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Testament durch Beschreiben Tischplatte errichtet – Formgültigkeit?

AG Köln – Az.: 30 VI 92/20 – Beschluss vom 25.05.2020

Der Antrag der C. B. auf Erteilung eines Alleinerbscheins wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

Der Erblasser verstarb zwischen dem 01.01. und dem 18.01.2019 lediglich unter Hinterlassung eines Bruders, des Beteiligen I. C.

Er hinterließ mehrere letztwillige handschriftliche Verfügungen, welche durch die Rechtspflegerin am 15.04.2019 eröffnet worden sind.

Ein mit Filzstift geschriebenes – nicht unterzeichnetes – Schriftstück vom 22.04.2017 befand sich auf der Tischplatte eines Holztisches im Haus des Erblassers. Dieses lautet wie folgt:

Testament Köln 22.April 2017

C. F. B,

geb. 12.März 1979 in Columbiaist

meine alleinige Erbin meines ganzen Vermögens.

Telefon 0xxxxx1

0xxxxx1

Ferner hinterließ er zwei gleichlautende Testamente, jeweils vom 03.07.2015, mit denen er seinen Bruder I. C. zum Alleinerben eingesetzt hat.

Mit letztwilliger Verfügung vom 01.03.2018 bestimmte er sodann, dass sein Bruder nun nichts mehr erhalten solle.

Dies bestätigte er mit handschriftlichem Testament vom 23.04.2018, welches auf der Rückseite des Blattes vom 03.07.2015 verfasst wurde und nach dem Tode des Erblassers auf der Tischplatte rechts neben dem hier streitigen auf Holz verfassten Testamentes vom 22.04.2017 lag. Auf dem Tisch befand sich zudem noch das Telefon sowie eine aufgeschlagene Bibel (siehe Foto auf Blatt 4 der Testamentsakte).

Mit Beschluss vom 25.02.2019 wurde Nachlasspflegschaft angeordnet und Herr Rechtsanwalt K. als Nachlasspfleger eingesetzt (Blatt 10 der Akte).

Mit notariellem Antrag vom 11.02.2020 begehrt die Beteiligte C. B. einen Alleinerbschein auf der Grundlage des „Tischtestamentes“ vom 22.04.2017.

Der auf die Erteilung eines Erbscheins – auf der Grundlage des auf der Tischplatte geschriebenen Testamentes vom 22.04.2017 – gerichtete Antrag war zurückzuweisen, weil der Erblasser hiermit keine formgültige Erbeinsetzung vorgenommen hat.

Nach §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet werden. Weitere Formvoraussetzungen für ein eigenhändiges Testament bestehen nicht. Ein Testament kann – wie hier – auf anderen Materialien als auf Papier verfasst werden, sofern es stofflich manifestiert ist. Der Stoff einer Urkunde (Holz, Glas, Schiefertafeln, Kohlepapier und dergleichen) spielt für die Gültigkeit des Testaments keine Rolle (Münchener Kommentar zum BGB, Sticherling, 8. Auflage 2020, § 2247 Rn. 14).

Die eigenhändige Unterschrift ist zwingend erforderlich. Durch das Unterschriftserfordernis will das Gesetz ein Mindestmaß an Rechtssicherheit gewährleisten und die Identifikation des Erblassers, sein Bekenntnis zum Inhalt und den Abschluss der Verfügung sicherstellen (vgl. Palandt/Weidlich, 78. Auflage, BGB, § 2247 Rdn. 10 ff.).

Als Unterschrift genügt jede Namensunterschrift, die nach der Stellung in der Urkunde bestimmt und geeignet ist, die schriftlich niedergelegte Erklärung als einen endgültigen und selbstständigen Ausdruck des Willens des Erblassers erkennen zu lassen.

Eine Unterschrift ist weder auf der Tischplatte noch auf den übrigen Teilen des Tisches wie etwa den Tischbeinen vorhanden, so dass das Testament mangels Unterschrift des Erblassers unwirksam ist (§ 2247 Abs. 1 BGB).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann eine Wirksamkeit auch nicht ausnahmsweise aus einem Zusammenhang mit den anderen vom Erblasser unterschriebenen Testamenten hergeleitet werden, die sich beim Auffinden der Leiche des Erblassers auf der gleichen Tischplatte wie das obige „Tischtestament“ befanden (siehe Bericht des Polizeipräsidiums vom 11.02.2019, Blatt 2 ff der Akte).

