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Anforderungen an Nachweis der Echtheit eines handschriftlichen Testaments

Gerichtsurteil bestätigt Echtheit von handschriftlichem Testament

Zusammenfassung: Im Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg, Aktenzeichen 3 Wx 5/12, wurde die Beschwerde eines Sohnes gegen die Echtheit des von seinem verstorbenen Vater hinterlassenen Testaments abgewiesen, das den Sohn enterbte und stattdessen die Lebensgefährtin und deren Tochter als Erbinnen einsetzte. Nach ausgiebiger Beweisaufnahme, einschließlich eines Sachverständigengutachtens, bestätigte das Gericht, dass das Testament echt und vom Erblasser eigenhändig verfasst und unterschrieben wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Wx 5/12 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Echtheit des Testaments bestätigt: Das Oberlandesgericht Brandenburg hat bestätigt, dass das umstrittene Testament, welches den Sohn des Erblassers enterbt, von diesem eigenhändig verfasst und unterschrieben wurde.
  • Beschwerde zurückgewiesen: Die Beschwerde des enterbten Sohnes gegen die Erteilung des Erbscheins für die Lebensgefährtin und deren Tochter wurde abgewiesen, und das Gericht hat keine vernünftigen Zweifel an der Echtheit des Testaments.
  • Bewertung durch Sachverständige: Ein forensischer Schriftsachverständiger bewertete die Urheberschaft des Erblassers am Testament als höchst wahrscheinlich, nachdem mehrere Schriftproben in die Untersuchung einbezogen wurden.
  • Kein Nachweis von Täuschung: Das Gericht fand keine hinreichenden Beweise dafür, dass das Testament unter falschen Umständen oder durch Täuschung entstanden ist.
  • Streit um Lebensgemeinschaft: Die Lebensgefährtin des Erblassers und deren Tochter haben substantiiert dargelegt, bis zum Tod mit dem Erblasser in einer Lebensgemeinschaft gelebt zu haben, was vom enterbten Sohn nicht widerlegt werden konnte.
  • Bedeutung der Sachverständigenbewertung: Die Expertise des Schriftsachverständigen spielte eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Echtheit des Testaments.
  • Gerichtliche Bewertung: Das Gericht legte dar, dass die Überzeugung von der Echtheit des Testaments einen Grad von Gewissheit erreicht hat, der vernünftige Zweifel ausschließt.

Testamentsform und Anforderungen

Die letztwillige Verfügung durch ein handschriftliches Testament ist in Deutschland gesetzlich zulässig. Dabei gelten jedoch strenge Formvorschriften, um Missbrauch zu verhindern. Besonders die Echtheit des Testaments muss zweifelsfrei feststehen.

Ein handschriftliches privates Testament erfordert, dass der gesamte erblasserische Wille vom Erblasser persönlich niedergeschrieben und eigenhändig unterschrieben wurde. Eine fremde Niederschrift oder Mitwirkung Dritter kann die Gültigkeit gefährden. Zudem sind hohe Anforderungen an den Nachweis der Echtheit und Urheberschaft zu erfüllen, wenn Zweifel aufkommen.

➜ Der Fall im Detail


Streit um die Echtheit eines handschriftlichen Testaments

Im Zentrum des rechtlichen Disputs steht das Testament eines verstorbenen Erblassers, datiert auf den 8. April 1996, in dem er seinen Sohn enterbt und seine Lebensgefährtin sowie deren Tochter als Erbinnen einsetzt.

Handschriftliches Testament
(Symbolfoto: Gajus /Shutterstock.com)

Der Sohn, Beteiligter zu 1, bestreitet die Echtheit des Testaments vehement, behauptet, dass die Unterschrift seines Vaters nicht echt sei und zieht die Glaubwürdigkeit des Testaments in Frage. Er argumentiert, dass die Schriftzüge im Testament und die Unterschrift in einem früheren Schreiben der Lebensgefährtin des Erblassers auffallend ähnlich seien.

