Unter diesen Umständen ist eine Enterbung möglich
„Du bist enterbt!“ – in Filmen und Büchern reicht dieser kurze Satz, um vollendete Tatsachen zu schaffen. In der Realität ist er vollkommen wirkungslos, denn eine Enterbung ist nicht einfach durchzusetzen. Das gilt besonders, wenn nicht einmal der Pflichtanteil weitergegeben werden soll. Dies ist nach deutschem Recht nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.
Die vollständige Enterbung muss im Testament begründet werden
Grundsätzlich gilt, dass ein Testament zugunsten einer bestimmten Person alle anderen automatisch enterbt. Diese bekommen aber weiterhin ihren Pflichtanteil. Der beträgt die Hälfte des Erbes, das der Betroffene bekommen hätte, falls kein Testament vorliegen würde. Die Ansprüche werden jedoch nicht automatisch fällig. Der Pflichterbe muss dazu binnen drei Jahren an den Haupterben herantreten und seinen Anspruch geltend machen. Die Frist beginnt am 1. Januar nach dem Todesfall. Einen Pflichtanteil erhalten nur die nächsten Angehörigen: Kinder – auch uneheliche und adoptierte, Partner in einer Ehe oder einer eingetragenen Lebensgemeinschaft oder die Eltern, falls der Erblasser keine eigenen Kinder besaß. Geschwistern und Großeltern steht prinzipiell nichts zu. Enkel erhalten nur dann einen Anteil, wenn sie von der Erbfolge ausgeschlossen und ihre Eltern bereits verstorben sind.
Der Pflichtanteil kann testamentarisch verweigert werden.
Die Bedingungen sind jedoch streng. Prinzipiell muss dafür ein so schweres Fehlverhalten vorliegen, dass es dem Nachlassenden nicht zugemutet werden kann, dieser Person ein Erbe zu vermachen. Darunter fällt, wer dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Menschen nach dem Leben trachtet oder sich eines anderen vorsätzlichen und boshaften Vergehens ihm gegenüber schuldig macht. Dazu zählt auch, wenn der Erbe zu einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde. In diesem Fall muss allerdings sorgfältig begründet werden, warum dies eine unzumutbare Tat darstellt.
In allen anderen Fällen besteht ein Anspruch auf den Pflichtanteil. Dies gilt auch für das sogenannte „Berliner Testament“, bei dem zwei Ehepartner sich gegenseitig als Vollerben einsetzen. Es ist Kindern in diesem gestattet, bereits bei dem Tod eines Elternteils auf ihren Pflichtanteil zu bestehen.
Ein Erbe darf auf seinen Anteil verzichten oder ihn verkaufen
Gerade bei Familienunternehmen gilt häufig die Regel, dass dieses nur einem Erbe zukommen soll. In diesem Fall können andere Berechtigte freiwillig auf ihren Pflichtteil verzichten. Für einen rechtskräftigen Verzicht muss eine entsprechende Erklärung vor einem Notar abgeschlossen werden. Es ist möglich, eine sofortige oder spätere Ausgleichszahlung festzulegen. Zusätzlich handelt es sich bei einem Erbe um ein verkäufliches Gut. Es kann von einem Mitglied einer Erbengemeinschaft weiterverkauft werden. Dazu ist ein notarieller Vertrag zwingend vorgeschrieben. Die Miterben besitzen in jedem Fall ein Vorkaufsrecht.
Erbunwürdige Angehörige erhalten nichts
In gewissen Ausnahmefällen kann das Erbe allgemein verweigert werden. Dazu muss der Erbe unwürdig sein. Dies greift beispielsweise, wenn er selbst den Tod des Erblassers vorsätzlich verschuldet hat. Als unwürdig gilt außerdem, wer durch Drohungen oder Täuschung versucht, den Vererbenden in seinem Testament zu beeinflussen oder wer es aktiv ganz oder teilweise fälscht.
Das Erbe kann minimiert werden
Ist es nicht möglich, einen unliebsamen Erben von seinem Pflichtanteil auszuschließen, bleibt nur eine Option. Das Erbe muss so klein wie möglich ausfallen. Dazu bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten an. Ein Teil des Vermögens kann verschenkt werden. Schenkungen werden allerdings zeitlich berechnet – die einzige Ausnahme sind solche an den Partner einer Ehe oder eingetragenen Lebensgemeinschaft. Sie verlieren mit jedem Jahr zwischen Schenkung und Todeszeitpunkt 10 % an Wert. Das bedeutet, sie werden im ersten Jahr vollständig berücksichtigt, im sechsten zur Hälfte und nach elf Jahren überhaupt nicht. Ein Pflichterbe kann in diesem Fall einen Anspruch auf Ergänzung seines Anteils erheben, bei dem die Schenkung anteilig zu dem Erbe hinzugerechnet wird.
Der Pflichtanteil kann auch verkleinert werden, indem ein Vermögen außerhalb des deutschen Rechtsraumes angelegt wird. In den USA besitzen volljährige Kinder beispielsweise keinen Anspruch auf einen Pflichtanteil. Immobilien, die dort zu einem Erbe gehören, werden nach der amerikanischen Rechtsprechung behandelt.