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Auslegungsfähigkeit eines notariellen Testaments – Einsetzung der Kinder als Schlusserben

OLG München – Az.: 31 Wx 290/11 – Beschluss vom 16.07.2012

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Altötting vom 4. März 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 hat die dem Beteiligten zu 2 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren bleibt vorbehalten.

Gründe

I.

Der Erblasser ist am 3.4.2010 im Alter von 65 Jahren verstorben. Er war verheiratet mit der am 23.3.2000 verstorbenen B. B.. Aus der Ehe gingen die Beteiligten zu 2 und 3 hervor. Die Beteiligte zu 1 ist die Lebensgefährtin des Erblassers.

Es liegen folgende letztwillige Verfügungen des Erblassers vor:

1. Ein notarielles – mit seiner verstorbenen Ehefrau errichtetes – gemeinschaftliches Testament vom 4.12.1992. Dieses lautet im Wesentlichen wie folgt:

„…

§ 2

Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein, so daß der Längstlebende von uns der alleinige Erbe des zuerst Versterbenden sein soll.

Der überlebende Teil ist hinsichtlich unseres beweglichen und unbeweglichen Vermögens unbeschränkter Vollerbe, falls er nicht wieder heiratet.

Sollte der überlebende Teil wieder heiraten, so wird er nur als Vorerbe eingesetzt. Er ist als solcher hinsichtlich unseres beweglichen und unbeweglichen Vermögens von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit, soweit dies möglich und nicht durch Teilungsanordnung bezüglich einzelner Gegenstände gesondert geregelt ist.

Der Nacherbfall tritt mit der Wiederverheiratung des überlebenden Teils ein.

§ 3

Als Nacherben bestimmen wir unsere gemeinschaftlichen ehelichen Abkömmlinge:

a) (Beteiligter zu 2)

a) (Beteiligte zu 3)

zu gleichen Teilen.

Sollte eines dieser Kinder vorverstorben sein, so sollten dessen Nachfolger den Erbteil des Vorverstorbenen erben.

Sind keine Nachfolger da, so soll Ersatzerbe sein das andere Kind.

§ 4

Sollte einer unserer Erben nach dem Tode des Erstversterbenden die Auszahlung seines Erbteils verlangen, so soll er auf den Pflichtteil gesetzt werden.

Sollte der vorgenannte Fall eintreten, so soll das Kind, das die Auszahlung verlangt hat, auch nach dem Tod des Längstlebenden nur seinen Pflichtteil erhalten.

§ 5

…“

2. Ein am 19.12.2007 in St. Gilgen (Österreich) vor einem öffentlichen Notar errichtetes Testament. Dieses lautet im Wesentlichen wie folgt:

„Ich, (…), errichte hiermit im Zustande der vollen Besonnenheit, mit Überlegung und Ernst, frei von Zwang, Betrug und wesentlichem Irrtum meinen letzten Willen wie folgt:

I.

Ich setzte meine Lebensgefährtin (= Beteiligte zu 1) zur Erbin meines gesamten wie immer Namen habenden und wo immer befindlichen beweglichen und unbeweglichen Nachlassvermögens ein.

II.

Meine Kinder (= Beteiligte zu 2 und Beteiligter zu 3) setze ich auf den ihnen gebührenden Pflichtteil, in welchen alles einzurechnen ist, was nach dem Gesetz eingerechnet werden kann.

III.

Ich widerrufe hiermit alle von mir etwa früher errichteten letztwilligen Anordnungen und erkläre diese für aufgehoben, null und nichtig.