Gerichtliche Feststellung zur Echtheit des Testaments

Das Amtsgericht hatte einen Sachverständigen hinzugezogen, der zu dem Schluss kam, dass das Testament wahrscheinlich vom Erblasser eigenhändig verfasst wurde. Trotz anfänglicher Zweifel und einer Beschwerde des enterbten Sohnes, die zu einer weiteren gerichtlichen Überprüfung führte, wurde durch ein ergänzendes Gutachten schließlich festgestellt, dass das Testament mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit echt ist. Dies führte dazu, dass die Beschwerde des Sohnes abgewiesen und der Erbschein, der die Lebensgefährtin und ihre Tochter als Erbinnen ausweist, bestätigt wurde.

Rolle des Sachverständigengutachtens

Das Oberlandesgericht legte großen Wert auf die Ausführungen des Sachverständigen, der nach eingehender Prüfung weiterer Schriftproben zu dem Ergebnis kam, dass die Urheberschaft des Erblassers sowohl am Text als auch an der Unterschrift des Testaments hochwahrscheinlich ist. Die tiefgehende Analyse und die methodische Herangehensweise des Gutachters spielten eine entscheidende Rolle in der Feststellung der Authentizität des Testaments.

Rechtliche Grundlagen und Bewertungsskala der Beweislage

Die juristische Bewertung des Falles beruht auf der Beweismaßstäbe der Überzeugung, die das Gericht erreichen muss. Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht, dass für eine endgültige rechtliche Entscheidung ein „für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit“ ausreicht, der über vernünftige Zweifel erhaben ist. Diese Gewissheit wurde hier durch die ausführlichen Sachverständigengutachten erreicht.

Juristische Konsequenzen und die Stellung der Beteiligten

Mit der Bestätigung der Echtheit des Testaments durch das Oberlandesgericht sind die Lebensgefährtin und ihre Tochter offiziell als die rechtmäßigen Erbinnen nach dem Willen des Erblassers anerkannt. Der Sohn, der von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, hat somit keinen Anspruch auf das Erbe oder einen Pflichtteil, da das Gericht keinen Grund sah, von den Feststellungen des Sachverständigen abzuweichen. Dies unterstreicht die Bedeutung der sachverständigen Bewertung in gerichtlichen Verfahren, besonders in Fällen, wo die Echtheit von Dokumenten infrage steht.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Wie wird die Echtheit eines handschriftlichen Testaments überprüft?

Um die Echtheit eines handschriftlichen Testaments zu überprüfen, wird in der Regel ein forensisches Schriftgutachten durch einen Sachverständigen für Handschriftenuntersuchung erstellt. Dabei sollte das Testament möglichst im Original untersucht werden, um alle physikalisch-technischen Verfahren anwenden zu können.

Der Gutachter vergleicht die Handschrift und Unterschrift auf dem Testament mit zeitnahen Schriftproben des Erblassers, wie Unterschriften, Briefe oder Kalendereintragungen. Durch den Schriftvergleich kann festgestellt werden, ob das gesamte Testament eigenhändig vom Erblasser geschrieben und unterschrieben wurde, wie es § 2247 Abs. 1 BGB für die Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments voraussetzt.

Abweichungen zwischen der üblichen Handschrift des Erblassers und der Schrift im Testament können Anhaltspunkte für eine Fälschung sein, müssen es aber nicht. Mögliche Erklärungen sind, dass sich der Erblasser um besondere Leserlichkeit bemüht hat oder durch Alter oder Krankheit in seiner Schreibfähigkeit eingeschränkt war.

Eine 100%ige Gewissheit über die Echtheit kann ein Schriftgutachten nicht bieten. Es kann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen, ob die Schriftzüge mit denen des Erblassers übereinstimmen oder nicht. Je mehr geeignete Vergleichsschriftproben vorliegen, desto zuverlässiger ist das Ergebnis.

