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Klage des Erben gegen die vorzeitige Ruhestandsversetzung des Erblassers

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 3 B 19.2054 – Urteil vom 18.12.2019

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Erben des am 2. August 2018 verstorbenen früheren Klägers (Beamter) gegen dessen vorzeitige Ruhestandsversetzung. Er stand als Gymnasiallehrer im Dienst des Beklagten.

Nachdem sich für den Dienstherrn aufgrund verschiedener Vorkommnisse (Beschwerden des Elternbeirats und von Schülern wegen des Verhaltens des Beamten) Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben hatten, fand aufgrund einer Anordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (Staatsministerium) eine amtsärztliche Untersuchung bei der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von Mittelfranken (MUS) statt.

Mit Gesundheitszeugnis vom 18. Juli 2002 kam Dr. M…, Facharzt für Psychiatrie und für öffentliches Gesundheitswesen bei der MUS, zu der Beurteilung, dass der Beamte an einer schweren psychischen Störung psychotischen Ausmaßes leide und dass aus ärztlicher Sicht infolge der Erkrankung dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstaufgaben vorliege. Nach Vorlage privatärztlicher Atteste und einem stationären Aufenthalt in der Medizinisch-Psychosomatischen Klinik R… hielt Dr. M… (MUS) mit Gesundheitszeugnis vom 10. Januar 2003 seine Beurteilung, dass der Beamte aus amtsärztlicher Sicht dauernd dienstunfähig sei, aufrecht.

Das Staatsministerium bejahte daraufhin mit Schreiben vom 22. Januar 2003 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Der Aufforderung, seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen, kam er nicht nach.

Mit Schreiben vom 3. März 2003 teilte das Staatsministerium dem Beamten unter Bezugnahme auf das Gesundheitszeugnis vom 10. Januar 2003 die Einleitung des Zwangspensionierungsverfahrens gemäß Art. 58 BayBG i.d.F. 27.8.1998 (GVBl. S. 703 – BayBG 1960 -) mit. Hiergegen hat der Beamte Einwendungen erhoben. Daraufhin wurde die Ermittlungsführerin bei der Landesanwaltschaft Bayern, Dienststelle Ansbach, mit der Ermittlung des Sachverhalts beauftragt.

In ihrem Abschlussbericht vom 13. Februar 2006 bejahte die Ermittlungsbeamtin die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Hilfsweise wies sie darauf hin, dass auch aufgrund der Fiktion des Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG i.d.F. vom 25.6.2003 (GVBl. S. 374 – BayBG a.F. -) von der dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten ausgegangen werden könne, da er sich trotz wiederholter schriftlicher Aufforderungen, sich nach Maßgabe des Beweisbeschlusses der Ermittlungsbeamtin ärztlich untersuchen zu lassen, dieser Verpflichtung ohne hinreichenden Grund entzogen habe.

Mit Bescheid des Staatsministeriums vom 22. Februar 2006 wurde der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Gegen den Bescheid hat er am 24. März 2006 Klage erhoben.

Mit Urteil vom 19. Juni 2007 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab (AN 1 K 06.1147 – juris). Die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung vom 22. Februar 2006 sei nicht zu beanstanden. Ohne dass es entscheidungserheblich auf den erforderlichen Nachweis einer prognostischen dauernden Dienstunfähigkeit des Beamten ankäme, habe der Beamte behandelt werden dürfen, wie wenn seine Dienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt worden wäre, weil sich der Beamte trotz wiederholter Aufforderungen ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung entzogen habe, sich nach Weisung des Dienstherrn untersuchen zu lassen.

Mit Beschluss vom 30. Juli 2009 ließ der Senat die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu. Der Senat neige zu der Auffassung, dass eine telefonische Krankmeldung – solange dem Beamten nicht eine besondere Glaubhaftmachung auferlegt sei – einen hinreichenden Grund im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960 darstelle, vorausgesetzt, der Beamte melde dem Gutachter auch die Wiederherstellung seiner Gesundheit. Zu den Untersuchungsterminen am 28. Juni 2005 und am 15. September 2005 habe sich der Kläger beim Gutachter telefonisch krank und anschließend wieder gesund gemeldet. Das einmalige unentschuldigte Fernbleiben zum Untersuchungstermin am 30. August 2005 erfülle nicht die Voraussetzung der „wiederholten“ Entziehung ohne hinreichenden Grund des Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960.

