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Anfechtung eines notariellen Testamentes im Erbscheinsverfahren

Motivirrtum des Erblassers

AG Euskirchen – Az.: 3 VI 155/19 – Beschluss vom 08.10.2019

Der Erbscheinsantrag des Antragstellers zu 1) vom 14.02.2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden dem Antragsteller zu 1) auferlegt.

Gründe

I.

Der Antragsteller zu 1) und der Beteiligte zu 2) streiten über die Erbfolge nach der Erblasserin Frau B. N. L..

Die Erblasserin Frau B. N. L. starb verwitwet am 0.0.0. in F.. Sie hatte zwei Verfügungen von Todes wegen errichtet. Dies waren erstens ein handschriftliches Testament vom 0.0.0. Darin hatte die Erblasserin zunächst hauptsächlich ihr Bedauern über das Verhalten ihrer Kinder zum Ausdruck gebracht. Sodann hatte sie verfügt, dass der Beteiligte zu 2) „das Haus“ bekommen solle, so wie es mit ihrem bereits vorverstorbenen Ehemann abgesprochen gewesen sei „für einen ehrlichen Preis und ohne Zank“ [Rechtschreibung korrigiert]. Zweitens hatte die Erblasserin unter dem 0.0.0. ein notarielles Einzeltestament vor dem Notar O. in S. errichtet (UR.-Nr. 0/20). Darin hatte die Erblasserin u. a. alle ihre früheren Verfügungen von Todes wegen widerrufen. Zu ihrem alleinigen Erben hatte sie den Beteiligten zu 2) eingesetzt gleichviel, ob und welche Pflichtteilberechtigten bei ihrem Tod vorhanden seien. Ersatzerben anstelle des Beteiligten zu 2) sollten dessen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge sein. Falls der Beteiligte zu 2) keine Abkömmlinge haben sollte, sollten wiederum ersatzweise ihre anderen Söhne Erben zu gleichen Teilen werden. Des Weiteren hatte die Erblasserin diverse Vermächtnisse zugunsten des Antragstellers zu 1), des Beteiligten zu 3) und des weiteren Sohnes Herrn X. L. angeordnet. Die Erblasserin hatte erklärt, dass sie weitere Verfügungen von Todes wegen dort nicht treffen wolle.

Der Errichtung des notariellen Testamentes war eine Beratung der Erblasserin durch den beurkundenden Notar vorausgegangen. Nach der Beratung hatte der Notar ihr unter dem 0.0.20.. den Entwurf eines Testamentes und einen Entwurf einer Vorsorgevollmacht übersendet. Das entsprechende notarielle Testament wurde dann am 0.0.20.. errichtet. Die entsprechende Vorsorgevollmacht wurde zunächst – soweit ersichtlich – nicht von der Erblasserin erteilt. Die Erteilung einer anderweitigen Vorsorgevollmacht nebst einer Patientenverfügung erfolgte einige Jahre später seitens der Erblasserin an den Beteiligten zu 2) unter dem 0.0.20.. Nachdem die Erblasserin im Sommer des Jahres 20 einen Fahrradunfall erlitten hatte und sich ihr gesundheitlicher Zustand zunehmend verschlechterte, wurde eine gesetzliche Betreuung für die Erblasserin eingerichtet (AG Euskirchen Akz.  XVII 0/0). Als Betreuer wurde seinerzeit der Enkel der Erblasserin und Sohn des Antragstellers zu 1), Herr N.L., eingesetzt.

Nach dem Tod der Erblasserin wurde der Nachlass im Wesentlichen von dem testamentarisch bestimmten Alleinerben, dem Beteiligten zu 2), vereinnahmt und in dessen sonstiges Vermögen überführt. Der Beteiligte zu 3) und der weitere Sohn Herr X.L. erhielten von dem Beteiligten zu 2) jeweils Geldbeträge ausbezahlt. Nach der Darstellung des Antragstellers zu 1) sollen sich noch einzelne Nachlassgegenstände im Besitz des ehemaligen Betreuers der Erblasserin, Herrn N.L., und im Besitz des Beteiligten zu 3) befinden, Bl. 93 f. d. A.

