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Erbenhaftung – Dürftigkeitseinrede gegen eine Prozesskostenforderung

LG Oldenburg, Az.: 13 S 415/14, Beschluss vom 12.12.2014

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 02.07.2014 – Geschäftsnummer 2 C 2113/14 (V) – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage um die Frage, ob der Kläger gegenüber der Beklagten in Bezug auf eine Kostenforderung aus dem Ursprungsverfahren die Dürftigkeitseinrede gemäß § 1990 BGB wirksam erheben kann.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 02.07.2014 (Bl. 30 d. A.).

Im Übrigen ist zweitinstanzlich Folgendes zu ergänzen:

Die Erblasserin, … ist am 11.01.2012 verstorben. In dem Ursprungsverfahren, das ursprünglich zu der Geschäftsnummer 4 C 344/13 (I) vor dem Amtsgericht Wildeshausen geführt worden ist, ging die Klageschrift der Beklagten des hiesigen Verfahrens vom 30.07.2013 am 31.07.2013 bei Gericht ein. Die Zustellung dieser Klageschrift erfolgte am 21.10.2013. Nach erfolgter Verweisung wurde das Ursprungsverfahren bei dem Amtsgericht Oldenburg zur Geschäftsnummer 1 C 1408/13 (XX) fortgesetzt.

In dem hiesigen Verfahren hat das Amtsgericht Oldenburg die Klage, mit welcher der Kläger das Ziel verfolgt, dass die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 30.12.2013 – Geschäftsnummer 1 C 1408/13 (XX) – für unzulässig erklärt wird, abgewiesen. Das Amtsgericht hat hierzu ausgeführt, die Klage sei zwar zulässig, jedoch unbegründet. Dem Kostenfestsetzungsbeschluss stehe die Einrede der Dürftigkeit nicht entgegen. Die Haftungsbeschränkung könne nur insoweit gegenüber Prozesskosten geltend gemacht werden, als sie in der Person des Erblassers entstanden seien. Im Übrigen hafte der Erbe unbeschränkt. Bei den streitgegenständlichen Prozesskosten handele es sich aber gerade nicht um solche Nachlassverbindlichkeiten, sondern um Nachlasserbenschulden. Der Kläger habe den Vorprozess nicht bereits vorgefunden und diesen nur zu Ende geführt. Er habe zwar keine andere Möglichkeit gehabt, als sich zunächst einmal von der Beklagten verklagen zu lassen. Er hätte dabei aber die Kostentragung auf die Beklagte abwälzen können, und zwar durch Erklärung eines sofortigen Anerkenntnisses unter Protest gegen die Kostenlast mit der Rechtsfolge des § 93 ZPO. Diese Möglichkeit habe er jedoch nicht genutzt, so dass ein Kostenausspruch zu seinen Lasten erfolgt sei. Die Prozesskosten seien mithin als Eigenverbindlichkeit des Klägers einzuordnen, so dass ihnen der Einwand der Dürftigkeit nicht mit Erfolg entgegengehalten werden könne.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er ist der Auffassung, er habe in dem Ursprungsverfahren ein sofortiges Anerkenntnis erklärt. Vor diesem Hintergrund erfasse die Haftungsbeschränkung auch den Kostenausspruch.

Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Oldenburg vom 02.07.2014

1. die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oldenburg vom 30.12.2013, Az. 1 C 1408/13 (XX), in das nicht zum Nachlass der … gehörende Vermögen für unzulässig zu erklären;

2. die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des zu Ziffer 1 genannten Kostenfestsetzungsbeschlusses an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Berufungsgericht hat die Akten des Amtsgerichts Oldenburg zur Geschäftsnummer 1 C 1408/13 (XX) beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akte wird Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht die Zwangsvollstreckung aus dem streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschluss für zulässig gehalten, da diesem die von dem Kläger erhobene Einrede der Dürftigkeit gemäß § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegensteht.

Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:

Auf die Frage, ob das Anerkenntnis, welches der Kläger in dem Ursprungsverfahren abgegeben hat, sofortig im Sinne des § 93 ZPO war, kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, ob der Kläger sich auch in Ansehung der in dem Ursprungsverfahren entstandenen Kosten auf die Dürftigkeitsrede nach § 1990 Abs.1 S. 1 BGB berufen kann. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte auch in Ansehung dieser Kosten Nachlassgläubigerin im Sinne des § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB ist bzw. dass es sich – anders formuliert – bei dieser Kostenforderung um eine Nachlassverbindlichkeit handelt. Hierbei können zwar grundsätzlich auch Verfahrenskosten zu den Nachlassverbindlichkeiten zählen. Dies gilt allerdings nur, wenn sie bereits in der Person des Erblassers entstanden sind (Palandt/Weidlich, 72. Auflage, Rn. 6 zu § 1967 BGB). Für die Kosten eigener Prozessführung hat der Erbe hingegen selbst einzustehen. Insofern kann auch der Vorbehalt gem. § 780 Abs. 1 ZPO – der hier wegen der Regelung des § 780 Abs. 2 ZPO ohnehin keine Rolle spielt – nicht erfolgen (OLG Celle, Urteil vom 29.03.1995 – 13 U 112/94 [juris] Rn. 7; OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.11.2006 – 14 W 66/06 [juris], Rn. 7; Thomas/Putzo/Seiler, 32 Auflage, Rn. 7; Zöller/Stöber, 29 Auflage, Rn. 7 zu § 780 ZPO).

Die in dem Ursprungsverfahren entstandenen Kosten sind von dem Kläger in eigener Person verursacht worden. Dies ergibt sich bereits aus dem zeitlichen Ablauf. Die Erblasserin, …, ist verstorben am 11.01.2012. Die Klageerhebung ist in dem Ursprungsverfahren am 31.07.2013, also erhebliche Zeit nach dem Eintritt des Erbfalls erfolgt. Dementsprechend sind die Kosten des Ursprungsverfahrens in der Person des Klägers entstanden, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob das von ihm erklärte Anerkenntnis sofort im Sinne des § 93 ZPO erfolgt ist. Der Kläger hat eben nicht die Führung eines zunächst von der Erblasserin betriebenen oder gegen diese gerichteten Verfahrens aufgenommen. Im Übrigen streitet der Kläger hier für die Freiheit seines Eigenvermögens von Belastungen, was ebenfalls gegen die Annahme spricht, die festgesetzten Verfahrenskosten könnten eine Nachlassverbindlichkeit darstellen (vgl. MüKo/Küpper, 6. Auflage, Rn. 37 zu § 1967 BGB). Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht etwa geboten, weil der Kläger hier nach § 1936 S. 1 BGB geerbt hat, was er wegen § 1942 Abs. 2 BGB auch nicht vermeiden konnte. Eine Privilegierung des Fiskus dahin, in Erbfällen nach § 1936 BGB in keinem Fall mit dem Eigenvermögen haften zu müssen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708Nr. 10 S. 1, 713 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Die rechtliche Kernaussage der vorliegenden Entscheidung, dass nämlich ein Erbe die Kosten eigener Prozessführung selbst zu tragen hat, entspricht allgemeiner Ansicht (vgl. OLG Celle, Urteil vom 29.03.1995 – 13 U 112/94 [juris], Rn. 7). Es besteht daher in rechtlicher Hinsicht keine Unklarheit, die im Rahmen eines Revisionsverfahrens zu klären wäre.

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