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Verwirkungseinwand des auf Auskunft/Rechenschaftslegung in Anspruch genommenen Miterben

Transparenzgebot im Erbrecht: OLG Koblenz regelt Auskunftspflichten von Miterben

Im OLG Koblenz Fall Az.: 2 U 1191/11 wurde die Beklagte zur Erstellung eines Bestandsverzeichnisses für den Nachlass des Erblassers verpflichtet, nachdem das ursprüngliche Urteil teilweise abgeändert wurde; die weitergehende Berufung auf umfassende Auskunfts- und Rechenschaftslegung wurde jedoch aufgrund des Verwirkungseinwands zurückgewiesen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 U 1191/11 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte die Beklagte, ein Bestandsverzeichnis der Nachlässe zu erstellen, einschließlich Grundstücke und Bankkonten.
  • Der weitergehende Anspruch des Klägers auf umfassende Auskunft und Rechenschaftslegung wurde verworfen, da die Ansprüche als verwirkt angesehen wurden.
  • Die Parteien sind Miterben ohne letztwillige Verfügungen der Erblasser, und eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaften hat bisher nur teilweise stattgefunden.
  • Die Beklagte hatte die Nachlässe in Besitz genommen und über die Jahre verschiedene Geschäfte im Zusammenhang mit den Erbengemeinschaften geführt.
  • Das Landgericht wies die Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche des Klägers als unbegründet ab, das OLG erkannte jedoch teilweise Ansprüche auf Auskunft an.
  • Das Urteil des Landgerichts wurde daher teilweise abgeändert und die Beklagte verpflichtet, spezifische Auskünfte über den Nachlass zu erteilen.
  • Die Entscheidung des Landgerichts über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt offen.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000 €.

Auskunftsansprüche unter Miterben

Als Miterbe hat man nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Eine der wichtigsten Verpflichtungen ist es, den anderen Miterben Auskunft über den Nachlass und dessen Verwaltung zu erteilen. Diese Rechenschaftslegung dient der Transparenz und ermöglicht eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.

Doch was passiert, wenn ein Miterbe dieser Pflicht nicht nachkommt? Hier kann der Verwirkungseinwand zum Tragen kommen. Dieser besagt, dass Ansprüche unter bestimmten Umständen verwirkt sein können, also nicht mehr durchsetzbar sind. Ein heikles Spannungsfeld zwischen den Interessen der Miterben und den Grundsätzen des Erbrechts.

➜ Der Fall im Detail


Verwicklungen im Erbrecht: OLG Koblenz befasst sich mit Auskunfts- und Rechenschaftsansprüchen

Im Falle des Oberlandesgerichts Koblenz, Az.: 2 U 1191/11, geht es um umfangreiche Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche innerhalb einer Erbengemeinschaft. Nach dem Tod von Herrn [A] im Jahr 1999 und der Abwesenheit von Testamenten, traten dessen Stiefsohn, der Kläger, und andere Familienmitglieder in eine erbliche Auseinandersetzung ein. Der Kläger forderte von der Beklagten, seiner Mutter und Witwe des Erblassers, detaillierte Auskünfte über die Nachlässe ihres verstorbenen Ehemannes und ihres ersten Mannes. Besonders komplex wurde der Fall durch den Vorwurf, dass die Beklagte als Alleinbesitzerin der Nachlässe auftrat, obwohl formell eine Erbengemeinschaft bestand.

Gerichtliches Verfahren und Klagegrundlagen

Die Auseinandersetzung eskalierte zu einer rechtlichen Debatte über die Auskunftspflichten unter Erben. Der Kläger hatte bereits im Jahr 2008 eine umfassende Auskunft über die Nachlässe eingefordert, woraufhin die Beklagte unvollständige Informationen lieferte. Daraus resultierte eine Klage, bei der es nicht nur um Auskünfte, sondern auch um die rechtliche Verwaltung und Nutzung der Erbschaft ging. Der Kläger argumentierte, dass die Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung notwendig sei, um einen detaillierten Teilungsplan erstellen zu können, was die Beklagte jedoch als unzulässig erachtete.

Entscheidungen der ersten und zweiten Instanz

Das Landgericht Koblenz wies die Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche des Klägers als unbegründet zurück, indem es argumentierte, dass die Beklagte ihre Pflichten nicht verletzt habe, da sie bereits Auskünfte erteilt hatte und keine weiteren Ansprüche des Klägers erkennbar waren. Der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein und führte an, dass die ihm erteilten Auskünfte unzureichend waren und seine Rechte als Erbe dadurch verletzt wurden. Er behauptete, die Beklagte hätte sich das Erbe unrechtmäßig angeeignet und Auskünfte verweigert.

Revision des Urteils durch das OLG Koblenz

Das Oberlandesgericht Koblenz entschied teilweise zugunsten des Klägers, indem es das Urteil des Landgerichts abänderte. Es verpflichtete die Beklagte zur Erstellung eines detaillierten Bestandsverzeichnisses der zum Nachlass gehörenden Grundstücke und Bankkonten. Die weitergehenden Ansprüche des Klägers wurden jedoch aufgrund eines Verwirkungseinwands zurückgewiesen, was bedeutet, dass bestimmte Ansprüche durch zeitliches Zögern als verwirkt angesehen wurden.