…“

Die Beteiligte zu 1 beantragte am 15.4.2010 die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweist. Hiergegen wandten sich die Beteiligten zu 2 und 3. Sie sind der Auffassung, dass die Ehegatten in dem gemeinschaftlichen Testament vom 14.12.1992 eine Schlusserbeneinsetzung zu Gunsten ihrer beiden Kinder getroffen haben. Zwar enthalte das Testament keine ausdrückliche Bezeichnung der beiden Kinder als Schlusserben. Dies ergebe sich jedoch im Wege der Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments der Ehegatten. Der Beteiligte zu 2 beantragte am 24.6.2010 die Erteilung eines Erbscheins, der bezeugt, dass der Erblasser von den Beteiligten zu 2 und 3 zu je 1/2 beerbt worden ist.

Mit Beschluss vom 4.3.2011 wies das Nachlassgericht den Antrag der Beteiligten zu 1 zurück und kündigte die Erteilung des von dem Beteiligten zu 2 beantragten Erbscheins an. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Erbfolge nach dem gemeinschaftlichen Testament vom 4.12.1992 bestimmt. In entsprechender Anwendung des § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB war der Erblasser an einer erneuten Testierung gehindert, da die Ehegatten in dem gemeinschaftlichen Testament eine Schlusserbeneinsetzung getroffen haben, die wechselbezüglich im Sinne des § 2270 BGB ist. Demgemäß ist auch der von dem Erblasser erklärte Widerruf früherer Verfügungen nach § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam.

1. Eine ausdrückliche Regelung für die Erbfolge nach dem Ableben des überlebenden Ehegatten enthält das gemeinschaftliche Testament nicht. Dennoch können die Beteiligten zu 2 und 3 als gemeinsame Kinder der Ehegatten nach deren Willen in dem gemeinschaftlichen Testament als Schlusserben bestimmt sein, sofern ein diesbezüglicher Wille infolge Auslegung nach den Grundsätzen im Sinne der §§ 133, 157 BGB festgestellt werden kann (vgl. Palandt/Weidlich BGB 71. Auflage <2012> § 2269 Rn. 5). Maßgebend hierfür ist der Wille beider Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung.

a) Zur Erforschung des wirklichen Willens der Ehegatten sind dabei alle zugänglichen Erkenntnismittel auszuschöpfen; auch außerhalb des gemeinschaftlichen Testaments liegenden Umständen und die allgemeine Lebenserfahrung sind heranzuziehen. Maßgebend sind nicht die einzelnen Worte und Wendungen, die die Testierenden benutzt haben (BayObLGZ 1959,199/204; 1960, 216/219), sondern der wirkliche Wille der Testierenden. Diesem kommt also auch im Falle eines „klaren und eindeutigen“ Wortlauts der Vorrang zu, so dass der Auslegung durch den Wortlaut keine Grenzen gesetzt sind. Insbesondere dann, wenn gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden sind, ist nach den allgemeinen für die Auslegung letztwilliger Verfügungen geltenden Regeln eingehend zu prüfen, ob sich der testamentarische Wille der Ehegatten feststellen läßt, dass der beidseitige Nachlass nach dem Tode des Längstlebenden an die Abkömmlinge fallen solle (BayObLGZ 1959, 199/204). Dabei ist auch dasjenige zu berücksichtigen, was, ohne besonders ausgesprochen zu sein, die Voraussetzung des Ausgesprochenen bildet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine letztwillige Verfügung bezüglich eines wesentlichen Punktes insofern stillschweigend erfolgt, als der Wille des Erblassers sich hinter anderen Bestimmungen versteckt und lediglich aus dem übrigen Testamentsinhalt zu entnehmen ist. Nicht selten erscheint einem Erblasser gerade das Bedeutsamste so selbstverständlich, dass er es neben seinen einzelnen Sonderanordnungen nicht ausdrücklich niederlegen zu müssen glaubt. Diese auf den wahren Willen des Erblassers gerichtete Testamentsauslegung findet nur darin eine Grenze, dass der Wille des Erblassers im Testament irgendwie, wenn auch nur andeutungsweise, unvollkommen oder verdeckt Ausdruck gefunden haben muss (BayObLGZ 1960, 216/ 219 m.w.N.).

