreitigen Beklagtenvortrages angenommene Wert des Nießbrauches in Höhe von 55.392 Euro ist ungeachtet der mit der Berufung erhobenen Einwände nicht zu beanstanden. Anerkanntermaßen ist der Wert eines Nießbrauchsvorbehalts aus dem Produkt des Jahreswertes des Rechts und der Dauer des Nießbrauches zu errechnen, die sich an der Lebenserwartung des Begünstigten orientiert und mit Hilfe amtlicher Sterbetafeln bestimmt werden muss (s. nur Reiff, ZEV 1998, 241, 242). Im Streitfall ist der im Vertrag mit 9.600,- Euro angegebene, von den Parteien auch übereinstimmend zugrunde gelegte Jahresnutzwert dieses Rechts als künftig wiederkehrende Gegenleistung für die am 2. Juni 1932 geborene Erblasserin, den insoweit zutreffenden Rechtsausführungen des Beklagten entsprechend, mit dem Faktor 5,770 für Frauen mit vollendetem 84. Lebensjahr zu kapitalisieren: Dieser Faktor entspricht dem vom Bundesministerium der Finanzen gemäß § 14 Abs. 1 BewG ermittelten Vervielfältiger für den Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung im hier maßgeblichen Zeitraum ab 1. Januar 2017 (BMF-Schreiben vom 4. November 2016, Gz.: IV C 7 – S 3104/09/10001, Dok. Nr. 2016/1012678 = Anlage K6); er kann anerkanntermaßen für die Ermittlung des Wertes eines – wie hier – lebenslänglich eingeräumten Nutzungsrechts herangezogen werden (s. etwa OLG Celle, FamRZ 2009, 462; OLG Koblenz, FamRZ 2006, 1413).
(bbb)
Soweit die Berufung diese Berechnung zwar im Ausgangspunkt hinnimmt, jedoch meint, im konkreten Falle müsse angesichts des Gesundheitszustandes der Erblasserin ausnahmsweise nicht „ex-ante“ von ihrer Lebenserwartung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern „ex-post“ von ihrer tatsächlichen restlichen Lebensdauer ausgegangen werden, folgt der Senat dem nicht. Wenngleich es im Einzelfall angezeigt erscheinen mag, in vergleichbaren Fällen zu Bewertungszwecken nicht von der allgemeinen Lebenserwartung auszugehen, sondern in Anbetracht des Gesundheitszustandes auch einen wesentlich geringeren Zeitraum anzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1975 – IV ZR 3/74, BGHZ 65, 75 zur Bewertung eines Altenteils), rechtfertigen die vorliegenden Umstände – hier im Wesentlichen das hohe Alter der Erblasserin und eine im Jahre 2016 diagnostizierte Darmkrebserkrankung – dies nicht, nachdem die Erblasserin damals – unstreitig – in dem Hausanwesen lebte, Änderungen ersichtlich nicht geplant waren und auch sonst nichts Erhebliches darauf hindeutet, dass sie daran in Kürze versterben würde; auch der von den Klägern hervorgehobene, nach den Erfahrungen des Senats jedoch keineswegs unübliche und jedenfalls nicht Verdacht heischende Umstand, dass die notarielle Beurkundung zu Hause stattgefunden habe, lässt diesen Schluss nicht zu. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass nach der – insoweit maßgeblichen – Vorstellung der Parteien das im notariellen Vertrag vorbehaltene Nießbrauchsrecht von der Erblasserin überhaupt nicht mehr ausgeübt werden konnte, oder die Einräumung dieses Rechts gar zum Schein erfolgt wäre (§ 117 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1996 – IV ZR 214/94, NJW-RR 1996, 705). Die Erblasserin ist – erst – am 19. Dezember 2017, gut zehn Monate nach Vertragsschluss, verstorben. Dafür, dass sie nach Vorstellung der Beteiligten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 9. Februar 2017 aufgrund ihres Alters und ihres gesundheitlichen Zustandes von der ihr zugewandten Gegenleistung keinen Gebrauch mehr würde machen können, bestehen selbst unter Berücksichtigung aller von den Klägern eingewandter Umstände keine Anhaltspunkte.