Als mögliche gesetzliche Erben hinterließ die Erblasserin vier Söhne. Dabei handelte es sich um den Antragsteller zu 1), den Beteiligten zu 2), den Beteiligten zu 3) und den weiteren, an dem Erbscheinsverfahren nicht weiter beteiligten Sohn Herrn X.L.. Der Antragsteller zu 1) und der Beteiligte zu 2) streiten maßgeblich über die Erbfolge nach der Erblasserin.

Der Antragsteller zu 1) hat die Testamente der Erblasserin unter dem 0.0.20.. angefochten, soweit darin der Beteiligte zu 2) zum Alleinerben eingesetzt wurde. Zur Begründung behauptet er, dass die Erblasserin diesbezüglich einem Motivirrtum unterlegen gewesen sei. Die Erblasserin sei bei der Abfassung des angefochtenen Testamentes davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 2) sich bis zu ihrem Ableben vollumfänglich um „alle ihre Belange einschließlich der weiteren Versorgung sowie insbesondere im Hinblick auf gesundheitliche Verschlechterungen, Pflegebedürftigkeit und in letzter Konsequenz auch im Hinblick auf den Sterbevorgang kümmern würde. Nur vor dem Hintergrund dieser Vorstellung sei überhaupt erklärlich, dass die Erblasserin entgegen aller vorherigen Besprechungen nur einen ihrer vier Söhne als Alleinerben eingesetzt habe“. Der Antragsteller zu 1) meint, der Beteiligte zu 2) habe „seine Verpflichtungen aus der Bevollmächtigung“ nicht wahrgenommen und diese sogar „aktiv verschwiegen“. Der Beteiligte zu 2) habe die Erblasserin in ihrer Zeit in dem „Altenheim“ nicht mehr aufgesucht. Seit ihrem Einzug in das Alten- und Pflegeheim hätten sich vielmehr die anderen Söhne der Erblasserin nebst der jeweiligen Schwiegertöchter um die Erblasserin intensiv gekümmert. Der einzige Grund für die alleinige Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2) habe in der enttäuschten Erwartung bestanden, dass der Beteiligte zu 2) sie im Weiteren bis zum Lebensende vollumfänglich betreuen würde. Der Antragsteller zu 1) hat dann am 0.0.20.. einen Erbschein auf der Grundlage der gesetzlichen Erbfolge beantragt, welcher die vier Söhne der Erblasserin als Miterben zu jeweils 1/4 ausweisen soll, Bl. 1 ff. d. A.

Der Beteiligte zu 2) hält den Erbscheinsantrag vom 0.0.20.. für unzulässig, weil es an einem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis für den Antragsteller zu 1) fehle. Der Erbscheinsantrag sei auch unbegründet, da die Anfechtung der Testamente der Erblasserin durch den Antragsteller zu 1) unwirksam sei. Er – der Beteiligte zu 2) – sei der testamentarische Alleinerbe der Erblasserin. Die Erblasserin habe ihn bereits in dem Testament vom 0.0.19.. als Alleinerben eingesetzt, weil das Hausgrundstück den bei Weitem werthaltigsten Nachlassgegenstand dargestellt hätte. Die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2) habe keinesfalls der Absicherung einer Pflege oder als Gegenleistung für eine etwa von seiner Seite übernommenen Pflegeverpflichtung gedient. Es habe auch kein Bedingungsverhältnis zwischen der Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2) und einer etwaigen Bevollmächtigung gegeben. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Erbeinsetzung und der Nichtbeurkundung des Entwurfs einer Bevollmächtigung. Es habe nur eine zeitliche und örtliche Koinzidenz der notariellen Entwürfe gegeben, welche nach den Ausführungen des Beteiligten zu 2) mit dem gleichzeitigen Kauf bzw. Nichtkauf von beispielsweise „Wurst und Milch“ in einem Supermarkt verglichen werden könnte, Bl. 60 d. A. Die Erblasserin habe hinsichtlich der Erbeinsetzung eine höchstpersönliche Entscheidung getroffen, in die eine Vielzahl von Motiven eingeflossen seien. Der Antragsteller zu 1) habe den Erbscheinsantrag „mutwillig ins Blaue hinein“ ohne hinreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte gestellt, da er meine, noch etwas bekommen zu müssen, Bl. 67 d. A.

