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Auskunftsanspruch über Bestand des Nachlasses gegen Miterben

Miterbe erfolgreich in Auskunftsstreit gegen Erbengemeinschaft

Im Urteilsfall LG Hamm – Az.: I-10 U 17/14 wurde die Berufung des Beklagten erfolgreich und führte zur vollständigen Abweisung der Klage bezüglich eines Auskunftsanspruchs über den Bestand des Nachlasses. Die Klage war zunächst von der Erbengemeinschaft angestrebt worden, die den Beklagten zur Auskunftserteilung über nachlassbezogene Geschäfte zwingen wollte, jedoch fehlte es an einer rechtlichen Grundlage für diesen Anspruch.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-10 U 17/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Berufung des Beklagten gegen ein Teilurteil wurde angenommen und die Klage vollständig abgewiesen.
  • Das Gericht fand keine rechtliche Grundlage für den Auskunftsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten bezüglich des Nachlassbestands und erblicher Geschäfte.
  • Der Wert des Berufungsinteresses wurde auf 1.000 Euro festgesetzt, hauptsächlich basierend auf den Kosten und dem Aufwand, den die Auskunftserteilung für den Beklagten bedeutet hätte.
  • Der Beklagte, ein Miterbe, wurde nicht als „Erbschaftsbesitzer“ im Sinne von § 2018 BGB eingestuft, was eine wichtige Rolle in der Entscheidungsfindung spielte.
  • Die Berufung wurde auch durch die fehlende Darlegung eines Auftragsverhältnisses zwischen dem Beklagten und der Erblasserin, welches die Auskunftspflicht nach § 666 BGB hätte begründen können, gestützt.
  • Der Beklagte war bereits in der Vergangenheit seinen Auskunftspflichten nachgekommen, indem er relevante Zuwendungen offenlegte.
  • Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Kläger auferlegt, und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgte den üblichen rechtlichen Rahmenbedingungen.

Erbschaftsauseinandersetzungen unter Miterben

Nach dem Tod eines Erblassers kann es häufig zu Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft kommen. Insbesondere wenn es um die Offenlegung des Nachlassbestands und die Auskunft über erbliche Geschäfte geht, sind Unstimmigkeiten keine Seltenheit.

Jeder Miterbe hat grundsätzlich das Recht, von den anderen Erben Informationen über den Bestand des Nachlassvermögens sowie etwaige Verfügungen und Zuwendungen während des Erbfalls zu verlangen. Diese Auskunftsansprüche dienen der Transparenz und der Wahrung der Interessen aller Beteiligten.

➜ Der Fall im Detail


Rechtliche Auseinandersetzung um Auskunftsansprüche innerhalb einer Erbengemeinschaft

Im Kern des Falles steht eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern einer Erbengemeinschaft. Der Beklagte, ein Miterbe nach dem Tod der Erblasserin am 13. Mai 2010, wurde vom Kläger, einem weiteren Miterben, auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses sowie über von ihm durchgeführte Bankgeschäfte gefordert. Diese Forderungen basierten auf der Annahme, der Beklagte habe umfangreiche Vollmachten der Erblasserin genutzt, um über einen Zeitraum von zehn Jahren Banktransaktionen durchzuführen. Die Klage zielte darauf ab, ein umfassendes Bestandsverzeichnis des Nachlasses zu erhalten, was nach Ansicht des Klägers eine Voraussetzung für die gerechte Aufteilung des Erbes war.

Berufungsentscheidung des Landgerichts Hamm

Das Landgericht Hamm entschied am 22. Juli 2014, dass die zuvor am 15. Januar 2014 getroffene Entscheidung des Landgerichts Arnsberg zu revidieren und die Klage vollständig abzuweisen sei. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Feststellung, dass der Beklagte als Miterbe keine besonderen Auskunftspflichten gegenüber den anderen Miterben habe. Insbesondere sei der Beklagte nicht als „Erbschaftsbesitzer“ im Sinne von § 2018 BGB anzusehen, was eine Schlüsselrolle in der rechtlichen Bewertung spielte.