Zentrale rechtliche Erwägungen und Urteilsbegründung

Das Gericht betonte die Bedeutung der Auskunftspflicht unter Erben, insbesondere wenn durch die Nähe zu den Nachlassgegenständen ein Informationsgefälle besteht. Die Entscheidung hob hervor, dass auch eine formelle Anerkennung der Erbengemeinschaft durch die Beklagte nicht ausreichte, um ihre umfassenden Verpflichtungen als Miterbin zu umgehen. Es wurde klargestellt, dass die Auskunftspflicht sich auf alle Erbschaftsgegenstände erstreckt, auch auf jene, die keine Zustandsveränderung erfahren haben. Das Urteil ist ein bedeutsames Beispiel dafür, wie Gerichte mit der Komplexität von Erbauseinandersetzungen umgehen, besonders wenn es um die Transparenz und Fairness innerhalb einer Erbengemeinschaft geht.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was sind die allgemeinen Auskunftspflichten unter Erben?

Erben haben untereinander nur in bestimmten Fällen einen Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses. Eine allgemeine gegenseitige Auskunftspflicht besteht nicht. Jeder Miterbe muss sich zunächst selbst um Informationen über den Nachlass bemühen.

Ausnahmsweise kann sich eine Auskunftspflicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben, wenn ein Miterbe Informationen benötigt, die er selbst nicht beschaffen kann und ihm ohne die Auskunft Nachteile drohen. Auch aus einem Auftragsverhältnis zwischen Erblasser und Miterbe kann eine Auskunftspflicht folgen (§ 666 BGB).

Gesetzliche Auskunftsansprüche bestehen in folgenden Fällen:

  • Wer mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft lebte, muss Auskunft über geführte Erbschaftsgeschäfte erteilen (§ 2028 BGB).
  • Ein Scheinerbe muss dem wirklichen Erben Auskunft geben (§ 2362 BGB).
  • Der Vorerbe ist gegenüber dem Nacherben auskunftspflichtig (§§ 2121, 2127 BGB).
  • Pflichtteilsberechtigte können vom Erben umfassend Auskunft über den Nachlass verlangen (§ 2314 BGB).

Miterben müssen sich also in der Regel selbst um Informationen bemühen. Nur in Ausnahmefällen besteht eine Auskunftspflicht, wenn der Miterbe die Auskünfte zur Wahrung seiner Rechte zwingend benötigt und nicht selbst beschaffen kann. Bei Verweigerung der Auskunft kann diese gerichtlich durchgesetzt werden.

Wann kann ein Verwirkungseinwand im Erbrecht geltend gemacht werden?

Ein Verwirkungseinwand kann im Erbrecht unter bestimmten Voraussetzungen geltend gemacht werden, wenn der Berechtigte seine Ansprüche über längere Zeit nicht durchsetzt und besondere Umstände hinzukommen.

Für eine Verwirkung müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Zeitmoment: Der Berechtigte hat über einen längeren Zeitraum seine Ansprüche nicht geltend gemacht, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre. Allein der Zeitablauf reicht aber nicht aus.
  2. Umstandsmoment: Es müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Verpflichtete nicht mehr mit der Geltendmachung der Ansprüche rechnen musste und sich darauf eingerichtet hat. Die verspätete Durchsetzung würde für ihn einen unzumutbaren Nachteil bedeuten und gegen Treu und Glauben verstoßen.

Beispiele für Verwirkung im Erbrecht:

  • Der Auskunftsanspruch eines Miterben kann aufgrund von Zeitablauf (hier 9 Jahre) und besonderen Umständen verwirkt sein, wenn der auskunftspflichtige Miterbe den Eindruck gewinnen durfte, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird.
  • Pflichtteilsansprüche können nur in seltenen Ausnahmefällen wegen Verwirkung ausgeschlossen sein, da der Gesetzgeber hier eine abschließende Regelung durch die Pflichtteilsentziehungsgründe in § 2333 BGB getroffen hat. Eine Verwirkung kommt allenfalls bei extrem langer Untätigkeit des Pflichtteilsberechtigten und Vorliegen besonderer Umstände in Betracht.

Die Verwirkung ist von Amts wegen zu berücksichtigen, anders als die Verjährung. Sie führt zum endgültigen Erlöschen des Anspruchs. Ob eine Verwirkung vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

Wie wird ein Bestandsverzeichnis im Rahmen der Erbauseinandersetzung erstellt?

Ein Bestandsverzeichnis im Rahmen der Erbauseinandersetzung wird erstellt, indem der Erbe ein Inventar erstellt, das sowohl ihm selbst als auch dem Vermächtnisnehmer einen besseren Überblick über die positiven und negativen Vermögenswerte (Schulden) gewährt. Der Erbe ist verpflichtet, sämtliche Nachlassgegenstände einzeln zu bezeichnen und das Verzeichnis in einer klaren und übersichtlichen Form zu erstellen.

Das Bestandsverzeichnis muss vollständig und richtig sein. Es braucht keine Angaben zum Wert der verzeichneten Vermögensgegenstände zu enthalten, soweit sich diese nicht aus der Natur der Sache, wie etwa bei Barschenkungen, ergeben.

Der Erbe kann das Bestandsverzeichnis entweder selbstständig erstellen oder sich eines Notars bedienen. Allerdings kann ein Erbe ein solches Bestandsverzeichnis dann verweigern, wenn der Nachlass nachweislich bedürftig ist und die Kosten für die Erstellung nicht aus der Erbmasse gedeckt werden können. In solchen Fällen ist ein notarielles Nachlassverzeichnis zwar weiterhin möglich, allerdings müssen dann die Auskunftsberechtigten die Kosten dafür übernehmen.

Einige Personengruppen haben ein Auskunftsanspruch und können mithin die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses fordern, wie zum Beispiel die Pflichtteilsberechtigten gegenüber den Erben (§ 2314 BGB), der Nacherbe gegenüber dem Vorerben (§ 2121 Absatz 1 BGB) oder der Erbe gegenüber dem Erbschaftsbesitzer (vgl. § 2027 BGB).

