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Lebensversicherung – Widerruf der Übermittlung eines Schenkungsangebots durch Erben

Erben schlagen Erbschaft aus, kassieren aber Lebensversicherung – zu Unrecht, wie das Oberlandesgericht Saarbrücken nun entschied. Ein komplexer Rechtsstreit um die Auszahlung einer Todesfallleistung in Höhe von über 12.000 Euro zeigt, wie schnell man in Erbschaftsangelegenheiten in juristische Fallstricke geraten kann. Die Unterscheidung zwischen Deckungs- und Valutaverhältnis bei Lebensversicherungen wird zum entscheidenden Faktor.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Streit um Berechtigung an einer Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung
  • Beklagte als gesetzliche Erben haben die Erbschaft ausgeschlagen
  • Kläger sind die gesetzlich vertretenen unbekannten Erben, die Auszahlung der Versicherungssumme fordern
  • Landgericht entschied, dass Beklagte die Versicherungssumme rechtsgrundlos erlangt haben
  • Ein Schenkungsvertrag zwischen dem Erblasser und den Beklagten wurde nicht nachgewiesen
  • Nachlasspfleger konnte den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots widerrufen
  • Widerruf verhinderte das Zustandekommen eines Schenkungsvertrags
  • Aufrechnung der Beklagten mit rückständigem Unterhalt wurde prozessual zurückgewiesen
  • Berufung der Beklagten wurde als aussichtslos eingestuft
  • Antrag auf Prozesskostenhilfe der Beklagten wurde abgelehnt, Kläger erhielten Prozesskostenhilfe

Lebensversicherung und Erbrecht: Streit um Schenkungswiderruf vor Gericht

Die Lebensversicherung ist ein zentrales Element der finanziellen Vorsorge, das häufig für den Schutz der Familie oder zur Sicherung der eigenen Altersvorsorge abgeschlossen wird. Bei Vertragsabschluss sind häufig auch Regelungen bezüglich der Bezugsberechtigung und der Übertragung dieses Vertrages von Bedeutung. Nicht selten kann es jedoch zu Streitigkeiten zwischen Erben und Versicherungsnehmern kommen, insbesondere wenn es um Schenkungen oder deren Widerruf geht. Hierbei spielt das Erbrecht eine entscheidende Rolle, da es bestimmt, wie Vermögenswerte nach dem Tod eines Menschen verteilt werden.

Im Kontext der Lebensversicherung kann es vorkommen, dass Erben die Zustimmung zu Schenkungsangeboten, etwa bezüglich des Versicherungsvertrags, widerrufen möchten. Diese rechtlichen Vorgänge sind oft komplex und erfordern ein gewisses Maß an Verständnis für sowohl das Versicherungsrecht als auch das Erbrecht. Die Frage, ob ein solcher Widerruf rechtlich wirksam ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter den genauen Umständen des Schenkungsangebots und den bestehenden vertraglichen Regelungen.

Um die rechtlichen Aspekte dieses Themas besser zu verstehen, werden im folgenden Abschnitt ein konkreter Fall und dessen gerichtliche Entscheidung analysiert.

Der Fall vor Gericht


Streit um Lebensversicherung: Erben gegen Bezugsberechtigte

Das Oberlandesgericht Saarbrücken befasste sich mit einem komplexen Rechtsstreit um die Auszahlung einer Lebensversicherung. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob die ursprünglich als Bezugsberechtigte bestimmten gesetzlichen Erben die ausgezahlte Versicherungssumme behalten dürfen, nachdem sie die Erbschaft ausgeschlagen hatten.

Hintergrund des Falls

Ein Versicherungsnehmer hatte eine Lebensversicherung abgeschlossen und als Bezugsberechtigte „die Erben der versicherten Person“ festgelegt. Nach seinem Tod schlugen die gesetzlichen Erben die Erbschaft aus. Dennoch zahlte die Versicherung die Todesfallleistung in Höhe von 12.028,18 Euro an diese aus. Daraufhin forderten die durch einen Nachlasspfleger vertretenen unbekannten Erben die Herausgabe dieser Summe von den ursprünglich Bezugsberechtigten.

Rechtliche Bewertung des Gerichts

Das Gericht gab den Klägern Recht und verpflichtete die Beklagten zur Rückzahlung der erhaltenen Versicherungssumme. Entscheidend war dabei die Unterscheidung zwischen dem Deckungs- und dem Valutaverhältnis bei der Einräumung eines Bezugsrechts. Während im Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer der Anspruch auf Auszahlung geregelt wird, bestimmt das Valutaverhältnis, ob der Bezugsberechtigte die Leistung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer bzw. dessen Erben behalten darf.

Fehlender Rechtsgrund für das Behalten der Versicherungsleistung

Das Gericht stellte fest, dass kein wirksamer Schenkungsvertrag zwischen dem Erblasser und den Beklagten zustande gekommen war. Zwar enthält die Einräumung eines Bezugsrechts üblicherweise den stillschweigenden Auftrag an den Versicherer, dem Begünstigten ein Schenkungsangebot zu übermitteln. Dieser Auftrag kann jedoch jederzeit widerrufen werden – auch nach dem Tod des Versicherungsnehmers durch dessen Erben oder deren Vertreter.

