Erbstreit um den Nachlass: Die Wiederaufnahme eines Falls nach Ablehnung der ersten Berufung
Die Tinte des Testamentes von K. L., verstorben am 18. Dezember 2016, war kaum getrocknet, als ein erbitterter Streit um das Erbe zwischen den Erben und ihrer Tochter ausbrach. Dieser Fall, ein komplexes Geflecht von familiären Bindungen, testamentarischen Verfügungen und Streitigkeiten um Verzugszinsen und Auskunftsansprüche, wirft ein Schlaglicht auf die oftmals verzwickten Konflikte um Erbschaften. Es handelt sich dabei um eine Familiensaga, die das Verhältnis zwischen einer Tochter und ihren Halbgeschwistern aus erster und zweiter Ehe ihrer Mutter beleuchtet und die Herausforderungen in den Fokus rückt, die sich im Zuge von Erbauseinandersetzungen ergeben.
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Übersicht
Verwirrung um das Testament von K. L.
Im Mittelpunkt der Streitigkeiten steht das Testament der verstorbenen K. L., in dem sie ihre Kinder aus erster Ehe und den Sohn ihres zweiten Ehemannes zu ihren alleinigen Erben einsetzte. Sie wandte der Klägerin und ihrer Schwester aus erster Ehe im Wege des Vermächtnisses jeweils einen Geldbetrag in Höhe ihres gesetzlichen Pflichtteils zu. Der Streit entzündete sich vor allem an der Auslegung dieser testamentarischen Verfügung und der Frage, wie der Nachlass zu bewerten und zu verteilen ist.
Ansprüche der Klägerin und erste Instanz
Die Klägerin forderte die Auszahlung von Verzugszinsen auf eine bereits geleistete Abschlagszahlung, einen weiteren konkret bezifferten Zahlungsanspruch und umfangreiche Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche im Rahmen einer Pflichtteilsstufenklage. Sie warf dem Testamentsvollstrecker vor, ein unzureichendes Nachlassverzeichnis erstellt zu haben. Das Landgericht Düsseldorf wies in erster Instanz einen Teil der Forderungen der Klägerin ab.
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Die Klägerin legte Berufung ein und das OLG Düsseldorf entschied, dass das Urteil des Landgerichts aufgehoben und der Fall zurück an das erstinstanzliche Gericht verwiesen wird, soweit das Landgericht die Klage auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 16.976,66 EUR abgewiesen hat. Die restlichen Berufungsgründe der Klägerin wurden jedoch zurückgewiesen.
Dieser Fall zeigt die Komplexität von Erbschaftsstreitigkeiten, die nicht nur juristisches Fachwissen, sondern auch die Fähigkeit erfordern, menschliche Beziehungen und familiäre Bindungen zu navigieren.
Das vorliegende Urteil
OLG Düsseldorf – Az.: I-7 U 13/20 – Urteil vom 30.07.2021
Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 19.12.2019 aufgehoben und die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen, soweit das Landgericht die Klage auf Zahlung von 16.976,66 EUR zuzüglich Zinsen von 1% p.a. seit dem 21.09.2017 abgewiesen hat.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin ist die Tochter der am 18.12.2016 verstorbenen K. L., die in erster Ehe mit dem vorverstorbenen Z. C. und in zweiter Ehe mit dem ebenfalls vorverstorbenen F. L. verheiratet gewesen ist. Aus der ersten Ehe sind neben der Klägerin die in erster Instanz mitverklagten Beklagten zu 2) und 3), die im Berufungsverfahren als Streithelfer des Beklagten zu 1) auftreten, sowie eine weitere Tochter der Erblasserin, E. C., hervorgegangen; der Beklagte zu 1) ist der Sohn des zweiten Ehemannes der Erblasserin.
Durch notariell beurkundete testamentarische Verfügung vom 02.03.2007 (Anl. K2) setzte die Erblasserin die Beklagten zu 1) bis 3) zu ihren alleinigen Erben ein und wandte der Klägerin und ihrer Schwester E. C. im Wege des Vermächtnisses jeweils einen Geldbetrag in Höhe ihres gesetzlichen Pflichtteils zu.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.03.2017 (Anl. K4) machte die Klägerin gegenüber den Erben einen Zahlungsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils geltend und verlangte Zahlung bis zum 30.03.2017. Des Weiteren erhob sie Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche in Bezug auf den Nachlass.
Der in erster Instanz als Beklagter zu 4) mitverklagte Testamentsvollstrecker, der in der Berufungsinstanz ebenfalls als Streithelfer des Beklagten zu 1) auftritt, übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 29.06.2017 ein von ihm erstelltes Nachlassverzeichnis und leistete am 03.07.2017 eine Abschlagszahlung i.H.v. 1.600.000,- EUR auf die Ansprüche der Klägerin. Darüber hinaus erhielt die Klägerin im Jahr 2017 eine weitere Zahlung von 424.659,84 EUR.
