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Nachlasspflegschaft – Unbekanntheit der Erben

AG Traunstein – Az.: 7 VI 873/18 – Beschluss vom 05.08.2019

Der Wirkungskreis der Nachlasspflegerin umfasst:

– Sicherung und Verwaltung des Nachlasses

Die Nachlasspflegerin führt die Pflegschaft berufsmäßig.

Gründe

Mit Schriftsatz vom 19.06.2019 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte der gesetzlichen Erben die Anordnung einer Nachlasspflegschaft.

Der Antrag ist als Anregung zu werten; ein Antragsrecht im Rahmen des § 1960 BGB besteht grundsätzlich nicht.

Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft erfolgt von Amts wegen durch das Nachlassgericht, sofern die Voraussetzungen des § 1960 BGB vorliegen.

Die Voraussetzungen für die Anordnung liegen nach Aktenlage vor.

De anwaltliche Vertreter der testamentarischen Erben wurde gehört.

Dieser hat Einwendungen erhoben, dass die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nicht notwendig sei.

Der BGH hat jüngst formuliert, dass ein Erbe dann unbekannt im Sinn des § 1960 BGB sei, wenn sich der Tatrichter nicht ohne umfängliche Ermittlungen davon überzeugen könne, wer von mehreren in Betracht kommenden Personen Erbe geworden sei.

Ungewissheit über die Person des Erben liegt vor, so die Meinung in Rechtsprechung und Literatur, wenn konkrete Zweifel an der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung bestehen.

Dementsprechend haben die Gerichte in der Vergangenheit dann das Kriterium des unbekannten Erben als erfüllt angesehen, wenn ein fundierter und nicht ohne Ermittlungen zu klärender Streit über die Gültigkeit des Testaments besteht und diesbezüglich weitere Ermittlungen erforderlich sind (u.a. OLG Schleswig Beschluß vom 06.06.2014 3 Wx 27/14)

Dies ist hier nach Aktenlage gegeben.

Das Nachlassgericht stellt momentan im Rahmen der Prüfung, ob der bereits erteilte Erbschein eingezogen werden muss, umfangreiche Prüfungen an.

Von den gesetzlichen Erben wurden nämlich Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments erhoben.

Zwischenzeitlich wurde bereits ein Schriftgutachten in Auftrag gegeben.

Wann eine abschließende Klärung zur Wirksamkeit des Testaments und zur Einziehung des Erbscheins erfolgen kann, ist momentan überhaupt nicht absehbar.

Der Nachlass ist deshalb bis zur endgültigen Klärung durch einen Nachlasspfleger zu sichern und zu verwalten.

Auch der Umstand, dass bereits ein Erbschein erteilt wurde, kann zu keinem anderen Ergebnis führen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Nachlasspflegschaft bei unbekannten Erben

Die Nachlasspflegschaft ist eine durch das Nachlassgericht angeordnete Pflegschaft zur Sicherung des Nachlasses, insbesondere durch die Bestellung eines Nachlasspflegers. Dies kann bis zur Annahme der Erbschaft oder bis zur Ermittlung eines Erben erfolgen.

Die Unbekanntheit der Erben ist eine der Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. „Unbekannt“ im Sinne der Vorschrift sind die Erben auch dann, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht ohne umfangreiche Ermittlungen vom Nachlassgericht festgestellt werden können. Für die Voraussetzung der Unbekanntheit des Erben kommt es lediglich auf die Kenntnis des Nachlassgerichts an. Der Erbe ist unbekannt, wenn das Nachlassgericht Folgendes nicht feststellen kann: die Berufung einer Person zum Erben, die Erbfähigkeit einer Person bzw. die gleichzeitige Existenz einer Person mit dem Erblasser.

Der Nachlasspfleger hat die Aufgabe, die Erben zu ermitteln und den Nachlass zu sichern. Hat ein Gläubiger einen Anspruch gegen den Erblasser gehabt und will diesen gerichtlich durchsetzen, hat er häufig Schwierigkeiten, bis zur Erteilung eines Erbscheins den richtigen Erben ausfindig zu machen. In solchen Fällen kann ein Nachlassgläubiger die Bestellung eines Nachlasspflegers beim Nachlassgericht beantragen.

Der Nachlasspfleger ist zur Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet, wenn so Schäden oder unnötige Prozesse und Kosten vermieden werden. Die Nachlasspflegschaft dient zwar grundsätzlich nicht der Befriedigung der Nachlassgläubiger, da sie zum Schutz der Erben angeordnet ist.

Der Nachlasspfleger kann die Erbenermittlung einem professionellen Erbenermittler übertragen, wenn er zuvor alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung der Erben selbst unternommen hat und hierbei erfolglos blieb.

Die Vergütung des Nachlasspflegers richtet sich nach § 1888 Abs. 1 Satz 2 BGB (und nicht nach § 3 VBVG), soweit der Nachlass zur Deckung der Vergütung ausreicht.

Sobald die Erben ermittelt sind, endet die Nachlasspflegschaft.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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