Miterben in einer Erbengemeinschaft haben keinen Anspruch auf ein Bestandsverzeichnis. Jeder Erbe muss sich also selbst um die gewünschten Auskünfte bemühen; nur in ganz wenigen Einzelfällen urteilen Richter anders. Eine Ausnahme besteht, wenn durch den Verstorbenen eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Dann hat jeder Erbe einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Testamentsvollstrecker, der Auskunft über den Bestand des Nachlasses geben muss.

Sämtliche Kosten, die durch die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses entstehen, sind vom Nachlass zu zahlen. Damit treffen indirekt den Erben die Kosten, denn diese Aufwendungen mindern seine Erbschaft.

Der Erbe kann auf Muster und Vorlagen zurückgreifen, um bei der Aufstellung nichts zu vergessen. Vergessene Gegenstände können für den Erben zu erheblichen Problemen führen, da er dann uneingeschränkt für geerbte Schulden haftet. Nur die notwendige Sorgfalt oder professioneller Beistand helfen, kostenträchtige Fehler zu vermeiden.

Was bedeutet es, wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ von Nachlassgegenständen auftritt?

Wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ von Nachlassgegenständen auftritt, bedeutet dies, dass er sich als einziger Eigentümer dieser Gegenstände präsentiert und möglicherweise versucht, die Kontrolle über sie zu übernehmen, ohne die anderen Miterben einzubeziehen oder ihnen Zugang zu gewähren. Dies kann zu Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft führen und möglicherweise rechtliche Schritte erforderlich machen, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren.

Als Mitglied einer Erbengemeinschaft hat jeder Miterbe Rechte und Pflichten, die sich aus dem deutschen Erbrecht ergeben. Der gesamte Nachlass gehört zunächst allen Beteiligten einer Erbengemeinschaft, und von jeder Immobilie, jedem Auto, jeder Sammlung und jeder Vase steht zunächst allen Erben ein bestimmter Anteil zu. Jeder Miterbe muss sich mit den anderen Miterben über die Verwaltung des Nachlasses (§ 2038 BGB) und über die Erbauseinandersetzung einigen.

Ein Miterbe ist allein zu eigenmächtigen Verfügungen über den Nachlass oder einzelne hinterlassene Gegenstände nicht berechtigt. Wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ auftritt, verstößt er möglicherweise gegen diese Pflichten und gefährdet die Rechte der anderen Miterben. In solchen Fällen kann es notwendig sein, rechtliche Schritte einzuleiten, um die Interessen aller Beteiligten zu schützen.

Ein Miterbe, der sich Kenntnis über den Nachlassbestand verschaffen will und von Miterben keine Auskünfte erhält oder bezweifelt, dass deren Aussagen richtig sind, hat eine ganze Reihe an Möglichkeiten, Informationen einzuholen. Dazu gehören beispielsweise ein Antrag auf Einsicht in die Akten des Nachlassgerichts oder eine Anfrage bei der Bank des Erblassers.

In einigen Fällen kann auch eine Auskunftsverpflichtung eines Miterben nach dem „Grundsatz von Treu und Glauben“ in Frage kommen, wobei hier enge Grenzen gelten. Wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ auftritt und die anderen Miterben benachteiligt, kann dies ein Fall sein, in dem eine solche Auskunftsverpflichtung besteht.

Zusammenfassend bedeutet es, wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ von Nachlassgegenständen auftritt, dass er versucht, die Kontrolle über diese Gegenstände zu übernehmen, ohne die anderen Miterben einzubeziehen oder ihnen Zugang zu gewähren. Dies kann zu Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft führen und möglicherweise rechtliche Schritte erforderlich machen, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren.

Inwiefern beeinflusst die Nähe zu den Nachlassgegenständen die Auskunftspflicht?

Die Nähe zu den Nachlassgegenständen kann die Auskunftspflicht eines Erben beeinflussen, da sie möglicherweise Zugang zu Informationen hat, die anderen Miterben nicht zur Verfügung stehen. In einer Erbengemeinschaft hat jeder Miterbe Rechte und Pflichten, die sich aus dem deutschen Erbrecht ergeben. Jeder Miterbe muss sich mit den anderen Miterben über die Verwaltung des Nachlasses (§ 2038 BGB) und über die Erbauseinandersetzung einigen.

Ein Miterbe ist allein zu eigenmächtigen Verfügungen über den Nachlass oder einzelne hinterlassene Gegenstände nicht berechtigt. Wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ auftritt und die anderen Miterben benachteiligt, kann dies ein Fall sein, in dem eine Auskunftsverpflichtung nach dem „Grundsatz von Treu und Glauben“ besteht.

Ein Miterbe, der sich Kenntnis über den Nachlassbestand verschaffen will und von Miterben keine Auskünfte erhält oder bezweifelt, dass deren Aussagen richtig sind, hat eine ganze Reihe an Möglichkeiten, Informationen einzuholen. Dazu gehören beispielsweise ein Antrag auf Einsicht in die Akten des Nachlassgerichts oder eine Anfrage bei der Bank des Erblassers.

In einigen Fällen kann auch eine Auskunftsverpflichtung eines Miterben nach dem „Grundsatz von Treu und Glauben“ in Frage kommen, wobei hier enge Grenzen gelten. Wenn ein Erbe als „Alleinbesitzer“ auftritt und die anderen Miterben benachteiligt, kann dies ein Fall sein, in dem eine solche Auskunftsverpflichtung besteht.