Demgemäß kann hinter der Anordnung der Enterbung für den Fall der Geltendmachung des Pflichtteils auch eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 verborgen sein, sofern sie nicht den Pflichtteil verlangen. Dem Ausschluss der den Pflichtteil fordernder Kinder von der Beerbung des längstlebenden Ehegatten muss nicht der Wille zugrunde liegen, dass für die Kinder, auch wenn sie den Ehepflichtteil nicht verlangen, nur eine vom freien Willen des längstlebenden Ehegatten abhängige Möglichkeit besteht, dessen Erbe zu werden. Es kann im Gegenteil auch Wille der testierenden Eheleute gewesen sein, den gemeinschaftlichen Kindern, wenn sie sich der von den Eltern beim Tode des Erstversterbenden gewollten Regelung fügen, eine erbrechtliche Stellung einzuräumen. Dass beim Vorhandensein eines solchen Willens eine Erbenstellung der Abkömmlinge nicht ausdrücklich bestimmt worden ist, kann auch darauf beruhen, dass die testierenden Eheleute eine solche als selbstverständlich angesehen haben (BayObLG 1959,199/204; BayObLG 1960, 216/219). Auch der Umstand, dass trotz notarieller Beurkundung des letzten Willens der Ehegatten eine ausdrückliche Anordnung von Schlusserben unterblieben ist, führt nicht bereits dazu, dass eine (Schluss-)Erbeinsetzung der Abkömmlinge von vornherein ausscheidet (vgl. dazu OLG Saarbrücken NJW-RR 1994, 844/845; OLG Frankfurt ZEV 2002, 109/110).

b) Die Frage, ob die Anordnung einer Pflichtteilsklausel den Schluss nahe legt, dass die Pflichtteilsberechtigten, wenn sie den Pflichtteil nicht verlangen, nach dem Willen der Ehegatten in jedem Fall Schlusserben nach dem Überlebenden sein sollen, wird nicht einheitlich beantwortet (bejahend: OLG Frankfurt ZEV 2002,109/110; OLG Köln NJW-RR 1994, 397/398; Pflichtteilsstrafklausel allein nicht ausreichend: OLG Hamm NJW-RR 2006, 1520/1522; OLG Karlsruhe BWNotZ 1995, 168/169); Palandt/Weidlich a.a.O. § 2269 Rn. 8, Braun in: Burandt/Rojahn Erbrecht <2011> § 2269 Rn. 24 m.w.N.). Eine abschließende Entscheidung der Streitfrage ist hier nicht veranlasst, da weitere Umstände vorliegen, die zur Überzeugung des Senats den Schluss nahe legen, dass der Wille der beiden Ehegatten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung auf die Einsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 als Schlusserben gerichtet war:

Die Ehegatten haben sich in ihrem Testament nicht auf die Anordnung einer Pflichtteilsklausel beschränkt, sondern zusätzlich eine Wiederverheiratungsklausel aufgenommen. Beiden Klauseln ist gemeinsam, dass sie inhaltlich an ein Verhalten nach dem ersten Erbfall anknüpfen und dass das jeweilige Verhalten zu erbrechtlichen Nachteilen zu Lasten des Handelnden führt. Dabei richten sich die Klauseln sowohl an den überlebenden Ehegatten als auch an die gemeinsamen Kinder. Insoweit legt die Kombination von Wiederverheiratungs- und Pflichtteilsklausel den Schluss nahe, dass der Wille der Ehegatten darauf gerichtet war, eine umfassende und abschließende Verfügung betreffend ihr Nachlassvermögen zu treffen und sie insofern mit ihrer Testierung auch den zweiten Erbfall regeln wollten, zumal die Anordnung beider Klauseln darauf hin deuten, dass die Ehegatten ihr Vermögen als eine Einheit angesehen haben. Nur in dem Fall der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten sollte eine Trennung der Vermögen erfolgen und dieser Vorerbe des vorverstorbenen Ehegatten sein. Durch die Anordnung der Wiederverheiratungsklausel und der Einsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 als Nacherben kommt zudem der Wille beider Ehegatten zum Ausdruck, für den Fall der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten den Nachlass zugunsten ihrer gemeinsamen Kinder zu sichern und zu verhindern, dass der Nachlass an einen neuen Partner und dessen Verwandte fällt (Braun in: Burandt/Rojahn a.a.O. Rn. 49). Dass dieses Sicherungsinteresse für die Ehegatten besonders wichtig war, zeigt sich in der Aufnahme einer Ersatzerbenregelung für den Fall des Vorversterbens eines ihrer Kinder. Im Lichte dieser Regelungen ist der Schluss nahe liegend, dass die Ehegatten durch die Anordnung der Pflichtsklausel nicht nur den Zweck verfolgten, ein Verhalten der Kinder zu sanktionieren bzw. dem überlebenden Ehegatten den ungeschmälerten Genuss des Nachlass zu gewährleisten, sondern zugleich unausgesprochen von der Vorstellung ausgegangen sind, dass die gemeinsamen Kinder grundsätzlich nach dem Tod des überlebenden Ehegatten in den Genuss des gemeinsamen Vermögens kommen sollen. Dabei deutet die Einsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 zu gleichen Teilen als Nacherben im Falle der Wiederverheiratung darauf hin, dass es Wille der Ehegatten war, ihre Kinder in erbrechtlicher Hinsicht gleichzustellen und keines ihrer Kinder zu bevorzugen. Dieser Wille findet seine Entsprechung in der Anordnung der Pflichtteilsklausel. Diese bezweckt u.a., eine wirtschaftliche Besserstellung desjenigen pflichtteilsberechtigten Schlusserben zu verhindern, der im Gegensatz zu den übrigen seinen Pflichtteilsanspruch bei Tod des erstversterbenden Ehegatten geltend macht (Braun in: Burandt/Rojahn a.a.O. Rn. 77). Demgemäß findet die Einsetzung der Beteiligten zu 2 und 3 als Schlusserben zu gleichen Teilen auch eine hinreichende Andeutung in dem gemeinschaftlichen Testament. Anhaltspunkte, die gegen ein solches Auslegungsergebnis sprechen, liegen nicht vor. Der Senat hat eine Stellungnahme des beurkundenden Notars eingeholt. Diesem waren aber weder die Ehegatten noch der Beurkundungsvorgang erinnerlich.

c) Im Übrigen spricht im vorliegenden Falle die Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments durch einen Rechtsanwalt und Notar nicht dafür, dass mangels ausdrücklicher Schlusserbeneinsetzung keine Schlusserbeneinsetzung erfolgen sollte, wie dies die Beschwerdeführerin verschiedentlich hat betonen lassen. Diese auch von J. Mayer (MittBayNot 2007, 19/20) vertretene Auffassung mag möglicherweise im Einzelfall einer entsprechenden Auslegung entgegenstehen. Im vorliegenden Falle allerdings sprechen die im Testament vorgefundenen untechnischen Formulierungen gegen eine in diesem Punkt präzise Fassung der Erbfolgeklauseln, so dass Raum für eine erläuternde Auslegung ist. So ist in § 3 davon die Rede, dass bei Vorversterben der Kinder deren „Nachfolger den Erbteil des Vorverstorbenen erben sollen“. Insoweit ist die Verwendung des Wortes „Nachfolger“ ungenau, da sich aus ihm nicht ergibt, ob nur die Abkömmlinge oder aber die Rechtsnachfolger „eines dieser Kinder“ dessen „Erbteil“ erben sollen. Dagegen deutet der Begriff „Erbteil“ in § 3 wie auch die Formulierung „einer unserer Erben“ in § 4 darauf hin, dass die Erblasser tatsächlich ihre Kinder als Schlusserben angesehen haben. Denn nach § 2 sollten die Eheleute wechselseitig die Erben sein, so dass ein „Erbteil“ ihrer Kinder erst bei Eintritt der Nacherbfolge infolge Wiederverheiratung oder bei Eintritt des Schlusserbfalles denkbar war. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Eheleute sich im letzteren Fall insoweit freie Wahl zu Lasten der gemeinsamen Kinder lassen wollten.