II.

Der Erbscheinsantrag des Antragstellers zu 1) vom 0.0.20.. ist zulässig, aber unbegründet.

Der Erbscheinsantrag vom 0.0.20.. ist noch als zulässig anzusehen. Das Nachlassgericht geht insofern davon aus, dass der Antragsteller zu 1) ein zwar geringes, aber noch hinreichendes Rechtsschutzinteresse an der Erteilung eines Erbscheins hat. Das formelle Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung des Erbscheins liegt in der Regel vor, weil das Nachlassgericht grundsätzlich nicht zu prüfen hat, aus welchem Grund und zu welchem Zweck ein Erbschein beantragt wird oder ob der Erbe eines Erbscheins überhaupt bedarf. Es fehlt aber ausnahmsweise, z. B. wenn ein Erbschein ohne jedes Bedürfnis für eine Rechtsfolge begehrt wird (Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2353 Rn. 43). In dem hier zu entscheidenden Fall ist es zwar so, dass der Beteiligte zu 2) offenbar den Nachlass im Wesentlichen bereits vereinnahmt und in sein sonstiges Vermögen überführt hat. In dem vorliegenden Verfahren hat er mehrfach erklärt, die Nachlassgegenstände ggfs. ohnehin erst nach einer Klärung der materiellen Rechtslage auf dem Zivilrechtsweg herauszugeben. Da der Erbschein die materielle Erbrechtslage nicht ändert und nur eine Klarstellungs- bzw. Legitimationsfunktion im Rechtsverkehr aufweist, ist nach wie vor zweifelhaft, welche Rechtsfolgen der Antragsteller zu 1) aus der Erteilung eines ihn begünstigenden Erbscheins herleiten könnte. Darauf war der Antragsteller zu 1) unter dem 0.0.20.. durch das Nachlassgericht u. a. auch ausdrücklich hingewiesen worden, Bl. 77 f. d. A. Der Antragsteller zu 1) hat diese Hinweise zum Anlass genommen, nunmehr zu behaupten, dass sich noch Nachlassgegenstände in der Verwahrung des ehemaligen Betreuers der Erblasserin, Herrn N.L., befinden würden. Dabei handele es sich um „Schmuck und Uhren“ sowie die „Betreuungsakten“. Außerdem seien „einige Gegenstände“ von dem Beteiligten zu 3) im Rahmen der Haushaltsauflösung der Erblasserin „vorläufig gesichert und auf seinem Grundstück in Verwahrung genommen“ worden, Bl. 88 d. A. Da demzufolge die Nachlassmasse angeblich doch noch nicht vollständig auseinandergesetzt bzw. nicht vollständig von dem Beteiligten zu 2) vereinnahmt wurde, kann dem Antragsteller zu 1) ein verbleibendes Rechtsschutzinteresse für seinen Erbscheinsantrag zugebilligt werden.

Der Erbscheinsantrag vom 0.0.20.. ist aber unbegründet. Der Beteiligte zu 2) ist der testamentarische Alleinerbe der Erblasserin geworden. Daher kann dem Antragsteller zu 1) der begehrte Erbschein nach der gesetzlichen Erbfolge nicht erteilt werden. Die vom Antragsteller zu 1) ausgebrachte Anfechtung (§ 2081 BGB) der Testamente der Erblasserin bezüglich der Alleinerbenstellung des Beteiligten zu 2) ist unwirksam. Denn es fehlt an dem dafür notwendigen Anfechtungsgrund. Insbesondere fehlt es an dem diesbezüglich von dem Antragsteller zu 1) behaupteten Motivirrtum der Erblasserin gem. § 2078 Abs. 1, Abs. 2 BGB.

