Oberlandesgericht Schleswig, Az.: 3 Wx 95/15, Beschluss vom 11.01.2016
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 5. wird der Beschluss des Amtsgerichts Meldorf vom 03.06.2015 geändert:
Das Nachlassgericht wird angewiesen, den Erbschein vom 26.05.2014 einzuziehen.
Die Beteiligten zu 1. bis 4. tragen die Gerichtskosten beider Instanzen. Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 40.000 €.
Gründe
I.
Die Erblasserin A war verheiratet mit dem am 04.07.2010 verstorbenen B…. Nach dessen Tod wurde beim Nachlassgericht das handschriftliche Testament vom 25.05.1994 – unterschrieben von beiden Eheleuten – eingereicht, in dem es heißt:
„Wir, A und B, setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein.“
Die Beteiligte zu 2. – sie ist wie die Beteiligte zu 1. eine Schwester des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin – teilte dem Nachlassgericht unter dem 21.09.2010 mit, die Erblasserin habe bei ihrem Erbscheinsantrag eine nicht richtige Versicherung an Eides statt insoweit geleistet, als sie angegeben habe, der Erblasser habe nur das oben genannte handschriftliche Testament als letztwillige Verfügung hinterlassen. Tatsächlich sei dieses Testament um einen Passus ergänzt worden, der besage, dass nach Ableben des letzthinterbliebenen Ehepartners die Erbmasse zu gleichen Teilen auf die Familien der beiden Eheleute aufgeteilt werden sollte.
Mit Schreiben des Notars X vom 14.10.2010 wurde eine notarielle Ergänzungsverhandlung eingereicht und zudem im Original ein weiteres von beiden Eheleuten unter dem 06.02.1996 unterzeichnetes handschriftliches Schriftstück mit folgendem Inhalt:
„Nachtrag
Nach dem Ableben des zuletzt verstorbenen Ehegatten geht das Vermögen je zur Hälfte an die Geschwister C, D und E, F
Die Erblasserin hat zur UR-Nr. … des Notars X am 15.11.2011 ein Testament beurkunden lassen in dem es heißt:
„ § 1
Ich widerrufe hiermit meine etwaigen früheren letztwilligen Verfügungen. Hierzu merke ich an, dass mein verstorbener Ehemann und ich uns darüber einig waren, dass der Testamentsnachtrag vom 6. Februar 1996 (AG Meldorf …) für den Längstlebenden von uns nicht verbindlich sein sollte. Der Längstlebende von uns sollte völlig frei sein, insbesondere auch von Todes wegen uneingeschränkt neu verfügen können.
§ 2
Zu meinen Erben setze ich zu gleichen Teilen ein 1. Meinen Bruder E 2. Meine Schwester F 3. Meine Cousine G 4. Herrn H.“
Die Erblasserin verstarb am …02.2014. Die Ehe mit dem vorverstorbenen Ehemann ist kinderlos geblieben.
Die Beteiligte zu 1. stellte zur UR-Nr. … der Notarin … einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf der Grundlage der handschriftlichen Testamente vom 25.05.1994 und 06.02.1996 dahingehend, dass die Erblasserin beerbt worden ist von den Beteiligten zu 1. – C – und 2. – D – (den Schwestern des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin) und den Beteiligten zu 3. – E – und 4. – F – (den Geschwistern der Erblasserin) zu je 1/4. In dem Erbscheinsantrag wird ausgeführt, das ebenfalls eröffnete notarielle Testament vom 15.11.2011 stehe im Widerspruch zu dem handschriftlichen Testament vom 06.02.1996. Dort sei nicht vermerkt worden, dass der Längstlebende nach dem Tod des Erstverstorbenen nicht mehr an dieses Testament gebunden wäre. Deswegen werde das Testament vom 15.11.2011 gemäß § 2271 Abs. 2 BGB für unwirksam gehalten.
Der Erbschein wurde antragsgemäß unter dem 26.05.2014 erlassen.
Mit Schriftsatz des Notars X vom 11.12.2014 beantragte der Beteiligte zu 5. – H -, den gemeinschaftlichen Erbschein gemäß § 2361 BGB als unrichtig einzuziehen. Der Erbschein sei unrichtig, als dort die Geschwister der Erblasserin nämlich die Beteiligten zu 3. und 4. (E und F) als Erben zu 1/4 ausgewiesen seien. Die Erblasserin sei nicht nämlich nicht an der Errichtung des notariellen Testaments vom 15.11.2011 gehindert worden. Es sei davon auszugehen, dass der privatschriftliche testamentarische Nachtrag vom 06.02.1996 für die Erblasserin jedenfalls nicht in Bezug auf ihre eigenen Verwandten, also die Beteiligten zu 3. und 4., wechselbezüglich sei. Dies werde auch durch die einleitende Erklärung der Erblasserin in dem Testament vom 15.11.2011 bestätigt. Danach habe der Längstlebende frei von Todes wegen neu verfügen können.
Diesem Antrag ist der Beteiligte zu 4. (F) mit Anwaltsschriftsatz vom 06.01.2015 entgegengetreten und hat ausgeführt, das gemeinschaftliche Testament vom 06.02.1996 enthalte keine Befreiung des Längstlebenden von der mit dem Tod des ersten Erblassers eingetretenen Bindungswirkung. Mithin sei der Erblasserin verwehrt gewesen, die gemeinsam getroffene Schlusserbeneinsetzung nach dem Tode ihres Ehemanns zu ändern. Die anderweitige Erklärung der Erblasserin in ihrem notariellen Testament habe keine rechtliche Bedeutung. Es müsse vielmehr aus dem Testament vom 06.02.1996 selbst hervorgehen, dass eine Befreiung des Längstlebenden von den Verfügungsbeschränkungen eines gemeinsamen Testaments gewollt sei. Daran fehle es aber hier.