Wichtig ist, dass die Untersuchung durch einen erfahrenen und bei Gericht anerkannten Sachverständigen für forensische Handschriftenvergleichung erfolgt. Graphologische Gutachten zur Persönlichkeitsanalyse sind für die Echtheitsprüfung eines Testaments ungeeignet.

Was geschieht, wenn ein Testament angefochten wird?

Wenn ein Testament erfolgreich angefochten wird, hat dies folgende Auswirkungen:

Die angefochtenen Verfügungen im Testament werden unwirksam. Das bedeutet, sie entfalten keine rechtliche Wirkung mehr. Andere Verfügungen im Testament, die nicht angefochten wurden, bleiben dagegen wirksam.

Das gesamte Testament wird nur dann komplett unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die übrigen Verfügungen ohne die angefochtenen nicht getroffen hätte (§ 2085 BGB). In diesem Fall tritt die gesetzliche Erbfolge ein.

Bei einem gemeinschaftlichen Testament wie dem Berliner Testament werden durch eine erfolgreiche Anfechtung auch die wechselbezüglichen Verfügungen des anderen, bereits verstorbenen Ehegatten unwirksam.

Ein etwaiger Pflichtteilsanspruch des Anfechtenden geht durch die Anfechtung nicht verloren. Er erhält also weiterhin den ihm zustehenden Mindestteil des Erbes.

Um ein Testament erfolgreich anzufechten, muss ein gesetzlicher Anfechtungsgrund vorliegen und nachgewiesen werden, z.B. ein Irrtum oder eine Drohung. Die Anfechtung muss innerhalb bestimmter Fristen gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.

Aufgrund der Komplexität empfiehlt es sich, bei einer beabsichtigten Testamentsanfechtung anwaltlichen Rat einzuholen. Der Anwalt kann die Erfolgsaussichten einschätzen und die Anfechtung rechtssicher durchführen.

Wie entscheidet ein Gericht über die Echtheit eines Testaments?

Bei der gerichtlichen Entscheidung über die Echtheit eines Testaments kommt es auf die Beweislage an. Das Gericht muss sich aufgrund der vorliegenden Beweise eine Überzeugung bilden, ob das Testament vom Erblasser eigenhändig errichtet wurde oder nicht.

Dabei gilt der Grundsatz, dass derjenige die Beweislast trägt, der aus dem Testament Rechte für sich herleiten will, in der Regel also der eingesetzte Erbe. Er muss das Gericht von der Echtheit überzeugen.

Um Zweifel auszuräumen, holt das Nachlassgericht meist ein Schriftgutachten ein. Darin vergleicht ein Sachverständiger für forensische Handschriftenuntersuchung die Schriftzüge im Testament mit anderen Schriftproben des Erblassers. Je mehr geeignetes Vergleichsmaterial vorliegt, desto zuverlässiger ist das Ergebnis.

Das Gutachten muss eine hohe Wahrscheinlichkeit für oder gegen die Echtheit ergeben. Eine absolute Gewissheit ist aber nicht erforderlich. Bleiben nach dem Gutachten noch Zweifel, kann das Gericht weitere Beweise erheben, z.B. durch Zeugenvernehmungen.

Lässt sich die Echtheit letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, geht dies zu Lasten dessen, der sich auf das Testament beruft. Das Gericht wird das Testament dann nicht als wirksam anerkennen.

Auf der anderen Seite muss derjenige, der andere Gründe für die Unwirksamkeit des Testaments geltend macht, wie eine Testierunfähigkeit des Erblassers, hierfür die Beweislast tragen.

Insgesamt kommt es also auf eine Gesamtwürdigung der Beweislage durch das Gericht an. Im Zweifel sollte in solch komplexen Fällen anwaltlicher Rat eingeholt werden, um die eigenen Rechte bestmöglich durchzusetzen.

Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein als echt anerkanntes Testament?

