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Auskunftspflicht gegenüber Pflichtteilsberechtigten – Anforderungen notarielles Nachlassverzeichnis

OLG Celle – Az.: 6 U 34/20 – Urteil vom 29.10.2020

Die vom Streifhelfer für die Beklagte geführte Berufung gegen das am 20. April 2020 verkündete Teilurteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das angefochtene Urteil teilweise geändert und die Beklagte weiter verurteilt, den Kläger bei der Errichtung des notariellen Nachlassverzeichnisses hinzuzuziehen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Erfüllung der Auskunftspflicht durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zur Berechnung eines im Wege der Stufenklage geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs.

Der Kläger ist der Sohn des am 13. Juni 2016 in H. verstorbenen F. M. (Erblasser). Die Beklagte ist die Ehefrau des Erblassers und dessen Alleinerbin. Nachdem die Beklagte auf Aufforderung des Klägers am 26. September 2016 Auskunft über den Nachlass erteilt hatte, forderte der Kläger sie mit Schreiben vom 8. Mai 2017 zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses auf (Anlage K6 Anlagenband Kläger). Nach erneuter Anmahnung durch den Kläger meldete sich der Streithelfer mit Schreiben vom 21. Juli 2017 und teilte mit, dass die Ausarbeitung des Nachlassverzeichnisses für den Zeitraum nach Beendigung der Sommerurlaubsperiode eingeplant sei. Am 17. Oktober 2017 ließ der Streithelfer dem den Kläger seinerzeit außergerichtlich vertretenden Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass am 23. Oktober 2017 das notarielle Nachlassverzeichnis aufgenommen werde. Der Klägervertreter bat um Mitteilung von drei Terminen zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses, woraufhin ihm der Streithelfer mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 einen Entwurf des notariellen Nachlassverzeichnisses übersandte und drei Terminvorschläge für den 8., 11. und 12. Dezember 2017 machte (vgl. Anlage K11. Anlagenband Kläger). Anschließend gab es weitere Korrespondenz zwischen Klägervertreter und Streithelfer betreffend die erforderlichen Tätigkeiten eines Notars bei Errichtung des Nachlassverzeichnisses. Unter dem 15. Januar 2018 übersandte der Streithelfer eine als „Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses“ überschriebene notarielle Urkunde (URNr. 27/2018, vgl. Anlage K 14, Anlagenband Kläger).

Der Kläger hat mit der Stufenklage Auskunft über den Bestand des Nachlasses des Erblassers durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses, welches auf einer eigenen Ermittlungstätigkeit des Notars beruht, verlangt, daneben Vollständigkeitsversicherung und Zahlung von noch zu beziffernden Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen. Er hat gemeint, das notarielle Nachlassverzeichnis vom 15. Januar 2018 stelle keine Erfüllung seines Auskunftsanspruchs durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses dar. Der Streifhelfer habe sich überwiegend nur auf die Angaben der Erbin verlassen, jedoch keine eigene Ermittlungstätigkeit ausgeführt.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat die Ansicht vertreten, der Streithelfer habe keine weiteren Ermittlungen zum Zwecke der Erstellung des Nachlassverzeichnisses vornehmen müssen; das Verzeichnis sei vollständig. Der Notar habe die Ergebnisse seiner Ermittlungen in ausreichender Weise festgehalten.

Das Landgericht hat die Beklagte auf der Auskunftsstufe durch Teilurteil antragsgemäß verurteilt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Auskunftserteilung über den Nachlass des Erblassers durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses aus § 2314 Abs. 1. S. 1 und 3 Variante 3 BGB. Der Anspruch sei nicht durch Vorlage des Verzeichnisses vom 15. Januar 2018 des Streithelfers erfüllt, denn das vorgelegte Nachlassverzeichnis entspreche nicht den Anforderungen. Das Verzeichnis sei offensichtlich unvollständig. Es fehlten Angaben zum Güterstand des Erblassers. Die Angaben im Verzeichnis hinsichtlich der Ölgemälde, des Eheringes, der Uhr des Erblassers, der Manschettenknöpfe und Krawattennadeln seien unzureichend, weil wertbildende Faktoren fehlten. Sofern eine genauere Beschreibung nicht möglich sei, müsse wenigstens ein Foto der Gegenstände dem Nachlassverzeichnis beigefügt und darauf Bezug genommen werden. Weiterhin seien die Angaben zu den unentgeltlichen Verfügungen des Erblassers unzureichend. Die Angaben in dem Nachlassverzeichnis bezögen sich auf Zeiträume, nämlich den Zehnjahreszeitraum vor dem Tod des Erblassers. Es seien aber die einzelnen Daten anzugeben wegen der Abschmelzungsregelung in § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB. Überdies fehlten hinsichtlich der Wertpapierdepots Angaben zu der depotführenden Bank sowie Angaben zum Inhalt des Depots. Die Unvollständigkeit führe im vorliegenden Fall dazu, dass der Kläger einen Anspruch auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses insgesamt und nicht bloß einen Anspruch auf Ergänzung der bereits erteilten Auskunft habe. Eine Ergänzung komme in Betracht, wenn der Verpflichtete aus Unwissenheit einen bestimmten Gegenstand nicht aufgenommen oder einen Teil des Nachlassvermögens bewusst ausgelassen habe und es sich erkennbar um eine unvollständige Auskunft handele. Dieser Fall liege nicht vor, vielmehr sei das Zusammenspiel der genannten aufgeführten unzureichenden Angaben in der Summe als Nichterfüllung des Auskunftsanspruchs anzusehen.

