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Erbrecht des Ehegatten und Scheidungsverfahren – bis wann hat der Ehegatte ein Recht auf Erbe?

OLG Düsseldorf – Aktenzeichen:  I-3 Wx 179/11 – Beschluss vom 12.09.2011

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beteiligte zu 2).

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) war seit dem 02.10.2002 mit dem Erblasser verheiratet. Der Beteiligte zu 2) ist der Sohn des Erblassers aus dessen erster Ehe.

Im April 2009 zog die Beteiligte zu 1) aus der ehelichen Wohnung aus. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.05.2010 beantragte sie beim Amtsgericht Mönchengladbach – Familiengericht – (25 F 88/10) die Scheidung. Zur Begründung trug sie vor, die Ehe sei gescheitert, beide Beteiligten wollten geschieden werden. Der Erblasser hat sich zu dem ihm am 01.07.2010 zugestellten Scheidungsantrag in dem Verfahren nicht geäußert. Er starb Ende Dezember 2010.

Am 28.01.2011 hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 2) als Erben zu je ½ ausweist.

Der Beteiligte zu 2) ist dem entgegengetreten und hat am 02.03.2011 einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein beantragt. Er hat geltend gemacht, die Beteiligte zu 1) habe ihr Erbrecht durch das von ihr eingeleitete Scheidungsverfahren verloren. Der Erblasser habe die Scheidung ebenfalls gewollt und sich in diesem Zusammenhang von dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2), der den Erblasser im Scheidungsverfahren mit dessen ersten Ehefrau vertreten habe, telefonisch beraten lassen. Es sei verabredet worden, dass der Erblasser aus Kostengründen selbst zu dem anzuberaumenden Scheidungstermin erscheinen wolle und dem Scheidungsantrag zustimme.

Durch Beschluss vom 14.06.2011 hat das Nachlassgericht – Rechtspfleger – die für die Erteilung des von dem Beteiligten zu 2) begehrten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 14.07.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet.

1.

Die Voraussetzungen für eine Erteilung des von dem Beteiligten zu 2) beantragten ihn als Alleinerbe ausweisenden Erbscheins liegen nicht vor. Denn die Beteiligte zu 1) hat ihr gesetzliches Erbrecht als Ehefrau nicht nach § 1933 Satz 1 BGB durch die Einreichung der Scheidungsklage verloren.

Nach § 1933 Satz 1 BGB wird das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Hier fehlt es an der erforderlichen Zustimmung.

Eine Zustimmung nach § 1933 BGB ist eine Prozesshandlung (BGH Z 128, 125, BGHZ 111, 329; Palandt-Weidlich, a.a.O.). Sie kann zu Protokoll der Geschäftsstelle, in der mündlichen Verhandlung, in einem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten oder auch durch schriftliche Erklärung der anwaltlich nicht vertretenen Partei erfolgen (Palandt-Weidlich, § 1933 BGB, Rdnr. 3 f.; MünchKomm-Leipold, BGB, § 1933, Rdnr. 7.

Eine förmliche Erklärung des Erblassers liegt unstreitig nicht vor. Dass er dem im Scheidungsantrag der Beteiligten zu 1) enthaltenden Vorbringen, dass beide Beteiligten geschieden werden wollen, nicht entgegengetreten ist, reicht für die Annahme einer Zustimmung im Sinne des § 1933 BGB nicht aus.

Zwar muss die Zustimmung nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch durch Auslegung einer Parteierklärung im gerichtlichen Verfahren ergeben (OLG Köln, NJW-RR 2003, 655; Palandt-Weidlich, a.a.O.; MünchKomm-Leipold, a.a.O.). Vorliegend hat sich der Erblasser im Scheidungsverfahren aber gar nicht geäußert, so dass es im Ansatz an einer auslegungsfähigen Erklärung fehlt.

Unerheblich ist, ob der Erblasser gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) – oder anderen Dritten – während des Scheidungsverfahrens erklärt hat, dass er mit der Scheidung einverstanden sei und beabsichtige, aus Kostengründen den Scheidungstermin selbst wahrzunehmen und seine Zustimmung persönlich zu erklären.

Eine außerhalb des Scheidungsverfahrens gegenüber dem Ehegatten abgegebene Erklärung reicht für die Annahme einer Zustimmung im Sinne des § 1933 BGB nicht aus (BGH Z 128, 125; MünchKomm-Leipold, a.a.O.; Palandt-Weidlich, a.a.O.). Maßgeblich ist vielmehr darauf abzustellen, ob und welche Erklärungen der Erblasser innerhalb des Verfahrens gegeben hat. Nichts anderes kann für eine außerprozessuale Erklärung gegenüber Dritten gelten. Denn auch eine solche Erklärung hat für das Scheidungsverfahren keine Relevanz und ist daher nicht geeignet, den möglicherweise erklärten Willen in einer den Anforderungen des § 1933 BGB genügenden Form zu manifestieren.

Fehlt es mithin an einer Zustimmung des Erblassers, hat die Beteiligte zu 1) ihr gesetzliches Erbrecht nicht nach § 1933 BGB verloren, weshalb der auf Erteilung eines Alleinerbscheins gerichtete Antrag des Beteiligten zu 2) als unbegründet zurückzuweisen ist.

2.

Es entspricht billigem Ermessen, dem Beteiligten zu 2) die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, § 81 FamFG.

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