(cc)
Der dem Beklagten aufschiebend bedingt auf den Todesfall der Erblasserin eingeräumte – weitere – lebenslange Nießbrauch hat bei der Ermittlung der Wertverhältnisse im maßgeblichen Zeitpunkt der Schenkung außer Betracht zu bleiben. Sofern – wie hier – mehreren Berechtigten ein Nießbrauch in der Weise eingeräumt wird, dass der Nießbrauch des einen erst mit dem Ableben des anderen entstehen soll (sog. Sukzessivnießbrauch), belastet dieser weitere Nießbrauch das Vermögen des Zuwendenden nicht, wie das Landgericht letztlich zu Recht ausgeführt hat und wie auch aus dem Rechtsgedanken des § 6 Abs. 1 BewG folgt, auf den in diesem Zusammenhang rekurriert werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 6. Mai 2020 – II R 11/19, BFHE 269, 424 zu daran anknüpfenden (schenkungs-)steuerrechtlichen Aspekten). Diese Vorschrift bestimmt, dass Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, nicht berücksichtigt werden. Sie untersagt damit den Abzug von Verpflichtungen, die am Bewertungsstichtag zivilrechtlich (noch) nicht entstanden sind, wobei der Ausdruck „Bedingung“ an das bürgerliche Recht anknüpft. Für den vorliegenden Fall einer aufschiebend bedingten Einräumung eines Nießbrauchs folgt daraus, dass dieser bei der Bewertung solange unberücksichtigt bleibt, als die von der aufschiebenden Bedingung abhängig gemachte Wirkung des Rechtsgeschäfts noch nicht eingetreten ist (§ 158 Abs. 1 BGB; vgl. BFH, Urteil vom 6. Mai 2020 – II R 11/19, BFHE 269, 424). Dem entspricht es, dass nach den erkennbaren Vorstellungen der hiesigen Beteiligten durch die Einräumung dieses weiteren Nießbrauchsrechts nicht (mehr) die Erblasserin, sondern der Grundstückseigentümer zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung, hier: der Sohn des Beklagten, belastet wurde, der, auch ungeachtet des seinerzeit nicht bekannten Zeitpunktes des Vollzuges der wechselseitigen Verpflichtungen, durch seine Zustimmung zu dieser Vorgehensweise eine weitere Gegenleistung für den vertraglich vereinbarten Erwerb des „nackten“ Eigentums an die Erblasserin erbrachte. Vor diesem Hintergrund kann hier von einem auffälligen groben Missverhältnis der wechselseitigen Leistungen – und damit von einem subjektiven Schenkungswillen – keine Rede sein.
c)
Doch selbst wenn man – entgegen den vorherigen Ausführungen – mit den Klägern annehmen wollte, dass die Zuwendung des Nießbrauchs an den Beklagten vereinbarungsgemäß – ggf. auch teilweise – unentgeltlich erfolgt wäre, mithin im Verhältnis der Erblasserin zum Beklagten eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB vorgelegen hätte, würde dies im vorliegenden Fall auch hinsichtlich der Rechtsfolge nicht zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch der Kläger führen. Ein solcher Anspruch besteht nämlich gemäß § 2325 Abs. 1 BGB zugunsten des Pflichtteilsberechtigten nur in Höhe des Betrages, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der „verschenkte Gegenstand“ dem Nachlass hinzugerechnet wird. Im Streitfall würde eine solche Zurechnung des Wertes des – unterstellt – „verschenkten Gegenstandes“ zum Nachlass den Pflichtteil der Kläger jedoch nicht erhöhen und ein ergänzungspflichtiger Betrag nicht entstehen.