Zusammenfassend kann die Nähe zu den Nachlassgegenständen die Auskunftspflicht eines Erben beeinflussen, da sie möglicherweise Zugang zu Informationen hat, die anderen Miterben nicht zur Verfügung stehen. In solchen Fällen kann eine Auskunftsverpflichtung nach dem „Grundsatz von Treu und Glauben“ bestehen, wobei hier enge Grenzen gelten.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 2028 BGB (Auskunfts- und Rechenschaftspflicht eines Miterben)
    § 2028 BGB regelt die Auskunftspflicht eines Miterben über den Nachlass. Diese Norm ist relevant, da der Kläger Auskunft über den Bestand der Nachlässe forderte, die die Beklagte verwaltet. Der Paragraph begründet eine Pflicht zur Auskunftserteilung, um Transparenz innerhalb der Erbengemeinschaft zu gewährleisten und eine gerechte Auseinandersetzung zu ermöglichen.
  • § 2027 BGB (Besitz eines Miterben)
    Dieser Paragraph spielt eine Rolle, weil die Beklagte faktisch als Alleinbesitzerin der Nachlassgegenstände auftrat, obwohl eine Erbengemeinschaft bestand. Der Paragraph behandelt die Rechte anderer Miterben, wenn ein Miterbe den Nachlass in Besitz nimmt und dadurch die Rechte der anderen beeinträchtigt.
  • § 2042 BGB (Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft)
    Die Vorschrift ist zentral, da der Kläger die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft anstrebt. Dieser Paragraph ermöglicht einem Miterben, die Teilung des gemeinschaftlichen Erbes zu verlangen, was ohne angemessene Auskunft und Transparenz nicht effektiv durchführbar ist.
  • § 1004 BGB (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch)
    Auch wenn nicht direkt erwähnt, spielt dieser Paragraph eine Rolle im Kontext der Geltendmachung von Rechten eines Miterben, insbesondere wenn unberechtigte Eingriffe in das Miteigentum vorliegen, wie im Fall der eigenmächtigen Verwaltung durch die Beklagte.
  • § 681 BGB, § 666 BGB (Nebenpflichten bei Auftragsverhältnissen)
    Diese Paragraphen sind relevant, weil sie die Pflicht zur Auskunft und Rechenschaft im Rahmen eines Auftrags regeln, was auf die Verwaltung von Nachlassgegenständen durch einen Miterben anwendbar sein kann, wie im vorliegenden Fall, wo die Beklagte Geschäfte im Namen der Erbengemeinschaft führte.
  • Zivilprozessordnung (ZPO) § 254 (Stufenklage)
    Die Stufenklage erlaubt es, Informationen zu erlangen, die für weitere rechtliche Schritte erforderlich sind. Im vorliegenden Fall wurde dieses Verfahren genutzt, um die notwendigen Auskünfte zu erhalten, die zur Formulierung der weiteren Ansprüche des Klägers notwendig waren.


Das vorliegende Urteil

OLG Koblenz – Az.: 2 U 1191/11 – Urteil vom 19.12.2013

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des Landgerichts Koblenz vom 08.09.2011, Az. 16 O 34/10, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Bestandsverzeichnis über sämtliche zum Nachlass des Herrn …[A], verst. am 25.2.1999, zum Todeszeitpunkt gehörenden Grundstücke sowie Bankkonten, letztgenannte unter Angabe des Tagessaldos vom 25.2.1999, zu erteilen. Im Übrigen wird die erststufige, auf Auskunft und Rechnungslegung gerichtete Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000 € vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.

Die Beklagte ist die Mutter des im Jahr 1966 geborenen Klägers. Ihr erster Ehemann (= Erblasser …[B]), der leibliche Vater des Klägers, verstarb 1969; ihr zweiter Ehemann (= Erblasser …[A]), der den Kläger 1991 adoptierte, verstarb am 25.2.1999. Aus der ersten Ehe der Beklagten entstammen neben dem Kläger eine Tochter, aus der zweiten Ehe eine weitere Tochter und ein Sohn. Beide Erblasser hinterließen keine letztwilligen Verfügungen, so dass der Kläger aufgrund gesetzlicher Erbfolge an der Erbengemeinschaft „…[B]“ zu 1/4 und an der Erbengemeinschaft „…[A]“ zu 1/6 beteiligt ist. Hinsichtlich beider Erbengemeinschaften sind bislang nur Teilerbauseinandersetzungen erfolgt.

Zu beiden Nachlässen gehören unter anderem Grundstücke, auf denen ursprünglich die Beklagte als Pächterin einen Campingplatz betrieben hat, der zwischenzeitlich durch notarielle Verträge vom 6.7.1992 sowie 15.12.2000 (Anl. K 6, 7; Bl. 62 ff., 82 ff. d.A.) an die Freizeitzentrum …[C] GmbH verpachtet ist. Der Erblasser …[A] war zudem (Mit-)Inhaber von Bankkonten im In- und Ausland, die erhebliche Kontostände aufwiesen.

Mit Schreiben vom 26.9.2008 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm Auskunft über den Bestand der beiden Nachlässe, über die in Bezug auf die Nachlässe geführten erbschaftlichen Geschäfte sowie über den Verbleib von Nachlassgegenständen zu erteilen. Die Beklagte machte in diversen Schreiben Angaben zu Nachlassgegenständen, ohne aber eine vollständige, zusammenhängende Auskunft zu erteilen.