Mit Schreiben des Notars X vom 30.01.2015 hat der Beteiligte zu 5. erklärt, er habe mit den Eheleuten A/B ein sehr persönliches Verhältnis gehabt, das über eine nachbarschaftliche Beziehung weit hinausgegangen sei. Die Eheleute A/B hätten zunächst das Testament vom 25.05.1994 errichtet und sich erst anschließend Gedanken gemacht, was passiere, wenn beide gleichzeitig, etwa durch einen Flugzeugabsturz, versterben würden. Nur für diesen Fall sei seinerzeit die spätere Ergänzung des Testaments vom 06.02.1996 gedacht gewesen. Für ihn – den Beteiligten zu 5. – sei aufgrund der damaligen Erklärungen der Eheleute A/B klar gewesen, dass sich beide darüber einig gewesen seien, dass der Längstlebende durch den Nachtrag zum Testament nicht endgültig gebunden sein sollte. Die Eheleute A/B hätten die Erklärungen deshalb auch bewusst in zwei Erklärungen auf zwei getrennten Papierblättern abgegeben. Der Grund hierfür sei darin zu sehen, dass der Längstlebende auf eine mögliche Verschlechterung der persönlichen Verhältnisse hätte reagieren können sollen. Deshalb sei er – der Beteiligte zu 5. – der Auffassung, dass der erteilte Erbschein insgesamt unrichtig sei.
Der Beteiligte zu 4. ist dem erneut mit Anwaltschreiben vom 11.02.2015 entgegengetreten. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Eheleute A/B bei Errichtung ihrer Testamente vom 25.05.1994 und 06.02.1996 dem Längstlebenden eine Änderung hätten ermöglichen wollen. Es bleibe mithin bei dem klaren Wortlaut des Testaments, wonach es keine Änderungsbefugnisse gegeben habe.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 27.03.2015 hat der Beteiligte zu 5. seinen Antrag auf Einziehung des Erbscheins weiter begründet. Er hat ausgeführt, dass allerdings die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute A/B in ihrem Testament vom 25.05.1994 wechselbezüglich im Sinne von § 2270 Abs. 2 Variante 1 BGB sei. Das gelte aber nicht für die Bestimmungen aus dem gemeinschaftlichen Nachtrag vom 06.02.1996. Wer sich auf eine Wechselbezüglichkeit berufe, trage dafür die volle Darlegungs- und Beweislast. Ausdrücklich sei eine Wechselbezüglichkeit in dem Testament vom 06.02.1996 nicht angeordnet worden. Auch die Voraussetzungen der Vermutungsbestimmungen in § 2270 Abs. 2 Variante 1 und 2 BGB würden nicht vorliegen. Ein entsprechender Wille der Erblasser, dass die Erbeinsetzungen in dem Testament vom 06.02.1996 miteinander stehen und fallen würden, werde bestritten. Mit der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des OLG München sei darauf hinzuweisen, dass auch eine Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzungen in dem Nachtragstestament im Verhältnis zu der gegenseitigen Erbeinsetzung der Eheleute im gemeinschaftlichen Testament vom 25.05.1994 nicht bestehen würde. Aus der früheren Erbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament könne nach ständiger Rechtsprechung nicht geschlossen werden, dass eine in einem späteren gemeinschaftlichen Testament verfügte Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich sein solle. Wechselbezüglichkeit der früheren Verfügung mit der späteren könne nur dann angenommen werden, wenn nachgewiesen werde, dass die Testierenden bei Errichtung des späteren Testaments einen dahingehend übereinstimmenden Willen gehabt hätten. Dafür trage die Feststellungs- und Darlegungslast derjenige, der sich hierauf berufe. Für einen entsprechenden Willen der Eheleute A/B bei Errichtung des Testaments aus dem Jahre 1996 gebe es keinen Anhaltspunkt. Im Gegenteil habe die Erblasserin ausdrücklich in ihrem Testament vom 15.11.2011 bestätigt, dass sie und ihr verstorbener Ehemann sich über die fehlende Verbindlichkeit des Nachtrages für den Längstlebenden einig gewesen seien. Eine zeitlich zwei Jahre nach der gegenseitigen Erbeinsetzung liegende Schlusserbeneinsetzung spreche nach der Rechtsprechung gegen die Annahme einer Wechselbezüglichkeit und es liege fern, dass die Ehegatten den Fortbestand der gegenseitigen Erbeinsetzungen von der Schlusserbeneinsetzung im Nachtragstestament hätten abhängig machen wollen. Höchst vorsorglich werde jedenfalls darauf hingewiesen, dass selbst im Falle eines Nachweises eines entsprechenden Willens der Eheleute allenfalls eine Bindungswirkung hinsichtlich der Erbeinsetzung der mit dem Ehemann der Erblasserin verwandten Personen, also der Beteiligten zu 1. und 2. (C und D), in Betracht käme.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 20.04.2015 hat nunmehr auch die Beteiligte zu 3. den Ausführungen des Beteiligten zu 5. widersprochen. Es sei unerheblich, dass der Nachtrag auf einem anderen Zettel geschrieben worden sei, als das Testament vom 25.05.1994. Wären beide Verfügungen auf einem Zettel geschrieben, dann stünde ohnehin fest, dass sich die Wechselbezüglichkeit auf beide Verfügungen beziehe. Das könne nicht anders sein, nur weil es sich nun um zwei verschiedene Zettel handele. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Eheleute eine Wechselbezüglichkeit speziell für den Nachtrag nicht gewollt hätten. Soweit sich der Beteiligte zu 5. für seine anderweitige Meinung auf den Notar als Zeugen berufe, werde dieser als einseitig befangen abgelehnt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 03.06.2015 den Antrag des Beteiligten zu 5. auf Einziehung des Erbscheins zurückgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Erblasserin sei nicht berechtigt gewesen, am 15.11.2011 ein neues notarielles Testament zu errichten, weil sie durch die gemeinsamen letztwilligen Verfügungen mit ihrem verstorbenen Ehemann vom 25.05.1994 in Form des Nachtrags vom 06.02.1996 gebunden gewesen sei. Durch die Wahl des Wortes „Nachtrag“ hätten die Erblasser in ihrer Verfügung vom 06.02.1996 deutlich gemacht, dass diese auf diejenige vom 25.05.1994 aufbaue. Die in diesem Testament gemachten Verfügungen seien wechselbezüglich im Sinne von § 2270 BGB, auch wenn die Eheleute dies nicht ausdrücklich festgehalten hätten. Es gebe offensichtlich niemanden, der bei der Testamentsabfassung mit den Erblassern darüber gesprochen hätte, wie sie sich die Abwicklung ihres letzten Willens vorstellen würden. Die einleitenden Angaben der Erblasserin in ihrem notariellen Testament vom 15.11.2011 dahingehend, dass sie und ihr Ehemann darüber einig gewesen seien, dass der Testamentsnachtrag vom 06.02.1996 nicht verbindlich sein solle, sei zwar interessant, aber nichtssagend. In diesem Fall hätte es doch nahe gelegen, dass die Erblasser dies auch bei der Abfassung schriftlich festgehalten hätten. Nach dem Wortlaut des Nachtrags und dessen Auslegung sei es den kinderlosen Ehegatten erkennbar um eine gerechte Verteilung des offensichtlich gemeinsamen erarbeiteten und erworbenen Vermögens gegangen, wobei dieses in der Familie bleiben sollte. Zufällig habe es auf beiden Seiten eine gleiche Anzahl von Geschwistern gegeben. Weil nur so das Vermögen für die Familie zu erhalten gewesen sei, stehe für das Gericht fest, dass die Anordnungen in dem Nachtrag vom 06.02.1996 wechselbezüglich seien. Ganz eindeutig ergebe sich dies aber aus der Zweifelsregel des § 2270 Abs. 2 BGB.
Gegen diesen ihm am 09.06.2015 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 5. mit einem am 06.07.2015 eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt der Beteiligte zu 5. aus:
Das Nachlassgericht habe die Frage der Wechselbezüglichkeit nur pauschal geprüft und zu Unrecht nicht im Einzelnen gefragt, welche Verfügungen der Eheleute wechselbezüglich sein sollten. In dem Nachtragstestament vom 06.02.1996 hätten die Eheleute A/B aber keine wechselbezüglichen Verfügungen getroffen. Sie hätten in diesem Testament rechtlich jeweils eine Ersatzerbeinsetzung im Sinne des § 2069 BGB für den Fall getroffen, dass der andere Ehegatte vorverstorben sei. Weil die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutungen des § 2270 Abs. 2 BGB nicht vorliegen würden, müsse derjenige, der sich auf Wechselbezüglichkeit berufe, beweisen, dass Wechselbezüglichkeit vorliege. Ein solcher Beweis sei hier nicht erfolgt. Es überzeuge nicht, wenn das Gericht ausführe, es hätte aber nahe gelegen, dass die Erblasser eine fehlende Verbindlichkeit des Nachtrages schriftlich festgehalten hätten. Es sei gerade umgekehrt so, dass die Eheleute, hätten sie die Verfügungen in dem Nachtragstestament als wechselbezüglich qualifizieren wollen, eine entsprechende Regelung hätten treffen müssen. Daran fehle es. Es sei im Übrigen durchaus denkbar, dass die Geschwister des anderen Ehegatten der Erblasserin bzw. deren Ehemann ebenso oder ähnlich nahegestanden hätten, wie die eigenen Geschwister. Die Einsetzung der Geschwister als Schlusserben genüge daher keinesfalls für die Annahme der Wechselbezüglichkeit, wie dies ausdrücklich auch das OLG München im Urteil vom 10.12.2008, 20 U 2303/08, juris Rz. 112, ausgeführt habe. Die fehlende Bindung der Eheleute nach ihren Absprachen hätte die Erblasserin in ihrem notariellen Testament vom 15.11.2011 schriftlich und gegenüber dem beurkundenden Notar X auch mündlich bestätigt.
Die Erbeinsetzung der Erblasserin in dem Nachtragstestament sei auch nicht wechselbezüglich im Verhältnis zu ihrer Erbeinsetzung durch ihren Ehemann in dem gemeinschaftlichen Testament vom 25.05.1994. Dies folge bereits daraus, dass insoweit kein gemeinschaftliches Testament vorliege. Eine nachträgliche Errichtung eines einheitlichen gemeinschaftlichen Testaments sei zwar denkbar, an einen entsprechenden Willen seien jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Aus einer zeitlich früheren gegenseitigen Erbeinsetzung der Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament könne nach der Rechtsprechung nicht geschlossen werden, dass eine zeitlich spätere, wiederum in einem gemeinschaftlichen Testament enthaltene Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich sei.
Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass eine Wechselbezüglichkeit der Ersatzerbeneinsetzung der Erblasserin zu einer Verfügung ihres Ehemannes ohnehin nur insoweit in Betracht käme, als sie die Geschwister ihres Ehemannes bedacht habe, d.h. in Bezug auf die Hälfte ihres Nachlasses. Auch in diesem Fall wäre der Erbschein daher unrichtig, weil neben den Geschwistern des Ehemannes infolge der Erbeinsetzung der Erblasserin in ihrem notariellen Testament vom 15.11.2011 die Geschwister der Erblasserin ebenso wie deren Cousine, die Beteiligte zu 6., und der Beteiligte zu 5. mit einer Erbquote in Höhe von jeweils 1/8 Erben geworden wären.
Die Beteiligten zu 3. und 4. sind dieser Beschwerde entgegengetreten und haben zur Begründung ausgeführt:
Das zweite Testament sei ein Nachtrag zum ersten, so dass beide zusammen ein gemeinsames Testament darstellen würden. Die Verfügungen dort seien wechselbezüglich gemäß § 2270 BGB, so dass eine spätere Änderung nicht mehr zulässig gewesen wäre und das Testament vom 15.11.2011 ins Leere gegangen sei. Es sei eine Haarspalterei, wenn die Beschwerde ausführe, die beiden Testamente seien nicht wechselbezüglich, weil das Amtsgericht nicht konkret bestimmt hätte, welche Verfügungen wechselbezüglich seien. Unzweifelhaft enthalte das Testament vom 25.05.1994 mit der gegenseitigen Erbeinsetzung eine wechselbezügliche Verfügung. Ebenso wechselbezüglich sei aber die Schlusserbeneinsetzung in dem gemeinsamen Testament vom 06.02.1996, bei dem es sich um einen gemeinsamen Nachtrag handele. Dieser Nachtrag sei zum Bestandteil des ersten Testaments mit der wechselbezüglichen Erbeinsetzung geworden. Auch hier gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der länger Lebende in irgendeiner Weise berechtigt sein sollte, die gemeinsam getroffenen Verfügungen einseitig zu ändern. Also sei auch die Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich. Das sei auch logisch. Beide Erblasser hätten gemeinsam die Schlusserben ausgewählt und festgelegt. Alle Schlusserben seien ihnen gleich lieb gewesen. Dann gebe es keinen Grund, warum der Erblasser dem länger Lebenden erlauben sollte, davon einseitig abzuweichen und andere Schlusserben einzusetzen. Die von den Erblassern gewählten Formulierungen seien geradezu die klassischen Formulierungen eines wechselbezüglichen Testaments. Wären diese Formulierungen nicht wechselbezüglich, könnten die Vorschriften über wechselbezügliche Verfügungen gleich ganz aus dem BGB gestrichen werden. Die Argumentation der Beschwerdeführer, § 2270 Abs. 2 BGB sei in Bezug auf das Testament vom 06.02.1996 nicht einschlägig, da sich die Eheleute in diesem Testament nicht gegenseitig bedacht hätten, sei blanker Unsinn. Es könne schon per se die Wechselbezüglichkeit einer Schlusserbeneinsetzung nicht davon abhängig sein, dass die Eheleute sich gegenseitig bedenken würden. Die Schlusserbeneinsetzung gelte immer für den Tod des länger Lebenden, während die gegenseitige Erbeinsetzung den Tod des zuerst Versterbenden betreffe. Dies seien zwei völlig verschiedene Geschehnisse. Also komme es nur darauf an, ob die Schlusserbeneinsetzung für sich wechselbezüglich sein solle oder nicht. Diese Frage könne nicht davon abhängen, ob die Erblasser sich in demselben Testament gegenseitig zu Erben eingesetzt hätten.
Der Hinweis der Beschwerdeführer auf die Beweislastregeln sei ohne Substanz, weil die Wechselbezüglichkeit schon geklärt sei. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, spräche eine Vermutung dafür, die die Beschwerdeführer widerlegen müssten, nicht aber die Erben.
II.
Die Beschwerde ist nach den §§ 58 ff FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht eingereicht worden. Der Senat kann über das Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung entscheiden (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 14.01.2010, 3 Wx 92/09, FamRZ 2010, 1178 ff; zustimmend Kammergericht, Beschluss vom 29.06.2010, 1 W 161/10, bei juris Rn. 10 ff).
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Gemäß § 2361 BGB hat das Nachlassgericht einen Erbschein einzuziehen, wenn sich ergibt, dass der erteilte Erbschein unrichtig ist. Dieser Fall liegt hier mit der Folge vor, dass der Senat, der als Beschwerdegericht den Erbschein nicht selbst einziehen kann (Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl. 2016, § 2361 Rn. 11), das Nachlassgericht anzuweisen hat, den Erbschein einzuziehen.
Der vom Amtsgericht am 26.05.2014 erteilte Erbschein gründet auf der Annahme, dass sich die Erbfolge nach dem Nachtrag zum gemeinschaftlichen Testament der Erblasserin und ihres Ehemannes vom 06.02.1996 bestimmt. Das ist indes nicht richtig, denn die Schlusserbeneinsetzung in diesem Nachtrag ist für die Erblasserin nicht bindend gewesen, so dass diese abweichend testieren konnte und mit dem notariellen Testament vom 15.11.2011 auch abweichend testiert hat. Der erteilte Erbschein ist deshalb unrichtig.