Mit Beschluss des Senats vom 11. März 2010 wurde Prof. Dr. D… mit der Erstattung eines fachpsychiatrischen Gutachtens zu der Frage, ob der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ruhestandsversetzung dauernd dienstunfähig war, beauftragt. Das Sachverständigengutachten wurde unter dem 22. November 2011 vorgelegt. Hinsichtlich des Inhalts des Gutachtens wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

Der Beamte trat mit dem Ende des Monats Juli 2010 in den (regulären) Ruhestand. Er erhielt unter dem 9. März 2010 eine Urkunde über die Versetzung in den Ruhestand nach Erreichen der Altersgrenze, da über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit noch nicht rechtskräftig entschieden war.

Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Urteil vom 23. August 2012 (3 B 09.1843 – juris) die Berufung des Beamten zurück. Es stehe zur Überzeugung des Senats aufgrund des psychiatrischen Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen fest, dass der Beamte im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand im Februar 2006 dienstunfähig gewesen sei. Dabei sei es unerheblich, dass der Sachverständige den Beamten nicht persönlich untersucht habe. Der Sachverständige habe in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, warum er hierauf verzichtet habe. Der Beamte habe seiner Bitte, die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, zweimal nicht entsprochen; zudem sei es um die Beurteilung des Zeitraums bis 2006 und die sich hieraus ergebenden Befunde gegangen. Für diesen Zeitraum habe es ärztliche Stellungnahmen und Befunde gegeben, die sich auf die Ergebnisse persönlicher Untersuchungen des Beamten stützten.

Mit Beschluss vom 3. Juni 2014 (2 B 105.12 – juris) hob das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurück. Welche Untersuchungen erforderlich seien, um eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Erstattung eines ärztlichen Gutachtens zu schaffen, sei eine vom Sachverständigen zu beurteilende medizinische Frage. Da eine persönliche Befragung und Untersuchung des Beamten im Rahmen eines Zurruhesetzungsverfahrens wegen Dienstunfähigkeit insbesondere dann unabdingbar seien, wenn psychische Krankheiten im Raum stünden, müsse der Sachverständige plausibel begründen, warum er gleichwohl von einer persönlichen Befragung und Untersuchung des Betroffenen absehe (a.a.O. Rn. 43). Im vorliegenden Fall sei das Absehen von der persönlichen Befragung des Beamten nicht plausibel begründet. Der vom Verwaltungsgerichtshof in der mündlichen Verhandlung hierzu befragte Sachverständige habe ausweislich der Sitzungsniederschrift ausgeführt, er habe den Beamten zum Inhalt der Unterlagen befragen wollen, deren Zugänglichmachung er mittels der Schweigepflichtentbindungserklärung erbeten habe. Nach deren Verweigerung habe er auf die persönliche Untersuchung insbesondere deshalb verzichtet, weil es für den maßgeblichen Zeitraum von 2002 bis 2006 Befunde gegeben habe, die er ohne persönliche Einvernahme habe bewerten und begutachten können. Eine Untersuchung im Jahre 2011 hätte nicht „automatisch“ Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand im Jahre 2006 zugelassen. Unabhängig davon sei diese Begründung auch deshalb nicht plausibel, weil der Sachverständige mit dieser Begründung von vornherein von einer persönlichen Befragung und Untersuchung des Beamten hätte absehen können. Seine vorstehend wiedergegebene Begründung stehe im Widerspruch dazu, dass der Sachverständige mit Schreiben vom 1. März 2011 den damaligen Bevollmächtigten des Beamten um die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zu einzelnen medizinischen Unterlagen gebeten habe mit Blick auf einen „noch anzuberaumenden persönlichen Untersuchungstermin“ mit dem Beamten. Demnach habe der Sachverständige also zu diesem Zeitpunkt eine persönliche Untersuchung des Beamten noch für erforderlich gehalten. Dass der Beamte die erbetene Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zwecks Einsichtnahme in die früheren ärztlichen Unterlagen nicht abgegeben habe, sei kein plausibler Grund für das spätere Absehen von einer persönlichen Untersuchung des Beamten gewesen. In seinem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schreiben vom 27. Juni 2011 habe der Gutachter zudem selbst ausgeführt, ohne Entbindung von der Schweigepflicht – und damit Kenntnis der Unterlagen dieser Ärzte – werde es sehr schwierig sein, das geforderte Gutachten zu erstatten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Gutachter noch davon ausgegangen, dass er den Beamten auf der Grundlage dieser ärztlichen Unterlagen untersuchen und befragen werde. Dann sei es ohne nähere – bislang nicht vorliegende – Begründung nicht plausibel, weshalb der Gutachter später angenommen habe, er könne das vom Gericht erbetene Gutachten mit einem geringeren Stand von Informationen erstatten, nämlich ohne die ihm nicht zugänglichen ärztlichen Berichte und zudem ohne persönliche Untersuchung und Befragung des Beamten.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Juni 2007 abzuändern und den Bescheid des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 22. Februar 2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2019 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Die Kläger führen das Verfahren zulässigerweise anstelle des verstorbenen Beamten fort. Die Kläger sind – was seitens des Beklagten im Übrigen auch nicht bestritten wird – Miterben des Beamten und damit dessen Rechtsnachfolger. Bei dem Eintritt der Kläger in das Verfahren handelt es sich um einen gesetzlichen Parteiwechsel, der nicht als Klageänderung anzusehen ist (vgl. BVerwG U.v. 14.6.2001 – 5 C 21.00 – juris Rn. 12).

2. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) ist zulässig. Eine Zurruhesetzungsverfügung erledigt sich nicht, wenn der betreffende Beamte während des gerichtlichen Verfahrens mit Erreichen der für ihn geltenden Altersgrenze in den Ruhestand tritt. Denn sie entfaltet weiterhin Rechtswirkungen. So bleibt der Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Bemessung des Ruhegehalts außer Betracht. Auch ist die Zurruhesetzungsverfügung Grundlage für die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge (BVerwG, B.v. 3.6.2014 – 2 B 105.12 – juris Rn. 7; U.v. 30. 5.2013 – 2 C 68.11 – juris Rn. 10).

3. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zurecht abgewiesen. Die Ruhestandsversetzung des Beamten mit Bescheid des Staatsministeriums vom 22. Februar 2006 ist rechtmäßig. Der Beamte war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung dauerhaft dienstunfähig (a.). Im Übrigen durfte die Verweigerung der ärztlichen Untersuchung sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren nach dem Rechtsgedanken des Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960 und der §§ 444, 446 ZPO zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden und auch aus diesem Grund von der dauerhaften Dienstunfähigkeit ausgegangen werden (b.).

a. Der Beamte war zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Urkunde vom 22. Februar 2006 im Sinne des Art. 56 Abs. 1 Satz 1 BayBG 1960 zur Erfüllung seiner Dienstpflichten als Gymnasiallehrer dauerhaft unfähig (dienstunfähig). Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des psychiatrischen Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie, Prof. Dr. D…, vom 22. November 2011, das von dem Sachverständigen außerdem in den mündlichen Verhandlungen erläutert worden ist, fest (1). Gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens hat der Beamte bzw. haben die Kläger keine durchgreifenden Bedenken erhoben (2) Rechtliche Bedenken hinsichtlich der Verwendung des Sachverständigengutachtens bestehen nicht (3).

(1) Prof. Dr. D… hat für den Senat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass der Beamte aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Störung (diagnostisch: einer wahnhaften Störung [ICD-10 F. 22.0], Differenzialdiagnose: paranoide Persönlichkeitsstörung [ICD-10 – F. 60.0]) zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung am 22. Februar 2006 dauernd dienstunfähig war. Der Sachverständige hat unter Bezugnahme auf die ab S. 95 des Gutachtens dargestellten und jeweils von ihm fachlich bewerteten Sachverhalte begründet, weshalb er zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Dr. M… (MUS) in seinem Gesundheitszeugnis vom 18. Juli 2002 die Diagnose einer „schweren psychischen Krankheit psychotischen Ausmaßes“ zutreffend gestellt hat. Nach Auffassung von Prof. Dr. D… war bereits zum damaligen Zeitpunkt die Diagnose einer „paranoiden Persönlichkeitsstörung“ (ICD-10 F. 60.0) zu stellen, gleichzeitig bestanden ebenfalls zum damaligen Zeitpunkt eindeutige Hinweise auf das Vorliegen einer „wahnhaften Störung“ (ICD-10 F. 22.0). Der Sachverständige handelt dann – nachvollziehbar – anhand der diagnostischen Leitlinien der ICD-10 das Vorliegen der hierfür jeweils erforderlichen Merkmale ab (S. 116 ff. d. Gutachtens), wobei er hinsichtlich der Annahme einer wahnhaften Störung vor allem auf die Reaktion des Beamten auf ein Schreiben der Familie W… aus dem Jahr 2000 abstellt. Der Sachverständige legt weiter dar, dass sich unabhängig von der diagnostischen Zuordnung (paranoide Persönlichkeitsstörung oder wahnhafte Störung) aus der gesamten Entwicklung der Probleme im dienstlichen Bereich (Beeinträchtigungen im sozialen und kommunikativen Verhalten bei bestehender Krankheits- und Behandlungsuneinsichtigkeit gegenüber seiner psychischen Problematik) ergibt, dass der Beamte dauerhaft daran gehindert war, die Anforderungen, die an einen Lehrer am Gymnasium gestellt werden, zu erfüllen. Es durfte deshalb offen bleiben, welcher psychischen Erkrankung das Störungsbild des Beamten letztlich zuzuordnen ist.

