Welche Fristen muss ich im Erbfall beachten?
Der Tod von einem geliebten Menschen ist natürgemäss für die Hinterbliebenen ein echter Schock, der erst einmal verdaut werden muss. Die Trauer über den Verlust lässt sich durch Worte nicht lindern und nicht selten fallen die Hinterbliebenen auch in ein regelrechtes emotionales Loch, aus welchem sie sich erst einmal herauskämpfen müssen. Die Gedanken kreisen, sofern sie überhaupt geordnet werden können, nur um den Verstorbenen sowie den Schmerz über den Verlust. Mit dem Tod des Verblichenen können jedoch auch noch ganz andere Folgen als die blosse Trauer auf die Hinterbliebenen zukommen, beispielsweise in Form einer Erbschaft. Die Erbschaft mag zwar über den Verlust des Menschen nicht hinwegtrösten, allerdings ist sie als Hinterlassenschaft des Verblichenen zu werten und sollte deshalb auch nicht ganz aus dem Fokus der Gedanken der Angehörigen verbannt werden.
Die Erbschaft hat ihre Rechtsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch und kann mitunter sogar gravierende rechtliche sowie auch finanzielle Konsequenzen für den Erben nach sich ziehen. Der Gesetzgeber kennt zwar durchaus eine rechtliche Erbfolge, allerdings ist der Verblichene vor seinem Tode auch in der Lage mittels Testament diese Erbfolge zu verändern. Potentielle Erben sollten sich allerdings im Vorwege sehr genau über die rechtlichen Konsequenzen sowie auch über die Fristen im Hinblick auf die Erbschaft informieren, damit negative Folgen vermieden werden können. Es ist sowohl möglich, die Erbschaft anzunehmen als auch die Erbschaft auszuschlagen. Diese Entscheidung will natürlich wohl bedacht sein.
Die Fristen für die Ausschlagung der Erbschaft
Zunächst erst einmal muss gesagt werden, dass die gesetzlich festgelegten oder auch testamentarisch eingesetzten Personen automatisch und vollständig in die rechtliche Situation des Verblichenen einrücken, ohne dass hierfür irgendwelche Fristen oder gar Erklärungen erforderlich werden. Möchte ein Erbe die Erbschaft also annehmen, dann gibt es hierfür keinerlei verbindliche Pflichten, da die Erbschaft ohne gegenteilige Erklärung automatisch als angenommen gilt. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn der Verblichene ein Vermögen zu Lebzeiten angehäuft hat und dieses Vermögen als Teil der Erbmasse angesehen wird.
Die Angelegenheit gestaltet sich aus rechtlicher Sicht allerdings anders, wenn der Verblichene zu Lebzeiten Schulden gemacht hat oder wenn andere negative Rechtsverpflichtungen zum Teil des Erbes werden. In diesem Fall ist es für den Erben sehr sinnvoll, wenn die Erbschaft ausgeschlagen wird. Die Ausschlagung der Erbschaft ist eine Willenserklärung, welche schriftlich bei dem zuständigen Nachlassgericht bzw. dem als Testamentsvollstrecker eingesetzten Rechtsanwalt / Notar eingereicht werden muss. Hierfür hat der Erbe insgesamt sechs Wochen Zeit. Der Beginn der Sechswochenfrist ist jedoch unterschiedlich angesetzt.
Fristbeginn ist
- bei gesetzlich anberaumten Erben mit der Kenntnisnahme des Todesfalls
- bei testamentarisch eingesetzten Erben mit der Testamentsbekanntgabe durch den Rechtsanwalt oder das Nachlassgericht
Auch der Pflichtteilanspruch kann verjähren
Es hat sich landläufig die Meinung eingebürgert, dass selbst mit einem anders lautenden Testament Familienmitglieder als Erben einen Pflichtteilanspruch haben. Zumeist ist dies der Fall, wenn zu Lebzeiten der Verblichene keinen guten oder direkten Kontakt zu Teilen der Familie hatte oder wenn es zu Streitfällen kam. Viele Menschen, bei denen diese Situation der Fall war, vertreten deshalb die Ansicht dass sie sich überhaupt nicht um den Erbfall zu kümmern bräuchten, da der Anspruch ja besteht. Diese Ansicht ist zwar insofern korrekt, dass der Pflichtteilanspruch besteht, allerdings gibt es im Hinblick auf den Pflichtteilanspruch auch eine Verjährungsfrist. Die Verjährungsfrist für den Pflichtteilanspruch ist gesetzlich auf drei Jahre festgelegt, wobei der Fristbeginn als kenntnisabhängig deklariert wurde. Es ist somit eine Voraussetzung, dass der Pflichtteilanspruchinhaber Kenntnis vom Tod des Erblassers hat und davon, dass der Erblasser eine Enterbung vornahm. Da in der Regel bei derartigen Konstellationen kein Kontakt besteht ist es erforderlich, dass der Pflichtteilanspruchinhaber den oder die Haupterben kennt um dort den Anspruch geltend machen zu können.