Mit seiner letztlich auf Zustimmung zu Teilungsplänen für die Auseinandersetzung der beiden Erbengemeinschaften gerichteten Stufenklage hat der Kläger gegenüber der Beklagten vor dem Landgericht auf der ersten Stufe umfassende Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche hinsichtlich beider Nachlässe geltend gemacht. Die Beklagte habe die Nachlässe beider Erblasser vereinnahmt, die Geschäfte beider Erbengemeinschaften geführt und umfangreiche wirtschaftliche Dispositionen über Nachlassgegenstände und deren Nutzungen vorgenommen, so dass sie zur Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung verpflichtet sei. Eine Zustimmung zur Umschreibung von Oder-Konten der Eheleute …[A] auf die Beklagte habe er nicht erteilt. Die Auskunftspflicht der Beklagten erstrecke sich auch auf Grundstücke, die sie aus den so vereinnahmten Kontoguthaben sowie den aus der Bewirtschaftung des Campingplatzes erzielten Erlösen erworben habe. Die Vereinnahmung von Nachlassgegenständen und die Ziehung von Nutzungen durch die Beklagte habe er nur zeitweilig geduldet, da ihm von der Beklagten eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaften nach Maßgabe der jeweiligen Erbquoten in Aussicht gestellt worden sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten mit dem Hinweis, dass dem Kläger kein Anspruch auf weitergehende Auskünfte zustehe. Durch den notariellen Pachtvertrag vom 15.12.2000 seien die Pachteinnahmen ausschließlich ihr zugewiesen worden. Die Umschreibung der Oder-Konten sei ebenfalls einvernehmlich auf sie erfolgt. Spätere Grundstückserwerbe habe sie aus eigenen Mitteln bestritten. Diese Erwerbe habe zudem der Kläger für sie abgewickelt, so dass er insoweit umfassend informiert sei. Ohnehin sei er für sie jahrelang als Vermögensverwalter tätig gewesen, so dass er auf Auskünfte nicht angewiesen sei. Sämtliche Unterlagen seien im Besitz des Klägers, weshalb sich sein Anspruchsbegehren als rechtsmissbräuchlich darstelle.

Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung, auf deren tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, diese Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche insgesamt als unbegründet abgewiesen. Grundsätzlich habe die Beklagte dem Kläger zwar nach § 2028 BGB Auskunft zu erteilen. Dabei könne offen bleiben, ob sie diesen Anspruch durch die unstreitig erteilten Auskünfte bereits umfassend erfüllt habe, da sie jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles davon habe ausgehen dürfen, dass der Kläger derartige Ansprüche nicht mehr geltend machen werde. So habe der Kläger in Kenntnis sämtlicher Umstände erstmalig im Oktober 2008 Auskunftserteilung und Rechenschaftslegung gefordert. Frühere Vorstöße seien jeweils nur auf eine Erbauseinandersetzung gerichtet gewesen, die er jeweils im Hinblick auf die finanzielle Lage der Familienunternehmen wieder zurückgestellt habe. Auskunfts- oder Rechenschaftslegungsansprüche seien in diesem Zusammenhang indes nicht geltend gemacht worden, so dass die Beklagte 39 bzw. 9 Jahre nach Eintritt der Erbfälle mit entsprechenden Forderungen nicht mehr habe rechnen müssen. Im Übrigen habe der Kläger die Beklagte jahrelang hinsichtlich der gesamten Erbschaftsgegenstände und der Führung der erbschaftlichen Geschäfte gewähren lassen und sei zudem durch die Beklagte quasi an der Nachlassverwaltung beteiligt worden, indem er verschiedene Pacht- und Kaufverträge für die Beklagte ausgehandelt habe. Auf die Einzelheiten der Urteilsbegründung im Übrigen, insbesondere die weiteren rechtlichen Ausführungen sowie die konkrete Antragstellung der Parteien wird Bezug genommen.

Gegen dieses Teilurteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit welcher er beantragt,

unter Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Koblenz vom 8.9.2011 – Az. 16 O 34/10 – nach seinen Schlussanträgen 1. Instanz (Bl. 427 f. GA) sowie nach seinem weiteren Hilfsantrag 1. Instanz (Bl. 28 GA – eidesstattliche Versicherung) mit der Maßgabe zu erkennen, dass die Anträge nur hinsichtlich des Nachlasses des Herrn …[A], geb. am …1.1934, gest. am 25.2.1999, weiterverfolgt werden.

Die geltend gemachten Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche stünden ihm nicht nur aus § 2028 BGB, sondern – da die Beklagte zwar formal seine Miterbenstellung anerkenne, sich faktisch aber als Alleinbesitzerin geriere – auch aus § 2027 BGB sowie nach §§ 681, 666 BGB zu. Die Aberkennung seines Auskunftsanspruchs führe zu einer – das verfassungsrechtlich garantierte Erbschaftseigentum verletzenden – Aushöhlung des grundsätzlich unverjährbaren Auseinandersetzungsrechts und lasse seinen Auseinandersetzungsanspruch faktisch leerlaufen. Von ihm könne nämlich nicht einerseits für seinen – auch aus Sicht des Landgerichts noch bestehenden – Auseinandersetzungsanspruch ein detaillierter und alle Nachlassgegenstände erfassender Teilungsplan eingefordert werden, wenn ihm andererseits die Möglichkeit, im Wege eines Auskunftsverlangens sichere Erkenntnis über die Zusammensetzung des Nachlasses zu erlangen, verwehrt werde. Sein Auskunftsanspruch könne schon aus diesem Grund als reines „Mittel zum Zweck“ für sein nie aufgegebenes Auseinandersetzungsbegehren nicht verwirkt sein, zumal sich bei der Beklagten aufgrund der regelmäßigen Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs auch in Bezug auf eine im Vorfeld geschuldete Auskunft kein schutzwürdiges Vertrauen habe entwickeln können. Es sei unbillig, denjenigen zu belohnen, der sich schneller den Erbschaftsbesitz einverleibt habe und nunmehr mit einer Auskunft über den Nachlassbestand „mauere“. Allein aus dem Umstand, dass Pachtverträge über die Grundstücke der Erbengemeinschaft, auf denen der Campingplatz betrieben wird, einvernehmlich nur auf die Beklagte als Verpächterin abgeschlossen worden seien, könne auch kein Verzicht auf seinen Auskunftsanspruch hergeleitet werden.