Wenn ein Testament gerichtlich als echt anerkannt wurde, hat dies folgende rechtliche Konsequenzen:

Das Testament entfaltet seine volle Wirksamkeit und bestimmt die Erbfolge nach dem letzten Willen des Erblassers. Die darin getroffenen Verfügungen, wie die Erbeinsetzung, Vermächtnisse oder Auflagen, sind für die Erben verbindlich.

Die gesetzliche Erbfolge wird durch das Testament verdrängt. Wurden im Testament andere Erben als die gesetzlichen eingesetzt, gehen letztere leer aus, soweit ihnen nicht ein Pflichtteilsanspruch zusteht.

Wurden mehrere Erben eingesetzt, richten sich die Erbquoten nach den Bestimmungen im Testament. Enthält das Testament dazu keine Angaben, erben die eingesetzten Erben zu gleichen Teilen (§ 2089 BGB).

Mit Anerkennung der Echtheit wird das Testament auch gegenüber Dritten, wie Behörden oder Banken, wirksam. Diese müssen die Erben als neue Berechtigte akzeptieren.

Vermächtnisse und Auflagen aus dem Testament sind von den Erben zu erfüllen. Die Erben haften dafür mit dem gesamten Nachlass.

Pflichtteilsberechtigte, die durch das Testament enterbt oder auf den Pflichtteil gesetzt wurden, können ihren Pflichtteil nun geltend machen. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Insgesamt schafft die gerichtliche Anerkennung der Echtheit Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Solange das Testament nicht erfolgreich angefochten wird, bildet es die verbindliche Grundlage für die Verteilung des Nachlasses.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 2336 BGB – Anfechtung der Echtheit des Testaments
    Regelt die Möglichkeit, ein Testament wegen Zweifeln an der Echtheit anzufechten. Im analysierten Fall hat der Sohn des Erblassers die Echtheit des Testaments bestritten, was zu umfassenden gerichtlichen Untersuchungen und dem Einsatz von Schriftsachverständigen führte.
  • § 2361 BGB – Einziehung eines Erbscheins
    Diese Vorschrift kommt zum Tragen, wenn die Richtigkeit eines Erbscheins angezweifelt wird. Im vorliegenden Fall war die Anfechtung des Erbscheins zentral, da der Sohn behauptete, das Testament sei nicht echt.
  • § 58 FamFG – Beschwerde im familienrechtlichen Verfahren
    Legt die zulässige Beschwerde in familienrechtlichen Angelegenheiten, wie Erbschaftsangelegenheiten, fest. Hier wurde diese Regelung relevant, als der Sohn gegen den erstinstanzlichen Beschluss Beschwerde einlegte.
  • § 26 FamFG – Amtsermittlungsgrundsatz
    Beschreibt, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt, was bedeutet, dass es alle relevanten Tatsachen und Beweise selbstständig erheben muss, wie etwa durch das Einholen von Sachverständigengutachten zur Handschriftanalyse.
  • § 344 BGB – Feststellung der Testierfähigkeit
    Wichtig für die Beurteilung, ob der Erblasser imstande war, ein gültiges Testament zu erstellen. Die Testierfähigkeit kann besonders dann angezweifelt werden, wenn, wie vom Sohn behauptet, der Erblasser nicht mehr in der Lage gewesen sein könnte, seinen Willen frei zu bestimmen.
  • § 2229 BGB – Testierfähigkeit von Personen unter Betreuung
    Obwohl im gegebenen Fall nicht direkt erwähnt, ist diese Vorschrift generell relevant für die Beurteilung der Gültigkeit von Testamenten, speziell wenn die geistige Verfassung des Erblassers infrage gestellt wird, wie im vorliegenden Fall durch den Hinweis auf möglichen Alkoholismus des Erblassers durch den Sohn.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 Wx 5/12 – Beschluss vom 19.12.2013

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Luckenwalde vom 24. November 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 29.001 € und 32.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Erblasser verstarb am ….4.2003. Der Beteiligte zu 1. ist das einzige noch lebende Kind des Erblassers. Die Beteiligte zu 2. übergab dem Amtsgericht am 8.5.2003 ein Testament vom 8.4.1996 mit folgendem Inhalt:

„Mein Testament

Dieses Testament schreibe ich bei klarem Verstand.