Der Antragsteller zu 1) stützt die Anfechtung der Testamente der Erblasserin im Wesentlichen auf die Behauptung, der einzige Grund für die alleinige Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2) sei die enttäuschte Erwartung der Erblasserin gewesen, dass dieser sie bis zu ihrem Lebensende vollumfänglich in allen Belangen tatsächlich und rechtlich betreuen würde. Für die Richtigkeit dieser Behauptung des Antragstellers zu 1) bestehen keinerlei belastbare Anknüpfungspunkte in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht. Ohne Erfolg versucht der Antragsteller zu 1), diese vermeintliche Erwartung der Erblasserin an einer vermeintlichen Pflegeverpflichtung des Beteiligten zu 2) sowie an vermeintlichen Pflichten des Beteiligten zu 2) im Zusammenhang mit der Erteilung einer Vorsorgevollmacht und/oder mit der Erstellung einer Patientenverfügung durch die Erblasserin festzumachen.

Erstens enthält insbesondere das notarielle Einzeltestament der Erblasserin vom 0.0.20.. keinerlei Anhaltspunkte für eine Verknüpfung und/oder ein Bedingungsverhältnis mit einer irgendwie gearteten Pflegeverpflichtung des Beteiligten zu 2). Das genannte notarielle Testament enthält vielmehr die bedingungslose Einsetzung des Beteiligten zu 2) als deren Alleinerbe. Wenn der Erblasserin die entsprechenden Pflegeleistungen durch den Beteiligten zu 2) als Voraussetzung, Bedingung, Gegenleistung o. ä. für die Erbeinsetzung tatsächlich wichtig gewesen wäre – wie der Antragsteller zu 1) behauptet – so hätte es nahe gelegen, dass dieser Punkt in die Gestaltung des Testamentes eingeflossen wäre. Dies gilt vorliegend umso mehr, da es sich um ein notarielles Testament handelt, dessen Erstellung eine Beratung durch den beurkundenden Notar vorausgegangen war. Dieser der Erblasserin angeblich so wichtige Punkt findet sich indes in keiner Weise in dem notariellen Testament wieder. Wenn die nunmehr von dem Antragsteller zu 1) für die Anfechtung des Testamentes bemühte angebliche Motivlage bei der Erblasserin vorgelegen hätte, hätte es auch nahe gelegen, gar kein notarielles Einzeltestament zu errichten, sondern einen Erbvertrag mit dem Beteiligten zu 2) mit der entsprechenden Rechtsgestaltung. Auch dies ist bekanntermaßen nicht geschehen. Die Erblasserin hat den Beteiligten zu 2) zu ihrem Alleinerben bestimmt und sogar dessen Abkömmlinge noch ausdrücklich zu den primären Ersatzerben, bevor die anderen gesetzlichen Erben als weitere sekundäre Ersatzerben überhaupt hätten erben sollen. Der Inhalt und die gewählte Gestaltung des notariellen Testamentes spricht damit bereits entscheidend gegen das Vorliegen der von dem Antragsteller zu 1) in dem hiesigen Verfahren behaupteten Motivlage der Erblasserin.

