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Formulierung im Falle unseres gemeinsamen Ablebens in Ehegattentestamt

Der Kampf ums Erbe: Eine komplexe Angelegenheit

Der vorliegende Fall handelt von einer faszinierenden und komplizierten juristischen Auseinandersetzung um das Erbe eines verstorbenen Ehepaares. Im Zentrum des Geschehens steht ein handschriftlich verfasstes Testament, das neben den Ehepartnern auch mehrere andere Personen als potenzielle Erben benennt. Dabei stoßen wir auf eine rechtliche Grauzone: Die Formulierungen im Testament, speziell hinsichtlich des Ablebens beider Ehegatten, werfen bedeutende Fragen auf, die von immenser Bedeutung für die Erbfolge sind.

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Hürden im Testament: Widersprüchliche Forderungen

Das Ehepaar hatte in einem privatschriftlichen Testament festgelegt, sich gegenseitig als Erben einzusetzen. Auf der Rückseite des Testaments fügten sie handschriftlich einen „Zusatz“ hinzu, der im Falle ihres gemeinsamen Ablebens die Verteilung des Vermögens an bestimmte Personen oder Personengruppen vorsah. Darunter war auch der Kläger, bekannt als Beteiligter zu 1, und die Kinder von Beteiligtem zu 2.

Antrag auf Erbschein: Eine unerwartete Wendung

Nach dem Ableben beider Ehegatten stellte der Beteiligte zu 1, basierend auf den Verfügungen im Testament, einen Antrag auf die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins. Er argumentierte sowohl mit den testamentarischen Erbeinsetzungen als auch hilfsweise mit der gesetzlichen Erbfolge.

Gerichtliche Entscheidung: Ablehnung des Antrags

In einer bemerkenswerten Entscheidung änderte das OLG Frankfurt den ursprünglichen Beschluss und wies den Antrag des Beteiligten zu 1 als unzulässig zurück. Zudem entschied das Gericht, dass der Beteiligte zu 1 die Gerichtskosten des Erbscheinsverfahrens tragen muss.

Schlüsselerkenntnisse und Bedeutung des Falles

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung präziser Formulierungen im Testament und die Notwendigkeit, sowohl die gesetzliche Erbfolge als auch die gewünschte testamentarische Regelung zu berücksichtigen. Ein Testamentszusatz, insbesondere wenn er handschriftlich und auf der Rückseite eines Testaments eingefügt wird, kann zu einer komplizierten und umstrittenen Erbsituation führen. Dies hat nicht nur Konsequenzen für die potenziellen Erben, sondern kann auch zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen, die erhebliche Kosten verursachen.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 221/18 – Beschluss vom 19.10.2021

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der nach Rücknahme des ursprünglichen Hauptantrags bereits im Verfahren vor dem Nachlassgericht allein gestellte Antrag des Beteiligten zu 1 vom 17.10.2015 / 06.07.2016, der auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge gerichtet war, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1 hat die für das Erbscheinsverfahren vor dem Amtsgericht angefallenen Gerichtsgebühren (keine Auslagen) zu tragen.

Gründe

I.

Der Erblasser war in einziger Ehe verheiratet mit der XX.XX.2010 vorverstorbenen Vorname1 Vorname2 Vorname3 A, geborene B. Aus der Ehe war ein Sohn, der am XX.XX.1957 geborene Vorname4 Vorname5 Vorname6 A, hervorgegangen, der bereits im Kindesalter am XX.XX.1959 verstarb. Weitere Kinder des Erblassers sind nicht bekannt.

Der Erblasser war Taufpate des Beteiligten zu 2, der mit dem Erblasser nicht verwandt ist.

Der Erblasser errichtete mit seiner Ehefrau am 20.01.1987 ein privatschriftliches Ehegattentestament, in welchem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben einsetzten.

Jene von beiden Ehegatten unterschriebene Verfügung ist auf der einen Seite eines DIN-A4-Blattes niedergeschrieben. Weiterhin ist handschriftlich vermerkt: „für Zusatz bitte wenden“.

Auf der Rückseite ist datierend unter dem 21.01.1987 ein ebenfalls handschriftlicher und von beiden Ehegatten unterschriebener „Zusatz zum umseitigen privatschriftlichen Testament“ niedergeschrieben.

Eingeleitet mit den Worten „Im Falle unseres gemeinsamen Ablebens soll wie folgt verfahren werden:“ folgt die Zuordnung von Bruchteilen des Vermögens der Eheleute zu einzelnen Personen bzw. Personengruppen, darunter auch der Beteiligte zu 1 und die Kinder von „C, Stadt1 (D [der Beteiligte zu 2]) = 1/16“.

Wegen der Einzelheiten des von dem Nachlassgericht nach dem Tod der Ehefrau am 16.03.2010 und nach dem Tod des Erblassers am 17.06.2014 eröffneten Testaments wird auf dieses (Bl. 7 m. Rs. der Testamentsakte des Nachlassgerichts zu 6 IV 54/10) verwiesen.

Mit unter dem 06.07.2016 (Bl. 1 ff. d. A.) bei dem Nachlassgericht eingereichter öffentlicher Urkunde vom 17.10.2015 (Bl. 5 d. A.), auf die wegen ihrer Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Beteiligte zu 1 zunächst die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gewillkürter Erbfolge gestützt auf die Erbeinsetzungen in dem Testamentszusatz vom 21.01.1987 beantragt, hilfsweise aufgrund gesetzlicher Erbfolge.

Zu letzterer hat er vorgetragen, er – der Beteiligte zu 1 – und Vorname7 E, geborene A, seien die Kinder des Vorname8 A, des einen vorverstorbenen Bruders des Erblassers, und zu je einem Viertel zu gesetzlichen Erben berufen. Die drei Kinder des Vorname9 Vorname10 Vorname11 A (im Folgenden: Vorname9 A), des weiteren ebenfalls vorverstorbenen Bruders des Erblassers, nämlich Vorname12 A, Vorname13 G, geborene A, und Vorname14 F, geborene A, seien zu je 1/6 gesetzliche Erben geworden.

Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts hat den Beteiligten zu 1 mit Schreiben vom 16.08.2016 (Bl. 54 m. Rs. d. A.) darauf hingewiesen, dass Zweifel bestünden, ob der Testamentszusatz vom 21.08.1987 eine Schlusserbeneinsetzung enthalte.

Der Beteiligte zu 1 hat daraufhin den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins aufgrund gewillkürter Erbfolge mit Schreiben des zu diesem Zeitpunkt verfahrensbevollmächtigten Notars vom 18.10.2016 (Bl. 55 d. A.) zurückgenommen und ausschließlich den – zunächst hilfsweise gestellten – Antrag gestützt auf die vorgenannte gesetzliche Erbfolge weiterverfolgt.

Das Nachlassgericht hat die als mögliche gewillkürte Erben aus der letztwilligen Verfügung vom 21.01.1987 sowie die als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Personen, soweit es deren Anschriften ermitteln konnte, zu dem zuletzt gestellten Erbscheinsantrag angehört (vgl. Bl. 56 m. Rs. d. A.). Von diesen hat allein der Beteiligte zu 2 mit Faxschreiben vom 17.01.2017 (Bl. 99 d. A.), auf das wegen seiner Einzelheiten verwiesen wird, der Erteilung des Erbscheins widersprochen und sich an dem erstinstanzlichen Verfahren beteiligt.

Er ist der Ansicht, es sei gewillkürte Erbfolge aufgrund des Testamentszusatzes vom 21.01.1987 eingetreten.

Er hat ausgeführt, der Wille des Erblassers sei deutlich zu verstehen, auch wenn das Testament möglicherweise juristisch nicht eindeutig formuliert sei.

Der Erblasser und die Eltern des Beteiligten zu 2 hätten ein enges Verhältnis gehabt, weshalb der Erblasser auch Patenonkel des Beteiligten zu 2 geworden sei. Der Erblasser habe bei verschiedenen Gelegenheiten unmissverständlich geäußert, dass der Beteiligte zu 2 eines Tages einen Anteil seines Besitzes erhalten solle. Dies könnten die Eltern des Beteiligten zu 2 bestätigen.

Der Vater des Beteiligten zu 2 und der Erblasser seien über 30 Jahre befreundet gewesen. Man habe sich regelmäßig gegenseitig besucht, auch nach dem Tod der Ehefrau des Erblassers. Bei keinem dieser Treffen habe der Erblasser davon gesprochen, sein Testament ändern zu wollen.

Der Beteiligte zu 2 könne nicht nachvollziehen, aus welchem Grund das Nachlassgericht den Willen des Erblassers ignorieren wolle.

Mit vorliegend angefochtenem Beschluss vom 16.06.2017 (Bl. 100 ff. d. A.) hat eine Richterin des Nachlassgerichts die zur Erteilung des mit Antrag vom 06.07.2016 beantragten Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt.

Zu den Gründen hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Beteiligte zu 1 sei nicht Erbe des Erblassers geworden. Denn eine Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 21.01.1987 ergebe, dass die dort getroffenen Verfügungen und damit die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute getroffen seien. Der gewählte Begriff „gemeinsam“ sei hierbei seinem Wortsinn nach als „zusammen“ in zeitlicher Hinsicht, also als „gleichzeitig“ aufzufassen, was ausführlich begründet ist. Die Formulierung „gemeinsames Ableben“ umfasse grundsätzlich neben dem sehr seltenen Fall des zeitgleichen Versterbens nur denjenigen eines Versterbens in sehr kurzem zeitlichen Abstand. Eine Abweichung von diesem erweiterten Wortsinn komme nur in Frage, wenn den Umständen zu entnehmen sei, dass der Erklärende mit seinen Worten einen anderen Sinn verbunden habe, als dies dem allgemeinen Sprachgebrauch entspreche, und dies in der Verfügung von Todes wegen zumindest andeutungsweise Ausdruck gefunden habe. Dafür gebe es aber vorliegend keinen Anhalt.

Der Erblasser sei vier Jahre nach seiner Ehefrau verstorben, so dass ein in dem gemeinschaftlichen Testament vom 21.01.1987 geregelter Fall nicht mehr angenommen werden könne.

Ein Zustellungsnachweis betreffend den vorgenannten Beschluss an den Beteiligten zu 2 ist nicht zu den Akten gelangt.

Der Beteiligte zu 2 hat mit bei dem Nachlassgericht am 02.08.2017 per Telefax eingegangenem Schreiben vom 24.07.2017 (Bl. 125 d. A.), auf das Bezug genommen wird, Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt und diese sogleich begründet.

Er hat seine im erstinstanzlichen Erbscheinsverfahren erhobenen Einwendungen gegen die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge wiederholt.

Der Beteiligte zu 1 ist mit Anwaltsschriftsatz vom 11.08.2017 (Bl. 127 f. d. A.) der Beschwerde entgegengetreten. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und hat unter dem 05.09.2017 (Bl. 139 ff.) Ausführungen zu neuerer Rechtsprechung betreffend die Auslegung der Formulierung „gleichzeitiges Ableben“ gemacht.

Mit Beschluss vom 15.08.2018 (Bl. 393 d. A.) hat eine Richterin des Nachlassgerichts der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zu den Gründen hat sie ausgeführt, dass der Beteiligte zu 1 lediglich seinen Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren wiederhole.

Der Senat hat mit Schreiben seines Berichterstatters vom 04.09.2018 (Bl. 398 ff. d. A.) auf die Auslegungsgrundsätze einer Verfügung, die für den Fall des „gemeinsamen“ Ablebens getroffen ist, hingewiesen. Er hat auch darauf hingewiesen, dass für den Fall des Eintritts gesetzlicher Erbfolge nicht alle für eine Feststellung der zur Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen in der notwendigen Form nachgewiesen sein dürften.