Nachdem der Testamentsvollstrecker die Klägerin im Juli/August 2017 (erfolglos) zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses aufgefordert hatte, erklärte sie mit anwaltlichem Schreiben vom 05.09.2017 (Anl. K5) gegenüber dem den Beklagten zu 1) auch schon vorgerichtlich vertretenden Rechtsanwalt R, dass sie das Vermächtnis ausschlage.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin vom Beklagten zu 1) Verzugszinsen von 16.976,66 EUR auf die geleistete Abschlagszahlung von 1.600.000,- EUR für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 03.07.2017 verlangt, (zunächst in einem separaten Verfahren, das durch Beschluss vom 13.07.2018 mit dem vorliegenden Verfahren verbunden worden ist) gegenüber allen Erben einen weiteren bezifferten Zahlungsanspruch von 125.761,38 EUR erhoben und im Wege der Pflichtteilsstufenklage umfangreiche Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche sowie einen unbezifferten Leistungsantrag geltend gemacht. Sie hält das vom Testamentsvollstrecker erstellte Nachlassverzeichnis vom 29.06.2017 „Stand 13.09.2017“ (wie auch das zuvor vom Beklagten zu 1) erstellte vorläufige Nachlassverzeichnis) für unzureichend.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten zu 1) bis 3) durch das angefochtene Teilurteil zur Vorlage eines amtlichen oder notariellen Nachlassverzeichnisses sowie zur Wertermittlung in Bezug auf den Grundbesitz in R und die Waffen gemäß Vertrag vom 11.04.2012 verurteilt. Es hat die Klage auf Zahlung von 16.976,66 EUR abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es an einer verzugsbegründenden Mahnung im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB fehle. Voraussetzung für eine wirksame Mahnung sei, dass der Gläubiger den Grund seines Zahlungsbegehrens benenne und angebe, ob er Zahlung aufgrund eines Vermächtnisses oder aus Pflichtteilsrecht verlange. Diesen Anforderungen genüge das Schreiben vom 21.03.2017 nicht, weil es offenlasse, ob mit der Zahlungsaufforderung Pflichtteils- oder Vermächtnisansprüche verfolgt würden. Diese seien nach ihrem Wesen und ihren tatsächlichen Voraussetzungen grundverschieden, sodass trotz der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit keine hinreichend bestimmte Mahnung vorliege. § 2307 BGB verlange gerade, dass eine Entscheidung über die Annahme des Vermächtnisses herbeigeführt werde. Das Bestimmtheitserfordernis mache es unerlässlich, dass der Gläubiger für eine Inverzugsetzung klarzustellen habe, welchen der beiden Ansprüche er verfolgen wolle und damit faktisch gezwungen sei, das Wahlrecht auszuüben.
Des Weiteren hat das Erstgericht die Auskunftsklage auf Ergänzung des vorgelegten privatschriftlichen Nachlassverzeichnisses in zahlreichen Punkten sowie auf Vorlage von Belegen abgewiesen. Mit dem als Anl. K7 vorgelegten Nachlassverzeichnis sei der Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB erfüllt. Da es auf die Auskunft, die der Erbe als die endgültige bezeichne, ankomme, liege keine Widersprüchlichkeit zu früheren Nachlassverzeichnissen, die nur vorläufiger Natur gewesen seien, vor. Auch die Tatsache, dass die Beklagten keine Erinnerung an bestimmte Sachverhalte hätten, stehe der Erfüllungstauglichkeit nicht entgegen. Unerheblich sei, welche rechtlichen Bewertungen den Angaben aus dem Nachlassverzeichnis zugrunde lägen. Es komme auch nicht darauf an, ob die in das Nachlassverzeichnis aufgenommenen Rückstellungen von 519.000,- EUR für die Kosten der Testamentsvollstreckung und 300.000,- EUR für etwaige Altlasten tatsächlich abzugsfähig seien.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Angaben zu den nach dem Tod der Erblasserin aus dem Hausanwesen in F entfernten beweglichen Gegenständen, soweit diese nicht in dem Verzeichnis Stand 13.09.2017 enthalten seien.
Die Klägerin könne keine konkretere Beschreibung unter Angabe der wertbildenden Faktoren in Bezug auf die im Antrag genannten Hausratsgegenstände verlangen. Die Beklagten hätten diverse Gutachten über sämtliche potentiell werthaltigen Hausratsgegenstände erstellen lassen; darin seien die bewerteten Gegenstände jeweils individualisierbar aufgelistet. Soweit dies der Klägerin nicht genüge, sei sie auf den Wertermittlungsanspruch zu verweisen.
Weitere Angaben zu den in den Nachlassverzeichnissen genannten Immobilien in F und des Grundbesitzes in R könne die Klägerin nicht verlangen. In Bezug auf sämtliche Immobilien lägen inzwischen Wertermittlungsgutachten vor. Soweit die Klägerin meine, die vorliegenden Wertgutachten seien unzureichend, weil die wertbildenden Faktoren darin nicht ausreichend abgebildet seien, möge sie dies zur Verfolgung ihres Wertermittlungsanspruchs zur Geltung bringen. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, sie könne den Erben dazu verpflichten, jede für erforderlich gehaltene Unterlage betreffend die in den Nachlass gefallene Immobilie vorzulegen, führe zu einer uferlosen Ausweitung von Auskunftsansprüchen.
Der Vortrag der Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs auf umfassende Auskunft über den fiktiven Nachlass sei nicht schlüssig. Der pauschale Verweis darauf, dass die Entwicklung des Vermögens der Erblasserin ohne erhebliche Schenkungen nicht plausibel sei, reiche nicht aus. Der Antrag der Klägerin ziele darauf ab, umfassenden Einblick in Bankunterlagen zu erlangen. Ein solches allgemeines Einsichtsrecht bestehe nicht. Intention der Klägerin sei, die Erben zu veranlassen, vollständige Rechenschaft über das Leben der Erblasserin in den ca. 40 Jahren vor ihrem Ableben abzulegen, gestützt auf die mehr oder weniger substantiierte Vermutung, dass über das Offenbarte hinaus noch etwas vorhanden sein könnte, was Pflichtteilsansprüche auslöse. Eine derartige umfassende Ausleuchtung der Lebensverhältnisse eines Erblassers sei mit der Zielrichtung des § 2314 BGB unvereinbar.