Widerruf des Auftrags durch den Nachlasspfleger

Im vorliegenden Fall hatte der Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots rechtzeitig widerrufen. Das Gericht bestätigte die Wirksamkeit dieses Widerrufs und betonte, dass dadurch ein Schenkungsvertrag im Valutaverhältnis nicht mehr zustande kommen konnte. Folglich fehlte es den Beklagten an einem Rechtsgrund, die Versicherungsleistung zu behalten.

Zurückweisung der Hilfsaufrechnung

Die Beklagten versuchten in der Berufung, mit einem angeblichen Anspruch auf rückständigen Unterhalt gegen den Erblasser aufzurechnen. Das Gericht wies diese Hilfsaufrechnung aus prozessualen Gründen zurück. Es handelte sich um neuen Tatsachenvortrag, der im Berufungsverfahren nicht mehr zuzulassen war. Zudem bestritten die Kläger das Bestehen von Unterhaltsforderungen und erhoben vorsorglich die Einrede der Verjährung.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die Trennung von Deckungs- und Valutaverhältnis bei Lebensversicherungen mit Bezugsrecht. Es zeigt, dass der stillschweigende Auftrag zur Übermittlung eines Schenkungsangebots an den Bezugsberechtigten auch nach dem Tod des Versicherungsnehmers durch dessen Rechtsnachfolger widerrufen werden kann. Dies unterstreicht die Bedeutung des Valutaverhältnisses für die endgültige Berechtigung an der Versicherungsleistung und stärkt die Position der Erben gegenüber den ursprünglich Bezugsberechtigten.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Lebensversicherung abschließen und Erben als Bezugsberechtigte bestimmen, sollten Sie sich bewusst sein, dass die Auszahlung der Versicherungssumme komplexer sein kann als gedacht. Selbst wenn die Versicherung an die ursprünglich Bezugsberechtigten auszahlt, können diese zur Rückzahlung verpflichtet werden, falls sie die Erbschaft ausschlagen. In diesem Fall können andere Erben oder ein Nachlasspfleger den Auftrag zur Schenkung widerrufen. Es ist daher ratsam, Ihre Wünsche bezüglich der Versicherungsauszahlung klar zu dokumentieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass Ihr letzter Wille tatsächlich umgesetzt wird.


FAQ – Häufige Fragen

Lebensversicherungen bieten im Todesfall finanziellen Schutz für Hinterbliebene. Doch oft genug führen Streit um Lebensversicherung zu Unsicherheiten und juristischen Auseinandersetzungen. In unseren FAQ finden Sie fundierte Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um dieses Thema und erhalten wertvolle Informationen zu Ihren Rechten und Pflichten.


Was passiert mit der Auszahlung einer Lebensversicherung, wenn die Erben die Erbschaft ausschlagen?

Die Auszahlung einer Lebensversicherung bei Ausschlagung der Erbschaft hängt maßgeblich davon ab, ob im Versicherungsvertrag ein Bezugsberechtigter festgelegt wurde. Ist ein Bezugsberechtigter benannt, erhält dieser die Versicherungsleistung unabhängig von der Erbschaft. Die Ausschlagung des Erbes hat in diesem Fall keine Auswirkungen auf den Anspruch des Bezugsberechtigten.

Wurde kein Bezugsberechtigter bestimmt, fällt die Versicherungssumme in den Nachlass. Bei Ausschlagung der Erbschaft geht der Anspruch auf die Versicherungsleistung dann auf die nächsten gesetzlichen Erben über. Diese können die Erbschaft ebenfalls ausschlagen oder annehmen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Bezugsberechtigung und die Erbenstellung zwei separate rechtliche Konstrukte sind. Ein Erbe kann durchaus die Erbschaft ausschlagen, aber dennoch als Bezugsberechtigter die Versicherungsleistung erhalten. Dies kann besonders bei überschuldeten Nachlässen von Vorteil sein.

In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Versicherungsnehmer „seine Erben“ als Bezugsberechtigte einsetzt. In diesem Fall erhalten die im Erbfall bestimmten Erben die Versicherungsleistung auch dann, wenn sie die Erbschaft ausschlagen. Sie bekommen das Geld direkt von der Versicherung, ohne dass es Teil des Nachlasses wird.

Es gibt jedoch eine wichtige Einschränkung: Die Erben können nach dem Tod des Versicherungsnehmers die Übermittlung des Schenkungsangebots an den Bezugsberechtigten widerrufen, solange dieser das Angebot noch nicht angenommen hat. Dies kann zu einem Wettlauf zwischen Erben und Bezugsberechtigten führen.

Für die Praxis bedeutet dies: Bezugsberechtigte sollten nach dem Tod des Versicherungsnehmers schnellstmöglich die Versicherung kontaktieren und ihren Anspruch geltend machen. Erben hingegen sollten prüfen, ob sie durch einen Widerruf des Schenkungsangebots die Versicherungsleistung in den Nachlass zurückholen können.