Dagegen wendet der Streithelfer sich mit der für die Beklagte geführten Berufung. Er meint weiterhin, die Beklagte habe den Auskunftsanspruchs durch Vorlage des von ihm gefertigten notariellen Nachlassverzeichnisses erfüllt.

Er beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in der Auskunftsstufe abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung des Streithelfers zurückzuweisen und

2. im Wege der Anschlussberufung klagerweiternd die Beklagte über den Schlussantrag der ersten Instanz hinaus zu verurteilen, den Kläger zur Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses hinzuzuziehen.

Der Streithelfer beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Er meint, der mit der Anschlussberufung verfolgte erstmals erhobene Antrag sei als Klageänderung nach § 533 ZPO nicht zulässig.

Wegen der weiteren Feststellungen nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil sowie auf das Sitzungsprotokoll und die eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Anschlussberufung ist zulässig und begründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Die Berufungssumme von mehr als 600 € gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist erreicht, denn der Streithelfer meint, dass er für die Erstellung eines vollständigen notariellen Verzeichnisses von der Beklagten nochmals Gebühren verlangen kann, weil es sich um ein neues Verfahren nach GNotKG handele. Die Kosten für das bisherige Nachlassverzeichnis sind im Verzeichnis vom 15. Januar 2018 (Seiten 9/10) mit „ca. 5.000 €“ angegeben, ausgehend von einem „Wert bis 1.106.966,73 €“. Die Beklagte droht daher mit Kosten in Höhe von nochmals rd. 5.000 € belastet zu werden. Auch die Kosten für eine bloße Ergänzungsurkunde würden nach einem Wert bis 300.000 € – legt man nur die Summe der Depotguthaben und Schenkungen zugrunde – etwa 1.000 € (nach Nr. 21100 Kostenverzeichnis GNotKG) betragen.

Die Frage, ob der Streithelfer gegenüber der Beklagten kostenlos nacherfüllen müsste, ist nicht im vorliegenden Berufungsverfahren zu klären. Für die Zulässigkeit der Berufung ist ausreichend, dass die Beklagte die von ihr verlangte Leistung (Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses) erst nach Zahlung eines weiteren, die Berufungssumme von 600 € übersteigenden Vorschusses an den Notar wird erbringen können.

2. In der Sache ist die Berufung unbegründet.

Die Entscheidung des Landgerichts, die Beklagte zur Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu verurteilen, ist nicht zu beanstanden.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre Verpflichtung aus § 2314 Abs. 1 Satz 1, 3 BGB bislang nicht erfüllt hat. Anders als in dem Fall, über den der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20. Mai 2020 – IV ZR 193/19 (zit. nach juris) entschieden und ausgeführt hat, dass bei einer offensichtlichen Unvollständigkeit eines Nachlassverzeichnisses in einem Punkt eine Ergänzung bzw. Berichtigung des notariellen Nachlassverzeichnisses verlangt werden kann, ist dem Landgericht zuzustimmen, dass im Streitfall das bisher vorgelegte Nachlassverzeichnis nicht den Mindestanforderungen genügt und deshalb schon keine Erfüllung darstellen kann.

a) § 2314 BGB soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Hierbei soll ein notarielles Nachlassverzeichnis eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das private Verzeichnis des Erben bieten. Dementsprechend muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2020 – IV ZR 193/19 –, zitiert nach juris, dort Rn. 8). Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens zwar weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Vielmehr muss er den Nachlassbestand selbst ermitteln und feststellen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (BGH a. a. O.). Der Streithelfer irrt mithin, wenn er meint, dass es allein in seinem Ermessen steht, ob ein Vermerk im Verzeichnis erfolgt oder nicht, und dass es die (Erfüllung der) Verpflichtung zur Errichtung eines notariellen Verzeichnisses nicht berühre, „dass ggfs. darüberhinausgehende Auskünfte zu erteilen sind“. Der Erbe ist insoweit dem Notar gegenüber zur Mitwirkung verpflichtet, welche der Notar einfordern darf und muss (BGH a. a. O. Rn. 9).

b) Gemessen an den vorgenannten Anforderungen hat die Beklagte bislang nicht Auskunft über den Nachlass durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erteilt. Darauf ist im Einzelnen bereits im Schreiben des Vorsitzenden vom 15. September 2020 hingewiesen worden.

