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10-Jahresfrist des § 2325 III BGB im Erbrecht

Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen des Erblassers an Dritte

Ein wesentlicher Aspekt des deutschen Erbrechts ist das sogenannte Pflichtteilsrecht, welches in den Paragrafen 2303 fort folgende des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt wird. Auf der Grundlage dieses Rechts werden nahen Familienangehörigen am Nachlass eines Erblassers eine gewisse Mindestbeteiligung zugesichert, auch wenn diese vom ursprünglichen Testament ausgeschlossen wurden. Dies schränkt naturgemäß die Testierfähigkeit sowie die letztwillige Verfügung des Erblassers ein und tangiert in der Praxis auch anderweitige Paragrafen des deutschen Erbrechts, sodass es nicht selten zu Streitigkeiten unterhalb der verbliebenen Angehörigen kommt. Der Pflichtteil steht einem nahen Familienangehörigen auch gegen den ausdrücklichen Willen des Verblichenen zu und wird in erster Linie auch durch den Paragrafen 2325 des Bürgerlichen Gesetzbuches geschützt.

Der Pflichtteilergänzungsanspruch nach § 2325 BGB

Der Paragraf 2325 BGB bildet den Kern des Pflichtteilanspruchs und besagt, dass ein Pflichtteilberechtigter auch an gegenüber anderen Erben einen Anspruch auf die sogenannte Pflichtteilergänzung hat, wenn der Testator bereits zu seinen Lebzeiten Geschenke an Dritte verteilt hat. Wichtig hierbei ist, dass der Geschenkwert in dem jeweiligen aufgetretenen Erbfall als jährlich abschmelzend angesehen wird und dem verbliebenen Nachlass fiktiv hinzugerechnet wird. Dies bedeutet, dass sich der Pflichtteilanspruch des Anspruchsinhabers gegenüber den anderen Erben erhöht. Mit dem § 2325 des Bürgerlichen Gesetzbuchs möchte der Gesetzgeber verhindern, dass ein Testator zu Lebzeiten sein Vermögen auf Dritte überträgt um dem ungeliebten Erbberechtigten seinen Teil zu mindern oder gar vollständig zu entziehen.

Wichtig: Für den sogenannten Pflichtteilergänzungsanspruch gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene zeitliche Beschränkung. So steht einem Anspruchsinhaber nur derjenige Teil als Ergänzung zu, welcher innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren rückwirkend ab dem Erbfall von dem Testator an Dritte verschenkt wurde. Dieser Zeitraum wird allgemein hin als 10-Jahresfrist auf der Grundlage des § 2325 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Erbrecht) bezeichnet.
10 Jahresfrist im Erbrecht
Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen –  Foto: Yastremska/Bigstock

Der genaue Wortlaut des Paragrafen 2325 Absatz 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch beschreibt ausdrücklich, dass Schenkungen, die länger als zehn Jahre zurückliegen, vom Nachlass des Testators unberücksichtigt bleiben. Wurde somit eine Schenkung vor zehn Jahren und einem Monat getätigt, so hat der Pflichtteilsergänzungsanspruchsinhaber keinen Anspruch mehr auf die Ergänzung. Auch eine Entschädigung steht dem Anspruchsinhaber nicht mehr zu. Es muss dementsprechend hingenommen werden, dass der Erblasser zu Lebzeiten durch freiwillige Geschenke an Dritte den Erbteil wertmäßig gemindert hat.

Die Ausnahmen der 10-Jahres-Frist nach § 2325 Absatz 3 BGB

Wie in Deutschland so typisch gibt es keine gesetzliche Regelung ohne Ausnahmen. Diese Ausnahmen sind jedoch im Bereich der Pflichtteilergänzung im Erbrecht sehr rar gesät. Als wesentliche Ausnahmen gelten die

  • Schenkungen unter Eheleuten
  • Schenkungen unter Nutzungsrechtsvorbehalt

Bei Schenkungen unter Eheleuten kommt die 10-Jahres-Frist nach § 2325 BGB in ihrer Ursprungsform nicht in Betracht, da sie erst mit der Auflösung der Ehe zu laufen beginnt. Dies bedeutet, dass ein beispielsweise im Jahr 2000 gemachtes Geschenk eines Erblassers an seine Ehefrau auch dann noch berücksichtigt wird, wenn der Erbfall im Jahr 2018 eingetreten ist. So könnte ein erbberechtigtes Kind, welches Kraft Testament von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, diese Schenkung als Ergänzung zum Pflichtteilanspruch geltend machen.