Eine Anspruchsgrundlage für das Verlangen, sämtliche Leistungsbeziehungen zwischen der Erblasserin und dem Beklagten während der letzten zehn Jahre vor dem Todestag bekannt zu geben und zu erläutern, sei nicht ersichtlich.
Der Anspruch auf Rechnungslegung aus § 666 BGB stehe der Erbengemeinschaft und nicht der Klägerin zu.
Der Erbe habe Auskünfte über Aktiva, Passiva und Schenkungen, nicht jedoch zu etwaigen Verträgen der Erblasserin zugunsten Dritter zu machen.
Die Klägerin könne keine Belege hinsichtlich sämtlicher Auskünfte betreffend beim Erbfall noch vorhandene sowie zu Lebzeiten veräußerte oder verschenkte und möglicherweise Pflichtteilsergänzungsansprüchen unterliegenden Gegenstände verlangen. Soweit die Klägerin Angaben zu vorhandenen Mobilien in Zweifel ziehe, möge sie die Mobilien konkret bezeichnen und Wertgutachten verlangen.
Die Vorlage von Bankbelegen für einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren vor dem Erbfall könne die Klägerin nicht verlangen.
Mit ihrer (nur) gegen den Beklagten zu 1) gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin gegen ihn ihren Zahlungsanspruch von 16.976,76 EUR und den überwiegenden Teil der vom Landgericht abgewiesenen Auskunftsansprüche weiter.
Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht sei der Beklagte zu 1) durch das Schreiben vom 21.03.2017 in Verzug gesetzt worden. § 2307 BGB ändere nichts an der Fälligkeit des Pflichtteilsanspruchs. Der Gesetzgeber habe den Pflichtteilsanspruch bewusst so ausgestaltet, dass er unmittelbar mit dem Erbfall entstehe und ab diesem Zeitpunkt auch geltend gemachte werden könne. Er habe dem verpflichteten Erben lediglich eine Einrede gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten gewähren und ihm in § 2307 Abs. 2 BGB eine Möglichkeit an die Hand geben wollen, den bis zur Entscheidung über die Vermächtnisannahme bestehenden Schwebezustand selbst beenden zu können. Es habe keine Ungewissheit über den Rechtsgrund des von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruchs bestanden. Im vorliegenden Fall sei nur der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Mahnung fällig gewesen. Spätestens durch die Klarstellung der Klägerin im Schreiben vom 10.04.2017, dass sie das Vermächtnis nicht angenommen habe, habe eine wirksame Mahnung vorgelegen. Schließlich hätte sich der Beklagte durch eine Rückfrage vergewissern können, welche Forderung von der Mahnung habe erfasst sein sollen.
Durch die Abweisung der Auskunftsansprüche habe das Landgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Es habe sich nicht mit dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 09.07.2018 auseinandergesetzt.
Die Auffassung des Landgerichts, dass kein Anspruch auf konkrete Beschreibung der Nachlassgegenstände unter Angabe der wertbildenden Faktoren bestände, treffe nicht zu. In dem vom Landgericht zitierten Urteil des OLG Karlsruhe vom 09.12.2014 – 8 U 187/13 – sei nicht ausgeführt worden, dass eine Pflicht zur Angabe der wertbildenden Faktoren nur dann bestehe, wenn sie offensichtlich zur Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs benötigt würden. Das OLG Düsseldorf habe in seiner Entscheidung vom 31.07.2007 -I-7 W 60/07 – klargestellt, dass eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs ohne Angabe der wertbildenden Faktoren nicht in Betracht komme. Grundsätzlich sei auch die nähere tatsächliche Bezeichnung der einzelnen Nachlassgegenstände geschuldet, die eine Individualisierung des jeweils gemeinten Nachlassgegenstandes ermögliche.
Das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Bekanntgabe der wertbildenden Faktoren in Bezug auf Immobilien nicht mehr bestehe, soweit bereits Wertermittlungsgutachten vorlägen. Die Vorlage eines Gutachtens ersetzte die Bekanntgabe der wertbildenden Faktoren nicht. Bei den Ansprüchen auf Bekanntgabe der wertbildenden Faktoren und auf Wertermittlung handele es sich um getrennt zu betrachtende Ansprüche. Das Landgericht verkürze die Informationsrechte des Pflichtteilsberechtigten zu Unrecht, wenn es darauf abstelle, welche Daten der Gutachter für bewertungsrelevant halte. Für die Ertragswertberechnung seien gemäß Z. 5 Abs. 3 S. 1 EW-RAL sowohl die tatsächlich erzielten als auch die marktüblich erzielbaren Erträge zu ermitteln. Deshalb seien der Klägerin die entsprechenden Informationen aus den Mietverträgen zugänglich zu machen. Dies gelte auch für die konkreten Bewirtschaftungskosten. Ob die Flächengrößen zutreffend ermittelt worden seien, könne nur durch einen Abgleich der vom Gutachter verarbeiteten Daten mit den in den Grundrisszeichnungen dokumentierten tatsächlichen Verhältnissen des Gebäudes beurteilt werden. Deshalb seien diese wertbildenden Faktoren mitzuteilen.