Zweitens versucht der Antragsteller zu 1) vergeblich, aus dem seinerzeitigen Entwurf einer Vorsorgevollmacht und der deutlich später unter dem 0.0.20.. erfolgten Erteilung einer Vorsorgevollmacht durch die Erblasserin an den Beteiligten zu 2), daraus die angebliche umfassende Pflicht des Beteiligten zur vollumfänglichen Pflege bzw. Betreuung der Erblasserin herzuleiten. Das Gleiche gilt für die angebliche Erwartung der Erblasserin als Motiv, dass der Beteiligte zu 2) diese Leistungen vorzunehmen hätte. Die entsprechenden Annahmen des Antragstellers zu 1) sind sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht falsch. Tatsächlich war es so, dass der Entwurf des notariellen Testamentes vom 0.0.20.. im Anschluss am 0.0.20.. umgesetzt und beurkundet wurde, der gleichzeitig angedachte Entwurf der Vorsorgevollmacht hingegen nicht. Die Idee bzw. der Entwurf der Vorsorgevollmacht wurde von der Erblasserin vielmehr zunächst – soweit ersichtlich – verworfen, da die entsprechende Vollmacht im Gegensatz zu dem Testament gerade nicht unterzeichnet und beurkundet wurde. Erst Jahre später, unter dem 0.0.20.., kam es dann zu der Erteilung einer Vorsorgevollmacht durch die Erblasserin an den Beteiligten zu 2), verbunden mit der Ausstellung einer Patientenverfügung. Es ist fernliegend, diesbezüglich eine Verknüpfung mit der Erbeinsetzung im Jahr 20 in der Weise zu konstruieren, dass die Erblasserin die Pflege und Versorgung durch den Beteiligten zu 2) als Grund bzw. als Bedingung für die Erbeinsetzung angesehen haben soll. Wiederum gilt, dass es anderenfalls nahe gelegen hätte, dass die Erblasserin bereits seinerzeit ihrem angeblichen Willen in den notariellen Urkunden Ausdruck verliehen hätte. Die Erblasserin sah aber offenbar gar keine Veranlassung dazu, die entsprechende Vorsorgevollmacht an den Beteiligten zu 2) zu erteilen. Der Antragsteller zu 1) versucht in untauglicher Weise, die vermeintliche Motivlage der Erblasserin an dem Entwurf einer notariellen Vorsorgevollmacht festzumachen, auf dessen Umsetzung die Erblasserin selbst offenbar für mehrere Jahre gar keinen Wert gelegt hat. Die spätere tatsächliche Erteilung einer Vorsorgevollmacht an den Beteiligten zu 2) am 0.0.20.. weist weder einen zeitlichen, noch einen inhaltlichen Bezug zu der Jahre zuvor erfolgten Erbeinsetzung auf. In rechtlicher Hinsicht verkennt der Antragsteller zu 1), dass die Erteilung einer (Vorsorge-)Vollmacht auch nicht etwa (Pflege-)Verpflichtungen für den jeweiligen Bevollmächtigten begründet, sondern diesen vielmehr nur in dem jeweils vorgesehenen Aufgabenkreis berechtigt. Dies gilt naturgemäß erst recht für bloße Entwürfe derartiger Vollmachten. Insofern rekurriert der Antragsteller zu 1) in dem vorliegenden Verfahren wiederholt erfolglos auf die Nichterfüllung vermeintlicher Verpflichtungen des Beteiligten zu 2) zu einer Pflege/Versorgung der Erblasserin, welche gar nicht bestanden. Die Nichtbeurkundung des Entwurfs der Vorsorgevollmacht im Jahr 20 spricht gerade gegen das Vorliegen der vom Antragsteller zu 1) behaupteten Motivlage der Erblasserin bei der Testamentserrichtung.