aa)
Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch ist zwischen dem Schenkungsgegenstand (der „Schenkung“) des Erblassers an den Begünstigten als Voraussetzung dieses Anspruchs und dem „verschenkten Gegenstand“ im Rahmen der Rechtsfolge des § 2325 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Teilhabeanspruch nur insoweit, als der Beschenkte „aus dem Vermögen des Schenkers heraus“ bereichert ist, die Bereicherung des Beschenkten also auf einer entsprechenden Entreicherung des Schenkers beruht (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 – IV ZR 249/02, BGHZ 157, 178, 181). Insbesondere bei sog. mittelbaren Zuwendungen, bei denen Entreicherungsgegenstand und Bereicherungsgegenstand nicht identisch sind, ist daher im Rahmen der Rechtsfolge des § 2325 Abs. 1 BGB nicht auf den Schenkungsgegenstand im Valutaverhältnis (Bereicherungsgegenstand), sondern auf den Gegenstand abzustellen, um den das Vermögen des Erblassers verringert wird (Entreicherungsgegenstand). Für § 2325 BGB ist der Schenkungsgegenstand des Valutaverhältnisses nur insoweit bedeutsam, als er mit einer konkreten Verminderung des lebzeitigen Vermögens des Erblassers korrespondiert. Eine ausgebliebene Mehrung des Nachlasses reicht hierfür nicht (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 28. April 2010 – IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252; Senat, Beschluss vom 5. August 2022 – 5 W 48/22, VersR 2022, 1281, jeweils für die Zuwendung des widerruflichen Bezugsrechts aus einem Lebensversicherungsvertrag durch Vertrag zugunsten Dritter). Denn der Schutzzweck der §§ 2325 ff. BGB ist, die Aushöhlung des Pflichtteilsrechts durch lebzeitige Rechtsgeschäfte des Erblassers zu verhindern (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 – IV ZR 249/02, BGHZ 157, 178, 187). § 2325 BGB stellt sicher, dass der Erblasser die für den Todesfall festgeschriebene Beteiligung von Pflichtteilsberechtigten an seinem Vermögen der letzten 10 Jahre nicht durch unentgeltliche Weggabe von Vermögenswerten schmälert. Dagegen gewährleistet § 2325 BGB Pflichtteilsberechtigten nicht die Teilhabe an Zugewinnmöglichkeiten im Zeitpunkt des Todes, die der Erblasser durch eine unentgeltliche Zuwendung seinen Erben genommen hat. Für die Pflichtteilsergänzung kommt daher nur ein Gegenstand in Betracht, der im lebzeitigen Vermögen des Erblassers vorhanden war. Dies trifft auf den Entreicherungsgegenstand, nicht jedoch auf den Bereicherungsgegenstand zu (BGH, Urteil vom 28. April 2010 – IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252).
bb)
Hiervon ausgehend, hat die Zuwendung des Nießbrauches an den Beklagten, der in anderem rechtlichen Kontext getroffenen Einschätzung des Landgerichts folgend, vorliegend nicht zu einer konkreten Verminderung des lebzeitigen Vermögens der Erblasserin geführt, die als Grundlage eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Kläger herangezogen werden könnte.
(1)
Wie in den Fällen der mittelbaren Zuwendung wurde der (unterstellt) „verschenkte“ Gegenstand hier nicht aus dem Vermögen der Erblasserin heraus an den Beklagten geleistet, sondern aus dem Vermögen eines Dritten, des Sohnes des Beklagten, der das von dem Nießbrauch betroffene Grundstück – unstreitig – entgeltlich erworben hatte. Denn der Zuwendungsnießbrauch an den Beklagten war ausweislich des notariellen Vertrages vom 17. Februar 2017, ebenso wie das darin ausdrücklich als „inhaltsgleich“ vereinbarte, „ab sofort bis zur Entstehung des Nießbrauchs durch Eintragung“ geltende schuldrechtliche Nießbrauchsrecht, auf den Todesfall der Erblasserin aufschiebend bedingt: Er sollte – erkennbar – sowohl schuldrechtlich als auch dinglich (§§ 1030 ff. BGB) erst mit Erlöschen des der Erblasserin vorbehaltenen lebzeitigen Nießbrauchs an dem zeitgleich bereits veräußerten Grundbesitz entstehen. Denn die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) hat zur Folge, dass das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft zwar tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet ist, seine Wirksamkeit aber erst mit dem Bedingungsfall ipso iure eintritt (BGH, Urteil vom 21. September 1994 – VIII ZR 257/93, BGHZ 127, 129; Ellenberger, in: Grüneberg, a.a.O., Einf. v. § 158 Rn. 8). Deshalb ist es auch nicht richtig, wenn die Kläger mit ihrer Berufung die Ansicht vertreten, der Teil der Gebäudesubstanz, der zunächst der Erblasserin bis zu ihrem Tode verblieb, sei anschließend „auf den Beklagten übergegangen“ (Bl. 349 GA). Vielmehr ist das aufschiebend bedingte Recht erst mit Bedingungseintritt zu dessen Gunsten vollwirksam geworden, und bei Eintritt der vereinbarten aufschiebenden Bedingung befand sich das davon betroffene Grundstück nicht mehr im Erblasservermögen, weil es in demselben notariellen Vertrag bereits auf den Sohn der Beklagten übertragen worden, darin auch dessen Eintragung als Eigentümer bewilligt und diese sodann am 25. August 2017 vollzogen worden war. Dies übersehen die Kläger auch in ihrem – nicht nachgelassenen – Schriftsatz vom 9. November 2023, der dementsprechend keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung gibt.