Bewertung der Auskunftspflicht und des Berufungswertes

Für die Bewertung der Auskunftspflicht und des damit verbundenen Berufungswertes waren mehrere Aspekte ausschlaggebend. Der sogenannte Lässigkeitswert, der den Aufwand an Zeit und Kosten umfasst, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, wurde auf 1.000 Euro festgesetzt. Dies reflektiert nicht nur die direkten Kosten, sondern auch den Aufwand für den Beklagten, die geforderten Informationen über einen Zeitraum von zehn Jahren zu beschaffen und aufzubereiten.

Rechtliche Grundlagen und ihre Anwendung im Urteil

Das Gericht erklärte, dass der Beklagte nach dem Erbfall keine Pflicht zur Auskunftserteilung über den Nachlass habe, da die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der Kläger konnte nicht ausreichend darlegen, dass der Beklagte unzulässig Besitz von Nachlassgegenständen ergriffen habe oder sich ein Alleinerbrecht angemaßt habe. Weiterhin seien die §§ 2027 und 2028 BGB nicht anwendbar, da der Beklagte nicht unrechtmäßig nach dem Erbfall Besitz ergriffen habe und keine Erbrechtsanmaßung vorlag. Das Gericht wies auch darauf hin, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen eines Auftragsverhältnisses darlegen konnte, was für Ansprüche aus § 666 BGB notwendig gewesen wäre.

Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens fiel zugunsten des Beklagten aus, der Kläger wurde zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Zudem wurde die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit getroffen, was bedeutet, dass das Urteil wirksam bleibt, während eventuelle weitere rechtliche Schritte erwogen werden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Rechte haben Miterben bei der Auskunft über den Nachlass?

Miterben haben grundsätzlich keinen allgemeinen Auskunftsanspruch untereinander über den Bestand des Nachlasses. Jeder Miterbe ist unabhängig von seiner Erbquote berechtigt und verpflichtet, sich selbst über den Nachlass zu informieren.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen Miterben Auskunft von anderen Erben verlangen können:

Wenn ein Miterbe als Bevollmächtigter des Erblassers gehandelt hat, schuldet er den anderen Erben Rechenschaft über seine Tätigkeit. Auch wenn ein Miterbe Nachlassgegenstände in Besitz genommen hat, kann er zur Auskunft verpflichtet sein.

Miterben müssen außerdem Auskunft über Schenkungen erteilen, die für den Pflichtteil oder den Pflichtteilsergänzungsanspruch relevant sind. Ebenso besteht eine Auskunftspflicht über Schenkungen, die bei der Erbauseinandersetzung auszugleichen sind.

In besonderen Einzelfällen kann sich ein Auskunftsanspruch auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben. Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn ein Miterbe einen erheblichen Wissensvorsprung hat, ohne den die anderen Miterben substanzielle Nachteile erleiden würden. Die Rechtsprechung ist hier aber nicht einheitlich.

Zusammengefasst müssen Miterben in der Regel selbst Informationen über den Nachlass beschaffen. Nur in bestimmten Konstellationen haben sie Anspruch auf Auskunft durch die anderen Erben. Im Zweifel sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden, um die Erfolgsaussichten eines Auskunftsverlangens zu prüfen.

Was versteht man unter einem „Erbschaftsbesitzer“?

Erbschaftsbesitzer ist nach § 2018 BGB eine Person, die etwas aus der Erbschaft erlangt hat, ohne dass sie in Wirklichkeit einen Anspruch darauf hätte. Es handelt sich also um jemanden, der den Nachlass oder Teile davon unrechtmäßig in Besitz genommen hat, indem er sich dabei auf ein angebliches, ihm aber tatsächlich nicht zustehendes Erbrecht beruft.

Ob der Erbschaftsbesitzer tatsächlich geglaubt hat, im Besitz dieses Erbrechts zu sein, oder ob er sich die Gegenstände mit böswilliger Absicht angeeignet hat, ist für die Definition unerheblich. Auch ein Miterbe kann Erbschaftsbesitzer sein, wenn er Nachlassgegenstände in Besitz genommen hat.

Der Erbschaftsbesitzer ist nach dem Gesetz zu bestimmten Pflichten gegenüber dem/den wahren Erben verpflichtet:

  • Er muss dem Erben Auskunft über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Nachlassgegenstände erteilen (§ 2027 BGB).
  • Er muss die Erbschaft bzw. die erlangten Nachlassgegenstände an den Erben herausgeben (§§ 2018, 2019 BGB).
  • Er haftet für Schäden und Untergang von Nachlassgegenständen, insbesondere wenn er von Anfang an wusste, dass er nicht erbberechtigt ist (§§ 2023, 2024 BGB).
  • Er muss erzielte Nutzungen und Früchte herausgeben (§ 2020 BGB).