Besteht ein Testament aus mehreren nicht untrennbar miteinander verbundenen Blättern, die erkennbar in engem Zusammenhang stehen und eine einheitliche Willenserklärung enthalten, genügt ausnahmsweise eine Unterschrift auf dem letzten Blatt, wenn die Zusammengehörigkeit der einzelnen Blätter zweifelsfrei ist, etwa aufgrund einer Nummerierung mit Seitenzahlen, eines fortlaufenden Textes oder des Schreibmaterials, und die Unterschrift deshalb den gesamten Urkundentext räumlich abschließt und somit inhaltlich deckt (vgl. hierzu OLG Köln, Beschluss vom 14.2.2014 – 2 Wx 299/13, NJW-RR 2014, 1035). Jedes Schriftstück kann so vollendet und fortgesetzt werden, dass es ein gültiges Testament wird. Dabei ist die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Bestandteile des Testaments ohne Bedeutung. Das Gesetz verlangt keine Einheit der Errichtungshandlung.

Stehen jedoch die einzelnen losen Blätter bzw. Testamentsunterlagen in keinem inneren Zusammenhang und ist nur ein Teil unterschrieben, so stellt nur dieses ein wirksames Testament dar, während die nicht unterschriebenen Teile keine gültigen Testamente sind (siehe Münchener Kommentar zum BGB/Sticherling, 8. Auflage 2020, § 2247 BGB, Rdn. 37). So ist etwa die Verbindung von Einlageblättern in einem Ringbuch mit Mechanismus zum Öffnen nicht ausreichend, um die einzelnen Blätter als einheitliche letztwillige Verfügung anzusehen. Ebenso verhält es sich mit einem Testament und einer Unterschrift auf einem nicht verschlossenen Umschlag (vgl. hierzu Palandt a.a.O).

So liegen auch hier die Dinge. Das lose auf dem Tisch gelegte und mit Kugelschreiber verfasste Testament vom 23.04.2018 steht in keinem engerem Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen auf der Tischplatte mit dickerem Filzstift verfassten Testament. Die beiden Teile, die weder vom Text noch von der Gestaltung aufeinander Bezug nehmen, können daher auch nicht inhaltlich als eine zusammengehörige und einheitliche Willenserklärung angesehen werden. Es besteht zudem keinerlei körperliche Verbindung, keine Nummerierung und es wurde auch nicht das gleiche Schreibwerkzeug genutzt. Auch kann die Abschlussfunktion nicht erfüllt werden. Denn als Abschluss muss die Unterschrift am Schluss des Textes stehen, den Urkundentext also räumlich abschließen (vgl. hierzu Palandt/Weidlich, § 2247 BGB, Rdn. 10), was durch das unterschriebene Testament, welches lose auf dem Tisch rechts neben dem niedergeschriebenen Text lag, nicht erfüllt wird.

Insgesamt ist der äußere Zusammenhang so lose, dass er selbst bei Zugrundelegung eines inneren vom Erblasser beabsichtigten Zusammenhangs- also eines bewussten „Arrangierens“ wie die Antragstellerin meint, nicht ausreichend wäre. Denn dieser lose Zusammenhang könnte jederzeit durch das Aufnehmen des Testamentes aufgehoben werden.

Stehen mithin – wie hier – die einzelnen losen Testamentstexte in keinem Zusammenhang und ist nur eines davon unterschrieben, so stellt auch nur dieses ein wirksames Testament dar, während der nicht unterschriebene Text – hier auf der Tischplatte vom 22.04.2017 – eben kein gültiges Testament ist.

Es dürfte daher – die Wirksamkeit der testamentarischen Enterbung des Bruders vorausgesetzt – die gesetzliche Erbfolge zum Tragen kommen.

Der Verfahrenswert wird auf 449.850,91 EUR festgesetzt.

 

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