Die Klägerin habe im Schriftsatz vom 11.06.2018 sehr wohl dargelegt, welche weiteren ergänzungspflichtigen Zuwendungen erfolgt sein sollen. Wenn – wie hier – der begründete Verdacht bestehe, ein Erblasser habe im maßgeblichen 10-Jahres-Zeitraum Zuwendungen von seinem Bankkonto schenkungsweise an Dritte erbracht, bestehe auch eine Verpflichtung, alle zumutbaren zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu nutzen, um eventuelle Zuwendungsempfänger zu ermitteln.
Anspruchsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Bekanntgabe und Erläuterung sämtlicher Leistungsbeziehungen zwischen ihr und dem Beklagten während der letzten zehn Jahre vor dem Todestag sei § 2314 Abs. 1 i.V.m. § 2325 Abs. 1 BGB. Der Beklagte zu 1) sei Generalbevollmächtigter der Erblasserin und Angestellter der Kröner Vermögensverwaltung gewesen; er sei Mieter in einer Immobilie gewesen, an der der Erblasserin ein Nießbrauchsrecht zugestanden habe; er sei von der Erblasserin beschenkt und es seien von ihr Waffen an ihn veräußert worden. Diesbezüglich habe die Klägerin Anspruch auf Offenlegung der in Rede stehenden Austauschverträge bzw. der Details der Leistungsbeziehungen.
Der der Erbengemeinschaft zustehende Anspruch auf Rechenschaftslegung sei bei den Aktiva im Nachlassverzeichnis aufzuführen. Er sei einschließlich aller wertbildenden Faktoren offenzulegen.
Der Pflichtteilsberechtigte sei auch über Verträge zugunsten Dritter zu informieren, um selbst zu beurteilen, ob sie pflichtteilsrelevant seien.
Im Nachlass vorhandene Belege oder Bewertungsgutachten müssten als Bestandteil in das Nachlassverzeichnis unter Angabe der wertbildenden Faktoren aufgenommen werden. In der Rechtsprechung sei der Anspruch auf Vorlage von Bankbelegen längst anerkannt. Auch in der Literatur mehrten sich die Stimmen, die einen Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Belegvorlage bejahten.
Ein Anspruch auf Ergänzung eines vorgelegten Nachlassverzeichnisses bestehe bei einer erkennbar unvollständigen Auskunft. Eine solche liege hier in Bezug auf die nicht mitgeteilten wertbildenden Faktoren vor. Eine Individualisierung der einzelnen Nachlassgegenstände im Haus F sei anhand der gewählten Gattungsbezeichnungen nicht möglich. Der Inhalt der Zertifikate für die zum Nachlass gehörenden Gemälde sei nicht mitgeteilt worden. Auch verweigere der Beklagte die Auskunft über Leistungsbeziehungen zwischen der Erblasserin und ihm.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten – unter Abänderung des Teilurteils der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 19.12.2019 – zu verurteilen,
1. an die Klägerin einen Betrag von 16.976,66 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 1 % seit dem 21.09.2017 zu zahlen;
2. die Angaben in den Nachlassverzeichnissen vom 23.05.2017, vom 29.06.2017 bzw. „Stand 13.09.2017“ um folgende Angaben/Unterlagen zu ergänzen:
a) konkrete Beschreibung unter Angabe der wertbildenden Faktoren zu den in den vorgenannten Nachlassverzeichnisses unter den Überschriften „Porzellan“, „Zinn“, „Gemälde“, „Schmuck“, „Messing“, „Bronze“, „Glas“ und „Möbel, Keller, Posten“ genannten Gegenständen;
b) Angaben zu wertbildenden Faktoren (Angaben zum Gebäudezustand und zu baulichen Mängeln, über neuere Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen einschließlich Belegkopien; Miet- bzw. Pachtverhältnisse im Todeszeitpunkt und die vereinbarten Konditionen einschließlich Laufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten; konkrete Bewirtschaftungskosten der vermieteten Objekte) der in den vorgenannten Nachlassverzeichnissen unter den Aktiva genannten Immobilien sowie der Immobilien F und des Grundbesitzes in R, im Nachlassverzeichnis bezeichnet als „90.930 m² Fläche an den Unterhaltungsverband R“ (Übertragungsgegenstand gemäß Urkunden Nr. 155 für das Jahr 2009 des Notars Dr. U, R);
c) umfassende Auskunft über den fiktiven Nachlass unter Ausschöpfung der dem Beklagten über seine eigene Erinnerung hinausgehenden Erkenntnisquellen, insbesondere der Auswertung der Bankunterlagen betreffend sämtliche Konten und Depots der Erblasserin im In- und Ausland für den Zeitraum von wenigstens zehn Jahren vor dem Todestag;
d) Bekanntgabe und Erläuterung sämtlicher Leistungsbeziehungen zwischen der Erblasserin und dem Beklagten während der letzten zehn Jahre vor dem Todestag;
e) Auskunft über den Inhalt des dem Nachlass zustehenden Anspruchs auf Rechenschaftsablegung (§ 666 BGB) gegenüber dem Beklagten;
f) Angaben zu etwaigen Verträgen der Erblasserin zugunsten Dritter;
g) Belegvorlage hinsichtlich sämtlicher Auskünfte betreffend den (realen und fiktiven) Aktiv-Nachlass sowie Vorlage aller etwa im Nachlass vorhanden zu Lebzeiten der Erblasserin erstellten Wertgutachten) insbesondere Gemälde) betreffend beim Erbfall noch vorhandene sowie zu Lebzeiten veräußerte oder verschenkte und möglicherweise Pflichtteilsergänzungsansprüchen unterliegenden Gegenstände;
h) Vorlage sämtlicher Bankbelege für einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren vor dem Erbfall;
3. die Klägerin bzw. einen Vertreter der Klägerin bei der Ergänzung der geschuldeten Auskünfte hinzuzuziehen.
