Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Az.: OVG 12 N 53.12, Beschluss vom 25.07.2014
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. Mai 2012 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 1 452,20 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin angeführten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Heranziehung zur Erstattung von Bestattungskosten gerichtete Klage abgewiesen, weil die Klägerin als Halbschwester des Verstorbenen ungeachtet der Ausschlagung der Erbschaft bestattungspflichtig gewesen und infolgedessen auch kostenerstattungspflichtig sei.
Unter Zugrundelegung des maßgeblichen Zulassungsvorbringens bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ohne Erfolg rügt die Klägerin, als Halbschwester des Verstorbenen sei sie nicht unter den Begriff „Geschwister“ in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BbgBestG zu subsumieren, weshalb es an einer Rechtsgrundlage für ihre Erstattungspflicht fehle. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unterscheidet das Brandenburgische Bestattungsgesetz in § 20 Abs. 1 Satz 1 nicht zwischen Vollgeschwistern und Halbgeschwistern. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber vom Geschwisterbegriff in Nr. 4 der Regelung Halbgeschwister nicht umfasst sehen wollte, lassen sich weder den Gesetzesmaterialien (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs LT-Drucks. 3/2535 S. 41) noch der Systematik der Regelung entnehmen. Hätte der Gesetzgeber Halbgeschwister anders als Vollgeschwister behandeln wollen, hätte sich aufgedrängt, sie gesondert (unmittelbar) nach den Vollgeschwistern aufzuführen. Nach der Lesart der Klägerin wären Halbgeschwister jedoch überhaupt nicht bestattungspflichtig, obwohl das Gesetz in den Nr. 5 (Enkelkinder) und 6 (Großeltern) auch Familienangehörige der Bestattungspflicht unterwirft, die in keinem näheren Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen stehen als Halbgeschwister oder Geschwister.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner für unerheblich gehalten, dass die Klägerin die Erbschaft nach dem Verstorbenen ausgeschlagen hatte, während ggf. noch Erben vorhanden waren. Wie es zutreffend ausgeführt hat, hat die in § 20 Abs. 1 und Abs. 2 BbgBestG geregelte öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht zur Voraussetzung (UA S. 7). Die bürgerlich-rechtliche Pflicht des Erben, die Kosten der Beerdigung des Erblassers zu tragen (§ 1968 BGB), ist nicht identisch mit der öffentlich-rechtlichen Pflicht, für die Beerdigung eines Verstorbenen zu sorgen, und beinhaltet auch keine rechtliche Vorgabe für den Kreis der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflichtigen (BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – BVerwG 7 B 56.10 – juris Rn. 6; BGH, Urteil vom 17. November 2011 – III ZR 53/11 – NJW 2012, 1648, 1649). Daran vermag der Hinweis des erstinstanzlichen Gerichts vom 17. Februar 2012 nichts zu ändern, zumal darin bereits zutreffend auf diese Rechtslage hingewiesen worden ist.
Die Klägerin hat mit ihrem Zulassungsvorbringen auch einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel nicht aufgezeigt, auf dem die Entscheidung beruhen kann, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.
Einer gerichtlichen Aufklärung, ob das Erbenermittlungsverfahren abgeschlossen war oder nicht, bedurfte es aus den zu 1. genannten Gründen nicht. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegt auch nicht deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht nicht „den Nachlass des Verstorbenen ermittelt hat“. Mit dessen Tod ist sein Vermögen als Ganzes auf seine Erben übergegangen (§ 1922 Abs. 1 BGB), unterlag also nicht dem unmittelbaren Zugriff des Beklagten. Dass der Beklagte nicht verpflichtet war, die in Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Bestattung des Verstorbenen entstandenen Kosten der Beerdigung beim Erben geltend zu machen, und sei es beim Fiskus als Erben (§ 1942 Abs. 2 BGB), wurde bereits ausgeführt.
Die Klägerin hat auch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht aufgezeigt. Die Rechtssache verursacht keine überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten.
Einen überdurchschnittlichen Begründungsaufwand weist das erstinstanzliche Urteil entgegen der Klägerin nicht auf.
Das Verhältnis zwischen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht der Angehörigen des Verstorbenen bzw. ihrer Pflicht zum Kostenersatz bei Nichterfüllung dieser Pflicht (§ 20 Abs. 2 Satz 1 BbgBestG) und der Pflicht des Erben, nach § 1968 BGB die Bestattungskosten zu tragen, ist ausweislich der genannten Entscheidungen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie des Bundesgerichtshofes geklärt und weist keine besonderen Schwierigkeiten auf. Davon abgesehen trifft es nicht zu, dass das Verwaltungsgericht die Klägerin in der Pflicht gesehen hat zu beweisen, dass im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung die Erbenermittlung noch nicht abgeschlossen war.
Die Rechtssache weist auch im Hinblick auf die Behandlung von Halbgeschwistern keine überdurchschnittlichen Schwierigkeiten auf, die sich nicht bereits im Zulassungsverfahren klären lassen könnten. Selbst wenn die Bestattungsgesetze anderer Bundesländer zwischen Vollgeschwistern und Halbgeschwistern unterscheiden sollten – welche das tun, benennt die Klägerin im Zulassungsverfahren nicht –, würde dies nichts daran ändern, dass das Brandenburgische Bestattungsgesetz diese Unterscheidung nicht trifft und auch nicht treffen muss.
Eine konkrete klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO benennt die Klägerin nicht. Sollte ihr Vortrag auf die Klärung der Rechtsfrage abzielen, ob auch Halbgeschwister „Geschwister“ i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BbgBestG sind, bedürfte es zur Beantwortung dieser Frage der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht, weil sie aus den zu 1. genannten Gründen ohne weiteres zu bejahen ist.
Hinsichtlich der geltend gemachten Divergenzrüge fehlt es bereits an der Darlegung, von welcher konkreten Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte das erstinstanzliche Urteil abweichen soll.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).