2. Die Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder ist wechselbezüglich im Sinne des § 2270 BGB.

aa) Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind in einem gemeinschaftlichen Testament getroffene Verfügungen dann wechselbezüglich und damit für den überlebenden Ehegatten bindend, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen worden wäre, wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen worden ist und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine mit der anderen stehen oder fallen soll (BayObLGZ 1991, 173/175 f.; OLG Hamm FamRZ 2004, 662). Maßgeblich ist der übereinstimmende Wille der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung (BGHZ 112, 229/233). Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung zur Wechselbezüglichkeit, muss diese nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen und für jede Verfügung gesondert ermittelt werden (BGH NJW-RR 1987, 1410). Erst wenn die Ermittlung des Erblasserwillens weder die gegenseitige Abhängigkeit noch die gegenseitige Unabhängigkeit der beiderseitigen Verfügungen ergibt, ist gemäß § 2270 Abs. 2 BGB im Zweifel Wechselbezüglichkeit anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.

bb) Schon nach der Lebenserfahrung liegt es nahe, dass die Einsetzung des Erblassers durch seine erstverstorbene Ehefrau in Abhängigkeit zu dessen Einsetzung der gemeinsamen Kinder getroffen wurde. Indem die Ehefrau, wie geschehen, ihren Ehemann zum Alleinerben einsetzt, übergeht und enterbt sie ihre eigenen Kinder; denn ihre eigene Schlusserbeinsetzung der Kinder wird im Fall ihres Vorversterbens gegenstandslos. Wer sein Vermögen letztendlich an die eigenen Kinder weitergeben will, sie aber trotzdem für den ersten eigenen Todesfall enterbt, tut das im Bewusstsein und Vertrauen darauf, dass wegen der Schlusserbeinsetzung des anderen Ehegatten das gemeinsame Vermögen eines Tages auf die Kinder übergehen wird. Das Gesetz schützt dieses Vertrauen der Eheleute in den Bestand einer solchen Regelung, indem es zu Lebzeiten beider Ehegatten einen einseitigen Widerruf nur in einer besonderen Form gestattet, die sicherstellt, dass der andere Ehegatte von dem Widerruf erfährt (§ 2271 Abs. 1 Satz 1, § 2296 Abs. 2 BGB), und indem es nach dem Tod des Erstversterbenden den Widerruf grundsätzlich ausschließt (§ 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB).

cc) Selbst wenn man jedoch nach all dem noch Zweifel haben müsste, dass die genannten Verfügungen wechselbezüglich sind, so wäre nach der ergänzend heranzuziehenden Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB, die durch individuelle Auslegung jedenfalls nicht widerlegt ist, von einer Wechselbezüglichkeit auszugehen. Durchgreifende Umstände, die gegen dieses Auslegungsergebnis sprechen, sind nicht zutage getreten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Es erscheint angemessen, dass die Beschwerdeführerin dem Beteiligten zu 2 – die Beteiligte zu 3 ist im Beschwerdeverfahren nicht hervorgetreten – die durch ihr erfolgloses Rechtsmittel entstandenen Kosten erstattet.

Die Festsetzung des Geschäftswerts bleibt vorbehalten. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus dem Wert der von der Beschwerdeführerin erstrebten Stellung als Alleinerbin abzüglich des Wertes der Pflichtteilsansprüche der Beteiligten zu 2 und 3, also der Hälfte des Aktivnachlasses.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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