Die rechtliche Situation kann im Einzelfall komplex sein, insbesondere wenn es um hohe Versicherungssummen geht. Faktoren wie die genaue Formulierung der Bezugsberechtigung im Versicherungsvertrag oder mögliche Anfechtungsgründe können eine Rolle spielen.

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Kann ein Nachlasspfleger den Auftrag zur Übermittlung eines Schenkungsangebots widerrufen?

Die Frage nach der Befugnis eines Nachlasspflegers, den Auftrag zur Übermittlung eines Schenkungsangebots zu widerrufen, ist rechtlich komplex und bedarf einer differenzierten Betrachtung.

Grundsätzlich ist ein Nachlasspfleger vom Nachlassgericht bestellt, um den Nachlass zu sichern und die Interessen unbekannter Erben zu wahren. Seine Aufgaben umfassen die Ermittlung der Erben, die Sicherung des Nachlasses und dessen Verwaltung. In diesem Rahmen hat er weitreichende Befugnisse, die sich jedoch stets am Wohl des Nachlasses und der potenziellen Erben orientieren müssen.

Bei der Frage des Widerrufs eines Auftrags zur Übermittlung eines Schenkungsangebots ist zunächst der Kontext zu betrachten. Häufig tritt diese Situation im Zusammenhang mit Lebensversicherungen auf. Wenn ein Versicherungsnehmer eine Person als Bezugsberechtigten für eine Lebensversicherung bestimmt, wird dies rechtlich oft als Schenkungsangebot interpretiert. Der Versicherer erhält dabei implizit den Auftrag, dieses Schenkungsangebot nach dem Tod des Versicherungsnehmers dem Begünstigten zu übermitteln.

Die rechtliche Bewertung, ob ein Nachlasspfleger diesen Übermittlungsauftrag widerrufen kann, ist nicht eindeutig. Einerseits vertritt der Nachlasspfleger die Interessen der unbekannten Erben und könnte argumentieren, dass der Widerruf in deren Interesse liegt, um den Nachlass zu sichern. Andererseits ist zu beachten, dass das Bezugsrecht an einer Lebensversicherung mit dem Tod des Versicherungsnehmers grundsätzlich unentziehbar wird.

Die vorherrschende Rechtsauffassung tendiert dazu, dem Nachlasspfleger kein generelles Recht zum Widerruf des Übermittlungsauftrags zuzugestehen. Begründet wird dies damit, dass der Nachlasspfleger nicht in die Rechte des Erblassers eingreifen sollte, die dieser zu Lebzeiten festgelegt hat. Zudem wird argumentiert, dass der Nachlasspfleger primär den Nachlass sichern soll, während die Versicherungsleistung aufgrund des Bezugsrechts gar nicht zum Nachlass gehört.

Es gibt jedoch Ausnahmesituationen, in denen ein Widerruf durch den Nachlasspfleger in Betracht kommen könnte. Dies wäre etwa der Fall, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Bezugsberechtigung auf einem Irrtum beruht oder durch Täuschung oder Drohung zustande gekommen ist. In solchen Fällen könnte der Nachlasspfleger im Interesse der potenziellen Erben handeln.

Wichtig ist zu betonen, dass selbst wenn der Nachlasspfleger einen Widerruf erklärt, dies nicht automatisch zur Unwirksamkeit des Bezugsrechts führt. Vielmehr müsste in einem solchen Fall gerichtlich geklärt werden, ob der Widerruf rechtmäßig war und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

In der Praxis ist es für Nachlasspfleger ratsam, in solchen Situationen äußerst vorsichtig vorzugehen und im Zweifelsfall eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Dies dient sowohl dem Schutz der potenziellen Erben als auch der rechtlichen Absicherung des Nachlasspflegers selbst.

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Welche Unterschiede bestehen zwischen dem Deckungsverhältnis und dem Valutaverhältnis bei einer Lebensversicherung?

Bei einer Lebensversicherung sind das Deckungsverhältnis und das Valutaverhältnis zwei unterschiedliche rechtliche Beziehungen, die für die Auszahlung der Versicherungsleistung von Bedeutung sind.

Das Deckungsverhältnis besteht zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsunternehmen. Es umfasst die vertraglichen Vereinbarungen, die im Versicherungsvertrag festgelegt sind. Dazu gehören beispielsweise die Höhe der Versicherungssumme, die Prämienzahlungen und die Bestimmung des Bezugsberechtigten. Im Rahmen des Deckungsverhältnisses hat der Versicherungsnehmer das Recht, einen Bezugsberechtigten zu benennen oder zu ändern, solange der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist.