Verfügungen in einem von Ehegatten gemeinschaftlich errichteten Testaments sind dann wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre. Es kommt nach § 2270 Abs. 1 BGB darauf an, dass die Verfügung des einen Ehegatten gerade deshalb getroffen wurde, weil auch der andere Ehegatte eine bestimmte andere Verfügung getroffen hat und deshalb nach dem Willen des gemeinschaftlich Testierenden die eine Verfügung mit der anderen stehen und fallen soll. Die Frage, ob ein Testament wechselbezügliche Verfügungen in diesem Sinne enthält, muss dabei für jede einzelne Verfügung gesondert im Verhältnis zu den anderen Verfügungen untersucht werden. Findet sich in dem gemeinschaftlichen Testament keine ausdrückliche Anordnung zur Wechselbezüglichkeit, muss diese Frage durch individuelle Auslegung nach den §§ 133, 2084 BGB beantwortet werden. Es kommt auf den überstimmenden Willen beider Ehegatten zur Zeit der Testamentserrichtung an. Verbleiben Zweifel, ob eine Verfügung zu einer anderen wechselbezüglich ist, enthält § 2270 Abs. 2 BGB für zwei dort konkret genannte Fallkonstellationen eine Zweifelsregel. Greift die Zweifelsregel aber nicht ein und verbleiben Zweifel an der Wechselbezüglichkeit, geht dies zu Lasten desjenigen, der sein Erbrecht auf die Wechselbezüglichkeit stützt, dieser trägt die Feststellungslast (vgl. zu diesen Grundsätzen nur Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl. 2016, § 2270 Rn. 4 m.w.N.). Wechselbezügliche Verfügungen können mithin nur angenommen werden, wenn der Wille der Erblasser, solche wechselbezüglichen Verfügungen zu treffen, auch festgestellt werden kann, ggf. unter Heranziehung der Zweifelsregel des § 2270 Abs. 2 BGB (vgl. OLG München ErbR 2009, 259 ff. Rn. 100 und BayObLG NJW-RR 1999, 878 ff. Rn. 35 – 40).
1.
Bei den Bestimmungen, die die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann am 06.02.1996 getroffen haben, handelt es sich um ein formwirksames handschriftliches gemeinschaftliches Testament nach den §§ 2265, 2247 BGB. Auch wenn das Schriftstück nicht das Wort „Testament“ aufweist, wird aus dem Inhalt deutlich, dass die Erblasser letztwillig verfügen wollen. In diesem Testamentsnachtrag haben die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann jeweils bestimmt, dass nach dem Ableben des zuletzt verstorbenen Ehegatten das Vermögen je zur Hälfte an die Geschwister C und D – Schwestern des Erblassers – und E sowie F – Geschwister der Erblasserin – gehen soll. Eine Wechselbezüglichkeit dieser beiden Verfügungen (einerseits der Erblasserin und andererseits ihres Ehemannes) zueinander im oben genannten Sinne lässt sich jedoch nicht, jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen. Das Amtsgericht hat angeführt, den Ehegatten sei es offenbar darum gegangen, das gemeinsam erarbeitete und erworbene Vermögen der Familie zu erhalten, wobei beide Erblasser zufällig jeweils zwei Geschwister gehabt hätten. Daraus lässt sich aber nicht sicher entnehmen, dass die Erblasserin die Geschwister ihres Ehemannes als Schlusserben gerade deshalb mit bedacht hat, weil umgekehrt ihr Ehemann auch ihre Geschwister bei den Schlusserben berücksichtigt hat. Ausdrücklich ist eine solche Abhängigkeit der Verfügung voneinander in dem Text des Testaments vom 06.02.1996 nicht bestimmt worden. Es bleibt ebenso gut denkbar, dass jeder der Erblasser der Überzeugung war, in der Verteilung des gemeinsam erarbeiteten Vermögens gleichmäßig auf die Geschwister beider Eheleute nach dem Tode des Letztversterbenden liege eine gerechte und angemessene Nachlassverteilung, ohne dass er diese Verfügung aber nur deshalb getroffen hat, weil auch der andere Ehepartner entsprechend testiert hat. Die Beteiligten zu 3. und 4. haben in der Beschwerdeerwiderung ausdrücklich vorgetragen, beide Erblasser hätten die Schlusserben deshalb ausgewählt, weil, „alle Schlusserben …ihnen beide gleich lieb“ gewesen seien. Das aber spricht deutlich gegen eine Auslegung des Nachtrages dahin, die Erblasserin habe insbesondere die Geschwister des Ehemannes bei den Schlusserben nur deshalb berücksichtigt, weil auch ihr Ehemann ihre eigenen Geschwister als Schlusserben bedacht hat.
Die Zweifelsregel des § 2270 Abs. 2, 2. Alt. BGB hilft bei der Frage, ob die Bestimmungen der Erblasser in dem Nachtragstestament wechselbezüglich sind, nicht weiter. Denn danach ist Wechselbezüglichkeit von Verfügungen zueinander im Zweifel anzunehmen, wenn dem einem Bedachten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist. Diese Konstellation liegt bezogen auf die Verfügungen des Nachtragstestaments – also die jeweilige Schlusserbenbestimmung der Ehegatten – nicht vor. Die Zweifelsregel zeigt umgekehrt allerdings auf, dass allein der Umstand, dass Ehegatten jeweils Verwandte auch des anderen Partners zu Schlusserben berufen, für die Annahme nicht ausreichen kann, dass diese Schlusserbeneinsetzung wechselbezüglich ist (vgl. ebenso OLG München, ErbR 2009, 259 ff. Rn. 112).