Der Beteiligte zu 2 hat mit einem – erstmals – in englischer Sprache verfasstem Faxschreiben vom 01.10.2020 (Bl. 406 f. d. A.) weiter vorgetragen, auf das wegen seiner Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Senat hat mit Schreiben seines Berichterstatters vom 04.10.2018 (Bl. 408 d. A.) auf § 184 GVG und die sich daraus ergebenden Folgen hingewiesen.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 29.10.2018 (Bl. 418 ff. d. A.) hat der Beteiligte zu 1 weitere Personenstandsurkunden sowie einen Auszug aus einem von einem Vorname 15 H im Oktober 2008 erstellten „Familienbuch A“ (in der Klarsichtfolie Bl. 421 d. A.) vorgelegt. Ausweislich des Vorworts in dem „Familienbuch“ sei Herrn H entfernt verwandt mit den Mitgliedern der Familie A und habe dieses im Rahmen seiner als Hobby betriebenen Familienforschung erstellt.

Weitere Personenstandsurkunden hat der Beteiligte zu 1 mit Anwaltsschriftsatz vom 16.01.2019 (Bl. 423 f. d. A.) eingereicht.

Mit Schreiben seines Berichterstatters vom 20.10.2020 (Bl. 436 ff. d. A.) hat der Senat nach Zwischenberatung den Beteiligten zu 1 darauf hingewiesen, dass, sollte gesetzliche Erbfolge eingetreten sein, die Voraussetzungen zur Erteilung des beantragten Erbscheins entgegen der Feststellungen des Nachlassgerichts dennoch nicht vorliegen dürften, weil nach wie vor notwendige Erklärungen und Nachweise fehlen dürften. Der Senat hat im Einzelnen Ausführungen dazu gemacht, welche öffentlichen Urkunden oder deren beglaubigte Abschriften noch vorzulegen seien. Er hat weiter auf die Voraussetzungen hingewiesen, unter denen auch ein Nachweis in anderer Form in Betracht komme.

Der Beteiligte zu 1 hat mit Anwaltsschrift vom 24.02.2021 (Bl. 490 ff. d. A.) weitere Urkunden vorgelegt und zugleich unter Beifügung diesbezüglicher Korrespondenz ausgeführt, dass die Beschaffung von Geburtsurkunden des Erblassers und seiner Brüder, die in Stadt2, vormals Provinz X, nunmehr Stadt2, Polen, geboren gewesen seien, noch Zeit in Anspruch nehmen werde.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 30.06.2021 (Bl. 545 ff. d. A.) hat der Beteiligte zu 1 unter Vorlage weiteren Schriftverkehrs und mit näherer Erläuterung erklärt, dass die fraglichen Jahrgänge der Geburtenbücher des Standesamts Stadt2 nicht mehr vorhanden seien.

Der Senat hat mit Schreiben seines Berichterstatters vom 01.07.2021 (Bl. 578 d. A.) nochmals im Einzelnen und unter Bezugnahme auf obergerichtliche Rechtsprechung auf die Anforderungen hingewiesen, die im Sinne von 2356 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. (jetzt § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG) an andere Beweismittel zu stellen sein dürften, wenn Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen seien.

Der Beteiligte zu 1 hat mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 28.07.2021 (Bl. 632 ff. d. A.) erneut Dokumente eingereicht. U. a. hat er seine eigene notariell unterschriftsbeglaubigte eidesstattliche Versicherung vom 09.07.2021 (Bl. 649 ff. d. A.) vorgelegt. In dieser hat er nach der Darstellung der von ihm bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten zur Beschaffung von Geburtsurkunden des Erblassers und von Vorname8 A und Vorname9 A eingeleiteten Schritte und deren Erfolglosigkeit, Angaben zu Geburtsort und -datum sowie der Abstammung der drei bezeichneten Personen an Eides statt versichert.

Er hat darüber hinaus u. a. Kopien von Fotografien vorgelegt und erläutert, welche Personen abgebildet seien, sowie in Ablichtung weitere Dokumente vorgelegt.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten wird neben den vorgehend bezeichneten Schriftsätzen auch auf die weiteren zur Akte gereichten Schriftsätze und sonstigen Schriftstücke Bezug genommen.

II.

A. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 16.06.2017, mit welchem dieses die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet hat, ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Der Beteiligte zu 2 ist nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, weil er durch den angefochtenen Beschluss in seiner von ihm angenommenen Miterbenstellung aufgrund testamentarischer Erbfolge aus dem gemeinschaftlichen Testament vom 20. / 21.01.1987 beeinträchtigt ist.

Die Beschwerde ist auch ansonsten zulässig. Sie ist schriftlich bei dem Nachlassgericht eingelegt worden, § 64 Abs. 1, Abs. 2 FamFG. Da ein Nachweis einer schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses im Sinne des § 63 Abs. 3 S. 1 FamFG an den Beteiligten zu 2 nicht zu den Akten gelangt ist, lässt sich der Beginn des Laufs der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG nicht feststellen. Der Eingang der Beschwerde bei dem Nachlassgericht am 02.08.2017 ist daher als fristwahrend zu behandeln.

B. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss abzuändern und der Erbscheinsantrag zurückzuweisen war.

Denn entgegen der Annahme des Nachlassgerichts lassen sich die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen im Sinne des § 2359 BGB a. F., § 352 FamFG a. F. nicht feststellen (gemäß Art. 229 § 36 EGBGB kommen für das vorliegende Verfahren der Erbscheinserteilung die Vorschriften des 8. Abschnitts des 5. Buchs des BGB sowie des FamFG in der jeweils bis zum 16.08.2015 geltenden Fassung zur Anwendung, weil der Erblasser vor dem 17.08.2015 verstorben ist; die entsprechenden Vorschriften werden, soweit sie von den derzeit geltenden abweichen, mit dem Zusatz a. F. gekennzeichnet).