(2)
Bei dieser Sachlage muss als für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 Abs. 1 BGB maßgeblichen Entreicherungsgegenstand auf diejenigen Rechte abgestellt werden, die der Erblasserin selbst zustanden und um die durch ihre Zuwendung an den Beklagten ihr Vermögen verringert worden ist. Für eine solche Verminderung des Erblasservermögens ist hier jedoch nichts ersichtlich. Die Erblasserin hat durch Einräumung des aufschiebend auf ihren Tod bedingten lebenslangen Nießbrauches dem Beklagten lediglich Rechte an dem zuvor entgeltlich an ihren Enkelsohn veräußerten Grundbesitz eingeräumt. Sie hat dadurch aber keine eigenen Vermögenswerte aufgegeben, die fortan den Nachlass auf ihre Kosten sowie auf Kosten der pflichtteilsberechtigten Erben verringert haben könnten. Auf den Wert des dem Beklagten zugewandten Nießbrauches als Bereicherungsgegenstand kann insoweit – entgegen der Ansicht der Kläger – nicht abgestellt werden. Dieser ist nicht aus dem Vermögen der Erblasserin heraus an den Beklagten geleistet worden, wie das Landgericht, wenn auch in anderem rechtlichen Kontext, richtig ausführt; vielmehr haben die belastenden Wirkungen dieses Geschäfts allein den Sohn des Beklagten als neuen Eigentümer getroffen. Ebenso wenig ist von Relevanz, auf welche Leistung die Erblasserin – möglicherweise – im Verhältnis zu ihrem Enkelsohn im Gegenzug für dessen Bereitschaft zur Mitwirkung an der Bestellung des Nießbrauchsrechts verzichtet hat. Ohnehin ist diese Veräußerung – unstreitig – vollentgeltlich gewesen. Doch selbst wenn die vereinbarte Einräumung des bedingten Nießbrauches ihren Niederschlag in der Höhe des vereinbarten Kaufpreises gefunden haben sollte, könnte darauf nicht abgestellt werden, weil für die Pflichtteilsergänzung nur ein Gegenstand in Betracht kommt, der im lebzeitigen Vermögen des Erblassers vorhanden war, und eine ausgebliebene Mehrung des Nachlasses, um die es sich insoweit handeln würde, dafür nicht ausreicht.
(3)
Dass dem klägerischen Anliegen keine materielle Berechtigung zukommt, wird auch durch die nachfolgenden, im Senatstermin mit den Parteien erörterten Kontrollüberlegungen bestätigt, nämlich wenn man unterstellt, die Erblasserin hätte in demselben notariellen Vertrag außer dem Beklagten für die Zeit nach dessen Tod auch noch einer oder mehreren weiteren, voraussichtlich länger lebenden Person(en) jeweils (aufeinanderfolgend) einen daran anschließenden, aufschiebend auf deren Tod bedingten Nießbrauch an dem Grundstück des Enkelsohnes zugewandt. Würde man den Klägern – in Konsequenz ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung – hier in Ansehung sämtlicher aufeinanderfolgender Zuwendungen jeweils einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die dadurch begünstigten Personen zubilligen, so würden die daraus errechneten Beträge den Wert des unbelasteten Grundstücks rasch bei weitem übersteigen und ihnen damit etwas zubilligen, das im lebzeitigen Vermögen des Erblassers niemals vorhanden gewesen ist. Auch angesichts dieser ergänzenden wirtschaftlichen Betrachtung wird deutlich, dass die gesetzliche Bestimmung des § 2325 Abs. 1 BGB, die eine derart weitreichende „Beteiligung“ des Pflichtteilberechtigten an bloß hypothetischen Werten gerade nicht ermöglichen will (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2010 – IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252), für den vorliegenden Fall keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch eröffnet.