Für die Auslegung sind auch Umstände außerhalb des Testaments heranzuziehen, wenn sie Rückschlüsse auf den gemeinsamen Willen der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments zulassen. Indizien können sich auch aus Willensbekundungen des überlebenden Ehegatten nach dem Tod des Erstversterbenden ergeben (s. etwa Schmucker, MittBayNot 2001, 526 ff., 529 unter Bezugnahme auf BayObLG FamRZ 1997, 251, 253). Im vorliegenden Fall hat die Erblasserin in ihrem notariellen Testament vom 15.11.2011 ausdrücklich ausgeführt, sie sei sich mit ihrem vorverstorbenen Ehemann darüber einig gewesen, dass der Testamentsnachtrag vom 06.02.1996 für den Längstlebenden nicht verbindlich sein sollte, dieser sollte völlig frei von Todes wegen verfügen können. Das steht nicht im Widerspruch zu dem bisher gefundenen Auslegungsergebnis und unterstützt es vielmehr. Der Beteiligte zu 5. hat sich auch auf die Vernehmung des beurkundenden Notars X als Zeugen dafür bezogen, dass auch dieser eine entsprechende Angabe der Erblasserin bestätigen könne. Eine Vernehmung des Notars durch den Senat – der die Beteiligten zu 3. und 4. widersprochen haben – bedarf es nicht, weil es keine Hinweise darauf gibt, dass der Notar anderes angeben könnte, als er selbst als Aussage der Erblasserin in deren Testament vom 15.11.2011 beurkundet hat. Weitere Anhaltspunkte oder Indizien dafür, warum die Bestimmungen des Nachtragstestaments der Erblasserin und ihres Ehemannes zueinander entgegen dem vorstehenden Ergebnis wechselbezüglich sein sollten, finden sich auch im Vorbringen der Beteiligten zu 3. und 4. nicht.
Eine Wechselbezüglichkeit kann insoweit nicht festgestellt werden.
2.
Wechselbezüglich ist allerdings die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute in ihrem gemeinschaftlichen Testament vom 25.05.1994. Die Wechselbezüglichkeit ergibt sich hier jedenfalls unter Heranziehung der Zweifelsregel des § 2270 Abs. 2, 1. Alt. BGB.
Nicht richtig ist indes die Ansicht der Beteiligten zu 3. und 4. – zuletzt vorgetragen in der Beschwerdeerwiderung – auch der „Nachtrag“ vom 06.02.1996 mit seinen Bestimmungen sei wechselbezüglich, weil er Bestandteil des ersten Testaments mit dortiger wechselbezüglicher Erbeinsetzung geworden sei und weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der länger Lebende in irgendeiner Weise hätte berechtigt sein sollen, die gemeinsam getroffenen Verfügungen auch des Nachtragstestaments einseitig zu ändern. Allein daraus, dass eine Schlusserbenbestimmung Bestandteil eines gemeinschaftlichen Testaments mit wechselbezüglicher Erbeinsetzung der Eheleute als Erbe des zuerst Versterbenden wird, folgt indes nicht, dass auch die Schlusserbeneinsetzung – sei es die jeweilige Schlusserbeneinsetzung zueinander oder sei es auch die jeweilige Schlusserbeneinsetzung im Verhältnis zu der wechselseitigen Erbeinsetzung der Eheleute – wechselbezüglich wird. Es bleibt vielmehr bei dem bereits oben angesprochenen Grundsatz, dass für jede Verfügung gesondert festzustellen ist, ob sie zu einer anderen Verfügung im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit steht.
Nicht richtig ist auch die Auffassung der Beteiligten zu 3. und 4., dass eine Wechselbezüglichkeit bereits dann vorliegt, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der länger Lebende berechtigt sein solle, die gemeinsam getroffenen Verfügungen einseitig zu ändern. Es bedarf gerade umgekehrt der Anhaltspunkte, dass eine Wechselbezüglichkeit gewollt ist. Diese muss positiv festgestellt werden, und sei es letztlich unter Heranziehung von Zweifelsregeln, wenn diese denn der Sache nach einschlägig sind.
3.
Im vorliegenden Fall lässt sich auch eine Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung der Erblasserin – jedenfalls soweit sie die Geschwister des Ehemannes zu Schlusserben berufen hat – mit ihrer eigenen Einsetzung als Erbin ihres Ehemannes durch diesen nicht feststellen.
Allerdings muss gerade auch insoweit – entgegen der unzutreffenden Auffassung der Beteiligten zu 3. und 4. in ihrer Beschwerdeerwiderung Seite 3 – gefragt werden, ob eine Wechselbezüglichkeit vorliegt. Es kommt keinesfalls „nur darauf an, ob die Schlusserbeneinsetzung für sich wechselbezüglich sein sollte oder nicht“ und es ist nicht richtig, dass „schon per se die Wechselbezüglichkeit einer Schlusserbeneinsetzung nicht davon abhängig sein kann, dass die Eheleute sich gegenseitig bedenken“, wie dies aber die Beteiligten zu 3. und 4. meinen. Gerade aus der Zweifelsregel des § 2270 Abs. 2, 2. Variante BGB ergibt sich, dass das Gesetz von anderem ausgeht. Denn dort soll im Zweifel Wechselbezüglichkeit gerade zwischen der Berufung des einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten zu seinem Erben mit dessen Berufung von Personen zu Schlusserben bestehen, die wiederum mit dem anderen Ehegatten verwandt sind oder ihm sonst nahe stehen. Es ist also gerade zu prüfen, ob sich eine Wechselbezüglichkeit und damit eine Bindung des Überlebenden zwischen seiner Einsetzung als Erbe durch den vorverstorbenen Ehegatten und der eigenen Schlusserbenbestimmung ergibt.