Mein letzter Wille.

Hiermit erkläre Ich H… N…, daß mein Sohn T… N… geboren

….9.1982 nach meinem Tode kein Erbrecht hat, er wird enterbt, er bekommt auch kein Pflichtanteil.

Schuld ist Frau M… N… seine Mutter. Als Erben setze ich meine Lebensgefährtin und Ihre Tochter ein.

M… D… geboren am ….3.1954 in Z…

Ihre Tochter A… D… geboren am ….5.1983 in L….

Meine Erbanteile, die unsere Mutter Frau W… N… geboren am ….12.1928 hinter lassen hat, bekommen die oben genannten Erben, auch die Möbeln und was dazu gehört.

Das Auto kann Sie verkaufen.

Falls die beiden oben genannten Erben, vor meinem Tode mich verlassen, haben meine beiden Brüder K… und E… N… wohnhaft in Lu… diesen Anspruch und kein anderer.“

Das Testament ist unterschrieben mit „H… N… geboren ….8.1950“.

Ebenfalls am 8.5.2013 beantragte die Beteiligte zu 2., die angab, die Lebensgefährtin des Erblassers zu sein, einen Erbschein zu erteilen, wonach sie gemeinsam mit ihrer Tochter A… D…, der Beteiligten zu 3., Erbin nach dem Erblasser zu je ½ des Nachlasses geworden sei.

Am 29.1.2004 erteilte das Amtsgericht einen entsprechenden gemeinschaftlichen Erbschein.

Mit Schriftsatz vom 1.9.2010 hat der Beteiligte zu 1. angeregt, den Erbschein einzuziehen, da das Testament nach seiner Auffassung nicht von seinem Vater, dem Erblasser, abgefasst worden sei; der Vater habe eine andere Handschrift gehabt. Der Name „D…“ im Testament weise eine große Ähnlichkeit mit der Unterschrift „D…“ eines im Nachlassverfahren eingereichten Schreibens der Beteiligten zu 2. auf. Unter dem 8.11.2010 hat der Beteiligte zu 1. beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben nach dem Erblasser ausweist.

Das Amtsgericht hat über die Frage, ob der Erblasser das handschriftliche Testament vom 8.4.1996 selbst geschrieben und unterschrieben habe, Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige für forensische Schriftuntersuchung, Dipl.-Krim. Dr. jur. J… S… ist in seinem unter dem 7.9.2011 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser das handschriftliche Testament vom 8.4.1996 wahrscheinlich selbst geschrieben und unterschrieben habe.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 24.11.2011 hat das Amtsgericht den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1. vom 8.11.2010 und seinen Antrag auf Einziehung des erteilten Erbscheins vom 1.9.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sich das Amtsgericht auf das Sachverständigengutachten bezogen.

Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 1. Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er gehe nach wie vor davon aus, dass das Testament nicht von seinem Vater herrühre, zumal der Namenszug „D…“ im Testament und in dem Schreiben der Beteiligten zu 2. nahezu identisch ausgeführt worden sei. Ferner habe das Testament unter der Bedingung gestanden, dass die Beteiligten zu 2. und 3. nur Erben werden sollten, sofern sie den Erblasser vor seinem Tode nicht verlassen hätten. Ob diese Bedingung eingetreten sei, habe das Amtsgericht nicht überprüft. Nach seiner Kenntnis waren Erblasser und Testamentserben nicht mehr zusammen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Die Beteiligten zu 2. und 3. sind der Beschwerde entgegengetreten. Sie haben insbesondere behauptet, bis zum Erbfall am ….4.2003 mit dem Erblasser zusammengelebt zu haben. Außerdem haben sie ausgeführt, das Testament vom 8.4.1996 stamme vom Erblasser.

