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Ersatzerbeneinsetzung durch ergänzende Testamentsauslegung

Die Erblasserin, deren genaues Todesdatum im vorliegenden Fall nicht angegeben ist, hinterließ ein handschriftliches Testament. In diesem setzte sie ihre Cousine als Alleinerbin ein und vermachte zwei weiteren Cousinen Teile ihres Bar- und Bankvermögens sowie Schmuck. Die als Alleinerbin eingesetzte Cousine verstarb jedoch vor der Erblasserin. Dies führte zu rechtlichen Unklarheiten und Herausforderungen bezüglich der Erbschaft.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: VI 1681/15  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht AG Altötting hat entschieden, dass im Falle des Vorversterbens einer im Testament festgelegten Alleinerbin, die Tochter der verstorbenen Alleinerbin als Ersatzerbin eingesetzt wird, basierend auf einer ergänzenden Testamentsauslegung.

  • Die Erblasserin hinterließ ein handschriftliches Testament, in dem sie ihre Cousine als Alleinerbin einsetzte.
  • Die als Alleinerbin eingesetzte Cousine verstarb vor der Erblasserin.
  • Eine Beteiligte beantragte die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin.
  • Es gab rechtliche Unklarheiten bezüglich der Erbschaft, da das Testament keine Regelung für den Fall des Vorversterbens der Alleinerbin enthielt.
  • Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Tochter der verstorbenen Alleinerbin als Ersatzerbin gelten sollte.
  • Die Entscheidung basierte auf der ergänzenden Testamentsauslegung und dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin.
  • Das Gericht berücksichtigte auch, dass die Erblasserin nur Verwandte mütterlicherseits in ihrem Testament bedacht hatte.
  • Die Antragstellerin wurde als Ersatzerbin anerkannt und ist somit die Alleinerbin der Erblasserin.

Kern des Falles

Die zentrale Frage, die sich aus dem Testament ergibt, ist, wer das Erbe der verstorbenen Alleinerbin antreten soll. Eine Beteiligte hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wodurch sie behauptet, dass sie die alleinige Erbin der Erblasserin ist. Sie argumentiert, dass das Testament so auszulegen sei, dass sie als Ersatzerbin für die vorverstorbene Alleinerbin eingesetzt werden sollte.

Rechtliche Herausforderungen

Das Testament enthält keine klare Regelung darüber, wer das Vermögen der Erblasserin erhalten soll, falls die Alleinerbin oder die beiden Vermächtnisnehmerinnen vorversterben. Dies führt zu rechtlichen Unklarheiten und unterschiedlichen Interpretationen des Testaments. Einige Beteiligte argumentieren, dass die gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, da keine klaren Anweisungen für den Fall des Vorversterbens gegeben wurden.

Zusammenhänge und Hintergründe

Die Erblasserin hatte keine Geschwister und ihre Eltern sowie ihr Ehemann und Sohn waren bereits verstorben. Das Testament berücksichtigt nur Verwandte mütterlicherseits und lässt Verwandte väterlicherseits außen vor. Dies zeigt den klaren Wunsch der Erblasserin, ihr Vermögen nur an die mütterliche Linie zu vererben.

Gerichtliche Entscheidung

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Testament so auszulegen ist, dass die Antragstellerin als Ersatzerbin nach ihrer verstorbenen Mutter gelten soll. Obwohl das Testament keine ausdrückliche Regelung für den Fall des Vorversterbens enthält, führte die ergänzende Testamentsauslegung nach allgemeinen Grundsätzen zu diesem Ergebnis. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf den mutmaßlichen Willen der Erblasserin und die Tatsache, dass sie nur Verwandte mütterlicherseits in ihrem Testament bedacht hatte.

Begründung des Gerichts

Das Gericht argumentierte, dass die Erbeinsetzung naher Verwandter oft als Indiz für den mutmaßlichen Willen des Erblassers angesehen wird, im Falle des Vorversterbens der Erben deren Abkömmlinge als Ersatzerben einzusetzen. Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass das Testament einen klaren Hinweis darauf gibt, dass die Erblasserin wollte, dass im Falle des Vorversterbens der im Testament bedachten Personen deren Kinder Erben oder Vermächtnisnehmer werden sollten.

Auswirkungen des Urteils

Durch die Entscheidung des Gerichts wird die Antragstellerin als Ersatzerbin nach ihrer verstorbenen Mutter anerkannt und ist somit die Alleinerbin der Erblasserin. Dies bedeutet, dass sie das gesamte Vermögen der Erblasserin erben wird, wie es im Testament festgelegt wurde.