Im vorliegenden Fall ergibt die Auslegung der beiden Testamente vom 25.05.1994 und 06.02.1996 nach den §§ 133, 2084 BGB aber, dass eine solche Wechselbezüglichkeit und damit im Ergebnis eine Bindung der Erblasserin an die Schlusserbenbestimmung in dem späteren gemeinschaftlichen Nachtragstestament nicht besteht.
Eine Wechselbezüglichkeit zwischen den genannten Verfügungen hat das Amtsgericht nicht im Einzelnen untersucht. Letztlich hat es auf die Zweifelsregel des § 2270 Abs. 2 BGB zurückgegriffen. Gemeint sein kann hier nur die zweite Variante. Indes hat das Amtsgericht nicht konkret subsumiert und übersehen, dass die Norm nicht anwendbar ist.
Ursprünglich kann die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute nicht wechselbezüglich zu der jeweiligen Schlusserbeneinsetzung gewesen sein, weil das Testament vom 25.05.1994 keine Schlusserbeneinsetzung enthält. Es lässt sich deshalb gerade nicht ohne weiteres feststellen, dass der vorverstorbene Ehegatte der Erblasserin diese nur deshalb zu seiner Erbin berufen hat, weil sie wiederum auch seine Geschwister als Schlusserben bestimmt hat. Eine solche Abhängigkeit hat es vielmehr zunächst sicher nicht gegeben, weil die Schlusserbenbestimmung erst fast zwei Jahre später getroffen worden ist.
Es ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, dass dann, wenn Verfügungen in zwei zeitlich nacheinander errichteten gemeinschaftlichen Testamenten aufgenommen werden, eine Wechselbezüglichkeit nur bei Vorliegen qualifizierter Voraussetzungen bejaht werden kann. Die Ehegatten müssen dazu nicht nur den Willen zur Zusammenfassung beider Testamente zum Ausdruck bringen – etwa durch die Bezeichnung des zweiten Testaments als Nachtrag – sondern sie müssen zusätzlich auch hinsichtlich der früheren und der späteren Verfügung jeweils deutlich machen, dass auch inhaltlich von einem Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist. Es reicht also nicht aus, dass die Verfügungen des früheren und diejenigen des späteren Testaments sich sachlich ergänzen. Es muss vielmehr festgestellt werden, ob die zunächst ohne Rücksicht auf die spätere Verfügung getroffene gegenseitige Erbeinsetzung durch das spätere Testament in der Weise modifiziert wird, dass diese gegenseitige Erbeinsetzung nunmehr nur noch mit Rücksicht auf die Verfügung des jeweils anderen Ehegatten im späteren Testament gelten soll, der früheren gegenseitigen Erbeinsetzung insoweit also ausdrücklich oder stillschweigend nachträglich eine zusätzliche Bedingung im Sinne von Wechselbezüglichkeit beigefügt worden ist.
Ob dies der Fall ist, ist eine Frage der Auslegung des Testaments, bei der aber die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB nicht heranzuziehen ist. Für deren Anwendung ist vielmehr das Ergebnis dieser Auslegung vorrangig. Es muss also dem späteren gemeinschaftlichen Testament ein Hinweis auf den Willen der Eheleute entnommen werden können, dass das frühere gemeinsame Testament im Sinne einer Wechselseitigkeit der seinerzeit angeordneten gegenseitigen Erbeinsetzung der Eheleute mit der Einsetzung von Schlusserben zu ergänzen ist (BayObLG NJW – RR 1999, 878 ff bei juris Rn. 42; OLG München ErbR 2009, 259 ff bei juris Rn. 119 f; Reymann in Juris PK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 2270 Rn. 11; Jörg Mayer in Reimann/Bengel/Mayer, Testament und Erbvertrag, 5. Aufl. 2006, § 2270 Rn. 7 Litzenburger in Beck OK BGB, Stand: 01.08.2015, § 2270 Rn. 9 a; Braun in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2. Aufl. 2014, § 2270 Rn. 9 f und Schmucker in MitBayNot 2001, 526, 529 f).
Im vorliegenden Fall lässt sich im Rahmen der Auslegung nach den §§ 133, 2084 BGB aber nicht feststellen, dass der früheren Verfügung – nämlich der wechselseitigen Einsetzung der Eheleute als Erben – durch den Nachtrag zwei Jahre später nachträglich eine Bindung im Sinne von Wechselbezüglichkeit derart beigefügt worden ist, dass die jeweilige gegenseitige Erbeinsetzung nunmehr auch in einem wechselbezüglichen Verhältnis zu der jeweiligen Schlusserbeneinsetzung steht, das eine mit dem anderen also stehen und fallen und dadurch bedingt sein soll. Dafür kann ersichtlich nicht allein ausreichen, dass hier durch die Überschrift „Nachtrag“ in dem späteren gemeinschaftlichen Testament eine Verknüpfung mit dem vorausgegangenen gemeinschaftlichen Testament hergestellt wird. Es müsste nämlich zusätzlich noch zum Ausdruck gekommen sein, dass die frühere Verfügung nunmehr derart modifiziert wird, dass sie von der späteren im Sinne einer Wechselbezüglichkeit abhängig sein soll. Ausdrücklich ist dafür aber gerade nichts bestimmt worden. Der Umstand, dass zwischen beiden Verfügungen fast zwei Jahre liegen spricht gegen einen derartigen Verknüpfungswillen. Es ist anerkannt, dass die Verknüpfung im Sinne einer Wechselbezüglichkeit um so unwahrscheinlicher erscheint, je größer der zeitliche Abstand zwischen den beiden Testamenten ist (BayObLG NJW-RR 1999, 879 ff, Rn. 43; Braun a.a.O., § 2270 Rn. 9; Schmucker, a.a.O.; Reymann a.a.O.).