Der Beklagte zu 1) und seine Streithelfer beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es zu seinen Gunsten ergangen ist. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei einen Anspruch aus Verzug mangels verzugsbegründender Voraussetzungen verneint. Die Auffassung der Klägerin, dass zum Zeitpunkt der Mahnung lediglich der Pflichtteilsanspruch fällig gewesen sei, treffe nicht zu. Indem die Klägerin im anwaltlichen Schreiben vom 31.03.2017 die testamentarische Verfügung der Erblasserin zitiert und einen Zahlungsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils geltend gemacht habe, habe sie die Annahme des Vermächtnisses erklärt. Damit hätten sehr wohl zwei fällige Ansprüche zum Zeitpunkt der Mahnung vorgelegen. Die „Klarstellung“ der Klägerin im Schreiben vom 10.04.2017 habe daran nichts geändert. Der Verzugsschaden sei auch der Höhe nach nicht begründet. Durch die zwischenzeitlich titulierten Verpflichtungen zur Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses und der Vorlage von Verkehrswertgutachten werde der mit der Auskunftserteilung bisher vorgenommene wirtschaftliche Rahmen der zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten deutlich überschritten, was auch zu einer Reduzierung des geldwerten Anspruchs der Klägerin führe.
Eine Verpflichtung zur Ergänzung der bisher erteilten Auskünfte bestehe aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht. Der Hausrat der Erblasserin sei unter Bezugnahme auf die überreichten Bewertungsgutachten nicht nur individualisiert worden, sondern es seien auch die wertbildenden Faktoren hinreichend angegeben worden.
Der Klägerin sei sehr wohl angeboten worden, sich einen persönlichen Eindruck vom Inventar des Anwesens F zu verschaffen. Sie habe jedoch von einer Besichtigung der zum Nachlass gehörenden Immobilie Abstand genommen. Eine genauere oder konkretere Angabe oder Beschreibung der Faktoren der zum Nachlass gehörenden Gegenstände sei weder möglich noch zumutbar. Die jeweils wertbildenden Faktoren seien den eingeholten und zum Zwecke der Auskunftserteilung übermittelten sachverständigen Bewertungen hinreichend zu entnehmen. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass konkrete Verdachtsmomente, die zu weitergehenden Ermittlungspflichten des Auskunftsschuldners führen könnten, nicht vorlägen. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung zeigten, dass ihr die Leistungsbeziehungen zwischen der Erblasserin und dem Beklagten, zu denen sie Auskunft verlange, bekannt seien. Auch die übrigen Auskunftsansprüche habe das Landgericht zu Recht verneint. Schließlich sei auch nicht das rechtliche Gehör der Klägerin dadurch verletzt worden, dass sich das Landgericht nicht dezidiert mit ihrem Schriftsatz vom 09.07.2018 auseinandergesetzt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht, soweit dieses den Klageantrag auf Zahlung von 16.976,66 EUR durch das angefochtene Teilurteil abgewiesen hat, führt. Im Hinblick auf die mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Ansprüche auf Auskunft und Belegvorlage ist die Berufung unbegründet.
1.
Das Landgericht durfte wegen der Gefahr der Widersprüchlichkeit von Teil- und Schlussentscheidung (vgl. BGH NJW 2013, 1009; BGH NJW 2011, 2736) über die auf die vorab geleistete Zahlung von 1.600.000,- EUR entfallenden und mit 16.976,66 EUR berechneten Zinsen für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 03.07.2017 nicht entscheiden, weil sich nach dem Übergang in die noch zu beziffernde Leistungsstufe und in Bezug auf den mit 125.761,38 EUR nebst Zinsen seit dem 29.06.2017 bezifferten Klageantrag erneut die Frage ergibt, ob der Beklagte zu 1) im vorgenannten Zeitraum mit der Erfüllung der Pflichtteilsansprüche der Klägerin in Verzug gewesen ist, insbesondere aufgrund des anwaltlichen Schreibens der Klägerin vom 21.03.2017.
Zinsen werden für den mit 125.761,38 EUR bezifferten Antrag sowie für den bislang unbezifferten Leistungsantrag zwar erst ab dem 29.06.2017 (und nicht bereits ab dem 01.04.2017) geltend gemacht, allerdings kann sich der dafür erforderliche Verzug auch nur aus dem Mahnschreiben vom 21.03.2017 ergeben, wobei die Klägerin den beklagten Erben offenbar bis zum Zeitpunkt der Erstellung des Nachlassverzeichnisses vom 29.06.2017 fehlendes Verschulden wegen nicht möglicher Bezifferung des Anspruchs, soweit er über einen unstreitigen Mindest-Pflichtteilsanspruch hinausgeht, zugebilligt hat. Der Verzug ab dem 29.06.2017 setzt aber ebenfalls wie der für die Zeit vom 01.04. – 03.07.2017 eine vorherige Mahnung voraus, für die das Anwaltsschreiben vom 21.03.2017 und auch das weitere Anwaltsschreiben vom 10.04.2017 (Anl. B1/2, Anlagenband Beklagter zu 1) in Betracht kommen.
Damit besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen, weil vom Landgericht im weiteren Verfahren erneut darüber zu entscheiden sein wird, ob der Beklagte zu 1) sowie die übrigen Beklagten bereits durch das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 21.03.2017 (bzw. vom 10.04.2017) oder erst durch das Schreiben vom 05.09.2017 (Anl. K5) in Verzug geraten sind.