Zwar ist, was das Nachlassgericht zutreffend erkannt hat, entgegen der Annahme der Beschwerde nach dem Erblasser gesetzliche Erbfolge eingetreten. Die für die Feststellung einer konkreten gesetzlichen Erbfolge, wie sie der von dem Beteiligten zu 2 beantragte Erbschein ausweisen soll, notwendigen Nachweise hat dieser jedoch nicht erbracht, was zur Zurückweisung des Erbscheinsantrags als unzulässig führt (vgl. Zimmermann in Keidel, FamFG, 20. Aufl., § 352 FamFG, Rn. 66).

1. Dem Grunde nach ist zwar gesetzliche Erbfolge nach dem Erblasser eingetreten.

Denn das gemeinschaftliche eigenhändige Testament (§ 2265, § 2267 S. 1, § 2247 BGB) des Erblassers und seiner Ehefrau vom 20.01.1987 mit Zusatz vom 21.01.1987, das die einzige bekannt gewordene Verfügung von Todes wegen des Erblassers darstellt, enthält – wie von dem Nachlassgericht zutreffend erkannt – keine Erbeinsetzung (§ 1937 BGB) für den eingetretenen Fall des Versterbens des Erblassers mehrere Jahre nach seiner Ehefrau.

a) Unter dem 20.01.1987 setzten sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein, trafen aber keine Verfügung für den zweiten Todesfall.

b) Soweit die Ehegatten in dem Zusatz vom 21.01.1987 verfügt haben, wie „im Falle unseres gemeinsamen Ablebens“ zu verfahren sei, haben sie zwar Erben, darunter den Beteiligten zu 2, eingesetzt. Der damit von den Eheleuten allein geregelte Fall eines „gemeinsamen Ablebens“ ist aber nicht eingetreten. Eine allgemeine Erbeinsetzung für den zweiten Todesfall – eine Schlusserbeneinsetzung – haben sie hingegen nicht verfügt.

aa) Grundsätzlich ist die fragliche Formulierung in dem gemeinschaftlichen Testament nicht eindeutig und damit auslegungsbedürftig (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.1999, Az. 3 Wx 130/99, zitiert nach juris Tz. 18; noch anders: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.1987, Az. 11 W 152/86, zitiert nach juris Tz.8, das eine solche Formulierung zwingend im Sinne von „gleichzeitig“ aufgefasst hat).

bb) Bei der Auslegung eines Testaments ist von dessen Wortlaut auszugehen. Es ist gemäß § 133 BGB auch nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern im Wege der erläuternden Auslegung der Wortsinn der von dem Testierenden benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten sagen wollte und ob er mit ihnen genau das unmissverständlich wiedergegeben hat, was er ausdrücken wollte (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.1982, Az. IVa ZR 94/81, BGHZ 86, 41 ff., zitiert nach juris Tz. 16). Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist nach § 157 BGB zudem zu berücksichtigen, welche Bedeutung jeder Ehegatte den Erklärungen des jeweils anderen beigemessen hat, so dass auf das gemeinsame Verständnis beider Ehegatten abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.10.1992, Az. IV ZR 160/91, zitiert nach juris Tz. 12).

(a) Zunächst spricht die gewählte Formulierung „im Falle unseres gemeinsamen Ablebens“ für sich betrachtet eher dafür, dass nur der – zwar seltene – Fall eines zeitgleichen oder möglicherweise auch in einem so kurzen zeitlichen Abstand eintretenden Versterbens der Ehegatten, der dem Überlebenden keine Möglichkeit zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung mehr lässt, geregelt werden soll (so auch: KG Berlin, Beschluss vom 04.02.2021, Az. 19 W 1118/20, Tz. 64 in Abgrenzung zu der dort verwendeten Formulierung „nach gemeinsamen Ableben“; OLG Nürnberg, Beschluss vom 01.02.2012, Az. 15 W 1544/11, Tz. 20; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.06.1999, Az. 3 Wx 130/99, Tz. 23; jeweils zitiert nach juris). Wäre es den Ehegatten darum gegangen, die Erbfolge auch nach dem zweiten Todesfall generell und nicht nur für ein besonderes Ereignis zu regeln, also eine Schlusserbeneinsetzung zu verfügen, hätte hingegen eine Formulierung nahegelegen, wonach nach dem Tod des überlebenden Ehegatten der beiderseitige Nachlass ohne Weiteres den Erben zufallen soll und solches nicht bloß im Falle des gemeinsamen Ablebens geschehen soll (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O., Tz. 23).

(b) Vorliegend spricht auch der Umstand, dass die Ehegatten die Regelung für ihr „gemeinsames Ableben“ in einem ausdrücklich als solchem bezeichneten „Zusatz“ zu ihrem einen Tag zuvor errichteten Testament getroffen haben, dafür, dass sie eine nur ergänzende – zusätzliche – Regelung für einen besonderen Fall treffen wollten. Denn die Verfügung ist mit „Betr: Zusatz“ eingeleitet und zudem räumlich abgegrenzt auf der Rückseite der mit „Betr: privat=schriftliches Testament“ überschriebenen gegenseitigen Erbeinsetzung verfasst. Dies spricht für eine aus Sicht der Eheleute bestehende Nachrangigkeit der entsprechenden Verfügung, eben nur für den besonderen Fall des „gemeinsamen“ – im Sinne eines gleichzeitigen oder jedenfalls zeitnahen – Versterbens, und damit auch den Willen der Eheleute, das Ob und das Wie einer etwaigen Verfügung für den zweiten Todesfall in die Hände des Überlebenden zu legen.

Hätten die Ehegatten jeweils generell auch die Erbfolge auch für den Fall regeln wollen, dass ein Ehegatte den anderen längere Zeit überlebt, wäre es hingegen nahliegend gewesen, dass sie dies bereits in der mit „Betr: privat=schriftliches Testament“ eingeleiteten Verfügung unmittelbar nach der gegenseitigen Erbeinsetzung in einem einheitlichen Text geregelt hätten. Selbst wenn sie ihre Überlegungen zu den in dem in dem Zusatz begünstigten Personen und deren Anteilen an ihrem Nachlass am 20.01.1987 noch nicht abgeschlossen und erst am Folgetag dazu eine Entscheidung getroffen haben sollten, hätte nichts nähergelegen, als eine neue einheitliche Testamentsurkunde aufzusetzen und das kurze Testament vom Vortrag zu vernichten.