Der Sachverständige hat sich sowohl in seinem Gutachten wie auch bei der Erläuterung des Gutachtens in den mündlichen Verhandlungen vom 23. August 2012 und 18. Dezember 2019 bei seiner Beurteilung auf vorliegende ärztliche Stellungnahmen und auf originäre Erklärungen und Äußerungen des Beamten, die in großer Zahl in den ihm vorliegenden Akten enthalten waren, gestützt. Prof. Dr. D… hat überzeugend dargelegt, dass er nicht einfach die Beurteilung des Beamten als dienstunfähig durch den Arzt der MUS, Dr. M…, übernommen hat, sondern dass er die unterschiedlichen Diagnosen der Ärzte, die sich zum Gesundheitszustand des Beamten geäußert haben, einander gegenüber gestellt und dann bewertet hat. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auch schlüssig erläutert, dass er dem Ergebnis von Dr. M… (MUS) auch deshalb gefolgt sei, weil dieser sein Gesundheitszeugnis aufgrund eines psychiatrischen Untersuchungsgesprächs und aufgrund der Unterlagen der Schulbehörde erstellt habe, während den behandelnden Ärzten der Klinik R… sowie dem privat behandelnden Arzt Dr. R… diese Unterlagen nicht bekannt gewesen seien. Diese Ärzte seien bei der Beurteilung des Gesundheitszustands des Beamten von dessen eigenen Angaben ausgegangen, ohne die gesamte Entwicklung der schulischen Problematik zu kennen. Der Beamte habe bei den ihn privat behandelnden Ärzten seine psychischen Probleme als Folge der Untersuchung durch Dr. M… und der sich daraus ergebenden Reaktion des Dienstherrn dargestellt. In diesem Zusammenhang ist die Neigung des Beamten, die auch den privatärztlichen Stellungnahmen zu entnehmen ist, zu berücksichtigen, seine Störung zu dissimulieren, also seine Störung nicht erkennen zu geben. Prof. Dr. D… hat hierzu bei seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung auf die testpsychologischen Zusatzuntersuchungen nach der Symptom-Checkliste (SCL-90-R) und das strukturierte klinische Interview abgestellt, wonach sich der Beamte in keiner Dimension als kränker wahrnimmt als der Durchschnitt der als gesund einzuordnenden Bevölkerung. Der Sachverständige Prof. Dr. D… hat auf den zeitlichen Verlauf der zunehmenden Beschwerden von Schulleitung und Eltern abgestellt und damit die Annahme von Dr. R…, dass die psychischen Störungen des Beamten „Folge“ der Untersuchung durch Dr. M… gewesen seien, als sachlich nicht zutreffend und begründbar erachtet. Dies ist logisch und schlüssig. Prof. Dr. D… ist demzufolge zutreffend davon ausgegangen, dass Dr. M… – anders als den privat behandelnden Ärzten des Beamten – die maßgebliche Tatsachenbasis für die Beurteilung des Gesundheitszustands des Beamten bekannt war. Demgegenüber ist es unbeachtlich, dass sowohl die Ärzte der Klinik R… wie auch Dr. R… länger Gelegenheit zur Beobachtung des Beamten hatten als Dr. M… von der MUS. Darüber hinaus hat Prof. Dr. D… darauf hingewiesen, dass auch von den Ärzten der Klinik R… und von Dr. R… Auffälligkeiten beim Kläger festgestellt wurden. Die Klinik R… habe die Dienstfähigkeit des Beamten unter der Voraussetzung der weiteren Reflektion der Verhaltensweisen durch den Kläger in einer ambulanten Psychotherapie bejaht. Dr. R… habe bei dem Beamten eine Persönlichkeitsakzentuierung festgestellt.

Eine anderweitige Verwendung des Beamten war nicht möglich. Eine begrenzte Dienstfähigkeit kam ebenfalls nicht in Betracht. Dies alles ergibt sich aus den Feststellungen von Dr. M… (MUS), auf die der gerichtliche Sachverständige in seinem psychiatrischen Sachverständigengutachten vom 22. November 2011 (S. 15) und in der mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2019 Bezug genommen hat. Danach muss bei dem Beamten zum maßgeblichen Zeitpunkt (22.2.2006) von einem vollständigen Verlust der Dienstfähigkeit ausgegangen werden. Das Krankheitsbild des Beamten stand seiner Einsatzfähigkeit im öffentlichen Dienst überhaupt entgegen.