Schlussbemerkung

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer klaren und präzisen Testamentsverfassung. Es zeigt auch, wie Gerichte durch die Anwendung von allgemeinen Grundsätzen und der Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Erblassers zu Entscheidungen kommen können, die den wahren Absichten des Erblassers am nächsten kommen.

Was ist eine Ersatzerbeneinsetzung? – kurz erklärt


Die Ersatzerbeneinsetzung bezieht sich auf das Erbrecht und dient dazu, vorzusorgen, falls ein im Testament bestimmter Erbe nicht erben kann oder will. Der Zweck der Einsetzung eines Ersatzerben ist hauptsächlich die Verhinderung des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge bei Wegfall eines Erben. Ein Ersatzerbe ist die Person, die die Erbschaft antreten soll, wenn der im Testament eingesetzte Erbe weggefallen ist, beispielsweise weil er vor dem Erblasser verstorben ist oder die Erbschaft ausgeschlagen hat. Der Ersatzerbe wird nur Erbe, wenn der zunächst berufene Erbe vor oder nach dem Erbfall aus einem der genannten oder aus anderen Gründen wegfällt. Es ist wichtig zu beachten, dass die Bestimmung eines Ersatzerben sich von der eines Nacherben unterscheidet. Während der Ersatzerbe für den Fall bestimmt wird, dass der zuvor Bedachte den Erbfall nicht erlebt oder nach Eintritt des Erbfalls entfällt, ist der Nacherbe als sogenannter Nachfolger eines zuerst bestimmten Erben benannt.


Das vorliegende Urteil

AG Altötting – Az.: VI 1681/15

1. Die Tatsachen, die zur Erteilung des von der Beteiligten beantragten Erbscheins, wonach die Erblasserin von ihr allein beerbt worden ist, erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.

2. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wird ausgesetzt.

3. Die Erteilung des Erbscheins wird zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt.

Gründe

1.) Die Erblasserin ist am … verstorben. Ihr Ehemann ist am … vorverstorben. Ihr Sohn ist ebenfalls bereits am … verstorben. Ebenfalls verstorben sind die Eltern der Erblasserin. Geschwister hatte die Erblasserin nicht.

Mit handschriftlichem Testament vom … setzte die Erblasserin ihre Cousine, geb. am …, als Alleinerbin ein.

Ihren weiteren Cousinen, geb. am … und, geb. am … wendete sie jeweils 1/3 ihres Bar- und Bankvermögens sowie ihres Schmucks als Vermächtnis zu.

Bei … und … handelt es sich um die Töchter des Onkels der Erblasserin mütterlicherseits …, geb. am…. ist die Tochter der Tante der Erblasserin mütterlicherseits, …, geb. am.

Die als Alleinerbin eingesetzte Cousine ist am vorverstorben. Bei der Antragstellerin handelt es sich um das einzige Kind von.

2.) Am … hat die Beteiligte zur Urkunde des Notars die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin nach … beantragt.

Sie trägt vor, das Testament der Erblasserin vom … sei dahingehend auszulegen, dass eine Einsetzung von … als Ersatzerbin für … gewollt sei.

Die als Vermächtnisnehmerin bestimmte Cousine der Erblasserin … hat sich dieser Auffassung ebenso angeschlossen, wie der Beteiligte …, der Sohn der vorverstorbenen Cousine.

Dem gegenüber treten die Kinder der beiden Cousins der Erblasserin väterlicherseits, die Beteiligten … und … der Erteilung des beantragten Erbscheins entgegen. Sie tragen vor, die testamentarisch als Alleinerbin eingesetzte Frau … sei verstorben. Aus dem Testament vom … ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass deren Tochter, die Antragstellerin …, Ersatzerbin sein soll. Es sei deshalb die gesetzliche Erbfolge eingetreten.

3.) Nach Überzeugung des Gerichts ist das Testament vom … dahingehend auszulegen, dass die Antragstellerin … Ersatzerbin nach ihrer verstorbenen Mutter … sein soll.

Das Testament vom … enthält keine ausdrückliche Regelung, wer im Falle des Vorversterbens der Alleinerbin und der beiden Vermächtnisnehmerinnen das Vermögen der Erblasserin erhalten soll.

Die Auslegungsregel des § 2069 BGB ist nicht anzuwenden, da die Erblasserin in ihrem Testament vom … keine Abkömmlinge bedacht hat.