(c) Soweit der Beteiligte zu 2 auf das langjährige freundschaftliche Verhältnis seiner Eltern zu dem Erblasser und dessen Ehefrau abstellen will, das u. a. in dem Umstand der Übernahme der Patenschaft für den Beteiligten zu 2 zum Ausdruck gekommen sei, spricht dies nicht für eine Schlusserbeneinsetzung. Schon die Einsetzung des Beteiligten zu 2 zum Miterben auch nur für den Sonderfall eines gleichzeitigen oder zeitnahen Versterbens bestätigt diese Verbundenheit aus Sicht der Eheleute zum maßgeblichen Zeitpunkt der Errichtung des Testaments. Dies bietet aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass es beiden Eheleuten gerade darauf angekommen wäre, dass der mit einem Anteil von 1/16 eingesetzte Beteiligte zu 2 nach dem Versterben des Letztlebenden auf jeden Fall an dem beiderseitigen Vermögen partizipieren sollte.

(d) Schließlich spricht nach Auffassung des Senats der von dem Beteiligten zu 2 angeführten Umstand, dass der Erblasser sich gegenüber diesem und dessen Eltern wiederholt dahingehend geäußert habe, der Beteiligte zu 2 solle eines Tages einen Anteil dessen Besitzes erhalten, für kein anderes Auslegungsergebnis. Dabei können solche wiederholten Äußerungen des Erblassers als wahr unterstellt werden, so dass es weiteren Sachaufklärung (§ 26 FamFG) durch Zeugenvernehmung oder Beteiligtenanhörung dazu nicht bedarf.

Schon grundsätzlich lassen nach Auffassung des Senats Äußerungen eines Erblassers gegenüber einer Person betreffend Zuwendungen an diese für den Todesfall in der Regel nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass der Erblasser eine entsprechende Verfügung bereits getroffen hätte oder auch nur davon ausgehen würde, dass solches der Fall wäre. Ebenso kann darin auch lediglich eine mehr oder auch weniger konkrete Absicht zum Ausdruck kommen, eine solche Verfügung noch treffen zu wollen.

Alle genannten Äußerungen des Erblassers lassen sich daher ohne Weiteres damit vereinbaren, dass dieser bei Errichtung des Ehegattentestaments wollte, dass die dort für den Fall des „gemeinsamen Ablebens“ angeordnete Erbfolge nur für den Fall des zeitnahen Versterbens gelten sollte, mit der Folge, dass ansonsten nach dem zweiten Todesfall zunächst gesetzliche Erbfolge eintreten sollte, soweit und solange der Überlebende keine anderweitige Verfügung mehr trifft.

Da demnach der Erblasser und seine Ehefrau in ihrem gemeinschaftlichen Testament Schlusserben nicht eingesetzt haben und eine andere Verfügung des Erblassers von Todes wegen nicht vorhanden ist, wird dieser nach gesetzlicher Erbfolge beerbt.

2. Die Angaben des Beteiligten zu 1 zugrunde gelegt ergibt sich die gesetzliche Erbfolge wie folgt in Übereinstimmung mit dem zuletzt verfolgten Erbscheinsantrag:

Gesetzliche Erben erster Ordnung (§ 1924 Abs. 1 BGB) sind nicht vorhanden. Denn das einzige Kind des Erblassers ist bereits im Kindesalter vorverstorben. Auch die Eltern des Erblassers sind vorverstorben, so dass als Erben zweiter Ordnung deren Abkömmlinge nach den für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften erben, § 1925 Abs. 1, Abs. 3 BGB. Danach sind die Kinder der beiden vorverstorbenen Brüder des Erblassers, die im Falle ihres Überlebens zu je ½ zu Erben berufen gewesen wären (§ 1925 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 1924 Abs. 4, Abs. 2 BGB), innerhalb ihres Stamms zu gleichen Teilen gesetzliche Erben des Erblassers geworden (§ 1925 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 1924 Abs. 3, Abs. 4 BGB), also der Beteiligte zu 1 und Vorname7 E, geborene A, (Kinder des Vorname8 A) zu je ¼ sowie Vorname12 A, Vorname13 G, geborene A, und Vorname14 F, geborene A, (Kinder des Vorname9 A) zu je 1/6.

3. Der Beteiligte zu 1 hat aber die erforderlichen Nachweise für das Bestehen der von ihm dargelegten Verwandtschaftsverhältnisse nicht vollständig erbracht, aus denen er die vorgehend dargestellte gesetzliche Erbfolge herleitet.

a) Derjenige, welcher die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt, hat gemäß § 2356 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. die Richtigkeit u. a. der von ihm nach § 2354 Abs. 1 Nr. 2 BGB a. F. gemachten Angaben durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Dies gilt gemäß § 2357 Abs. 3 S. 2 BGB a. F. im Falle eines – wie vorliegend – von einem Mitererben beantragten Erbscheins auch für die sich auf die übrigen Miterben beziehenden Angaben.

Die Angaben nach § 2354 Abs. 1 Nr. 2 BGB a. F. beziehen sich auf die Verwandtschaftsverhältnisse, aus denen sich das in Anspruch genommene gesetzliche Erbrecht ergibt. Dieser Nachweis ist nach den vorstehend bezeichneten Vorschriften in erster Linie durch Personenstandsurkunden zu führen, wobei sich die personenstandsrechtliche Beweiskraft der jeweiligen Urkunden exakt auf das maßgebliche Verwandtschaftsverhältnis erstrecken muss (OLG Hamm, Beschluss vom 02.11.2012, Az. 15 W 404/11, zitiert nach juris Tz. 9). In eine Heirats- oder Sterbeurkunde aufgenommene Angaben z. B. zu Eltern der von der Beurkundung betroffenen Person(en) werden demnach von deren Beweiswirkung nicht erfasst.