(2) Gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens sind keine Bedenken ersichtlich.

Aus dem Beamten in der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2012 übergebenen Abdruck seines Schreibens vom 7. Juli 2012 an die PI Höchstadt, das die – vom Beamten vermutete – Fütterung von Vögeln durch Nachbarn betrifft, sowie der zweiseitigen Aufstellung des Beamten vom 9. Juli 2012 die ebenfalls nachbarliche Beobachtungen im Zeitraum vom 13. Januar bis 28. April 2012 bezüglich Schneekehrungen und Lärm beinhaltet, lassen sich keine Aussagen zur objektiven Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit des Beamten – noch dazu im maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2006 – gewinnen. Maßgeblich war das Verhalten des Beamten im Schulunterricht und im schulischen Umfeld. Probleme des Beamten mit der Nachbarschaft – auch wenn sie Ausgangspunkt für sein schulisches Verhalten sein sollten – spielen hierbei keine Rolle. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Hinweises des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auf Bl. 61 des Personalakts Bd. II. Bei den dortigen Zeitungsausschnitten vom 29. und 30. März 2000 über einen Verkehrsunfall findet sich der handschriftliche Vermerk vom 3. Juli 2000 (der vom Schulleiter herrühren soll), dass nach Information des Polizisten H. der Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung nicht stimme. Das Zitat „ihm sollte übel mitgespielt werden“ kann im Übrigen nur so verstanden werden, dass hier der Verfasser des Vermerks – positiv für den Beamten – festgestellt hat, dass dem Beamten keinerlei Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem in den Presseausschnitten behandelten Verkehrsunfall angelastet wurde. Dies alles verhält sich nicht zur Richtigkeit des psychiatrischen Sachverständigengutachtens vom 22. November 2011.

Auch die unter dem 4. November 2014 erhobenen Einwendungen (Bl. 71 ff. der VGH-Akte), wonach der Sachverständige für den Beamten positive Tatsachen nicht berücksichtigt habe (Schreiben des Personalrats von 2002, wonach keine weiteren Konflikte aufgetreten seien; Schülerbefragungen; Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung von 1989) stellen die Richtigkeit des psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht in Frage. Schülerbefragungen in der 5. und 6. Jahrgangsstufe sind keine geeigneten Mittel zum Nachweis der Dienstfähigkeit eines Lehrers, geschweige denn, um ein psychiatrisches Fachgutachten in Frage zu stellen. Der Schulleiter hat im Übrigen nach der Rückkehr des Beamten aus R… die Feststellung getroffen, dass sich dieser durch den Klinikaufenthalt nicht verändert habe, womit die Richtigkeit der sachverständigen Begutachtung bestätigt und nicht in Zweifel gezogen wird. Die Bescheinigung des örtlichen Personalrats vom 24. Juli 2002 gegenüber dem Staatsministerium, wonach seit dem Gespräch im Ministerium im März 2002 keine Probleme mit Schülern bekannt geworden seien, verhält sich nicht zur Dienstunfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt (22.2.2006). Gleiches gilt für das Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung von 1989.

Die Kläger können die Richtigkeit des fachpsychiatrischen Gutachtens auch nicht mit dem Hinweis in Zweifel ziehen, dass Dr. M… im Jahr 2002 kein testpsychologisches Verfahren zur Anwendung gebracht hat. Der gerichtliche Sachverständige hat hierzu in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass es keinen Standard im Sinne verbindlicher Leitlinien gäbe, wonach eine Begutachtung ohne testpsychologische Verfahren nicht möglich oder korrekt sei. Die inzwischen gebräuchlichen umfangreichen Inventare seien jüngeren Datums. Die Tendenz einer Bagatellisierung habe mit den in der Klinik R… angewandten Verfahren nicht ausgeschlossen werden können. Die dortige Symptomcheckliste (SCL) beruhe ausschließlich auf einer Selbsteinschätzung des Patienten und gebe diesem die Möglichkeit, die Antworten in seinem Sinne zu beeinflussen. Auch das Verfahren SKID-II (Strukturiertes Klinisches Interview) sei nicht vor diesbezüglich gefärbten Angaben gefeit, die die spätere Einschätzung des Patienten als unauffällig ermöglichen sollen. Der Senat schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung an, wonach der unmittelbare Untersuchungseindruck etwaigen Ergebnissen aus Testverfahren stets vorrangig ist.