Die Beklagte, die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das landgerichtliche Teilurteil mit dem Hinweis, dass die erhobene Stufenklage bereits unzulässig sei, da insoweit nur (letztstufige) Zahlungsansprüche vorbereitet werden könnten. Zudem stehe dem Kläger als (Mit-)Erben ohnehin kein Auskunftsanspruch gegenüber ihr als Miterbin zu. Unabhängig davon, habe sie eventuell bestehende Auskunftsansprüche des Klägers jedenfalls erfüllt, zumal diesem ohnehin jegliches Auskunftsinteresse fehle, da er jahrelang faktisch die Geschäfte der Erbengemeinschaft geführt und damit an der Quelle aller Auskünfte gesessen habe. Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger vor dem Anwaltsschreiben vom 26.9.2008 überhaupt eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verfolgt habe, seine diesbezüglichen Behauptungen seien unsubstantiiert.

Hinsichtlich des Vorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Erklärungen anlässlich der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, während sich die weitergehenden Ansprüche des Klägers dem Einwand der Verwirkung ausgesetzt sehen.

I.

Zu Recht hat das Landgericht die Stufenklage auch zur Herbeiführung einer Zustimmung zu Teilungsplänen als zulässig erachtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zulässigkeit von Stufenklagen nicht auf letztstufige Zahlungsansprüche. So spricht bereits der Wortlaut des § 254 ZPO von „Herausgabe“, wobei zu Recht hierunter in umfassender Weise solche Leistungsansprüche verstanden werden, für deren Bestimmung es erst noch einer vorherigen Auskunft bedarf (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 254 Rn. 2). Auch die Zustimmung zu einem auf Grundlage zuvor erteilter Auskünfte erst noch zu erstellenden Teilungsplan stellt eine solche Leistung dar, ohne dass es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung bereits einer Klärung der – von der Beklagten ergänzend aufgeworfenen – Frage bedarf, ob der konkrete Nachlass sich als nicht teilungsfähig erweist.

II.

Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten die in Bezug auf den Nachlass „…[A]“ weiterverfolgten Auskunfts- und Rechenschaftslegungsansprüche grundsätzlich nach §§ 2028, 2027 (bzw. 681, 666), 260 BGB zu.

Die Beklagte lebte bis zu dessen Tod mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft und schuldet schon aus diesem Grunde nach § 2028 Abs. 1 BGB Auskunft über die von ihr geführten erbschaftlichen Geschäfte sowie ihre Kenntnisse über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen. Dieser Verpflichtung steht nicht entgegen, dass die Parteien Miterben sind, die untereinander regelmäßig keiner allgemeinen Auskunftspflicht unterworfen wären (vgl. BGH, FamRZ 1989, 377). Der Sinn und Zweck der Regelung des § 2028 BGB, einem schlechter informierten Erben den Zugriff auf die von ihm für die Geltendmachung seines Erbrechts benötigten Informationen zu ermöglichen, über die der Hausgenosse des Erblassers allein aufgrund seiner räumlichen Nähe zu diesem – zumindest potentiell – verfügt, greift nämlich auch im Verhältnis von Miterben. Auch für diese wird daher ausnahmsweise zur Behebung des bestehenden Informationsgefälles eine solche Auskunftspflicht begründet (vgl. bereits RGZ 81, 30). Dabei umfasst die Auskunftspflicht über den „Verbleib“ der Erbschaftsgegenstände auch solche, die seit Eintritt des Erbfalls keine Zustandsveränderung erfahren haben, so dass der Anspruchsberechtigte umfassend über den Nachlassbestand in Kenntnis zu setzen ist.

Unabhängig davon schuldet die Beklagte auch aus dem Umstand heraus, dass sie den Nachlass des Erblassers „…[A]“ in Besitz genommen hat, entsprechende Auskunft und Rechenschaftslegung. Dabei kann offen bleiben, ob sie diesen Erbschaftsbesitz für sich selbst ausübt, was Ansprüche nach § 2027 BGB nach sich ziehen würde, oder den Nachlass für die Erbengemeinschaft in Besitz genommen hat, was zur Folge hätte, dass sie ihren Miterben nach §§ 681, 666 BGB entsprechend verpflichtet wäre.

Der Kläger kann dabei auch – wie von ihm in der Hauptsache beantragt – Auskunft an sich selbst verlangen, da er diese Auskunft benötigt, um den ihm persönlich zustehenden Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach § 2042 BGB verfolgen zu können.

III.

Dass die Beklagte auch durch ihre zahlreichen vorgerichtlichen Schreiben sowie ihre ergänzenden Angaben im Rahmen dieses Rechtsstreits ihrer bestehenden Auskunftspflicht nicht umfassend nachgekommen ist, hat sie selbst mit Schriftsatz vom 15.1.2013 verdeutlicht, indem sie klargestellt hat, dass neben den aktenkundigen Grundstücken noch weiterer, zum Nachlass zählender Grundbesitz vorhanden sei, und das angegebene Kontoguthaben sich auf das Oder-Konto bei der …[D]bank …[X] beschränkt habe, obwohl mindestens ein weiteres Bankkonto vorhanden gewesen sei. Weder die dem Kläger grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, als Miterbe Einsicht in das Grundbuch nehmen zu können, noch das angebliche Fehlen von Unterlagen für ein weiteres – zwischenzeitlich auf die Beklagte umgeschriebenes – Oder-Konto befreien die Beklagte von ihrer Auskunftspflicht. Sein Einsichtnahmerecht kann der Kläger nämlich erst erfolgversprechend ausüben, wenn das ursprüngliche Informationsgefälle ausgeglichen ist und er Kenntnis darüber hat, bei welchem Grundbuch eine Einsichtnahme sich als sinnvoll erweist, während er – auch als Miterbe – für ein zwischenzeitlich auf einen anderen Berechtigten umgeschriebenes Konto von der kontoführenden Bank regelmäßig keine Auskünfte mehr erhalten wird.