Der wahre Erbe hat somit umfassende Ansprüche gegen den Erbschaftsbesitzer auf Auskunft und Herausgabe. Diese Ansprüche verjähren erst nach 30 Jahren.

Zusammengefasst bezeichnet der Begriff des Erbschaftsbesitzers also eine Person, die unrechtmäßig Nachlassgegenstände unter Anmaßung eines Erbrechts in Besitz genommen hat und dadurch zu Auskunft und Herausgabe gegenüber dem wahren Erben verpflichtet ist.

Welche Rolle spielen Vollmachten bei der Verwaltung von Nachlassgegenständen?

Vollmachten können eine wichtige Rolle bei der Verwaltung von Nachlassgegenständen spielen. Sie ermöglichen es dem Erblasser, noch zu Lebzeiten festzulegen, wer nach seinem Tod bestimmte Aufgaben übernehmen und Entscheidungen treffen darf.

Es gibt zwei Arten von Vollmachten, die über den Tod des Erblassers hinaus wirken:

  1. Die transmortale Vollmacht gilt bereits zu Lebzeiten des Erblassers und bleibt auch nach dessen Tod bestehen. Sie wird häufig als Vorsorgevollmacht erteilt.
  2. Die postmortale Vollmacht wird zwar zu Lebzeiten erteilt, entfaltet ihre Wirkung aber erst mit dem Tod des Erblassers.

Der Bevollmächtigte darf aufgrund der Vollmacht im Rahmen der ihm eingeräumten Vertretungsmacht über die Nachlassgegenstände verfügen. Dies kann die Verwaltung des Nachlasses erheblich erleichtern und beschleunigen, da nicht jede Entscheidung von allen Erben gemeinsam getroffen werden muss.

Allerdings unterliegt die Vollmacht gewissen Grenzen:

  • Der Bevollmächtigte darf nur im Rahmen der in der Vollmacht festgelegten Befugnisse handeln. Er darf den Nachlass nicht missbräuchlich und entgegen dem Willen des Erblassers verwenden.
  • Die Erben können die Vollmacht grundsätzlich jederzeit widerrufen. Widerruft nur ein Miterbe, kann der Bevollmächtigte die Vollmacht nur noch gemeinsam mit diesem ausüben.
  • Bei weitreichenden Vollmachten besteht ein erhöhtes Missbrauchsrisiko. Daher sollte die Vollmacht sehr sorgfältig formuliert werden.

Insgesamt können Vollmachten ein nützliches Instrument sein, um die Handlungsfähigkeit des Nachlasses sicherzustellen und Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden. Sie ersetzen aber nicht eine gründliche Nachlassplanung durch Testament oder Erbvertrag.

Kann ein Miterbe zur Auskunftserteilung gezwungen werden?

Grundsätzlich besteht unter Miterben keine allgemeine gegenseitige Auskunftspflicht über den Bestand und Verbleib des Nachlasses. Jeder Miterbe ist unabhängig von seiner Erbquote berechtigt und verpflichtet, sich selbst über den Nachlass zu informieren.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen ein Miterbe zur Auskunft gezwungen werden kann:

  1. Wenn der Miterbe als Bevollmächtigter des Erblassers gehandelt hat, schuldet er den anderen Erben Rechenschaft über seine Tätigkeit. Dies setzt voraus, dass der Vollmacht ein Auftragsverhältnis zugrunde lag.
  2. Wenn der Miterbe Nachlassgegenstände in Besitz genommen hat, kann er als sogenannter „Erbschaftsbesitzer“ zur Auskunft verpflichtet sein. Der Erbschaftsbesitzer muss dem Erben nach § 2027 BGB Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib der Nachlassgegenstände erteilen.
  3. Miterben müssen Auskunft über Schenkungen erteilen, die für den Pflichtteil oder den Pflichtteilsergänzungsanspruch relevant sind (§ 2314 BGB). Ebenso besteht eine Auskunftspflicht über Schenkungen, die bei der Erbauseinandersetzung auszugleichen sind (§ 2057 BGB).
  4. In besonderen Einzelfällen kann sich ein Auskunftsanspruch auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben. Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn ein Miterbe einen erheblichen Wissensvorsprung hat, ohne den die anderen Miterben substanzielle Nachteile erleiden würden. Die Rechtsprechung ist hier aber nicht einheitlich.