Das Valutaverhältnis hingegen betrifft die Beziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten. Es regelt den Rechtsgrund, aufgrund dessen der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung erhalten und behalten darf. Typischerweise handelt es sich hierbei um eine Schenkung oder die Erfüllung einer Verpflichtung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Bezugsberechtigten.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Verhältnissen liegt in ihrer rechtlichen Wirkung: Das Deckungsverhältnis bestimmt, wer die Versicherungsleistung vom Versicherer erhält, während das Valutaverhältnis klärt, ob der Bezugsberechtigte die Leistung behalten darf.

Die Trennung dieser beiden Verhältnisse kann in der Praxis zu komplexen Situationen führen. So kann es vorkommen, dass der Bezugsberechtigte zwar aufgrund des Deckungsverhältnisses einen Anspruch gegen den Versicherer hat, aber im Valutaverhältnis kein Rechtsgrund für das Behalten der Leistung besteht. In einem solchen Fall müsste der Bezugsberechtigte die erhaltene Leistung an die Erben des Versicherungsnehmers herausgeben.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Ehemann schließt eine Lebensversicherung ab und benennt seine Ehefrau als Bezugsberechtigte. Während eines laufenden Scheidungsverfahrens verstirbt der Ehemann. Die Ehefrau hat aufgrund des Deckungsverhältnisses einen Anspruch gegen die Versicherung auf Auszahlung der Versicherungssumme. Ob sie diese Summe jedoch behalten darf, hängt vom Valutaverhältnis ab. Hier könnte argumentiert werden, dass durch die Scheidungsabsicht der Schenkungswille des Ehemannes entfallen ist.

Wichtig ist auch, dass das Deckungsverhältnis nach dem Tod des Versicherungsnehmers nicht mehr geändert werden kann. Die Erben können die Bezugsberechtigung nicht mehr widerrufen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, im Rahmen des Valutaverhältnisses gegen den Bezugsberechtigten vorzugehen, wenn kein wirksamer Rechtsgrund für das Behalten der Leistung vorliegt.

Die Unterscheidung zwischen Deckungs- und Valutaverhältnis ist besonders relevant, wenn sich die Lebensumstände des Versicherungsnehmers ändern, etwa durch Scheidung oder neue Partnerschaften. In solchen Fällen sollte der Versicherungsnehmer das Bezugsrecht im Deckungsverhältnis anpassen, um spätere Streitigkeiten im Valutaverhältnis zu vermeiden.

Für die rechtliche Beurteilung ist es entscheidend, beide Verhältnisse getrennt zu betrachten. Während das Deckungsverhältnis primär versicherungsrechtliche Fragen betrifft, sind im Valutaverhältnis oft erbrechtliche und schenkungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Diese Trennung ermöglicht eine differenzierte rechtliche Bewertung und kann in Streitfällen zu ausgewogenen Lösungen führen.

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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Schenkungsvertrag bei einer Lebensversicherung zustande kommen?

Ein Schenkungsvertrag bei einer Lebensversicherung kann unter bestimmten Voraussetzungen zustande kommen. Grundsätzlich erfordert ein wirksamer Schenkungsvertrag ein Angebot des Schenkers und die Annahme durch den Beschenkten. Bei Lebensversicherungen gestaltet sich dieser Vorgang jedoch etwas komplexer.

Der Versicherungsnehmer kann zunächst eine Person als Bezugsberechtigten für die Todesfallleistung der Lebensversicherung bestimmen. Diese Bestimmung allein stellt jedoch noch keine Schenkung dar. Es handelt sich vielmehr um ein Schenkungsangebot auf den Todesfall, das erst mit dem Tod des Versicherungsnehmers wirksam wird.

Für das Zustandekommen eines Schenkungsvertrags ist es zwingend erforderlich, dass der Beschenkte von diesem Angebot Kenntnis erlangt und es annimmt. Dies geschieht in der Regel erst nach dem Tod des Versicherungsnehmers, wenn der Versicherer den Bezugsberechtigten über die Leistung informiert.

Eine wichtige Voraussetzung ist, dass das Schenkungsangebot zum Zeitpunkt des Todes des Versicherungsnehmers noch besteht und nicht widerrufen wurde. Der Versicherungsnehmer hat zu Lebzeiten jederzeit die Möglichkeit, die Bezugsberechtigung zu ändern oder zu widerrufen.

Nach dem Tod des Versicherungsnehmers geht das Widerrufsrecht auf die Erben über. Diese können das Schenkungsangebot widerrufen, solange der Bezugsberechtigte es noch nicht angenommen hat. Sobald der Bezugsberechtigte jedoch von dem Angebot Kenntnis erlangt und es annimmt, ist der Schenkungsvertrag wirksam zustande gekommen.

Für die Wirksamkeit des Schenkungsvertrags ist es nicht erforderlich, dass der Bezugsberechtigte bereits zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers von der Begünstigung wusste. Es genügt, wenn er nach dem Tod des Versicherungsnehmers davon erfährt und das Angebot annimmt.