Drittens stützt der Inhalt der vorausgegangenen Verfügung von Todes wegen vom 0.0.19.. ebenfalls die (unbedingte) Einsetzung des Beteiligten zu 2) als Alleinerben durch die Erblasserin. Diesbezüglich ist es auch nicht erheblich, ob es sich dabei überhaupt um ein formwirksames Testament der Erblasserin gem. § 2247 Abs. 1 BGB gehandelt hat. Denn die Erblasserin hat dieses Testament jedenfalls in dem späteren notariellen Testament vom 0.0.20.. widerrufen. Gleichwohl enthielt dieses Schriftstück jedenfalls nur eine Verfügung von Todes wegen, und zwar einzig und allein zugunsten des Beteiligten zu 2). Denn die Erblasserin traf sinngemäß die Anordnung, dass der Beteiligte zu 2) das Haus bekommen sollte, wie es mit dem vorverstorbenen Ehemann abgesprochen gewesen sei. Eine wie auch immer geartete Verknüpfung oder Bedingung mit einer von dem Beteiligten zu 2) vermeintlich geschuldeten Gegenleistung hatte bereits diese früher von der Erblasserin getroffene Regelung nicht vorgesehen. Die Erblasserin hat auch in diesem früheren Schriftstück nicht etwa die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass der Beteiligte zu 2) bestimmte Verpflichtungen eingehen oder Leistungen ihr gegenüber erbringen müsste. Denn neben der erbrechtlichen Bestimmung hatte die Erblasserin dort im Wesentlichen nur ihr Bedauern über das Verhalten ihrer Kinder geäußert.

Viertens verkennt der Antragsteller zu 1), dass die Erblasserin nicht etwa eine einseitige und alleinige Begünstigung des Beteiligten zu 2) vorgenommen hat, sondern mehrere, differenzierte erbrechtliche Regelungen getroffen hat. Denn die Erblasserin hat in dem notariellen Testament vom 0.0.20.. nicht nur den Beteiligten zu 2) zu ihrem Alleinerben bestimmt, sondern für die anderen drei Söhne im Einzelnen Vermächtnisse in unterschiedlicher Höhe angeordnet. In Anbetracht der differenzierten Ausgestaltung des Testamentes erschließt sich nicht, warum denn ausgerechnet die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2) an die behauptete Motivlage der Erblasserin gebunden gewesen sein soll. Denn die anderen Söhne wurden von der Erblasserin ebenfalls bedacht in Form der Vermächtnisse. Aus dieser Gestaltung des Testamentes ergibt sich, dass die Erblasserin gerade keine Verteilung ihres Nachlasses nach Kopfteilen auf die gesetzlichen Erben zu gleichen Teilen wünschte. Der Antragsteller zu 1), der Beteiligte zu 3) und auch Herr X.L. sind der Meinung und unterliegen der Vorstellung, dass der Nachlass „gerecht durch vier geteilt“ werden sollte, da sie so von ihren Eltern erzogen worden seien und sie sich sicher seien, dass das der Wille ihrer Mutter gewesen sei, Bl. 35 d. A. Aufgrund der Gestaltung des notariellen Testamentes und der vorgenannten Umstände ist das Nachlassgericht aber davon überzeugt, dass die Erblasserin eben ihre eigenen abweichenden Vorstellungen hatte und diese im Rahmen einer höchstpersönlichen Entscheidung umgesetzt hat. Da sich diesbezüglich ein beachtlicher Motivirrtum der Erblasserin nicht feststellen lässt, haben die anderen Beteiligten diese Entscheidung der Erblasserin zu respektieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Es entsprach vorliegend billigem Ermessen, allein den Antragsteller zu 1) mit den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der anderen Beteiligten zu belasten. Denn der Erbscheinsantrag des Antragstellers zu 1) vom 0.0.20.. hatte von vornherein keine Aussicht auf Erfolg und dies hätte der Antragsteller zu 1) auch erkennen können. Denn es fehlten von vornherein greifbare Anhaltspunkte für den vermeintlichen Motivirrtum der Erblasserin. Die Erblasserin hatte die Erbfolge gemäß der obigen Ausführungen vielmehr klar und eindeutig testamentarisch geregelt. Zudem war der Antragsteller zu 1) von dem Nachlassgericht unter dem 0.0.20.. noch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Erbscheinsantrag aller Voraussicht nach keine Aussicht auf Erfolg hat, Bl. 77 f. d. A. Ungeachtet dessen hielt der Antragsteller an dem erfolglosen Erbscheinsantrag fest.

 

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