Verweigert ein auskunftspflichtiger Miterbe die geschuldete Auskunft, kann diese gerichtlich durchgesetzt werden. Das Gericht kann den Miterben dann zur Auskunftserteilung verurteilen. Die Vollstreckung kann durch Zwangsgeld oder Zwangshaft erfolgen.

Zusammengefasst sind Miterben nur in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen oder aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall zur Auskunft verpflichtet. Liegt ein solcher Fall vor, kann die Auskunft notfalls gerichtlich erzwungen werden.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

§ 2027 BGB Regelt den Auskunftsanspruch eines Miterben gegenüber einem anderen Miterben, der im Besitz von Nachlassgegenständen ist. Der § ist relevant, da er die Grundlage der Klage bildet, jedoch im spezifischen Fall nicht anwendbar war, weil die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt wurden.

§ 2018 BGB Definiert den „Erbschaftsbesitzer“ und ist zentral für das Verständnis, wer nach deutschem Erbrecht haftbar gemacht werden kann, wenn er ohne rechtliche Grundlage Besitz aus dem Nachlass erlangt. Im vorliegenden Fall wurde diese Definition im Kontext der Klage geprüft und für unzutreffend befunden.

§ 2314 BGB Beschreibt die Auskunftspflichten des Erben gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten und ist wichtig, um die Grenzen des Auskunftsanspruchs unter Miterben zu verstehen. Der Paragraph klärt, dass der Auskunftsanspruch im Fall von Miterben nicht anwendbar ist, was zur Abweisung der Klage beitrug.

§ 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO Bestimmt die Bedingungen für die Zulässigkeit einer Berufung hinsichtlich des Beschwerdewertes. Dieser Paragraph war entscheidend, um die Berechtigung der Berufung des Beklagten zu beurteilen und den erforderlichen Berufungswert festzulegen, basierend auf wirtschaftlichen Überlegungen und dem Lässigkeitswert.

§ 666 BGB Beschreibt allgemeine Auskunftspflichten im Rahmen eines Auftragsverhältnisses und war im Kontext des Falles relevant, um mögliche Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu bewerten, die auf einer Bevollmächtigung basierten. Der Paragraph wurde diskutiert, aber letztendlich als nicht anwendbar auf die spezifische Situation erachtet.

§ 242 BGB Enthält den Grundsatz von Treu und Glauben und wird oft als Basis für einen allgemeinen Auskunftsanspruch herangezogen. Im vorliegenden Fall wurde erwogen, ob ein subsidiärer Auskunftsanspruch besteht, jedoch wurde dieser abgelehnt, da der Kläger selbst die notwendigen Informationen erlangen könnte.


Das vorliegende Urteil

LG Hamm – Az.: I-10 U 17/14 – Urteil vom 22.07.2014

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.01.2014 verkündete Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.

Die Klage wird auf der ersten Stufe vollständig abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung des Beklagten gegen das am 15.01.2014 verkündete Teilurteil des Landgerichts Arnsberg ist zulässig und begründet. Sein Rechtsmittel führt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur vollständigen Abweisung der Klage auf erster Stufe.

a) Die Berufung des Beklagten ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb unzulässig, weil das ergangene Teilurteil hinsichtlich der dort ausgesprochenen Auskunftspflichten für den Beklagten nicht die notwendige Beschwer im Sinne von § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO begründen würde.

Maßgebend für den notwendigen Berufungswert im Sinne von § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO ist das Interesse des Berufungsführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung, wobei eine wirtschaftliche Betrachtung geboten ist (vgl. Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 511 ZPO, Rz. 13).

Im Falle der Berufung gegen eine Verurteilung zur Auskunft bemißt sich der Wert nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie nach einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten (sogenannter Lässigkeitswert).

Dieser Lässigkeitswert erreicht vorliegend bei wirtschaftlicher Betrachtung für den zur Auskunft erstinstanzlich verpflichteten Beklagten einen Betrag von 1.000,– Euro und damit die notwendige Berufungsbeschwer.

Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob der Beklagte darauf angewiesen ist, sich zur ordnungsmäßigen Erteilung der erstinstanzlich titulierten Auskünfte der Hinzuziehung seines Rechtsanwaltes bedienen zu müssen, mit dem eine Stundenhonorarvereinbarung zur Höhe von 180,– Euro zuzüglich Mehrwertsteuer zustande gekommen ist. Auch ohne eine solche anwaltliche Befassung bliebe von dem Beklagten persönlich ein nicht unerheblicher Aufwand zu leisten; denn er hat nach der ergangenen Entscheidung insbesondere Auskünfte über „erbliche Geschäfte seit dem Jahr 2001“ – mithin über einen Zeitraum von 10 Jahren – zu erteilen, womit der Klageantrag solche Bankgeschäfte erfaßt wissen wollte, die der Beklagte für die Erblasserin zu deren Lebzeiten mittels der ihm erteilten Vollmachten durchführte.

Da der Beklagte sich hinsichtlich der seinerseits aufgrund der Bevollmächtigung fortlaufend getätigten Geldverfügungen aus dem Vermögen seiner Mutter unwiderlegt keine Aufzeichnungen gemacht hat, müsste er sich zur ordnungsgemäßen Auskunftserteilung mindestens für 10 Jahre bis zum Todesjahr Bankeinkünfte einholen, diese auswerten und zusammen stellen. Hierzu ist gerichtsbekannt, dass sich die Banken gerade solche aufwendigen Sichtungen abgeschlossener Rechnungslegungszeiträume mit erheblichen Gebühren entgelten lassen, so dass hierfür zwangsläufig entsprechende Auslagen anfallen würden. Hinzu kommt, dass dem Auskunftspflichtigem selbst die notwendigen Zeiten zur Auskunftserteilung angemessen zu vergüten sind (vgl. Zöller, a.a.O., § 3 ZPO, Rdn. 16 „Auskunft“). Da der nach dem ergangenen Teilurteil auskunftspflichtige Beklagte für eine ordnungsmäßige Auskunftserteilung alle Erkenntnismöglichkeiten ausschöpfen müßte, ist zusätzlich mit Fahrt-, Telefon- und weiteren Erkundigungskosten zur Aufklärung eines Verfügungszeitraums von jedenfalls 10 Jahren zu rechnen, weshalb der Senat als gesichert davon ausgeht, dass die wirtschaftliche Beschwer, die den Beklagten durch die angefochtene Verurteilung träfe, den Berufungswert aus § 511 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO übersteigt.

b)

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und führt zur Abänderung des erstinstanzlich ergangenen Teilurteils.

Der Beklagte ist als Miterbe der nach dem Tode der Erblasserin T V am 13.05.2010 entstandenen Erbengemeinschaft nicht verpflichtet, die zugunsten des Klägers titulierten Auskünfte zu erteilen.

(1) Es besteht keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung an die Erbengemeinschaft zur Vorlage eines Bestandsverzeichnisses über alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Nachlassaktiva).

Die Voraussetzungen der vom Landgericht bejahten Anspruchsgrundlage in §§ 2027 I, 2018 BGB sind von dem Kläger schon nicht schlüssig vorgetragen. Insoweit rügt das Rechtsmittel zutreffend, dass die angefochtene Entscheidung den Beklagten zwar als „Erbschaftsbesitzer“ bezeichnet hat, jedoch die notwendige Subsumtion der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen unter den Begriff des Erbschaftsbesitzers im Sinne von § 2018 BGB fehlt.

Erbschaftsbesitzer ist nach der Gesetzesdefinition in § 2018 BGB derjenige, der aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechtes etwas aus der Erbschaft erlangt hat. Der Erbschaftsbesitz i.S.v. § 2018 BGB erfordert insoweit eine objektive und eine subjektive Komponente (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 2018 BGB, Rz. 5 und 6). Es bedarf objektiv einer Besitzerlangung von Gegenständen aus dem Nachlass und subjektiv einer Erbrechtsanmaßung des in Anspruch Genommenen – d. h., die Besitzerlangung an Nachlassgegenständen muss in einer Haltung erfolgt sein, die sich ein nicht vorhandenes Alleinerbrecht anmaßt (vgl. Palandt, a.a.O., Rdn. 5).