Von indizieller Bedeutung gegen die Annahme einer Wechselbezüglichkeit ist auch insoweit wieder die Angabe der Erblasserin in ihrem notariellen Testament vom 15.11.2011, dass die Eheleute seinerzeit gerade nicht von einer Bindung an die Verfügung des Nachtragstestaments ausgegangen sind. Auch der Umstand, dass die Nachtragsverfügung nicht auf demselben Papier wie das Testament vom 25.05.1994 angebracht worden ist – was räumlich möglich gewesen wäre – spricht eher gegen eine von den Eheleuten gewollte Abhängigkeit. Dasselbe gilt auch hier erneut wieder für den Hinweis der Beteiligten zu 3. und 4. in der Beschwerdebegründung, die Eheleute hätten die jeweiligen Geschwister auch des anderen Partners deshalb zu Schlusserben berufen, weil sie ihnen jeweils alle „gleich lieb“ gewesen seien.
Lässt sich mithin im Rahmen der Auslegung nach den §§ 133, 2084 BGB gerade nicht feststellen, dass die frühere Verfügung der Ehegatten – nämlich die gegenseitige Erbeinsetzung – durch das spätere Testament in der Weise modifiziert worden ist, dass die jeweilige Berufung des Ehepartners zum Erben nur mit Rücksicht auf dessen Schlusserbeneinsetzung gelten solle, so fehlt ein Ansatz, um die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2, 2. Variante BGB überhaupt heranziehen zu können. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, dass das frühere gemeinsame Testament im Sinne einer Wechselbezüglichkeit der seinerzeit angeordneten gegenseitigen Erbeinsetzung der Eheleute mit der Einsetzung von Schlusserben ergänzt werden sollte. Der Umstand, dass beide Verfügungen zeitlich weit auseinanderliegen, die fehlende räumliche Verbindung der beiden Verfügungen, die ausdrücklichen Erklärungen der Erblasserin zu dem gegenteiligen gemeinschaftlichen Willen der Erblasser bei Errichtung des Nachtragstestaments und der Vortrag der Beteiligten zu 3. und 4. dazu, dass den Eheleuten jeweils allen berufenen Schlusserben „gleich lieb“ gewesen sind, sprechen sämtlichst gegen eine Wechselbezüglichkeit. Es fehlt an Anhaltspunkten, die für eine solche Wechselbezüglichkeit sprechen könnten. Dann aber kann diese gerade nicht festgestellt werden und hat mangels Wechselbezüglichkeit keine Bindung der Erblasserin an die Schlusserbenbestimmung in dem Nachtragstestament bestanden.
Es kommt nicht mehr darauf an, dass eine Bindung der Erblasserin erst recht nicht ersichtlich ist – auch dieser Punkt ist vom Amtsgericht übersehen worden -, soweit in dem Nachtragstestament die eigenen Verwandten der Erblasserin berufen worden sind. Ist der Erbschein mithin unrichtig, muss das Nachlassgericht angewiesen werden, diesen einzuziehen.
4.
Weil die Beschwerde Erfolg hat, ist über die Kosten nicht nur der ersten Instanz sondern auch der Beschwerdeinstanz nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu entscheiden. Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen.
Der Gesetzgeber hat sich bei der Einführung des FamFG bewusst dagegen entschieden, ausschließlich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen zum Maßstab der Kostenverteilung zu machen. Auch weitere Umstände sind in die Abwägung miteinzubeziehen. Hierbei kann berücksichtigt werden, dass der Streit um die Auslegung eines Testaments nicht in erster Linie der Durchsetzung der Interessen der Beteiligten dient, sondern dazu, dem Erblasserwillen zur Geltung zu verhelfen. Berücksichtigt werden kann auch, inwieweit die von dem unterlegenen Beteiligten vertretene Auslegung jedenfalls vertretbar war (BGH, Beschluss vom 18.11.2015, IV ZB 35/15, juris – in Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Senats, hier Beschluss vom 04.05.2015, 3 Wx 106/14, ErbR 2015, 445 ff.).
Hier ist zu bedenken, dass es sich bei der Frage der Wechselbezüglichkeit im Fall einer Schlusserbeneinsetzung in einem zeitlich späteren gemeinschaftlichen Testament um ein durchaus schwieriges Auslegungsproblem handelt, wie auch die abweichende Entscheidung des Amtsgerichts zeigt. Es erscheint deshalb angemessen, den unterlegenen Beteiligten zu 1. bis 4. die Gerichtskosten beider Instanzen aufzuerlegen, indes Kostenerstattung zugunsten des Beteiligten zu 5. nicht anzuordnen.
Der Beschwerdewert ist nach den §§ 61, 40 GNotKG in Höhe des Nachlasswertes festzusetzen, für den auf die Angaben im Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. (40.000,– €) zurückgegriffen werden kann.