Die ergänzende Testamentsauslegung nach allgemeinen Grundsätzen führt jedoch zu dem Ergebnis, dass es dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin entspricht, dass die einzige Tochter der nach der Testamentserrichtung verstorbenen Alleinerbin …, die Antragstellerin …, als deren Ersatzerbin nachrücken soll.

Bereits die Erbeinsetzung naher Verwandter als solche wird häufig als Indiz für den mutmaßlichen Willen des Erblassers, im Falle des Vorversterbens der Erben deren Abkömmlinge als Ersatzerben einzusetzen, angesehen (vgl. Münchner Kommentar zum BGB – Leipold § 2069, RdNr. 34). Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am … gehörte die als Alleinerbin eingesetzte … zu den nächsten Angehörigen der Erblasserin, so dass allein deren Erbeinsetzung nach den vorgenannten Grundsätzen einen gewissen Hinweis darauf gibt, dass bei Vorversterben der Erbin deren einziges Kind …, die überdies ein gutes Verhältnis zur Erblasserin hatte, erben sollte.

Das Testament vom … enthält jedoch noch einen weiteren wesentlichen Hinweis darauf, dass es der Wille der Erblasserin war, dass bei Vorversterben der im Testament als Erben und Vermächtnisnehmer bedachten Personen deren Kinder Erben bzw. Vermächtnisnehmer werden sollten und der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge nicht gewollt war.

Die Erblasserin hat im Testament vom … lediglich ihre Cousinen mütterlicherseits bedacht und ihren zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung ebenfalls noch lebenden Cousins väterlicherseits, …, geb. am …, und …, geb. am …, nichts zugewandt. Dies lässt den eindeutigen Willen der Erblasserin erkennen, ihr Vermögen den Verwandten der mütterlichen Linie zukommen zu lassen und eine gleichmäßige Verteilung ihres Vermögens auf die Verwandten der mütterlichen und väterlichen Linie im Wege der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Auf der Grundlage dieser Intention der Erblasserin ist davon auszugehen, dass diese, hätte sie das Vorversterben der im Testament vom … bedachten Personen in Erwägung gezogen, gewollte hätte, dass die Kinder der Begünstigten an deren Stelle Erben bzw. Vermächtnisnehmer werden.

Entsprechend dieser Auslegung ist die Antragstellerin … Ersatzerbin nach ihrer verstorbenen Mutter … geworden und damit Alleinerbin der Erblasserin.

Der beantragte Erbschein wird deshalb zu erteilen sein.

FAQ zum Urteil


  • Was ist die Ersatzerbeneinsetzung durch ergänzende Testamentsauslegung?  Die Ersatzerbeneinsetzung durch ergänzende Testamentsauslegung bezieht sich auf die Interpretation eines Testaments, um festzustellen, wer als Erbe eingesetzt wird, wenn der ursprünglich im Testament festgelegte Erbe bereits verstorben ist.
  • Was hat das Gericht AG Altötting in Bezug auf den Fall Az.: VI 1681/15 entschieden? Das Gericht AG Altötting hat entschieden, dass im Falle des Vorversterbens einer im Testament festgelegten Alleinerbin, die Tochter der verstorbenen Alleinerbin als Ersatzerbin eingesetzt wird.
  • Welche Rolle spielt der Erbschein in diesem Kontext? Der Erbschein ist ein amtliches Dokument, das bestätigt, wer der rechtmäßige Erbe ist. In diesem Fall wurde die Erteilung eines Erbscheins beantragt, um die Antragstellerin als Alleinerbin nach ihrer verstorbenen Mutter zu bestätigen.
  • Wie wurde das Testament der Erblasserin interpretiert, wenn es keine klare Regelung für den Fall des Vorversterbens der Alleinerbin gab? Das Gericht hat das Testament ergänzend ausgelegt und dabei allgemeine Grundsätze und den mutmaßlichen Willen der Erblasserin berücksichtigt. Es wurde entschieden, dass die Tochter der verstorbenen Alleinerbin als Ersatzerbin gelten sollte.
  • Welche Bedeutung hat die Auslegungsregel des § 2069 BGB in diesem Fall? Die Auslegungsregel des § 2069 BGB war in diesem Fall nicht anwendbar, da die Erblasserin in ihrem Testament keine Abkömmlinge bedacht hat. Stattdessen wurde die ergänzende Testamentsauslegung nach allgemeinen Grundsätzen verwendet, um den mutmaßlichen Willen der Erblasserin zu bestimmen.

 

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