Der Senat hat weitere Ermittlungen angestellt und durch Beschluss vom 23.5.2013 den Sachverständigen beauftragt, ein ergänzendes Gutachten zu erstellen und dabei acht weitere Schriftproben des Erblassers sowie Kopien von fünf weiteren Schriftproben des Erblassers in die Begutachtung einzubeziehen. Unter dem 12.8.2013 hat der Sachverständige das ergänzende Gutachten vorgelegt. Dabei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser den Text des Testaments vom 8.4.1996 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eigenhändig geschrieben und mit hoher Wahrscheinlichkeit dieses Testament auch eigenhändig unterschrieben hat.

Die Beteiligten haben alsdann abschließend Stellung genommen.

II.

Die gemäß § 58 FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Einziehung des erteilten Erbscheins gemäß § 2361 Abs. 1 BGB liegen nicht vor. Denn der erteilte Erbschein ist nicht unrichtig. Die Beteiligten zu 2. und 3. sind Erben zu je ½ nach dem Erblasser geworden. Für die Erteilung eines neuen Erbscheins, der den Beteiligten zu 1. als Erben ausweist, ist demzufolge kein Raum.

1.

Das vorgelegte Testament vom 8.4.1996 ist vom Erblasser geschrieben und unterschrieben worden. Dies steht nach der in erster und zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest.

Hinsichtlich der Frage, ob ein Testament vom Erblasser stammt, ist zu beachten, dass eine absolute Gewissheit im naturwissenschaftlichen Sinne fast nie zu erreichen und die theoretische Möglichkeit des Gegenteils der Tatsache, die festgestellt werden soll, kaum einmal auszuschließen ist. Für die richterliche Überzeugung genügt daher ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt. Eine solche Gewissheit liegt auch im Amtsverfahren, § 26 FamFG, dann vor, wenn diese einen Grad erreicht hat, der den Zweifeln Einheit gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu können. Daher kann es ausreichen, wenn ein Schriftsachverständiger feststellt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Urheberschaft des Erblasser auszugehen ist. Das Beweismaß des Sachverständigen hat sich nach wissenschaftlichen Maßstäben auszurichten. Demgegenüber gilt für den Tatrichter das Beweismaß der persönlichen Überzeugung, nämlich ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt. Die diesbezüglichen Ermittlungen sind nur solange fortzuführen, bis der Tatrichter die volle Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Tatsache erlangt hat und von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (BayObLG, NJOZ 2004, 3823, 3826).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hätte sich das Amtsgericht allerdings – jedenfalls ohne nähere Begründung – die danach zu fordernde Gewissheit, dass das Testament vom 8.4.1996 vom Erblasser stammt, noch nicht bilden dürfen. Denn der Sachverständige ist auf der Grundlage der ihm in erster Instanz zur Verfügung gestellten Schriftproben lediglich zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser das Testament wahrscheinlich selbst geschrieben und unterschrieben hat. Nach der im Sachverständigengutachten aufgeführten Bewertungsskala handelt es sich um eine Einschätzung im vierten Rang. Dies lässt daher begründete Zweifel an der Echtheit des Testaments noch zu.

Anders verhält es sich aber auf der Grundlage des vom Senat eingeholten ergänzenden Schriftsachverständigengutachtens. Hier ist der Sachverständige nach Einbeziehung zahlreicher weiterer Schriftproben, die der Senat auf Anforderung von den Beteiligten erhalten hatte, nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser den Text des Testaments vom 8.4.1996 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eigenhändig geschrieben und mit hoher Wahrscheinlichkeit das Testament auch eigenhändig unterschrieben hat. Damit liegt hinsichtlich der Echtheit des Testamentstextes die Einschätzung nach dem ersten Rang der Bewertungsskala des Sachverständigen vor. Bezüglich der Unterschrift ist eine Einschätzung des dritten Ranges gegeben. Auf dieser Grundlage bestehen für den Senat keine vernünftigen Zweifel an der Echtheit des Testaments. Wenn der Erblasser den Testamentstext mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit selbst geschrieben hat, reicht hinsichtlich der Unterschrift eine hohe Wahrscheinlichkeit der Urheberschaft des Erblassers aus. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Erblasser zwar den Testamentstext selbst verfasst, dann aber davon abgesehen hat, ihn zu unterzeichnen und die Unterschrift später von dritter Hand hinzugefügt worden ist.