(3) Rechtliche Bedenken hinsichtlich der Verwendung des Sachverständigengutachtens bestehen nicht. Zwar hat der gerichtlich bestellte Sachverständige den Beamten persönlich nie untersucht, obwohl er selbst dies ursprünglich für erforderlich gehalten hatte. Eine persönliche Untersuchung war jedoch nach dem Tod des Beamten nicht mehr möglich. Für die hier zu treffende retrospektive Betrachtung der Dienstunfähigkeit des Beamten war das vom Sachverständigen auf Aktengrundlage erstellte Gutachten ausreichend. Der Sachverhalt ist ausreichend geklärt. Da es um die Beurteilung des Zeitraums bis 2006 geht und hinsichtlich dieses Zeitraums ärztliche Stellungnahmen und Befunde vorlagen, die sich auf die Ergebnisse persönlicher Befunde des Beamten stützten, konnte der Sachverständige auf dieser Grundlage sein Gutachten erstatten. Eine sog. „non-liquet“-Situation (vgl. BVerwG, U.v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – juris Rn. 28) liegt nicht vor.

b. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen schließt der Senat aber auch im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit des Beamten im Zeitpunkt der Zurruhesetzung am 22. Februar 2006. Die Verweigerung der ärztlichen Untersuchung sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren kann nach dem Rechtsgedanken des Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960 und der §§ 444, 446 ZPO zum Nachteil des Beamten gewertet werden und auch aus diesem Grund von der dauerhaften Dienstunfähigkeit ausgegangen werden (BVerwG, B.v. 27.4.2016 – 2 B 23.15 – juris Rn. 27; U.v. 26.4.2012 – 2 C 17.10 – juris Rn. 12).

Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960 spiegelt letztlich allgemeine Beweisgrundsätze wider, wonach aus einer bewussten Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung prozesserhebliche Schlussfolgerungen gezogen werden können. Demzufolge kann bereits im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten den Befund seines Gesundheitszustandes willentlich torpediert, insbesondere dann, wenn er der behördlichen Untersuchungsaufforderung nicht Folge leistet (Buchard in BeckOK Beamtenrecht Bayern, Stand: Dez. 2019, Art. 65 BayBG Rn. 24.1). Für die Ruhestandsversetzung hat Bayern durch Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960 eine eigenständige Regelung getroffen (Baßlsperger in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Jan. 2020, § 54 BeamtStG Rn. 22b). Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienst(un-)fähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln (BVerwG, B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5.18 – juris Rn. 28; B.v. 5.11.2013 – 2 B 60.13 – juris Rn. 9).

Zur Aufklärung der Tatsachen aus der persönlichen Sphäre eines Beteiligten statuiert § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO eine prozessuale Mitwirkungspflicht der Parteien. Kommt die Partei, die nicht die objektive Beweislast, d.h. die Last des non-liquet trägt, ihren Mitwirkungsobliegenheiten im Hinblick auf nur für sie erreichbare Beweismittel (z.B. medizinische Begutachtung) nicht nach, um den Beweis unmöglich zu machen, spricht man von Beweisvereitelung. Das Zivilprozessrecht enthält für derartige Situationen in § 427, § 444 und § 446 ZPO Regelungsansätze, die aber in dem durch die Amtsermittlungsmaxime (§ 86 Abs. 1 VwGO) gekennzeichneten Verwaltungsprozess nur bedingt fruchtbar zu machen sind. Das prozessuale Verhalten einer Partei kann aber Gegenstand der Beweiswürdigung sein. Vereitelt eine Partei der anderen die Benutzung eines Beweismittels – hier: die Erstellung des ärztlichen Gutachtens – so kann in freier Beweiswürdigung auf die Wahrheit des gegnerischen Vorbringens (hier: die Annahme der Dienstunfähigkeit) geschlossen werden, wenn sich die Partei „vorwerfbar, missbilligenswert“ verhält und der beamtenrechtlichen Gehorsamspflicht nicht nachkommt (BayVGH, B.v. 17.3.2009 – 3 ZB 07.2219 – juris Rn. 15).

Der Beamte hat sich in diesem Sinne vorwerfbar und missbilligenswert verhalten. Er verweigerte die Annahme einer Ladung zur medizinischen Begutachtung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und holte zwei Ladungen des gerichtlichen Sachverständigen im Berufungsverfahren, die ihm mit Einschreiben/Rückschein zugestellt wurden, nicht ab (1), er erteilte den behandelnden Ärzten trotz zweimaliger Aufforderung keine Entbindung von der Schweigepflicht (2) und wirkte nicht kooperativ bei der Suche nach einem geeigneten Untersuchungstermin mit (3). Hinzu kommt, dass der Beamte durch Ablehnungsgesuche gegen einzelne Richter bzw. den gesamten Senat sowie den gerichtlichen Sachverständigen und mittels zahlreicher Fristverlängerungsanträge zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung beigetragen hat, sodass schlussendlich eine medizinische Untersuchung aufgrund des Todes des Beamten nicht mehr möglich war (4).