Bei der Gestaltung einer solchen Schenkung ist zu beachten, dass die Erben möglicherweise ein Interesse daran haben, das Schenkungsangebot zu widerrufen. Um dies zu verhindern, kann der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung unwiderruflich gestalten. In diesem Fall können weder er selbst noch seine Erben die Begünstigung nachträglich ändern.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Bezugsberechtigten bereits zu Lebzeiten über die Begünstigung zu informieren und ihm die Annahme des Schenkungsangebots zu ermöglichen. In diesem Fall kommt der Schenkungsvertrag bereits vor dem Tod des Versicherungsnehmers zustande und kann von den Erben nicht mehr widerrufen werden.

Bei hohen Versicherungssummen ist zu beachten, dass für die Wirksamkeit des Schenkungsversprechens gemäß § 518 BGB grundsätzlich die notarielle Beurkundung erforderlich ist. Diese Formvorschrift gilt jedoch nicht für die bloße Bestimmung des Bezugsberechtigten gegenüber dem Versicherer.

Es ist ratsam, die genauen Modalitäten der Bezugsberechtigung und des beabsichtigten Schenkungsvertrags sorgfältig zu dokumentieren. Dies kann helfen, spätere Streitigkeiten zwischen Erben und Bezugsberechtigten zu vermeiden.

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Wie können Erben gegen die Auszahlung einer Lebensversicherung an gesetzliche Erben vorgehen, wenn diese die Erbschaft ausgeschlagen haben?

Erben haben mehrere Möglichkeiten, gegen die Auszahlung einer Lebensversicherung an gesetzliche Erben vorzugehen, die die Erbschaft ausgeschlagen haben:

Widerruf des Schenkungsangebots

Der wichtigste Ansatzpunkt ist der Widerruf des Schenkungsangebots gegenüber der Versicherung. Rechtlich betrachtet stellt die Einsetzung eines Bezugsberechtigten in einer Lebensversicherung eine Schenkung dar. Solange die Versicherungssumme noch nicht an den Bezugsberechtigten ausgezahlt wurde, können die Erben den Auszahlungsauftrag gegenüber der Versicherung widerrufen. Dies führt dazu, dass die Versicherungssumme in den Nachlass fällt und nicht an den ursprünglich Bezugsberechtigten ausgezahlt wird.

Schnelles Handeln erforderlich

Für einen erfolgreichen Widerruf ist schnelles Handeln entscheidend. Die Erben müssen den Widerruf gegenüber der Versicherung erklären, bevor diese die Versicherungssumme an den Bezugsberechtigten auszahlt. Sobald die Auszahlung erfolgt ist, greift der Widerruf nicht mehr.

Formelle Anforderungen beachten

Der Widerruf sollte schriftlich und eindeutig formuliert sein. Er muss klar zum Ausdruck bringen, dass die Erben den Auszahlungsauftrag an den Bezugsberechtigten widerrufen und stattdessen die Auszahlung der Versicherungssumme an den Nachlass verlangen.

Prüfung der Bezugsberechtigung

Die Erben sollten die Bezugsberechtigung genau prüfen. Wurde sie wirksam erteilt? Gibt es Formfehler oder andere Gründe, die die Bezugsberechtigung unwirksam machen könnten? Eine unwirksame Bezugsberechtigung führt dazu, dass die Versicherungssumme ohnehin in den Nachlass fällt.

Anfechtung der Bezugsberechtigung

In bestimmten Fällen kann die Einsetzung des Bezugsberechtigten auch angefochten werden, etwa wenn der Erblasser bei der Einsetzung einem Irrtum unterlag oder getäuscht wurde. Eine erfolgreiche Anfechtung führt ebenfalls dazu, dass die Versicherungssumme in den Nachlass fällt.

Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen

Selbst wenn die Auszahlung an den Bezugsberechtigten nicht verhindert werden kann, können Pflichtteilsberechtigte unter Umständen Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen. Diese richten sich gegen den Bezugsberechtigten und können dazu führen, dass dieser einen Teil der erhaltenen Versicherungssumme herausgeben muss.

Prüfung möglicher Rückforderungsansprüche

Wurde die Versicherungssumme bereits ausgezahlt, sollten die Erben prüfen, ob Rückforderungsansprüche bestehen. Dies kann der Fall sein, wenn die Auszahlung ohne Rechtsgrund erfolgte oder wenn der Bezugsberechtigte ungerechtfertigt bereichert wurde.

Einstweilige Verfügung erwägen

In dringenden Fällen, wenn die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Auszahlung besteht, kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden. Diese kann die Auszahlung vorläufig stoppen, bis die Rechtslage geklärt ist.