Trotz des Einleitungssatzes im notariellen Nachlassverzeichnisses vom 15. Januar 2018 (dritter Absatz Seite 2)

„Aufgrund der Angaben der Erschienenen, der übergebenen Schriftstücke, insbesondere Mitteilungen der nachfolgend genannten Banken zu den Kontoständen zum Todeszeitpunkt (13. Juni 2016), handschriftliche Aufzeichnungen über Aufwendungen, Sachverständigengutachten und Grundbuchauszüge) sowie meiner, des Notars, Wahrnehmungen vor Ort, verzeichne ich, der Notar, den Bestand des Nachlasses wie folgt:“

ergeben die weiteren Ausführungen im Nachlassverzeichnis, dass der Streifhelfer hinsichtlich einiger Angaben teilweise selbst keine Ermittlungstätigkeiten vorgenommen hat, sondern sich im Gegenteil ausdrücklich von einer eigenen Ermittlungstätigkeit distanziert. Einige Angaben sind zudem unzureichend. Im Einzelnen:

aa) Die Angaben zu Kunstgegenständen (III. des Nachlassverzeichnisses) sowie zum Schmuck (IV. des Nachlassverzeichnisses) sind nicht nachvollziehbar. Auch wenn der Notar angibt, bei der Wohnungsbesichtigung diese Gegenstände in Augenschein genommen zu haben, ermöglicht die Beschreibung jeweils keine Einordnung des Wertes, und auch die Schätzung der addierten Einzelwerte auf „maximal 500,00 €“ ist nicht nachvollziehbar; eine Wertschätzung durch den Notar ist nicht erforderlich. Zum Ehering ist der Goldgehalt nicht mitgeteilt, ebenso derjenige der Manschettenknöpfe. Warum die Beklagte die an ihren Sohn übergebene Uhr des Erblassers nicht von ihrem Sohn zurückgefordert hat, damit der Notar sie in Augenschein nehmen und beschreiben kann, bleibt offen. Dass der Notar sie insoweit zur Mitwirkung aufgefordert hat, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

bb) Der Kläger weist zudem zutreffend darauf hin, dass die Angabe des Notars, dass sich aus den Unterlagen keine weiteren Anknüpfungspunkte für eine Nachsuche oder eine Nachfrage hinsichtlich etwaig vorhandener Bankguthaben ergeben hätten, nicht stimmt. Jedenfalls die Sparkasse N., bei der der Erblasser ein Darlehenskonto führte, hätte dazu vom Notar angeschrieben werden müssen. Es drängt sich hier auch aus Sicht eines objektiven Dritten die Möglichkeit auf, dass der Erblasser bei dieser Bank weitere Konten unterhalten hat.

cc) Offensichtlich wird die mangelnde eigene Ermittlungstätigkeit des Notars hinsichtlich der Angaben zum Wertpapierdepot, da weder die ausgebende Bank noch die Art des Depots mitgeteilt oder ersatzweise entsprechende Belege hierfür vorgelegt worden sind und der Notar bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch keine nachträgliche Klarstellung hierzu vorgenommen hat.

dd) Der Hinweis „Versicherungsunterlagen wurden mir von dem Erben nicht übergeben. Nach Aussage der Erben bestanden keine Ansprüche gegenüber dem Finanzamt auf Steuerrückerstattungen. Weitere Auskünfte hierzu habe ich nicht eingeholt“. erweckt den Eindruck, dass es sich um einen Textbaustein handelt, was an der unterschiedlichen Verwendung der Worte „dem Erben“, dann „der Erben“, obwohl es sich im Streitfall nur um eine Erbin handelt, zu erkennen ist. Dass Versicherungsunterlagen „nicht übergeben“ wurden, bedeutet strenggenommen nicht, dass keine Versicherungen unterhalten worden sind. Ob der Notar nach dem Bestehen von Versicherungen gefragt hat, bleibt offen. Außerdem hätte der Notar sich von der Erbin die Steuernummer geben lassen oder sonst selbst beim Finanzamt des Wohnortes des Erblassers hinsichtlich etwaiger Steuerrückerstattungen anfragen können.