(1) Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 hat die Universitätsklinik den Beamten im Ermittlungsverfahren zu einer Untersuchung am 30. August 2005 geladen (vgl. Bl. 1023 UA III). Die Annahme dieses Briefs (ohne Rückschein) hat der Beamte verweigert (s. Umschlag, Bl. 296 d. VG-Akts AN 1 K 06.1147), obwohl für ihn der Absender nicht nur wegen des Frankierstempels („Kopfklinikum Schwabachanlage 6“), sondern auch wegen des Absenders (Fensterumschlag, Absender auf dem Schreiben in diesem Fenster sichtbar) unzweifelhaft feststellbar und deshalb eindeutig zu erkennen war, dass es sich um ein Schreiben des Sachverständigen (neue Ladung) handeln musste. Der Beamte ist am 30. August 2005 ohne Entschuldigung nicht zu der vorgesehenen Untersuchung erschienen. Damit hat er sich ohne hinreichenden Grund der Untersuchung entzogen.

Im Berufungsverfahren kamen die an den Beamten gerichtete Anschreiben vom 11. November 2016 und 5. Dezember 2016 (Einschreiben mit Rückschein) mit Einladung zur Begutachtung, die jeweils nachrichtlich auch an den Prozessbevollmächtigten des Beamten gingen, mit Postvermerk vom 12.11.2016 bzw. 17. Dezember 2016 „Nicht abgeholt“ ergebnislos zurück. Auch insoweit hat sich der Beamte ohne hinreichenden Grund der Untersuchung entzogen, da er auf die Einbestellungen nicht reagierte bzw. sie nicht beachtete. Er hat die Zustellung vereitelt, weil er trotz Kenntnis von der anstehenden Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen und trotz der nachrichtlichen Einbindung seines Prozessbevollmächtigten sich bei der Post nicht (umgehend) nach dem Absender erkundigt und das Einschreiben entgegen genommen hat.

Die Voraussetzungen des Art. 56 Abs. 1 Satz 4 BayBG 1960, §§ 444, 446 ZPO sind damit erfüllt.

(2) Auch aus der verweigerten Schweigepflichtsentbindung kann nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung von der Dienstunfähigkeit des Beamten ausgegangen werden (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17.10 – juris Rn. 12; U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – juris Rn. 14, B.v. 5.11.2013 – 2 B 60.13 – juris Rn. 9; B.v. 26..5.2014 – 2 B 69.12 – juris Rn. 14). Denn ohne diese Mitwirkungshandlung wird die gerichtlich angeordnete psychiatrische Begutachtung erschwert.

Mit Schreiben vom 1. März und 11. Mai 2011 an den damaligen Prozessbevollmächtigten des Beamten hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, er halte es vor einem noch anzuberaumenden persönlichen Untersuchungstermin mit dem Kläger für geboten, die vollständigen Aufzeichnungen und Unterlagen von mehreren, im Einzelnen aufgeführten Ärzten und Therapeuten einzusehen. Da der Beamte eine frühere, ca. acht Jahre zuvor erteilte Schweigepflichtentbindung zwei Jahre später widerrufen hatte, bat er um erneute Entbindung von der Schweigepflicht.

Wenn – wie hier – ein gerichtlich bestellter ärztlicher Sachverständiger zur Erfüllung seines Gutachtensauftrags die Einsichtnahme in bestimmte, früher erstellte und im Einzelnen benannte ärztliche Unterlagen für erforderlich hält, dann ist eine Aufforderung an den Beamten, insoweit eine Schweigepflichtsentbindung abzugeben, regelmäßig nicht als unverhältnismäßig anzusehen. Es sind im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Verweigerung der Schweigepflichtentbindung aus einem hinreichenden Grund erfolgt wäre.