Die Klageabweisung wegen der Zinsforderung von 16.976,66 EUR ist deshalb nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO – auch ohne dass es eines entsprechenden Antrags bedurft hätte – aufzuheben und die Sache insoweit an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.
2.
Die von der Klägerin mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüche auf ergänzende Auskünfte über den Nachlass und Vorlage von im Nachlass befindlichen Wertgutachten und Belegen bestehen nicht. Dementsprechend ist auch für ein Zuziehungsrecht nach § 2314 Abs. 2 BGB kein Raum.
a)
Die durch das Testament der Erblasserin vom 02.03.2007 enterbte Klägerin ist als Tochter der Erblasserin pflichtteilsberechtigte Nichterbin, sodass ihr grundsätzlich die Auskunftsansprüche aus § 2314 BGB zustehen. Sie ist zwar durch das Testament mit einem Vermächtnis bedacht worden. Dieses hat sie jedoch durch das anwaltliche Schreiben vom 05.09.2017 ausgeschlagen, sodass sie nach § 2307 Abs. 1 S. 1 BGB den Pflichtteil verlangen kann. Die vom Beklagten in anderem Zusammenhang vertretene Auffassung, die Klägerin habe das ihr zugewandte Vermächtnis durch ihr Schreiben vom 21.03.2017 angenommen, sodass sie es danach nicht mehr habe ausschlagen können, trifft nicht zu. Die Klägerin hat in dem Schreiben vom 21.03.2017 lediglich die testamentarischen Anordnungen der Erblasserin wiedergegeben. Allein aus dieser Bezugnahme kann nicht auf eine konkludente Annahme des Vermächtnisses geschlossen werden. Auch spricht die Formulierung, dass sie einen Zahlungsanspruch in Höhe „der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils“ geltend macht und damit die Formulierung des § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB übernimmt sowie die Tatsache, dass sie Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche, die ihr als Vermächtnisnehmerin nicht zuständen, geltend gemacht hat, gegen eine Annahme des Vermächtnisses.
b)
Das mit der Berufung weiterverfolgte Begehren der Klägerin auf Ergänzung der durch das private Bestandsverzeichnis erteilten Auskunft verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), weil ihrem (hilfsweise gestellten) Antrag auf Verurteilung der beklagten Erben zur Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses durch das von der Beklagten nicht angefochtene Teilurteil stattgegeben worden und ein Notar bereits vor mehr als einem Jahr mit der Erstellung beauftragt worden ist, sodass die Vorlage des notariellen Verzeichnisses zeitnah zu erwarten ist. Ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Klägerin daran, im derzeitigen Verfahrensstadium ergänzende private Auskünfte vom Beklagten zu erhalten, ist nicht ersichtlich.
Es ist allgemein anerkannt, dass ein Verlangen auf ein privates Verzeichnis in der Regel rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Erbe bereits ein amtliches Verzeichnis vorgelegt hat (BGH NJW 2012, 2730, 2731; BGH NJW 1961, 602, 604: Riedel in Damrau/Tanck, Praxiskommentar Erbrecht, 4. Aufl., § 2314, Rn. 35; Staudinger-Herzog, BGB-Neubearbeitung 2015, § 2314 Rn. 58; Horn in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl., § 2314 Rn. 5; Kuhn/Trappe ZEV 2011, 347), weil das notarielle Nachlassverzeichnis durch die eigene Ermittlungstätigkeit des Notars eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft bietet (Demirci in Krug, Pflichtteilsprozess, 2. Aufl., Kap. 2 Rn. 37) und ein Mehr gegenüber dem privaten Bestandsverzeichnis darstellt. Im vorliegenden Fall haben die Erben das von der Klägerin geforderte notarielle Nachlassverzeichnis zwar noch nicht vorgelegt. Sie haben aber bereits ein privates Bestandsverzeichnis vorgelegt, und das notarielle Verzeichnis ist seit mehr als einem Jahr in Arbeit, was nicht zuletzt auf einen hohen Arbeitsaufwand und umfangreiche Ermittlungstätigkeiten des Notars schließen lässt. Bei dieser Konstellation, die derjenigen, über die der Senat in der Sache I-7 U 9/17 (Urteil vom 06.07.2018, ZEV 2019, 90) zu entscheiden hatte, vergleichbar ist, ist das Begehren auf Ergänzung des privaten Nachlassverzeichnisses treuwidrig, weil es keinem objektiv gerechtfertigten Informationsinteresse mehr dient und allein weiteren Arbeitsaufwand verursacht.
c)
Überdies kann eine Ergänzung oder Berichtigung eines vorgelegten Nachlassverzeichnisses grundsätzlich nicht verlangt werden; vielmehr ist der Pflichtteilsberechtigte in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung zu verweisen. Ein Anspruch auf Ergänzung bzw. Berichtigung eines Nachlassverzeichnisses kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn nun in diesem eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen – nicht aufgeführt ist, wenn Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen, wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat oder wenn sich ein Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt hat (BGH NJW 2020, 2187; vgl. auch Senat, Beschluss vom 10.09.2019 – I-7 W 29/19 -, ErbR 2019, 772). Keiner dieser Ausnahmefälle, der den Anspruch der Klägerin auf Ergänzung des bereits vorliegenden privaten Bestandsverzeichnisses rechtfertigen könnte, ist hier gegeben.