Substanzielle Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten sind von den Beteiligten, auch vom Beteiligten zu 1., nicht erhoben worden. Die Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten sind auch plausibel. Auf der Grundlage der in das Gutachten integrierten Fotokopien lassen sich seine Ausführungen gut nachvollziehen.

Unter dem 23.9.2013 hat der Beteiligte zu 1. zwar die Echtheit des Testaments weiterhin bezweifelt. Dazu hat er sich darauf bezogen, dass zwar davon auszugehen sei, dass das Testament und eine vom Sachverständigen beurteilte Schriftprobe, nämlich eine Vollmacht für das Grundbuchamt, von ein und derselben Person geschrieben und unterschrieben worden seien. Im Hinblick auf die Ähnlichkeit des Schriftzuges „D…“ in den „vermeintlichen“ Schriftleistungen des Erblassers mit der Unterschrift der Beteiligten zu 2. bezweifle er aber nach wie vor, dass es sich um authentische Schriftleistungen des Erblassers handle. Damit kann der Beteiligte zu 1. aber nicht durchdringen.

Soweit der Beteiligte zu 1. eine Übereinstimmung der Unterschrift „D…“ im Testament und in einem Schreiben der Beteiligten zu 2. sieht, handelt es sich um eine laienhafte Einschätzung. Der Senat, dessen Mitglieder insoweit ebenfalls Laien sind, sieht eine solche Ähnlichkeit bei Vergleich der Schriftzüge „D…“ in dem Testament einerseits (Bl. 5 der Akten über die Verfügung von Todes wegen 40 IV 201/03) und der Unterschrift der Beteiligten zu 2. in ihrem Schreiben vom 18.6.2003 (Bl. 12 der soeben genannten Akte) nicht als gegeben an.

Soweit der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 23.9.2013 erstmals behauptet, er habe den Erblasser „als Alkoholiker in Erinnerung“, weshalb es für ihn nicht nachvollziehbar sei, dass der Erblasser noch in der Lage sei, ein Testament eigenhändig zu errichten, besteht keine Veranlassung, weitere Ermittlungen von Amts wegen anzustellen. Hierbei handelt es sich um einen unsubstanziierten Hinweis nach Vorlage des für den Beschwerdeführer ungünstigen Sachverständigengutachtens. Anhaltspunkte für eine eingeschränkte oder gar fehlende Testierfähigkeit des Erblassers aufgrund von Alkoholismus sind nicht ersichtlich.

2.

Aufgrund des Testaments des Erblassers vom 8.4.1996 sind die Beteiligten zu 2. und 3. als Erben nach dem Erblasser berufen. Nicht etwa sind die beiden im Testament genannten Brüder des Erblassers Erben geworden. Die vom Erblasser insoweit gemachte zulässige Bedingung, dass die Rechtswirkung von Umständen abhängt, die zwischen Testamentserrichtung und Erbfall eintreten oder nicht (vgl. hierzu Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 2074 Rn. 1), ist nicht eingetreten. Die Beteiligten zu 1. und 2. sollten nach dem Wortlaut des Testaments dann nicht erben, wenn sie den Erblasser vor dessen Tode verlassen. Solche Umstände sind aber nicht eingetreten.