Ob der Kläger im Rahmen seines – im konkreten Umfang ohnehin zwischen den Parteien streitigen – vorprozessualen Tätigwerdens als „Vermögensverwalter“ der Beklagten tatsächlich umfassende Kenntnis von sämtlichen relevanten Vermögensgegenständen der Nachlassmasse erlangt hat, wird dieser erst auf Grundlage einer erlangten Auskunft beurteilen können, so dass selbst dann, wenn sein Engagement das von der Beklagten behauptete Ausmaß erreicht haben sollte, dies nicht ein Fortbestehen seines Auskunftsanspruchs hindert.

IV.

Den danach dem Kläger grundsätzlich zustehenden, umfassenden Ansprüchen auf Auskunft und Rechenschaftslegung kann die Beklagte aber in weiten Teilen erfolgreich den Einwand der Verwirkung entgegenhalten. Dabei schließt sich der Senat hinsichtlich des zeitlichen Moments einer Verwirkung der Auffassung des Landgerichts an. Für den am 25.2.1999 eingetretenen Erbfall „…[A]“ bildet das Anwaltsschreiben vom 26.9.2008 den ersten greifbaren Anknüpfungspunkt dafür, dass sich der Kläger nunmehr auf die bereits nahezu 10 Jahre vorher begründete Auskunftspflicht der Beklagten berufen wolle. Dieser erhebliche Zeitablauf war geeignet, bei der Beklagten den Eindruck entstehen zu lassen, dass sie ihrer gesetzlichen Auskunftspflicht nicht mehr werde Folge leisten müssen.

Dabei ist zwischen dem eigentlichen Auseinandersetzungsanspruch des Klägers, der ihm seinen auch grundrechtlich verbrieften Eigentumsanteil an dem Nachlass sichert, und dem Auskunftsanspruch als eventueller Vorbereitungsmaßnahme dieser Auseinandersetzung zu differenzieren. Während die Beklagte dem erstgenannten weiterhin ausgesetzt ist und insoweit auch nach Ablauf eines Zeitraums von 10 Jahren nicht davon ausgehen durfte, dass sie sich das hinterlassene Vermögen des Erblassers …[A] insgesamt dauerhaft rechtlich einverleiben dürfe, setzt eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs vor allem ein noch vorhandenes Erinnerungsvermögen voraus. Dieses Erinnerungsvermögen ist durch eine erhebliche Vergänglichkeit geprägt, die es mit fortschreitendem Zeitablauf als zunehmend rechtsmissbräuchlich erscheinen lässt, wenn sich der Berechtigte nach Jahren der Tatenlosigkeit auf den ihm grundsätzlich noch zustehenden Auskunftsanspruch beruft.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass es einem Miterben ohne entsprechende Auskunft unter Umstände bis an die Grenze der faktischen Unmöglichkeit erschwert sein kann, seinen fortbestehenden Auseinandersetzungsanspruch durchzusetzen. Dieser dann möglicherweise faktisch eintretende Eigentumsverlust ist indes auch im verfassungsrechtlichen Lichte hinzunehmen, wenn er letztlich durch das eigene, bewusste Verhalten des Anspruchsberechtigten veranlasst worden ist.

Dabei bedarf es hier keiner Klärung, inwieweit der Kläger für den Nachlass „…[B]“ schon 1987 eine Auseinandersetzung gefordert haben will, was dann in seine Adoption durch den Erblasser …[A] gemündet habe, da er zumindest für den in der Berufungsinstanz noch einzig relevanten Nachlass „…[A]“ nicht konkret dargelegt hat, welche Maßnahmen er vor dem Anwaltsschreiben vom 26.9.2008 vorgenommen haben will, um die bevorstehende Geltendmachung seiner Ansprüche zu verdeutlichen. Die Teilerbauseinandersetzung durch Übertragung von Grundstücken auf ihn am 31.7.2002 bei zeitgleicher Übertragung eines Grundstücks an seine Halbschwester genügt insoweit nicht, da bereits unklar bleibt, ob diese Vorgehensweise überhaupt auf seine Initiative hin erfolgt ist oder – beispielsweise – von der Beklagten aus Gerechtigkeitsgründen veranlasst wurde, um nicht nur die aktuell einen Bauplatz benötigende Halbschwester zu bedenken.

Im Hinblick auf eine Geltendmachung des Auskunftsanspruchs ist daher von einer den Zeitraum von Februar 1999 bis September 2008 umfassenden Untätigkeit des Klägers auszugehen. Nach diesem erheblichen Zeitablauf (entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist allein dieser von ihm hingenommene Zeitablauf Anknüpfungspunkt für eine mögliche Verwirkung und nicht eine besonders schnelle Einverleibung des Erbschaftsbesitzes durch die Beklagte), musste die Beklagte nicht mehr damit rechnen, ihrer Auskunftspflicht nachkommen zu müssen und durfte berechtigterweise auf eine noch rückblickend nachvollziehbare Trennung ihres eigenen Vermögens von dem „einverleibten“ Nachlass ihres verstorbenen Ehemannes ebenso verzichten wie auf eine geordnete „Buchführung“ hinsichtlich der erbschaftlichen Geschäfte und des Verbleibs der Nachlassgegenstände. Gerade unter engen Verwandten wäre es nämlich unzumutbar, den anderen dauerhaft mit einer sauberen und im einzelnen nachvollziehbaren Trennung der beiden ursprünglichen Vermögensmassen (Eigenvermögen der Beklagten einerseits sowie Nachlass „…[A]“ andererseits) zu belasten, nur damit dieser auch nach Jahren noch seiner Auskunftspflicht Folge leisten kann. Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte hier nicht nur in zeitlicher Hinsicht auf eine eingetretene Verwirkung berufen, sondern es ist auch das erforderliche Umstandsmoment zu bejahen.