Da der Beteiligte zu 1 die von ihm angenommene gesetzliche Erbfolge zweiter Ordnung aus der Abstammung von den Eltern des Erblassers herleitet, hat er u. a. den Nachweis zu erbringen, dass der Erblasser und die von dem Beteiligten zu 1 als dessen Brüder bezeichneten Vorname8 A und Vorname9 A, von denen wiederum die Erbprätendenten abstammen, Kinder derselben Eltern sind. Dieser Nachweis muss – wie gesagt – grundsätzlich durch Personenstandsurkunden erbracht werden, die dieses Abstammungsverhältnis unmittelbar bezeugen, also durch Geburtsurkunden der drei als Brüder bezeichneten Personen, welche jeweils die Abstammung von denselben Elternteilen ausweisen müssen.

Solche Urkunden hat der Beteiligte zu 1 aber nicht vorgelegt.

b) Nach § 2356 Abs. 1 S. 2 BGB genügt zum Nachweis einer grundsätzlich durch öffentliche Urkunde nachzuweisenden Tatsache auch die Angabe anderer Beweismittel, wenn Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen sind.

aa) Nicht abschließend geklärt werden muss vorliegend, ob dieses für die genannten Geburtsurkunden gilt.

Für eine Nichtbeschaffbarkeit der Urkunden wegen deren Verlusts während des Zweiten Weltkriegs oder in der Nachkriegszeit spricht der Umstand, dass der Beteiligte zu 1 Bescheinigungen des Landesamts für Bürger und Ordnungsangelegenheiten in Berlin vom 01.04.2021 (Bl. 556, 574 d. A.) eingereicht hat, ausweislich derer das Personenstandsregister sowie sonstige Unterlagen des Standesamts Stadt2 dem Standesamt I in Berlin nicht vorlägen, welches als Ersatzstandesamt eine Register- und Urkundensammlung für ehemals deutsche Gebiete führt (vgl. den Internetauftritt des Landesamtes für Bürger und Ordnungsangelegenheiten, Berlin: https://www.berlin.de/labo/buergerdienste/standesamt-i-in-berlin).

Er hat weiter ein Schreiben des Standesamts Stadt2 vom 28.06.2021 in polnischer Sprache und den Ausdruck einer E-Mail des Rechtsanwalts RA1 vom selben Tage vorgelegt, ausweislich dessen das Standesamt Stadt2 mit jenem Schreiben mitgeteilt habe, dass die fraglichen Jahrgänge der Geburtenbücher nicht erhalten seien.

bb) Jedenfalls genügen die von dem Beteiligten zu 1 angegebenen anderen Beweismittel nicht, dem Senat eine genügende Überzeugung von der für eine Feststellung der zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen, dass der Erblasser sowie Vorname8 A und Vorname9 A von denselben Eltern abstammen, zu vermitteln.

(a) Zwar kommen – worauf der Beteiligte zu 1 insoweit zutreffend hingewiesen hat – als andere Beweismittel im Einzelfall z. B. Zeugenbeweis, eidesstattliche Versicherungen, Ergebnisse einer bereits durchgeführten Erbenermittlung von Amts wegen, eine Todesfallanzeige des Standesamts, Mitteilungen der betreffenden Dienststellen für Kriegsteilnehmer der Weltkriege oder nichtöffentliche Urkunden wie Ahnenpässe oder Taufscheine, darüber hinaus auch Kirchenbucheinträge, beschriftete Fotos, Hochzeitsfotos oder unbeglaubigte Kopien öffentlicher Urkunden in Betracht (vgl. die umfangreiche Einzelfallübersicht bei: Zimmermann in Keidel, FamFG, a. a. O., § 352 FamFG, Rn. 68).

(b) Nach – soweit ersichtlich – herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum kann der Nachweis mit solchen anderen Beweismitteln aber nur dann als geführt angesehen werden, wenn diese ähnlich klare und hinreichend verlässliche Folgerungen ermöglichen wie öffentliche Urkunden, insbesondere Personenstandsurkunden, so dass insoweit strenge Anforderungen zu stellen sind vergleichbar dem Nachweis der Errichtung und des Inhalts eines unauffindbaren Testaments (vgl. z. B. Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 15.02.2013, Az. Wx 113/12; Tz. 12; OLG Hamm, Beschluss vom 02.11.2012, Az. 15 W 404/11, Tz. 11; OLG München, Beschluss vom 15.11.2005, Az. 31 Wx 056/05, Tz. 13; KG Berlin, Beschluss vom 29.11.1994, Az. 1 W 2837/94, Tz 5; zitiert jeweils nach juris; Zimmermann in Keidel, FamFG, 20. Aufl., § 352 FamFG, Rn. 70; Grziwotz in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl., § 352 FamFG, Rn. 87).

(c) Allenfalls lässt sich für Vorname8 A und Vorname9 A aus den vorgelegten Urkunden und sonstigen Schriftstücke schließen, dass diese die am XX.XX.1924 bzw. am XX.XX.1928 in Stadt2 X geborenen gemeinsamen Kinder der Eheleute Vorname6 Vorname11 Vorname16 A und Vorname17 A, geborene I, waren. So sind diese in der vorliegenden Heiratsurkunde über die Eheschließung von Vorname8 A vom XX.XX.1952 (in der Folie Bl. 421 d. A.) als Eltern des Ehemanns vermerkt. Gleiches gilt für den Heiratseintrag im Familienbuch des Vorname9 A vom XX.XX.1960 (in der Folie Bl. 425 d. A.), in der in Bezug auf diese Angaben auf eine hier nicht vorliegende eidestattliche Versicherung Bezug genommen wird. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass die die jeweilige Beurkundung beantragenden Beteiligten die entsprechenden Angaben zu ihrer Abstammung in Ermangelung verlorengegangener Urkunden gemacht haben.