Die Frist bei einem Vermächtnis
Es kommt nicht slten vor, dass der Erblasser einer ganz bestimmten Person testamentarisch einen ganz bestimmten Gegenstand zugedacht hat. Oftmals handelt es sich hierbei um Familienschmuckstücke, die von Generation zu Generation weitergereicht werden oder um ganz besondere Erinnerungsstücke. In diesen Fällen wird von einem persönlichen Vermächtnis gesprochen, sodass rechtlich gesehen ein anderer Anspruch geltend gemacht werden muss. Der sogenannte Vermächtnisanspruch ist ebenfalls kenntnisabhängig, sodass der Hinterbliebene von dem Tod des Verblichenen erst einmal wissen muss. Vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme kann der Hinterbliebene seinen Vermächtnisanspruch innerhalb von drei Jahren geltend machen.
Ein Vermächtnis kann auch in Form einer Zuwendung erfolgen. Dies ist in der gängigen Praxis sehr häufig bei Grundstücken der Fall, welche der Verblichene in seinem Besitz hatte und welche er dem Hinterbliebenen vermachen möchte. Nach aktueller Rechslage gilt derzeitig auch bei derartigen Zuwendungen noch eine Frist von drei Jahren beginnend mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme, allerdings sind aktuell mehrere rechtliche Prozesse anhängig sodass diese Frist noch nicht abschliessend als beschlossen gilt. Um jedoch rechtlichen Ärger zu vermeiden sollte der Hinterbliebene seinen Anspruch auf die Zuwendung im Wege des Vermächtnisses innerhalb von drei Jahren geltend machen oder alternativ bei den Erben einklagen.
Durch den Erbfall werden die Erben automatisch zu dem rechtlichen Eigentümer des Gegenstandes oder des Grundstücks. Gerade bei Grundstücken jedoch ist zunächst noch der Erblasser als Eigentümer eingetragen. Bis zur Änderung des Grundbucheintrages ist das Grundbuch somit unrichtig und muss entsprechend korrigiert werden. Hierfür gibt es zwar keine gesetzliche Frist, es kann sich aber dennoch aus Sicht des Erben sehr stark lohnen, die Änderung schnell vornehmen zu lassen. Hierfür gibt es bei dem zuständigen Grundbuchamt einen eigenen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs, welcher normalerweise an recht hohe Gebühren geknüpft ist. Wird dieser Antrag jedoch innerhalb einer Frist von zwei Jahren, beginnend mit der Kenntnis des Todesfalls, eingereicht entstehen für die Berichtigung des Grundbucheintrags für den Erben keine Kosten.
Sicherlich ist der Umstand stimmig, dass Hinterbliebene bei dem Tod eines geliebten Menschen erst einmal völlig andere Sorgen haben als sich mit der Frage der Erbschaft auseinander zu setzen. Neben der Trauer, welche für gewöhnlich im Kreis der Familie vorherrscht, gibt es eine wahre Vielzahl an rechtlichen Angelegeheiten, die im Zusammenhang mit dem Tod geklärt werden müssen. Die Erbschaft ist jedoch ein wichtiger Baustein dieser Angelegenheiten, da die Konsequenzen mitunter verheerend ausfallen können. Wenn der Verblichene beispielsweise ein Alkohol- oder Glücksspielproblem hatte ist die Wahrscheinlichkeit, dass erhebliche Schulden ein Teil der Erbmasse sind, nicht gerade gering. Kein Mensch möchte jedoch zusätzlich zu der Trauer um den geliebten Menschen noch einen hohen Berg an Schulden erben, zumal die eigene wirtschaftliche Existenz in diesem Fall erheblich gefährdet ist. Aber auch dann, wenn Grundstücke Teil der Erbmasse sind, sollte erst einmal nüchtern auf die Erbschaft geschaut werden. Gerade verwilderte oder wirtschaftlich stark belastete Grundstücke können einen Erben sehr schnell wirtschaftlich überfordern. Es ist daher sehr wichtig, bereits frühzeitig den Gedanken an eine mögliche Erbschaft sowie deren rechtlichen Folgen aufzugreifen und sich darüber im Klaren zu werden, ob die Erbschaft angetreten werden soll oder besser nicht.
Die wichtigsten Fristen im Erbrecht – Eine Übersicht
Art | Frist |
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Erbausschlagung – ab Kenntnis | 6 Wochen |
Erbausschlagung – Ausland | 6 Monate |
Herausgabe Erbschaftsbesitzer | 30 Jahre |
Testamentsanfechtung | 1 Jahr |
Pflichtteilsergänzungsanspruch | 3 Jahre |
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