Allerdings hat der Beteiligte zu 1. mit der Beschwerde in Zweifel gezogen, ob die Bedingung eingetreten sei. Auf die Verfügung des Senats, insoweit näher vorzutragen, hat der Beteiligte zu 1. lediglich darauf hingewiesen, der Erblasser habe ihm nicht erklärt, in einer neuen Beziehung zu leben und die Beteiligte zu 2. auch nicht als seine neue Partnerin vorgestellt. Beide seien in der Öffentlichkeit nicht zusammen aufgetreten. In seinem Schriftsatz vom 26.10.2012 hat er dann eingeräumt, sich jedenfalls nach der Beerdigung des Erblassers mit der Beteiligten zu 2. unterhalten zu haben. Diese wie auch die Beteiligte zu 3. haben schriftlich substantiiert Umstände dargetan, die dafür sprechen, dass der Erblasser mit der Beteiligten zu 2. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen hatte, die bis zum Erbfall Bestand hatte. Dem ist der Beteiligte zu 1. dann nicht mehr entgegengetreten.

Nachdem zur Überzeugung des Senats die Echtheit des Testaments feststeht, wäre der etwa eingetretene Umstand, dass der Erblasser von den Beteiligten zu 2. und zu 3. verlassen worden wäre, auch nicht dem Beteiligten zu 1., sondern den Brüdern des Erblassers zugute gekommen. Von letzteren ist einer verstorben, der andere hat nach Hinweis des Senats von der gemäß § 345 Abs. 1 Satz 3 FamFG bestehenden Möglichkeit, auf seinen Antrag als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen zu werden, keinen Gebrauch gemacht.

3.

Der Senat entscheidet ohne mündlichen Termin. Dem steht die Vorschrift des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht entgegen, wonach das Beschwerdegericht von denjenigen Verfahrenshandlungen absehen darf, die bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden, obwohl auch das Amtsgericht ohne mündliche Anhörung entschieden hat. Denn § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG kommt nur zur Anwendung, wenn nach den einschlägigen Verfahrensvorschriften ein Termin, eine mündliche Verhandlung oder sonstige Verfahrenshandlungen durchzuführen sind (OLG Schleswig, FGPrax 2010, 106, 107 mit zustimmende Anmerkung Sternal; OLG Düsseldorf, FGPrax 2011, 125; KG, FGPrax 2011, 122, 123; Nedden-Boeger, FGPrax 2010, 1, 6 f.). Ist das nicht der Fall, kann das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG in Verbindung mit §§ 32 ff. FamFG von einem Termin absehen (Prüttig/Helms/Abramenko, FamFG, 2. Aufl., § 68 Rn. 26; vgl. auch Maurer, FamRZ 2009, 465, 477). So liegt es im Erbscheinsverfahren (OLG Schleswig, a.a.O.; KG, a.a.O.; Gutjahr in: Hahne/Munzig, BeckOK FamFG, Edition 10, § 68 Rn. 45).

4.

Da das Amtsgericht eine Abhilfeentscheidung durch Verfügung ohne Begründung getroffen hat, wird vorsorglich auf Folgendes hingewiesen:

Die Entscheidung über die Abhilfe gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 FamFG hat durch Beschluss zu ergehen, der grundsätzlich einer Begründung bedarf und den Beteiligten bekanntzugeben ist (BGH, NVwZ 2011, 127 Rn. 18; OLG Köln, FGPrax 2011, 128, 129; Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 68 Rn. 12; Hahne/Munzig/Gutjahr, BeckOK FamFG, Edition 10, § 68 Rn. 8). Eine unzureichende Abhilfeentscheidung kann – in entsprechender Anwendung von § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG – dazu führen, dass die Sache, ohne dass die angefochtene Entscheidung aufgehoben wird, zur erneuten ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens an das erstinstanzliche Gericht zurückgegeben wird (Senat, Beschluss vom 5.3.2012 – 3 Wx 57/11; OLG Köln, BeckRS 2012, 01113; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Hamm, BeckRS 2010, 18308; OLG München, BeckRS 2010, 03282; Hahne/Munzig/Gutjahr, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat der Senat allerdings von einer solchen Rückgabe abgesehen.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf den gemäß § 136 GNotKG im vorliegenden Fall weiterhin anzuwendenden §§ 131 Abs. 4, 30 KostO.

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