Dieser Verwirkungseinwand erfasst allerdings nicht die gesamte Auskunftspflicht der Beklagten, sondern bleibt auf jene Teile des Nachlasses beschränkt, hinsichtlich derer eine solche Vermischung mit dem Eigenvermögen der Beklagten eingetreten ist, dass nachträglich das rechtliche Schicksal einzelner ursprünglich zum Nachlass gehörender Vermögensgegenstände nicht mehr nachvollzogen werden kann. Die gilt insbesondere für solche Nachlassgegenstände, die die Beklagte in ihren laufenden Haushalt integriert hat und deren Herkunft und/oder Verbleib zum Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens vernünftigerweise nicht mehr aufklärbar gewesen war. Anders ist die Rechtslage indes für jene „echten“ Vermögensgegenstände (= Grundbesitz, Kontoguthaben), deren rechtliches Schicksal auch nach Jahren noch ohne besondere Schwierigkeiten rekonstruierbar ist. Auch nach Ablauf von 10 Jahren kann von der Beklagten weiterhin erwartet werden, dass sie sich dem Grunde nach an die damals zum Nachlass zählenden Grundstücke und Konten erinnert. Diese – und sei sie auch nur rudimentäre – Erinnerung genügt dann aber, um sie in die Lage zu versetzen, sich bei dem zuständigen Grundbuchamt oder der kontoführenden Bank die weitergehenden, für eine Erfüllung ihrer Auskunftspflicht benötigten Informationen zu verschaffen.

Dies gilt hinsichtlich der Kontoguthaben jedoch nur im Hinblick auf die – auch nach Jahren noch relativ einfach rekonstruierbaren – Todestagsalden. Nachdem die (ursprünglichen Oder-)Konten auf die Beklagte umgeschrieben worden waren, trat hinsichtlich der dortigen laufenden Salden nämlich eine immer unübersehbarere Vermischung mit dem eigenen Vermögen der Beklagten ein, so dass spätere Kontosalden wie auch eventuelle aus den Kontoguthaben finanzierte „Surrogate“ nicht mehr einer konkreten Herkunft der Finanzierungsmittel zugeordnet werden können. Insoweit durfte die Beklagte aber – selbst wenn die Umschreibung der Konten keine einvernehmliche Teilerbauseinandersetzung dargestellt haben sollte, sondern nur aus schlichten Praktikabilitätsgründen erfolgt ist – in Anbetracht der Kenntnis sämtlicher Miterben von dieser Umschreibung, deren langjähriger Duldung und des sich aufdrängenden Umstandes einer laufenden Vermischung darauf vertrauen, dass sie für aus diesem „Mischvermögen“ finanzierte Vermögensumschichtungen nicht Jahre später einen eventuellen Surrogatscharakter werde darlegen müssen.

Entsprechendes gilt auch für die von der Beklagten aus der Verpachtung des Campingplatzes erzielten Einnahmen. Diese sind im Einvernehmen mit sämtlichen Miterben laufend ausschließlich der Beklagten – als nach dem Vertrag alleiniger Verpächterin des Campingplatzes – zugewiesen worden und wurden von dieser auf einem ihrer Konten verbucht. Hierdurch trat auch an den Pachteinnahmen eben jene „Vermischung“ mit dem Eigenvermögen der Beklagten ein, die nachträglich einen Nachweis des konkreten Verbleibs als weitgehend ausgeschlossen erscheinen lassen. Hinzu kommt, dass dem Kläger als Vertragsbeteiligten die notarielle Urkunde vorliegt, aus welcher sich der jährliche Zahlbetrag ergibt bzw. dessen zwischenzeitliche – über die vereinbarte Wertsicherungsklausel gesicherten – Anpassungen an den Lebenshaltungskostenindex für alle privaten Haushalte ermitteln lassen. Eine diesbezügliche Auskunftspflicht kann danach schon unter Verwirkungsgesichtspunkten nicht mehr bestehen, so dass es einer abschließenden Klärung der Frage, ob in der einvernehmlichen Zuweisung der Pachtzinsen an die Beklagte – wofür nach dem notariellen Pachtvertrag, an welchem sämtliche Mitglieder der Erbengemeinschaft beteiligt worden sind, obwohl nur die Beklagte als Verpächterin agierte, viel spricht – eine Teilerbauseinadersetzung zu sehen ist, nicht bedarf.

Zusammenfassend kann danach festgehalten werden, dass die Beklagte Auskunft und Rechenschaft über (potentiell) erbschaftliche Geschäfte und den Verbleib von Erbschaftsgegenständen nicht mehr schuldet, sondern nur noch ein auf den Todestag des Erblassers aufgestelltes und auf Grundstücke und Bankkonten beschränktes Bestandsverzeichnis.

V.

Die Kostenentscheidung ist dem Landgericht vorzubehalten, da erst nach Abschluss der Leistungsstufe eine einheitliche Kostenentscheidung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 254 Rn. 5) möglich sein wird.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO unter Berücksichtigung der mutmaßlichen Auskunftskosten der Beklagten.

Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

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