Rechtliche Beratung einholen

Die rechtliche Situation bei Lebensversicherungen im Erbfall kann komplex sein. Die genauen Handlungsmöglichkeiten hängen vom Einzelfall ab, insbesondere von der Art der Bezugsberechtigung und den Umständen des Erbfalls. Eine frühzeitige und fundierte rechtliche Beratung ist daher dringend zu empfehlen, um die Erfolgsaussichten der verschiedenen Optionen einschätzen zu können und keine Fristen zu versäumen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Bezugsrecht: Das Bezugsrecht bei einer Lebensversicherung ist das Recht einer bestimmten Person, die Versicherungsleistung nach dem Tod des Versicherungsnehmers zu erhalten. Es ist vergleichbar mit der Benennung eines Empfängers für ein Paket. Der Versicherungsnehmer kann das Bezugsrecht jederzeit ändern oder widerrufen.
  • Deckungsverhältnis: Das Deckungsverhältnis beschreibt die rechtliche Beziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsunternehmen. Es regelt die Pflichten des Versicherers (z.B. Auszahlung der Versicherungssumme) und die Rechte des Versicherungsnehmers (z.B. Kündigung des Vertrags). Im vorliegenden Fall war das Deckungsverhältnis nicht strittig, da die Versicherung die Summe ausgezahlt hatte.
  • Valutaverhältnis: Das Valutaverhältnis betrifft die Beziehung zwischen dem Versicherungsnehmer (oder seinen Erben) und dem Bezugsberechtigten. Es bestimmt, ob der Bezugsberechtigte die Leistung behalten darf. Im vorliegenden Fall war das Valutaverhältnis entscheidend, da die Erben die Schenkung widerrufen hatten.
  • Schenkungsvertrag: Ein Schenkungsvertrag ist eine Vereinbarung, bei der eine Person (Schenker) einer anderen Person (Beschenkter) unentgeltlich etwas gibt. Im Zusammenhang mit Lebensversicherungen kann die Einräumung eines Bezugsrechts als Schenkungsangebot betrachtet werden. Dieses Angebot muss jedoch angenommen werden, damit ein Vertrag zustande kommt.
  • Widerruf: Ein Widerruf ist die Rücknahme einer Erklärung oder eines Angebots. Im vorliegenden Fall widerriefen die Erben den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots, wodurch der Schenkungsvertrag nicht zustande kam.
  • Nachlasspfleger: Ein Nachlasspfleger ist eine vom Gericht bestellte Person, die die Interessen unbekannter oder nicht erreichbarer Erben vertritt. Im vorliegenden Fall vertrat der Nachlasspfleger die unbekannten Erben und widerrief den Auftrag zur Schenkung in ihrem Namen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 812 Abs. 1 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung): Dieser Paragraph regelt, dass eine Person, die etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, zur Herausgabe an den Berechtigten verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten die Versicherungssumme ohne Rechtsgrund erhalten, da der Schenkungsvertrag durch den Widerruf des Nachlasspflegers nicht zustande kam.
  • §§ 328, 331 BGB (Vertrag zugunsten Dritter): Diese Paragraphen regeln Verträge, bei denen eine Leistung an einen Dritten erbracht werden soll. Im Kontext des Falls wurde die Lebensversicherung zugunsten der Erben abgeschlossen, wodurch diese einen Anspruch auf die Auszahlung erlangten.
  • § 1922 Abs. 1 BGB (Gesamtrechtsnachfolge): Dieser Paragraph besagt, dass die Erben in die gesamte Rechtsposition des Erblassers eintreten. Im vorliegenden Fall sind die Erben Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers und können daher auch den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots widerrufen.
  • §§ 662 ff. BGB (Auftrag): Diese Paragraphen regeln das Rechtsverhältnis des Auftrags, bei dem eine Person (Auftragnehmer) eine Handlung für eine andere Person (Auftraggeber) übernimmt. Im vorliegenden Fall erteilte der Erblasser dem Versicherer den Auftrag, den Begünstigten das Schenkungsangebot zu übermitteln.
  • § 671 Abs. 1 BGB (Widerruf des Auftrags): Dieser Paragraph erlaubt dem Auftraggeber, den Auftrag jederzeit zu widerrufen. Im vorliegenden Fall widerrief der Nachlasspfleger als Vertreter der Erben den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots, wodurch der Schenkungsvertrag nicht zustande kam.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 U 28/24 – Beschluss vom 06.06.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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Leitsatz

Der dem Lebensversicherer anlässlich der Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts stillschweigend erteilte Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots an den Begünstigten kann nach dem Tode des Versicherungsnehmers auch von dem Nachlasspfleger als Vertreter dessen gesetzlicher Erben widerrufen werden.

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22. April 2024 – 6 O 71/23 – ohne mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

2. Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufung gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.

3. Den Klägern wird für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. bewilligt.

Gründe

I.

Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats auf der Grundlage der Berufungsbegründung keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich.

Die Parteien streiten um die Berechtigung an einer Todesfallleistung aus einer von dem Erblasser abgeschlossenen Lebensversicherung; als Bezugsberechtigte waren „die Erben der versicherten Person“ (Bl. 12 GA-I) bestimmt, was hier mangels abweichender Anhaltspunkte die im Zeitpunkt des Todes des Versicherten als Erben berufenen Personen meint (vgl. Schneider, in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. § 160 Rn. 4; Grote, in: Langheid/Rixecker, VVG 7. Aufl., § 160 Rn. 3). Die Beklagten als gesetzliche Erben der versicherten Person haben die Erbschaft ausgeschlagen. Die Kläger sind die durch den Nachlasspfleger gesetzlich vertretenen unbekannten Erben. Sie fordern von den Beklagten zu Recht die Herausgabe der an diese als Bezugsberechtigte (vgl. § 160 Abs. 2 Satz 2 VVG) ausgezahlten Versicherungssumme in Höhe von 12.028,18 €.