Dass der am XX.XX.1924 in Stadt2 geborene Vorname8 A ein Sohn des Vorname6 A war, legen auch zwei weitere eingereichte Schriftstücke nahe.

So wird in dem als beglaubigte Kopie eingereichten kaufmännischen Lehrvertrag vom 03.06.1941 des Vorname8 A (Bl. 664 ff. d. A.) Vorname6 A in Stadt2 als gesetzlicher Vertreter des Erblassers bezeichnet und hat diesen als solcher auch mitunterzeichnet. In dem ebenfalls in Kopie vorgelegte Führungsbuch (Bl. 661 ff. d. A.) für Vorname8 A ist als nächster Angehöriger ebenfalls der dort als Vater bezeichnete Vorname6 A eingetragen.

(d) Ähnliche Nachweise für die Abstammung des Erblassers fehlen aber.

(aa) In dem von Vorname15 H im Oktober 2008 erstellten „Familienbuch A“, das der Beteiligte zu 1 in auszugsweiser Kopie (in der Klarsichtfolie Bl. 421 d. A.) vorgelegt hat, ist die gemeinsame Abstammung des Erblassers, des Vorname8 A und des Vorname9 A als Kinder der Eheleute Vorname6 und Vorname17 A zwar in Übereinstimmung mit den Angaben des Beteiligten zu 1 dargestellt. Auf welcher tatsächlichen Grundlage der nach eigenen Angaben in dem Vorwort nur entfernt mit dem Erblasser verwandte Vorname15 H, der sich hobbymäßig mit Familienforschung befasst, zu diesen Erkenntnissen gelangt ist, lässt sich dem aber nicht entnehmen. Zweifel an der Verlässlichkeit der dort gemachten Angaben erweckt auch der Umstand, dass in dem „Familienbuch“ angegeben ist, dass Vorname4 A, das einzige Kind des Erblassers, in Stadt5 geboren und verstorben sei, während in der Sterbeurkunde Stadt4-Stadtteil1 als Sterbeort und Stadt4 als Geburtsort angeben sein.

(bb) Die eigene eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 1 als Antragsteller genügt als anderes Beweismittel ebenfalls nicht.

Eidesstattliche Versicherungen kommen als anderes Beweismittel nämlich nur dann in Betracht, wenn diese von einer dritten Person und nicht dem Antragsteller abgegeben sind (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 22.11.2010, Az. 3 Wx 76/10, zitiert nach juris Tz. 28; Schaal in Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl., § 352 FamFG, Rn. 20; Zimmermann in Keidel, FamFG, a. a. O., Rn. 68; Grziwotz in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl., § 352 Rn. 88; jeweils m. w. N.). Ob als Dritter im genannten Sinne auch nicht antragstellende Personen gelten, deren Miterbrecht in einem beantragten gemeinschaftlichen Erbschein ausgewiesen werden soll, kann vorliegend dahinstehen, begegnet aber Zweifeln, weil diese ebenso wie der formale Antragsteller antragsberechtigt wären und auch ein ebensolches eigenes Interesse am Ausgang des Erbscheinsverfahrens haben.

Zudem beschränkt sich die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 1 im Hinblick auf die fraglichen Verwandtschaftsverhältnisse auf die Erklärung, dass die jeweiligen Abstammungsverhältnisse bestünden. Da eine eidesstattliche Versicherung aber nur auf eigenes Wissen des Versichernden bezogen sein kann (vgl. Sternal in Keidel, a. a. O., § 31 FamFG, Rn. 12), wäre im Hinblick auf Angaben zur Abstammung insbesondere des Erblassers wenigstens erforderlich, dass aus eigenem Wissen tatsächliche Umstände aus eigener Wahrnehmung im Einzelnen angegeben werden, die auf das jeweilige Verwandtschaftsverhältnis schließen lassen.

(cc) Auch die weiteren eingereichten Dokumente lassen einen sicheren Schluss auf eine gemeinsame Abstammung des Erblassers und der als dessen Brüder bezeichneten Personen nicht zu.

Die Kopie eines Fotos einer Hochzeitsgesellschaft (Bl. 636 d. A.) mit Brautpaar in der Mitte und davorsitzendem älteren Paar sowie der dazu vorgelegten weiteren Kopie, die nach dem Vortrag des Beteiligten zu 1 von der Rückseite jenes Fotos gefertigt worden sei, lässt eine Schlussfolgerung auf die Abstammung des Erblassers nicht zu. Die Beschriftung der Rückseite mit „1952 Hochzeit Vorname18 Vorname19 + Vorname1“ mag zwar darauf hindeuten, dass das Foto bei der Hochzeit des Erblassers Vorname18 Vorname19 A und seiner Ehefrau Vorname1 aufgenommen wurde. Soweit der Beteiligte zu 1 ausgeführt hat, es handele sich bei dem vor den Brautleuten sitzende Paar um Vorname6 und Vorname17 A, die Eltern des Erblassers, gibt das Bild im Zusammenhang mit dessen Beschriftung jedoch keinen Hinweis darauf.

Das in Kopie vorgelegte Lichtbild (Bl. 638 d. A.), das in sehr schlechter Abbildungsqualität dicht nebeneinanderstehend vier erwachsene Männer und eine Frau zeigt, bei denen es sich nach dem Vortrag des Beteiligten zu 1 um den Erblasser, seine Brüder und deren Eltern handele, lässt weder einen Schluss darauf zu, dass es sich tatsächlich um die von dem Beteiligten zu 1 bezeichneten Personen handeln würde, noch auf ein etwaiges Verwandtschaftsverhältnis und dessen Art.