Für die zweite Ausnahme der 10-Jahres-Frist nach § 2325 BGB, der Schenkung unter Nutzungsrechtsvorbehalt, gibt es ein höchstrichterliches Urteil des BGH aus dem Jahr 1994 (Aktenzeichen IV ZR 132/93). Der BGH hat entschieden, dass die 10-Jahres-Frist nach § 2325 BGB nicht angewandt werden kann, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Schenkung diese Schenkung an einen Nutzungsrechtsvorbehalt geknüpft hat. In rechtlicher Hinsicht gilt eine Schenkung erst dann als vollständig vollzogen, wenn der Beschenkte die uneingeschränkte Nutzung an dem Geschenk innehat bzw. wenn der Erblasser auch wirklich einen Verlust des Geschenks hinnehmen muss. Eine simple Übertragung der Eigentumsrechte zum Zeitpunkt der Schenkung ist hierfür nicht ausreichend, da der Erblasser zum Zeitpunkt der Schenkung die tatsächliche Nutzung ja weiterhin für sich deklariert hat.

Eine derartige Konstellation kommt in der gängigen Praxis, insbesondere bei Immobilien, sehr häufig vor. Auch dann, wenn der Erblasser als Eigentümer einer Immobilie diese als „Schenkung“ an eine dritte Person überträgt und sich dann mit der Schenkung jedoch ein Nutzungsrecht der Immobilie vorbehält, fällt die Schenkung nicht in die 10-Jahres-Frist und führt somit auch nicht zu einem Ausfall des Pflichtteilergänzungsanspruchs eines unberücksichtigten Erben. Diese Fallkonstellation führt jedoch in der gängigen Praxis nicht selten zu Komplikationen, da der Wert der Immobilie zum Zeitpunkt der Schenkung berücksichtigt werden muss und nicht der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Auf der Grundlage des § 2325 Absatz 2 II des Bürgerlichen Gesetzbuches muss in derartigen Fällen geprüft werden, ob die besagte Immobilie ohne die vorbehaltenen Rechte zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs inflationsbereinigt einen geringeren Wert hatte, als es zum Zeitpunkt des Erbfalls der Fall war. Dieser Prozess ist enorm aufwendig und erfordert überdies auch eine umfassende Kenntnis über die Marktgegebenheiten sowie Eigenheiten des Immobilienrechts. Sollte die Immobilie zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs einen geringeren Wert haben als zum Zeitpunkt des Erbfalls muss die Differenz als Gegenstandswert des Pflichtteilsergänzungsanspruchs zugrunde gelegt werden. Die 10-Jahres-Frist, bei welcher Schenkungen nicht berücksichtigt werden, ist jedoch damit außer Kraft gesetzt.

Sollte sich eine derartige Fallkonstellation ergeben ist der Gang zu einem Rechtsanwalt für den Pflichtteilergänzungsanspruch unerlässlich. Wir beraten Sie sehr gern im Hinblick auf den Umfang Ihrer Ansprüche und machen diese sowohl außergerichtlich als auch auf dem juristischen Weg gegenüber Dritten geltend. Da es in derartigen Fällen nicht selten zu Komplikationen kommt und „böses Blut“ zwischen den Streitparteien regelrecht vorprogrammiert ist kann ein Mandat von uns sehr viel Stress und Hektik vermeiden. Ein unabhängiger Blick auf die gegebene Situation trägt sehr viel dazu bei, dass Sie auch wirklich zu Ihrem Recht kommen und dementsprechend nicht auf Ihre gesetzlichen Ansprüche verzichten müssen.

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