1.

Das Landgericht ist zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kläger von den Beklagten Zahlung von 12.028,18 € aus § 812 Abs. 1 BGB verlangen können, weil die Beklagten diese rechtsgrundlos erlangt haben und deshalb im Verhältnis zu den Klägern nicht zum Behalten der an sie ausgezahlten Versicherungssumme berechtigt sind.

a)

Dabei hat das Landgericht im Ausgangspunkt zu Recht darauf abgestellt, dass bei der Einräumung eines Bezugsrechts durch Verfügung unter Lebenden zu Gunsten eines Dritten zwischen dem Deckungsverhältnis und dem Valutaverhältnis zu unterscheiden ist. Nach dem Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer ist zu beurteilen, ob, wann und in welchem Umfang der Bezugsberechtigte den Anspruch auf Auszahlung der Todesfallleistung erwirbt, während das Valutaverhältnis für die – hier streitgegenständliche – Frage entscheidend ist, ob der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer bzw. seinen Erben behalten darf. Im Deckungsverhältnis haben die Beklagten den Anspruch auf die Todesfallleistung gegen den Versicherer nach §§ 328, 331 BGB mit Eintritt des Versicherungsfalls erworben. Ob sie die in der Folge an sie ausgezahlte Todesfallleistung im Valutaverhältnis zu den Klägern behalten dürfen, ist davon abhängig, ob ein wirksamer Rechtsgrund, in der Regel eine Schenkung i.S.v. § 516 Abs. 1 BGB, zugrunde liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 2013 – IV ZR 38/12, VersR 2013, 1029; Senat, Urteil vom 2. März 2022 – 5 U 64/21, VersR 2022, 810; OLG Zweibrücken, ErbR 2023, 950).

b)

Das Landgericht hat einen solchen Rechtsgrund vorliegend zu Recht verneint. Dass ein Schenkungsvertrag zwischen den Beklagten und dem Erblasser bereits zu dessen Lebzeiten geschlossen – und ggf. ein Mangel der gemäß § 518 Abs. 1 BGB erforderlichen notariellen Form durch den Erwerb des Anspruchs auf die Todesfallleistung gegen den Versicherer mit Eintritt des Versicherungsfalls gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2022 – 5 U 64/21, VersR 2022, 810) – worden wäre, behaupten die Beklagten selbst nicht. Ein Schenkungsvertrag ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt wirksam zustande gekommen.

Zwar enthält die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer, es werde einem Dritten ein Bezugsrecht eingeräumt, zugleich auch den konkludenten Auftrag (§§ 662 ff. BGB) an den Versicherer, dem Begünstigten nach Eintritt des Versicherungsfalls das Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers zu überbringen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Mai 2008 – IV ZR 238/06, VersR 2008, 1054; Senat, Urteil vom 2. März 2022 – 5 U 64/21, VersR 2022, 810), was in der Regel durch die Mitteilung an den Bezugsberechtigten geschieht, dass ihm ein (mit dem Eintritt des Versicherungsfalls unwiderruflich gewordenes) Bezugsrecht zustehe, in Verbindung mit dem Angebot der Auszahlung der Versicherungssumme (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2013 – IV ZR 38/12, VersR 2013, 1029; Senat, Urteil vom 2. März 2022 – 5 U 64/21, VersR 2022, 810; Urteil vom 17. Mai 2017 – 5 U 35/16, VersR 2018, 149). Allerdings kann der Auftrag von dem Auftraggeber gemäß § 671 Abs. 1 BGB jederzeit widerrufen werden (BGH, Beschluss vom 10. April 2013 – IV ZR 38/12, VersR 2013, 1029; Schneider, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 159 Rn. 30). Entgegen der Annahme der Berufung steht dieses Recht nach dem Tod des Versicherungsnehmers dessen Erben als Gesamtrechtsnachfolgern (§ 1922 Abs. 1 BGB) zu; es kann deshalb – wie auch hier geschehen – in wirksamer Weise von dem Nachlasspfleger als deren gesetzlichen Vertreter (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2004 – IV ZR 199/03, BGHZ 161, 281) ausgeübt werden (davon ausgehend u.a. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2023 – IV ZR 344/22, VersR 2023, 1567; OLG Hamm, VersR 2020, 89; a.A. ohne tragfähige Begründung Leipold, in: MünchKomm-BGB 9. Aufl. § 1960 Rn. 74). Anhaltspunkte dafür, dass die Ausübung des Widerrufsrechts hier ausnahmsweise rechtsmissbräuchlich sein könnte (dazu OLG Dresden, VersR 2019, 85; OLG Zweibrücken, ErbR 2023, 950), liegen nicht vor.

Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der vorliegend rechtzeitig vor Zugang eines Schenkungsangebots durch den Nachlasspfleger erklärte Widerruf des Botenauftrags durch den Nachlasspfleger dazu führte, dass ein Schenkungsvertrag im Valutaverhältnis nicht mehr wirksam zustande kommen konnte, es den Beklagten mithin im Verhältnis zu den Klägern an einem Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Versicherungsleistung fehlt.

2.

Die von den Beklagten mit der Berufung erstmals erklärte Hilfsaufrechnung – als solche legt der Senat die „vorsorglich“ erklärte Aufrechnung aus – mit einem Anspruch auf rückständigen Unterhalt gegen den Erblasser aus der Zeit von 2005 bis 2020 unterliegt bereits auf prozessualer Ebene der Zurückweisung. Die Kläger haben das Bestehen von Unterhaltsforderungen in der Berufungserwiderung mit Nichtwissen bestritten und vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben.

a)

Nach § 533 ZPO ist eine Aufrechnungserklärung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Unabhängig davon, dass die Berücksichtigung der mit der Berufung erstmals erklärten Hilfsaufrechnung mit einer Forderung, der ein neuer, streitiger Tatsachenvortrag zugrunde liegt, im ansonsten entscheidungsreifen Beschlussverfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO bereits nicht sachdienlich sein dürfte, fehlt es vorliegend jedenfalls an der Voraussetzung, dass die Aufrechnungserklärung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung gemäß § 529 ZPO ohnehin zugrunde zu legen hat. Die der Aufrechnungserklärung zugrundeliegenden – streitigen – Tatsachen waren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Parteivorbringens, sind mithin neu und nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen; insbesondere haben die Beklagten nicht dargetan, dass die Geltendmachung im ersten Rechtszug unterblieben ist, ohne dass dies auf Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

b)

Entgegen der Ansicht der Kläger ist dies auch nicht deshalb anders zu bewerten, weil der Nachlasspfleger einer Anwaltskanzlei angehört, die den Beklagten zu 2) – durch einen Kanzleikollegen des Nachlasspflegers – in einem früheren Unterhaltsrechtsstreit vertreten habe, weswegen es unverständlich sei, dass dieser sich auf Unkenntnis berufe. Dies führt insbesondere nicht dazu, dass das Bestreiten der zur Aufrechnung gestellten Forderung mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) unzulässig und das Vorbringen der Kläger zur Hilfsaufrechnung als unstreitiges Vorbringen zu behandeln wäre, das ungeachtet des § 531 ZPO stets zuzulassen ist (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 8. Mai 2018 – XI ZR 538/17, NJW 2018, 2269).

Gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Den Handlungen und Wahrnehmungen der Partei stehen die ihrer gesetzlichen Vertreter gleich (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1998 – VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53). Hat die Partei oder ihr gesetzlicher Vertreter selbst gehandelt oder die betreffende Tatsache selbst wahrgenommen, kommt ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht in Betracht. Eigene Handlungen und Wahrnehmungen des Nachlasspflegers als gesetzlichem Vertreter der Kläger lassen sich dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht entnehmen.

Soweit der Bundesgerichtshof eine Erkundigungspflicht der Partei – bzw. ihres gesetzlichen Vertreters – angenommen hat, wenn es sich um Vorgänge im Bereich von Personen handelt, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (vgl. BGH, a.a.O.), ist eine solche Konstellation vorliegend nicht gegeben. Nach dieser Rechtsprechung soll ein Bestreiten mit Nichtwissen auch dann nicht zulässig sein, wenn die Partei oder ihr gesetzlicher Vertreter zwar nicht selbst gehandelt oder wahrgenommen hat, es jedoch um Tatsachen aus deren Geschäfts- oder Verantwortungsbereich geht; die Partei soll sich durch eine Delegation ihrer Handlungspflichten oder durch eine arbeitsteilige Organisation nicht ihrer Erklärungspflicht nach § 138 Abs. 2 ZPO entziehen können, weswegen sie im Rahmen des ihr Zumutbaren verpflichtet ist, Erkundigungen einzuholen und entsprechend vorzutragen, wenn es um Vorgänge in ihrem eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereich geht. Die hier relevanten Vorgänge gehören aber gerade nicht zu dem Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Prozessbevollmächtigten der Kläger in seiner Eigenschaft als Nachlasspfleger und gesetzlicher Vertreter der Kläger, auf die es hier allein ankommt.

II.

Weitere Gründe, die die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in Zweifel ziehen könnten, zeigt die Berufung nicht auf. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich, weshalb der Senat beabsichtigt, die Berufung einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Beklagte haben Gelegenheit, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Ihnen wird – auch aus Kostengründen – nahegelegt, innerhalb dieser Frist die Rücknahme der Berufung zu erwägen.

III.

Aus den dargelegten Gründen bietet die mit der Berufung beabsichtigte Rechtsverfolgung der Beklagten hier keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 ZPO), weshalb ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Zurückweisung unterliegt.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung (§ 574 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.


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