(3) Ein Untersuchungstermin konnte letztlich auch deshalb nicht anberaumt werden, weil der Beamte, nachdem er für einen Untersuchungstermin am 27. März 2017 ein (ihm auferlegtes) amtsärztliches Attest des Gesundheitsamts vom Landratsamt Erlangen-Höchststadt vorlegen konnte, unter dem 25. Mai 2017 mitteilte, weiterhin krank und in ärztlicher Behandlung und Betreuung zu sein. Auf Nachfrage des Gerichts (Schreiben vom 30.6.2017) übersandte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (vom 12.4.2017 bis 30.4.2017, vom 26.4.2017 bis 7.5.2017, vom 8.5.2017 bis 21.5.2017, vom 22.5.2017 bis 4.6.2017, vom 8.6.2017 bis 30.6.2017 und vom 3.7.2017 bis 16.7.2017) und verwies auf die Tatsache, dass er sich noch nicht gesund gemeldet hat. Der gerichtlichen Aufforderung vom 25. Juli 2017 ein amtsärztliches Attest vorzulegen, dass zu der Frage Stellung nimmt, ob der Beamte in der Lage ist, sich einer Untersuchung für ein ergänzendes fachpsychiatrisches Gutachten entweder im Büro des Sachverständigen auf dem Gelände des kbo-Isar-Amper-Klinikums München Ost oder in Wohnortnähe (Landratsamt Erlangen-Höchstadt) zu unterziehen, ist der Beamte nicht nachgekommen. Er war der Auffassung, dass damit die Ausstellung eines „Blankoschecks“ gefordert worden sei. Im Übrigen habe er keine weitere Einladung zu einem Untersuchungstermin erhalten, habe ausweislich des ärztlichen Attest vom 17. August 2017 ausgeprägte Gesundheitsstörungen auf dem orthopädischen Fachgebiet mit zeitweise aufgehobener Reisefähigkeit und Chronifizierung des Schmerzsyndroms, sei ausweislich des Attests vom 22. Juni 2017 am 7. April 2017 wegen eines gelockerten Stiftzahns in Behandlung und fühle sich gesundheitlich sehr beeinträchtigt. Schließlich legte der Beamte eine Blutuntersuchung vom 16. August 2017 vor, wonach einzelne Werte nicht im Normbereich liegen.

Das entschuldigt indes nicht die Verweigerung der Vorlage des geforderten amtsärztlichen Attests.

(4) Aus dem unter (1) bis (3) gezeigten Verhalten des Beamten schließt der Senat im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit des Beamten im Zeitpunkt der Zurruhesetzung am 22. Februar 2006. Das gesamte Prozessverhalten des Beamten zeichnet sich durch Verweigerungshaltung und Verzögerungstaktik aus. Er hat insgesamt acht Ablehnungsanträge wegen Besorgnis der Befangenheit der Berichterstatterin/des Senats bzw. des Sachverständigen gestellt, die sämtlich erfolglos geblieben sind. Er hat die Befangenheitsanträge offenkundig eingesetzt, um gegen die rechtlich gebotene Fortführung des Berufungsverfahrens zu protestieren. Das zeigt sich beispielsweise in der Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen „aus verfassungsrechtlichen Gründen“ wegen dessen Mitgliedschaft im Kommunistischen Studentenverein bzw. Studentenverband der Kommunisten Partei Deutschlands und dem Hinweis auf „kommunistisches Gedankengut, das sich bekanntermaßen generell gegen das Beamtentum in unserem Rechtsstaat richte“. Das Berufungsverfahren ist gekennzeichnet durch zahlreiche Fristverlängerungsanträge. Teilweise wurden unter Hinweis auf den „Grundsatz der Waffengleichheit“ Fristverlängerungen von acht Monaten für die Stellungnahme zum gerichtlichen Sachverständigengutachten bzw. mehr als ein Jahr zum Verfahren nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht beantragt, jeweils unter Hinweis auf die Bearbeitungsdauer für das gerichtliche Sachverständigengutachten bzw. für den aufhebenden und zurückverweisenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Eine Vielzahl der Schriftsätze im Berufungsverfahren (z.B. vom 29.3. und 30.3.2010, vom 30.4.2012 mit 52 Seiten) waren zwar mit Schriftsatz und Briefkopf des damaligen Bevollmächtigten des Beamten versehen, entsprachen jedoch weder in Diktion noch Inhalt einem von einem Rechtsanwalt erarbeiteten Schriftsatz und führten aufgrund ihres Umfangs und der unsachlichen, teils neben der Sache liegenden Ausführungen zu erheblichen Verzögerungen. Hinzu kommt, dass der Beamte mit der durch das Bundesverwaltungsgericht unter Rn. 49 seines Beschlusses vom 3. Juni 2014 vorgegebenen „Segelanweisung“ nicht einverstanden war und Einwendungen erhob, die sich in erster Linie gegen die ergänzende Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen richteten, der er sich offensichtlich keinesfalls unterziehen wollte.

4. Nach alledem war die Berufung der Kläger mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 VwGO sowie des § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56.505,15 € festgesetzt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG).

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