In Bezug auf die einzelnen Anträge gilt folgendes:
aa)
Die Klägerin kann keine nähere Beschreibung unter Angabe der wertbildenden Faktoren zu den in den Nachlassverzeichnissen vom 23.05.2017, 29.06.2017 bzw. „Stand 13.09.2017“ aufgeführten Positionen: Porzellan, Zinn, Gemälde, Schmuck, Messing, Bronze, Glas, Möbel, Keller, Posten verlangen. Diese Gegenstände sind in den Nachlassverzeichnissen aufgeführt worden, sodass die Verzeichnisse nicht erkennbar lückenhaft sind. Es fehlt auch keine Angabe wertbildender Faktoren.
Ob und in welchem Umfang wertbildende Faktoren aufzuführen sind, ist streitig (bejahend OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1756; Riedel in Damrau/Tanck Praxiskommentar Erbrecht, 4. Aufl., § 2314 Rn. 26, 27; Herzog in Staudinger BGB-Neubearbeitung 2015, § 2314 Rn. 11 „wesentliche Berechnungsfaktoren“; Müller in Schlitt/Müller, Handbuch Pflichtteilsrecht, 2. Aufl.,§ 10 Rn. 169; verneinend Horn in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl., § 2314 Rn. 24). Welcher Auffassung zu folgen ist, kann hier jedoch dahinstehen, weil im vorliegenden Fall die zum Nachlass gehörenden Gegenstände in den bereits vorgelegten Nachlassverzeichnissen nebst Anlagen so hinreichend genau beschrieben sind, dass sie individualisierbar sind und die Klägerin abschätzen kann, ob sie die Ermittlung ihres Wertes verlangen soll. Auch wenn die vorgenannten Positionen in dem als Anl. K7, Stand 13.09.2017, zur Akte gereichten Nachlassverzeichnis noch – nicht ausreichend – in Gruppen zusammengefasst gewesen sind, ergibt sich aber eine nähere Beschreibung hinsichtlich des Schmucks aus der Anl. 3 und hinsichtlich der übrigen Positionen aus dem Gutachten der Sachverständigen A vom 19.06.2017 (Anl. 5). Darüber hinausgehende Angaben, wie sie die Klägerin beim Schmuck zum Goldgewicht, zur Länge von Ketten, zur Anzahl von Perlen, sowie zu Alter und Zustand und bei den Gemälden zur Maltechnik, zum Entstehungsjahr, zur Signatur sowie zum Zustand und zum Rahmen verlangt, sind nicht geschuldet und vor allem nicht zumutbar. Insoweit ist der Aufwand, den ein Erbe für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses betreiben muss, abzuwägen gegen das Interesse des Pflichtteilsberechtigten, die für eine Bezifferung seines Pflichtteilsanspruchs notwendigen Angaben zu erhalten. Diese Abwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass dem Informationsinteresse der Klägerin genügt worden ist.
bb)
Angaben zu weiteren wertbildenden Faktoren der in den Nachlassverzeichnissen unter den Aktiva genannten Immobilien sowie der (unter den Schenkungen genannten) Immobilien F und des Grundbesitzes in R kann die Klägerin ebenfalls nicht verlangen.
Die Grundstücke sind im Nachlassverzeichnis hinreichend konkret bezeichnet, sodass sie Gegenstand einer Wertermittlung sein können. Die von der Klägerin verlangten näheren Angaben zum Gebäudezustand und zu baulichen Mängeln sowie über Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen schuldet der Beklagte ebenso wenig wie Angaben zu Miet- oder Pachtverhältnissen und zu den Bewirtschaftungskosten. Derartige Angaben sind Gegenstand der Wertermittlung. Zudem fehlt es auch an einem Informationsinteresse der Klägerin, weil ihr Verkehrswertgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L und gutachterliche Stellungnahmen der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure Dr. C und U zur Ermittlung der Verkehrswerte der Grundstücke … vorliegen, denen sie die notwendigen Angaben entnehmen kann.
cc)
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Auskunft über den fiktiven Nachlass unter Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen, insbesondere Auswertung der Bankunterlagen für den Zeitraum von mindestens zehn Jahren vor dem Todestag.
Es trifft zwar zu, dass die Auskunftspflicht nicht nur das pflichtteilsrechtlich relevante Wissen, das der Auskunftspflichtige selbst hat, umfasst, sondern auch die Pflicht einschließt, sich fremdes Wissen – soweit zumutbar – zu verschaffen. Stehen dem Auskunftspflichtigen daher Auskunftsansprüche oder Informationsrechte gegenüber Dritten zu, so muss er diese einsetzen, um sich die notwendige Kenntnis hinsichtlich des tatsächlichen und fiktiven Nachlassbestandes zu verschaffen (Herzog in Staudinger BGB-Neubearbeitung 2015, § 2314 Rn. 28).
Der Beklagte zu 1) hat jedoch Auskunft zu Schenkungen in den von ihm überreichten Nachlassverzeichnissen erteilt und diese auch als abschließend dargestellt. Wenn die Klägerin Zweifel an der Richtigkeit hat, wäre ein Verlangen auf eidesstattliche Versicherung der richtige Weg.
dd)
Ein Anspruch auf Bekanntgabe und Erläuterung sämtlicher Leistungsbeziehungen zwischen der Erblasserin und dem Beklagten sowie auf Auskunft über Verträge der Erblasserin zugunsten Dritter steht der Klägerin aus § 2314 S. 1 BGB nicht zu.