Gleiches gilt für das weitere in Kopie vorgelegte Foto (Bl. 659 d. A.), dass wiederum eine Frau und vier Männer nahe beieinanderstehend zeigt. Ob es sich um die gleichen Personen handelt wie auf dem zuvor bezeichneten Foto, lässt sich nicht sicher sagen, da die Personen gegenüber dem ersten Foto deutlich älter sind. Eine erkennbare Ähnlichkeit zwischen den auf beiden Fotos abgebildeten Personen lässt sich allenfalls im Hinblick auf den jeweils ältesten Mann (auf beiden Fotos zweiter von links) erkennen, bei dem es sich um den Vater des Erblassers handeln soll. Weitere Hinweise auf die Identität oder ein Verwandtschaftsverhältnis der abgebildeten Personen untereinander gibt auch dieses Foto aber nicht.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der auf beiden Fotos abgebildete wohl jeweils älteste Mann (jeweils zweiter von rechts) Ähnlichkeit mit dem vor dem Brautpaar sitzenden Mann auf dem Hochzeitsfoto aufweist. Eine sichere Identifizierung der weiteren Personen insbesondere anhand der wenigen namentlich bezeichneten Fotos – in dem Wehrmachtführerschein des Erblassers (Bl. 665 d. A.), dem Führungsbuch des Vorname8 A (Bl. 661 ff. d. A.) und des Bräutigams auf dem Hochzeitsfoto – ist hingegen nicht möglich.

Aus dem Wehrmachtsführerschein des Erblassers folgt auch nichts zu dessen Abstammung. Der Beteiligte zu 1 hat diesen nach seinen Ausführungen auch lediglich zum Beleg seiner Angabe vorgelegt, dass der Erblasser am 18.05.1922 in Stadt2 geboren war.

Aus den Kopien der Vorder- (Bl. 672 d. A.) und wohl dazugehörigen Rückseite (Bl. 673 d. A.) einer Postkarte lässt sich allenfalls schließen, dass eine Familie A in den 1930er Jahren in Stadt2 ansässig war. Die Bildseite zeigt zwei Fotos der Innenräume einer Gastwirtschaft (ohne Personen) und die Beschriftung „A Y STADT2 X.“. Der vom 21.09.1931 datierende handschriftliche Text gibt keinen Hinweis auf Verfasser oder Adressat („unseren geliebten …“) der Karte. Nähere Erläuterungen dazu hat der Beteiligte zu 1 auch nicht gemacht.

Soweit der Beteiligte zu 1 aus Bescheinigungen über die Hilfsbedürftigkeit zur Erlangung von Fahrpreisermäßigungen für Vorname6 und Vorname17 A vom 29.03.1952, auf denen eine Zugfahrt von Stadt3 nach Stadt4 am 27.08.1952 und zurück am 15.06.1952 eingetragen ist, schließen will, dass dies deren Besuch bei dem seinerzeit in Stadt4 wohnhaften Erblasser und dessen Ehefrau belege, kann daraus nicht gefolgert werden, dass der Erblasser der Sohn von Vorname6 und Vorname17 A gewesen wäre.

Dass der Erblasser sowie Vorname8 und Vorname9 A ausweislich der vorliegenden Unterlagen zwischen 1922 und 1928 in Stadt2 geboren sind, lässt es zwar als möglich erscheinen, dass sie von denselben Eltern, nämlich Vorname6 und Vorname17 A, abstammen. Auch ein solcher Schluss ist aber nicht zwingend.

Eine Überzeugung, welche eine Geburtsurkunde über die Abstammung einer Person zu vermitteln vermag, kann der Senat im Hinblick auf die Abstammung des Erblassers aus den vorgenannten Beweismitteln auch in der Gesamtschau nicht gewinnen. Selbst wenn man die dargestellten Indizien, die darauf hindeuten, dass Vorname6 und Vorname17 A die Eltern von Vorname8 A und Vorname9 A waren, als insoweit genügenden Nachweis betrachten wollte, fehlen für die Abstammung des Erblassers von denselben Eltern hinreichende Belege.

Nach alledem fehlen zur Feststellung der zur Erteilung des von den Beteiligten zu 1 beantragten Erbscheins erforderliche Nachweise, so dass dessen Antrag in Abänderung der angefochtenen Entscheidung als unzulässig zurückzuweisen war. Einer erneuten Antragstellung beim Nachlassgericht im Falle des Vorliegens weiterer Beweismittel steht diese Zurückweisung allerdings nicht entgegen.

III.

Eines Ausspruchs zu den Gerichtskosten bedurfte es nicht, da die gesetzliche Haftung aus § 22 Abs. 1 GNotKG dafür wegen des Erfolgs der Beschwerde gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG erloschen ist und der Senat keine Veranlassung für eine abweichende Entscheidung darüber gesehen hat.

Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, eine Auferlegung der dem Beteiligten zu 2 für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens etwa entstandene Aufwendungen anzuordnen.

Da im Beschwerdeverfahren weder Gerichtskosten anfallen noch eine Erstattung notwendiger Aufwendungen angeordnet worden ist, bedurfte es auch keiner Festsetzung eines Geschäftswerts für dieses.

Für das erstinstanzliche Verfahren hat es der Senat billigem Ermessen entsprechend im Sinne des § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG angesehen, dass der Antragsteller in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Veranlasserhaftung nach § 22 Abs. 1 GNotKG nur die Gerichtsgebühren für das Erbscheinsverfahren zu tragen hat. Dessen Belastung mit den insbesondere für die Auslandszustellungen an Erbprätendenten angefallenen Auslagen entspräche hingegen nicht billigem Ermessen. Denn solche sind insbesondere dadurch angefallen, dass Auslandszustellungen der Entscheidungen des Nachlassgerichts an solche als Erben in Frage kommenden Personen vorgenommen worden sind, die dem Erbscheinsantrag weder widersprochen noch einen Hinzuziehungsantrag zu dem Verfahren im Sinne von § 345 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 7 Abs. 3 FamFG gestellt haben.

Für die Anordnung einer Erstattung von Beteiligten zur Durchführung des erstinstanzlichen Erbscheinsverfahrens etwa entstandenen notwendigen Aufwendungen bestand gleichfalls kein Anlass.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind, § 70 Abs. 2 FamFG. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben, weil eine solche im Gesetz nicht vorgesehen ist.

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