ee) Ebenfalls unzureichend sind die Angaben hinsichtlich der unentgeltlichen Verfügungen des Erblassers unter Lebenden (S. 8 des notariellen Nachlassverzeichnisses), wie das Landgericht bereits festgestellt hat. Die Angabe des „Zeitraum(s) 1. Juni 2006 bis 1. Juni 2016“, Gegenstand 44.700,00 €“, “Gesamtbetrag nach Addition diverser Einzelposten“ (entsprechend auch hinsichtlich weiterer unentgeltlicher Verfügungen an zwei weitere Personen) im streitgegenständlichen Nachlassverzeichnis ermöglichen dem Kläger nicht die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs, weil dieser die Abschmelzungsbeträge gemäß § 2325 Abs. 3 BGB erst richtig ermitteln kann, wenn ihm die konkreten Daten der Zuwendungen bekannt sind. Der Senat kann auch hier nicht feststellen, dass der Streithelfer seiner objektiv erforderlichen Ermittlungstätigkeit genügt hat. Eine weitergehende  Aufklärung des Sachverhalts in der mündlichen Verhandlung ist nicht erfolgt, weil der Streithelfer nicht persönlich anwesend war.

ff) Schließlich ist unverständlich, dass der Streithelfer dem Inhalt des Bankschließfachs nicht näher nachgegangen ist, sondern sich auch hier auf die Angaben der Erbin verlassen hat, dass in dem Bankschließfach „seit jeher nur Akten und persönliche Dokumente verwahrt worden seien“ (vgl. XI. Sonstiges, S. 7 des notariellen Nachlassverzeichnisses). Ohne Sichtung der Unterlagen wird eine Einschätzung, ob sich darin Hinweise auf weitere Vermögenswerte ergeben, nicht möglich sein.

c) Die Entscheidung des Landgerichts, die Beklagte zur Erteilung der Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses und nicht nur zu dessen Ergänzung zu verurteilen, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Wegen der nicht nur geringfügigen Unvollständigkeiten und teilweise offensichtlich unterbliebenen eigenen Ermittlungstätigkeit des Streithelfers stellt das vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis vom 15. Januar 2018 keine Erfüllung, auch keine Teilerfüllung, dar. Zu einer teilweisen Erfüllung ist die Beklagte nicht berechtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2014 – XII ZB 385/13, zit. nach juris; Anmerkung Kuhn zu BGH, Urt. v. 20.Mai 2020 – IV 193/19 in ZEV 2020, 625, zit. nach beck-online). Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 20.Mai 2020 – IV 193/19) steht dem nicht entgegen. Im Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall, der eine Vollstreckungsgegenklage des zur Auskunftserteilung verurteilten Erben betraf, liegt vorliegend nicht nur eine offensichtliche Unvollständigkeit eines Nachlassverzeichnisses in einem Punkt vor, hinsichtlich dessen die Unvollständigkeit auf einer verweigerten Mitwirkung der Erbin beruht, den Notar zur Einholung einer Auskunft bei einer Bank im Österreich zu ermächtigen. Vielmehr hat der Streithelfer in dem vorgelegten Nachlassverzeichnis vom 15. Januar 2018 nicht deutlich gemacht, warum zu den unvollständigen Positionen genauere Angaben nicht möglich sind. Auch die Beklagte hat hierzu erstinstanzlich nicht näher vorgetragen, sondern sich nur darauf zurückgezogen, dass sie die geschuldete Auskunft vollständig erfüllt habe. Am Berufungsverfahren hat die Beklagte sich nicht beteiligt.

3. Die Anschlussberufung hat Erfolg.

a) Die Anschlussberufung, mit der der Kläger keinen eigenen Angriff gegen das Teilurteil vorbringt, sondern nur eine Erweiterung seines erstinstanzlichen Klagantrags um die Hinzuziehung bei Errichtung des Nachlassverzeichnisses begehrt, ist zulässig (vgl. BGH VI ZR 152/10 = NJW 2011, 3298, zitiert nach juris dort Rn. 9).

b) Der Anspruch auf Hinzuziehung bei der Aufnahme des Verzeichnisses folgt aus § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB und beruht auf demselben Sachverhalt, den das Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, nämlich dem Recht des Klägers als Pflichtteilsberechtigtem, Auskunft über die Höhe des Nachlasses von der Beklagten als Erbin zu erhalten. Eine Klagänderung im Sinne von § 533 ZPO liegt entgegen der Auffassung des Streithelfers nicht vor, weil der Kläger seinen Anspruch auf Erteilung der Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses nur um die Hinzuziehung erweitert und den Klaggrund nicht vollständig ausgewechselt hat (vgl. § 264 Nr. 2 ZPO). Auf die Einwilligung des Gegners oder die Sachdienlichkeit im Berufungsverfahren kommt es mithin nicht an.

In materiell – rechtlicher Hinsicht stellt der Streithelfer das Hinzuziehungsrecht des Klägers nicht in Frage. Über den näheren Inhalt dieses Rechts muss der Senat sich an dieser Stelle nicht verhalten.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, Halbs. 2, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich hier um eine auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruhende Entscheidung.

Der Streitwert verteilt sich je zur Hälfte auf Berufung und Anschlussberufung.

 

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