Dazu war und ist indes von Seiten des für die Anspruchsvoraussetzungen darlegungsbelasteten Klägers vorliegend nichts vorgetragen worden.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte sich nach dem Tode der Mutter der Parteien zu irgendeinem Zeitpunkt nicht lediglich als Miterbe neben seinen Brüdern gesehen und sich selbst ein Alleinerbrecht angemaßt hätte. Ohne eine solche Vorgehensweise fehlt es aber gerade an einem „Erbschaftsbesitz“ auf Seiten des Beklagten.

Der vom Landgericht zuerkannte Auskunftsanspruch hinsichtlich des Aktivbestandes des Nachlasses rechtfertigt sich auch nicht aus § 2027 Abs. 2 BGB i. V. m. § 2039 BGB. Denn diese Norm gewährt auf der Rechtsfolgenseite gar keinen Anspruch auf die verlangte Auskunft bezüglich der Nachlassaktiva zum Stichtag des Erbfalles, sondern lediglich die – hier nicht verlangte – Mitteilung zum aktuellen Aktivbestand des Nachlasses einschließlich der seit dem Erbfall angefallenen Surrogate und Früchte (vgl. Juris, PK BGB, 6. Aufl., § 2027 BGB, Rz. 10). Darüber hinaus ist auch die notwendige Voraussetzung für § 2027 Abs. 2 BGB – nämlich eine Inbesitznahme aus dem Nachlass, bevor der wahre Erbe den Besitz tatsächlich ergriffen hatte – vorliegend von dem Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht behauptet worden. Zur Auskunftserteilung nach § 2027 Abs. 2 BGB ist nicht schon derjenige verpflichtet, der zu Lebzeiten des Erblassers Besitz an einer Sache erlangt hat (vgl. Juris, PK BGB, a.a.O., § 2027 BGB, Rz. 8). Deshalb reicht der unstreitige Umstand, dass der Beklagte mit der Erblasserin in einem Haushalt zusammen lebte und deswegen bereits zu Lebzeiten Zugang zu den Aktiva des späteren Nachlasses hatte, für seinen „sonstigen Besitz“ im Sinne von § 2027 Abs. 2 BGB und damit für eine entsprechende Auskunftspflicht nicht aus.

Auch § 2028 Abs. 1 BGB, der die Auskunftspflichten des Hausgenossen eines Erblassers nach dem Erbfall regelt, rechtfertigt die Verurteilung zu einer Auskunft über den auf den Erbfall bezogenen Aktivnachlass bestand nicht. Die Rechtsfolgen aus § 2028 Abs. 1 BGB sind insoweit andere (vgl. dazu nachfolgend).

Schließlich lässt sich die Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung hinsichtlich des Aktivbestandes des Nachlasses durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses nicht mit § 2314 Abs. 1 BGB begründen. Diese Anspruchsgrundlage steht nach gefestigter Rechtsprechung nur dem enterbten Pflichtteilsberechtigten zur Seite, berechtigt indes nicht zum Auskunftsverlangen unter Miterben (vgl. Palandt, a.a.O., § 2314 BGB Rz. 3). Weil jeder Miterbe selbst – insbesondere nach Erteilung eines Erbscheins zu seinen Gunsten – sich die erforderlichen Auskünfte zum Aktivnachlassbestand verschaffen kann, steht dem Kläger auch kein subsidiärer allgemeiner Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zu.

(2) Der Beklagte ist auch nicht zur Auskunftserteilung durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses an die Erbengemeinschaft darüber verpflichtet, welche erblichen Geschäfte er für seine Mutter seit dem Jahr 2001 geführt hat.

Aus den bereits genannten Gründen der nicht schlüssig vorgetragenen Anspruchsvoraussetzungen aus § 2027 BGB kommt diese Norm als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.

Soweit § 2028 Abs. 1 BGB eine Auskunftspflicht dessen begründet, der sich mit dem Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls in einer häuslichen Gemeinschaft befunden hat, richtet sich diese Anspruchsnorm lediglich auf die Mitteilung zu denjenigen „erbschaftlichen Geschäften“, die der Hausgenosse seit dem Erbfall geführt hat. Für die Zeit vor dem Erbfall sind „erbschaftliche Geschäfte“ schon denknotwendig ausgeschlossen. Wie der Klägervertreter im Senatstermin auf Befragen klargestellt hat, geht es dem Kläger mit diesem Auskunftsverlangen indes gerade um diejenigen Geschäftsführungen des Beklagten, die vor dem Erbfall bewerkstelligt worden sind; für derartige Geschäftsführungen bietet § 2028 BGB als erbrechtliche Vorschrift nicht die richtige Anspruchsgrundlage.

