OLG München, Az.: 31 Wx 229/16, Beschluss vom 13.07.2017
1. Die Sache wird unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Freyung – Nachlassgericht – vom 21.6.2016 samt Vorlageverfügung aufgehoben.
2. Die Akten werden dem Amtsgericht Freyung – Nachlassgericht – zur (erneuten) Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.
Gründe
I.
Die Beschwerde führt in entsprechender Anwendung von § 69 Abs.1 S. 2 FamFG zur (erneuten) Aufhebung der Abhilfeentscheidung und Zurückverweisung an das Amtsgericht, weil dieses sich mit dem Beschwerdevorbringen in der gebotenen Art und Weise auseinandergesetzt hat.
1. Die Anforderungen an die Begründungsintensität im Rahmen des Abhilfeverfahrens hängen vom Einzelfall ab. Wird die Beschwerde nicht begründet, oder enthält die Beschwerdebegründung keine wesentlich neuen Gesichtspunkte, auf die nicht schon in der Ausgangsentscheidung eingegangen wurde, so kann eine kurze Begründung oder auch nur Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung durchaus ausreichen. Anders verhält es sich bei (grundsätzlich zulässigem) neuem wesentlichem Vorbringen des Beschwerdeführers, oder wenn das wesentliche Vorbringen zwar nicht neu ist, aber die Ausgangsentscheidung die tragende Argumentation des Beschwerdeführers nicht behandelt hat. Zwar ist dann ein Eingehen auf alle Ausführungen – wie auch sonst in gerichtlichen Entscheidungen – nicht erforderlich. Der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss muss aber jedenfalls erkennen lassen, dass der Erstrichter das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet und seiner Verpflichtung zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist (vgl. Senatsbeschluss in FamRZ 2010, 1000; OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 653).
2. Diesen Anforderungen wird die Abhilfeentscheidung des Nachlassgerichts nicht gerecht. Sie setzt sich nicht mit dem in der Beschwerdeschrift u.a. erhobenen Einwand der Beschwerdeführerin auseinander, dass eine „Erbengemeinschaft nur bezüglich des „restlichen Geldvermögens“ (vgl. Bl. 78 d. Akte) besteht.“ Insoweit wendet sich die Beschwerdeführerin im Kern gegen die Testamentsauslegung durch das Nachlassgericht.
Das Nachlassgericht hat in seine Entscheidung lediglich pauschal an Hand der Werte der zugewendeten Vermögensgruppen jeweils eine Erbeinsetzung der Bedachten angenommen. Ausführungen hinsichtlich einer Auslegung des Testaments entsprechend den zu § 2087 Abs. 2 BGB anerkannten Grundsätzen (vgl. Palandt/Weidlich 76. Auflage <2017> § 2087 Rn. 2 ff), also ob durch die Zuwendung der Vermögensgruppen überhaupt eine Erbbeinsetzung erfolgt ist bzw. ob in den Zuwendungen auch jeweils eine Erbeinsetzung zum Ausdruck gebracht wird, finden sich in der Entscheidung nicht.
Demgemäß hat das Nachlassgericht auch nicht erwogen, ob die Erblasserin in der Zuwendung der „Besitzanteile des Wohnhauses“, der „Besitzanteile an den Waldstücken“ sowie eines „Geldbetrages iHv 10.000“ jeweils Vermächtnisse angeordnet hat. Eine solche Überlegung bzw. Auseinandersetzung im Rahmen einer durchzuführenden Auslegung des Testaments drängt sich bereits deswegen auf, da der zugewandte Wald (Wertansatz des Nachlassgerichts iHv 4.269 €) und der Geldbetrag iHv 10.000 € nur einen geringen Bruchteil des Gesamtnachlasswertes der Erblasserin darstellt, und es insofern fraglich erscheint, ob die Erblasserin damit die Vorstellung verbunden hat, dass die beiden Bedachten ihre Rechtsnachfolger in wirtschaftlicher Hinsicht sein sollen. Insofern könnte die Erblasserin auch ein Vermächtnis zugunsten der Bedachten angeordnet haben. Mit diesen beiden Zuwendungen steht die Anordnung der Erblasserin betreffend das Wohnhaus in unmittelbaren textlichen Zusammenhang, so dass diesbezüglich auch eine Auslegung möglich erscheint, dass die Erblasserin damit ebenfalls ein Vermächtnis zugunsten der Beteiligten zu 3 getroffen hat. Demgemäß könnte – wie von der Beschwerdeführerin vertreten – in der gleichmäßigen Verteilung ihres Geldvermögens die Anordnung einer Erbeinsetzung iHv zu je 1/3 der Bedachten liegen.
Ausführungen dazu, wie das Nachlassgericht im Rahmen seiner Testamentsauslegung zu den von ihm erkannten Erbeinsetzungen gelangt ist, fehlen in der Entscheidung völlig. Eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführerin wäre daher zumindest in der (Nicht-)Abhilfeentscheidung veranlasst gewesen. Dies ist aber nicht erfolgt.
II.
Für den weiteren Verfahrensgang weist der Senat auf Folgendes hin.
1. Denkbar wäre auch eine Auslegung, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 3 als ihre Alleinerbin angesehen hat, und ihre Zuwendungen zugunsten der übrigen Bedachten jeweils Vermächtnisse darstellen. Für eine solche Auslegung könnte sprechen, dass die Erblasserin der Beteiligten zu 3 ihre Anteile am Wohnhaus zugewendet hat, das ältere Erblasser erfahrungsgemäß als ihr Kernvermögen betrachten, und die Erblasserin zudem die Bedachte zu 3 mit der Auszahlung eines „Pflichtteils“ beschwert hat. Hierin könnte der Wille der Erblasserin zum Ausdruck gekommen sein, dass sie die Beteiligte zu 3 als alleinige Rechtsnachfolgerin in wirtschaftlicher Hinsicht betrachtet hat.
2. Sollte das Nachlassgericht jedoch zu dem Ergebnis gelangen, dass die von ihm erkannten Erbeinsetzungen weiterhin zutreffend sind, stellt die Niederschrift vom 10.8.2015 unter Bezugnahme auf ein Beiblatt keine taugliche Berechnungsgrundlage für die errechneten Erbquoten dar.
Außerdem hat die Berechnung der Erbquoten in der Endentscheidung selbst unter konkreter Darlegung der Berechnungsgrundlagen (Werte des Grundbuchauszugs; Bodenrichtwerttabelle; Werte der Brandversicherungsurkunde samt Tabellenansatz zur Berechnung der Gebäudewerte usw.) so zu erfolgen, dass ein außenstehender Dritter den Berechnungsansatz wie auch die Berechnungsschritte samt Berechnungsergebnis nachvollziehen kann. In diesem Sinne wäre bei einer Nichtabhilfeentscheidung die Berechnung der Erbquote samt Berechnungsgrundlagen konkret darzustellen und diese vorab sämtlichen Beteiligten zur Wahrung deren rechtlichen Gehörs mitzuteilen.