d)
Das von den Klägern wiederholt, zuletzt auch in ihrer Berufungsbegründung erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (NJW-RR 2002, 512), das einen ähnlich gelagerten, in entscheidenden, die Vertragsauslegung betreffenden Details jedoch abweichenden Sachverhalt betraf, steht der vorliegenden Beurteilung der Angelegenheit durch den Senat nicht entgegen. Nach dem veröffentlichten Urteilstatbestand hatte der dortige Erblasser einer Tochter seiner zweiten Ehefrau (= dortige Beklagte) eine Eigentumswohnung übertragen, sich selbst und zugunsten dieser Ehefrau einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten, die Stieftochter hatte eine lebenslange Pflegeverpflichtung zugunsten des Erblassers und der Ehefrau sowie eine Grundschuld übernommen, darüber hinaus wurde ein – unter bestimmten Bedingungen wirksam werdender – Rückübertragungsvorbehalt vereinbart. Das Oberlandesgericht Koblenz ist für diese in wesentlichen Punkten abweichend gelagerte Konstellation – stillschweigend – von einer Schenkung des Nießbrauches an die Ehefrau ausgegangen; daran anschließend hat es, ausgehend vom damaligen Rechtsstand – d.h.: vor der Neuausrichtung der Rechtsprechung zur Behandlung „mittelbarer Zuwendungen“ im Rahmen der Pflichtteilsergänzung – den Wert dieser Zuwendung unter Anwendung des Niederstwertprinzips (§ 2325 Abs. 2 BGB) ermittelt und dafür auf den Todestag des dortigen Erblassers abgestellt (OLG Koblenz, NJW-RR 2002, 512, 513). Der Senat wird durch diese Überlegungen jetzt nicht an seiner abweichenden Beurteilung des vorliegenden Falles gehindert. Wie das Oberlandesgericht Koblenz geht auch er – mit den Klägern, Bl. 350 GA – davon aus, dass die Zuwendung eines Nießbrauchs eine (ggf. pflichtteilsrelevante) Schenkung darstellen kann, deren Bewertung sich freilich jetzt an den Vorgaben der zwischenzeitlich geänderten Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2010 – IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252) zu orientieren hätte. Anders als (offenbar) dort, hält er aber im vorliegenden Fall nach einer Auslegung des notariellen Vertrages vom 9. Februar 2017 eine Schenkung – mangels nachweislicher Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung – nicht für erwiesen, weil diese von der Erblasserin unter der Bedingung gewährt worden ist, dass sie dafür ein ausreichendes Äquivalent von Seiten eines Dritten, ihres Enkelsohnes, erhielt und auch, anders als (möglicherweise) in dem vom Oberlandesgericht Koblenz entschiedenen Fall, ein objektives Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, aus dem auf eine Unentgeltlichkeit geschlossen werden könnte, hier nicht vorliegt. Diese abweichende, auf einer im Einzelfall vorzunehmenden Vertragsauslegung beruhende Erkenntnis wird durch den Verweis der Kläger auf die von ihnen nicht näher begründete Annahme einer Schenkung in dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz nicht ansatzweise in Frage gestellt.
3.
Auch ein – von den Klägern nicht ausdrücklich eingewandter, aus Rechtsgründen jedoch ebenfalls in Betracht zu nehmender – Herausgabeanspruch aus § 2329 Abs. 1 BGB gegen den Beklagten als Beschenkten scheidet vorliegend aus. Insoweit kann dahinstehen, dass der Klagantrag derzeit nur auf Geldzahlung lautet, der Anspruch aus § 2329 BGB jedoch auf Herausgabe (Duldung der Zwangsvollstreckung) gerichtet ist, weil ggf. ein entsprechender Hilfsantrag der Klägerin hätte angeregt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1961 – V ZR 137/59, MDR 1961, 491). Denn § 2329 Abs. 1 BGB knüpft die dort bestimmte Herausgabepflicht an das Vorliegen einer Schenkung im Sinne der §§ 516, 2325 BGB (vgl. Staudinger/Herzog (2021) BGB § 2329, Rn. 4), an der es hier nach dem oben Gesagten jedoch fehlt; diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Grundsätze zur Frage einer pflichtteilsrelevanten Schenkung und zur Behandlung mittelbarer Zuwendungen sind in der Rechtsprechung geklärt. Der Senat weicht in seiner rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Einzelfalles aus den weiter oben angeführten Gründen auch nicht von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz (NJW-RR 2002, 512) ab, so dass ein Fall der Divergenz diesbezüglich nicht vorliegt.
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 3, 4 ZPO, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.