Ein Erbe ist nicht verpflichtet, über alle Vermögensdispositionen des Erblassers zu informieren. Eine derartige Verpflichtung wäre eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB, die nach § 2314 BGB, der nicht auf diese Vorschrift, sondern auf § 260 BGB verweist, gerade nicht geschuldet ist (Senat, ZEV 2019, 90).
ee)
Auskunft über den Inhalt des dem Nachlass zustehenden Anspruchs auf Rechenschaftsablegung (§ 666 BGB) gegenüber dem Beklagten kann die Klägerin nicht verlangen. Etwaige Ansprüche auf Rechnungslegung aus einem der Erteilung einer Vollmacht in der Regel zugrunde liegenden Auftragsverhältnis gemäß §§ 666, 259 BGB können nur vom Auftraggeber bzw. seinen Erben, nicht jedoch vom pflichtteilsberechtigten Nichterben geltend gemacht werden (Senat, ZEV 2019, 90).
Im Rahmen der Auskunftspflicht des Erben aus § 2314 BGB reicht die Angabe, dass ein solcher Rechenschaftsanspruch besteht, aus. Detailliertere Angaben, mit denen die Rechenschaftslegung im Wesentlichen vorweggenommen würde, können nicht verlangt werden.
ff)
Ein Anspruch der Klägerin auf Belegvorlage hinsichtlich sämtlicher Auskünfte betreffend den (realen und fiktiven) Aktiv-Nachlass besteht schon deshalb nicht, weil der darauf gerichtete Antrag der Klägerin nicht hinreichend bestimmt und damit nicht vollstreckungsfähig ist. Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen in dem Titel bezeichnet und daher jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden. Die vorzulegenden Belege sind im Entscheidungsausspruch so bestimmt zu benennen, dass sie im Falle einer Zwangsvollstreckung vom Gerichtsvollzieher aus den Unterlagen des Auskunftspflichtigen ausgesondert und dem Berechtigten übergeben werden können. Hierzu ist es nicht nur erforderlich, dass in dem Titel die Art der vorzulegenden Belege bezeichnet ist, sondern auch der Zeitraum, auf den sich die Vorlageverpflichtung erstreckt (BGH NJW-RR 2019, 961; BGH NJW-RR 2021, 451). Dies gilt entsprechend für den vorliegenden Fall, in dem eine Vollstreckung nicht durch den Gerichtsvollzieher, sondern nach § 888 ZPO erfolgt. Aus dem Antrag der Klägerin ergibt sich nicht, welche Belege sie für welche Zeiträume vorgelegt haben will. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.07.2021 auf die Unbestimmtheit des Antrags auf Belegvorlage hingewiesen; eine Konkretisierung durch die Klägerin ist daraufhin nicht erfolgt.
Im Übrigen besteht – wie der Senat in seiner Entscheidung vom 06.07.2018 – I-7 U 9/17 – (ZEV 2019, 90 m.w.Nachw.) ausgeführt hat – ein nach der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. zusätzlich zu den vom Senat zitierten Stimmen: Lange in Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 2314 Rn. 14; Müller in Schlitt/Müller, Handbuch Pflichtteilsrecht, 2. Aufl., § 10 Rn. 173) ohnehin ausgeschlossener allgemeiner Anspruch auf Belegvorlage jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtteilsberechtigte einen rechtskräftig titulierten Anspruch auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses hat.
gg)
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vorlage aller zu Lebzeiten der Erblasserin erstatteten Wertgutachten über zum Nachlass gehörende oder verschenkte Gegenstände, insbesondere Gemälde. Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten aus § 2314 BGB umfasst nicht die Vorlage von Unterlagen, die sich im Nachlass befinden. Aufgrund der der Klägerin erteilten Auskunft kann sie Wertermittlung, bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls verlangen. Welche Werte für bestimmte Nachlassgegenstände zu einem früheren Zeitpunkt ermittelt worden sind, ist für ihren Pflichtteilsanspruch unerheblich.
hh)
Schließlich ist das Begehren der Klägerin auf Vorlage sämtlicher Bankbelege für einen Zeitraum von wenigstens zehn Jahren nicht begründet.
Wie der Senat in der Entscheidung vom 06.07.2018 (ZEV 2019, 90) ausgeführt hat, ist der Erbe nicht verpflichtet, über alle lebzeitigen Vermögensdispositionen des Erblassers zu informieren. Es besteht kein Ermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten, alle Kontoauszüge des Erblassers systematisch nach etwaigen Ansprüchen zu durchsuchen. Eine derartige Verpflichtung wäre eine Rechenschaftslegung nach § 259 BGB, die wegen des Verweises auf § 260 in § 2314 BGB gerade nicht geschuldet ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für ein notarielles Nachlassverzeichnis vertreten wird, dass der Notar im Rahmen seiner Ermittlungspflicht verpflichtet sein kann, die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall auf Anhaltspunkte für unentgeltliche Zuwendungen durchzusehen (BVerfG ZEV 2016, 578; OLG Koblenz ZEV 2014,308; OLG Saarbrücken ZEV 2011, 373; zusammenfassend Weidlich ZEV 2017, 241). Daraus folgt allenfalls eine Pflicht zur Durchsicht der Kontoauszüge durch den Notar, nicht jedoch zur Vorlage an den Pflichtteilsberechtigten.
Über die Kosten des Berufungsverfahrens hat das Landgericht im Schlussurteil zu entscheiden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Ein Grund, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Streitwert II. Instanz: bis 30.000,- EUR. Der Senat schätzt das Interesse des Klägers an den mit den Anträgen zu 2. und 3. begehrten ergänzenden Auskünften auf 10.000 EUR.