Soweit sich für die Zeit vor dem Erbfall im Mai 2010 infolge der Bankbevollmächtigungen des Beklagten Auskunftsansprüche der Erbengemeinschaft aus §§ 666 BGB, 2039 BGB gegen den Beklagten ergeben könnten, wären sie inhaltlich nicht auf „erbschaftliche Geschäfte“ gerichtet; eben und nur dies war und ist indes – auch nach Erteilung rechtlicher Hinweise durch den Senat – Inhalt des klägerseits gestellten Antrags in beiden Instanzen. Hieran ist der Senat nach § 308 I BGB gebunden – zumal auch nach entsprechendem Hinweis im Senatstermin keine Änderung des Klageantrags erfolgte.

Hinzu kommt, dass – worauf ebenfalls hingewiesen worden ist – der Kläger für ein aus § 666 BGB abgeleitetes Auskunftsverlangen zunächst einmal gehalten wäre, die Voraussetzungen und den Umfang eines (auf die Erbengemeinschaft übergegangenen) Auftragsverhältnisses zwischen der Erblasserin und dem Beklagten im Sinne von § 662 BGB zur Besorgung von Vermögensangelegenheiten darzustellen. Auch dies ist hier zu keiner Zeit erfolgt.

(3) Soweit der Beklagte antragsgemäß verurteilt worden ist, an die Erbengemeinschaft „durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses“ darüber Auskunft zu erteilen, was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist, fehlt es auch insoweit an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage.

Zwar könnte sich hier aus § 2028 Abs. 1 BGB ein Auskunftsverlangen zum Verbleib von Erbschaftsgegenständen gegen den Beklagten als Hausgenossen der Erblasserin rechtfertigen; allerdings kann auf Basis des § 2028 BGB gerade kein Bestandsverzeichnis verlangt werden (vgl. Palandt, a.a.O., § 2028 BGB, Rz. 2). Auch insoweit ist eine Anpassung des Klageantrages im Berufungsverfahren – trotz Hinweises seitens des Senats – unterblieben.

(4) Schließlich besteht auch keine Auskunftsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger hinsichtlich aller ausgleichungspflichtigen Zuwendungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten an ihn getätigt habe und hinsichtlich aller Einkommenszuschüsse.

Zwar ist gem. § 2057 BGB jeder Miterbe verpflichtet, dem anderen Miterben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er nach §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen hat.

Insoweit hat sich der Beklagte indes mit Recht auf den Erfüllungseinwand (§ 362 BGB) berufen, weil er die von ihm verlangten Auskünfte zu ausgleichungspflichtigen Zuwendungen der Erblasserin erteilt hat. So war im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23.07.2012 (Bl. 62 d. A.) und auch in der Berufungsbegründung (Bl. 118 d. A.) erklärt worden, dass der Beklagte lediglich eine Zahlung von 34.000,– Euro anlässlich seiner Verheiratung im Juli 2009 erhalten habe, im Übrigen jedoch keine Aufwendungen für die Berufsausbildung, keine Zuschüsse zum Einkommen und keine ausgleichungspflichtigen Zuwendungen von der Erblasserin an ihn erfolgt seien. Eben diese Auskunft ist im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.07.2014 und im Senatstermin am 22.07.2014 wiederholt worden.

Weil der Kläger im Berufungsverfahren gleichwohl an seinem Auskunftsbegehren festgehalten hat, war auch insoweit das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

c) Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren folgt aus § 91 ZPO, nachdem der Kläger im Berufungsrechtszug wegen des erfolgreichen Rechtsmittels des Beklagten vollständig unterlegen ist; im Übrigen war die Kostenentscheidung dem Schlussurteil des eingeleiteten Stufenklageverfahrens (§ 254 ZPO) vorzubehalten.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nach §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO ergangen.

Die Revision war nicht zuzulassen, nachdem die Voraussetzungen hierfür (§ 743 Abs. 2, Abs. 3 ZPO) nicht vorliegen.

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