OLG Köln – Az.: I-22 U 77/16 – Urteil vom 23.01.2018
Auf die Berufung des Beklagten und unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung wird das am 15.3.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn – 3 O 110/14 – teilweise abgeändert und, wie folgt, neu gefasst:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus der Inanspruchnahme aus folgenden Nachlassverbindlichkeiten aus dem Nachlass des am 25.4.2007 verstorbenen W C freizustellen:
1.) Darlehen der Frau N C, angegeben in der notariellen Urkunde des Notars Dr. D T, UR-Nr.: 122/2012 Ziffer VI in Höhe von 23.288,- €
2.) Vermächtnis der Frau N C gemäß § 3 Ziffer 4 des handschriftlichen Testaments des Herrn W C in Höhe einer monatlichen Leibrente von 4.000,- €.
2.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.314,81 € durch Zahlung zu erstatten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin zu 4%, der Beklagte zu 96 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
A.
Die Klägerin ist die leibliche Tochter des am 25.04.2007 verstorbenen Apothekers W C (nachfolgend Erblasser). Gemeinsam mit ihrem Bruder K C beerbte die Klägerin aufgrund eines privatschriftlichen Ehegattentestaments vom 28.04.2003 den Erblasser. Bei dem Beklagten handelt es sich um den vom Erblasser in § 6 des Testaments berufenen Testamentsvollstrecker. Als Aufgabe des Testamentsvollstreckers war die Abwicklung des Nachlasses, insbesondere die Erfüllung der Vermächtnisse und die Vornahme der erforderlichen Eigentumsumschreibungen genannt. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 07.05.2014 gegenüber dem Amtsgericht Königswinter mitgeteilt, dass die Testamentsvollsteckung beendet sei, hilfsweise das Amt gekündigt.
Der Erblasser war Apotheker. Zu seinem Nachlass gehörten neben einer Apotheke in C2-B die Immobilie, in der die Apotheke betrieben wurde, samt den hierzu gehörenden zusätzlichen Wohnnutzungen sowie Nachlassverbindlichkeiten in Form von Darlehensverbindlichkeiten.
Zur Erbfolge nach dem Erblasser bestimmt § 3 des Testamentes u.a. Folgendes:
„Verfügung des Ehemanns für den Todesfall
Ich, W C, wünsche, dass die von mir geführte Apotheke (…) durch meine/meinen Erben fortgeführt wird.
1. In dem Fall, dass jeder oder keiner unserer ehegemeinschaftlichen Abkömmlinge bei meinem Tode über die zu Führung einer Apotheke erforderliche Erlaubnis verfügt, so erben unsere ehegemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Teilen. (…)
2. In dem Falle, dass nur ein ehegemeinschaftlicher Abkömmling bei meinem Tode über die zur Führung einer Apotheke erforderliche Erlaubnis verfügt, so erbt der Abkömmling, der die erforderliche Erlaubnis besitzt. (…)“
Zugunsten seiner Ehefrau N C setzte der Erblasser in § 3 Ziffer 4 ein Vermächtnis aus, wonach diese eine monatliche Leibrente in Höhe von 4.000 € sowie ein lebenslängliches, nicht vererbbares Wohnrecht in dem Haus erhalten sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Testaments wird auf die als Anlage K 1 eingereichte Ablichtung (Bl. 156 ff. d.A.) verwiesen.
Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers verfügte keines der beiden Kinder über eine zur Fortführung der Apotheke notwendige Approbation. Die Klägerin selbst hatte ihr vor dem Eintritt des Erbfalles begonnenes Studium der Pharmazie abgebrochen. Mit einer Approbation der Klägerin war somit nicht mehr zu rechnen. Der Bruder der Klägerin befand sich zum Erbfall im Jahre 2007 noch im Studium. Er erlangte die Approbation erst im Jahr 2011.
Da somit die Möglichkeit der Übernahme der Apotheke durch eines der Kinder bestand und die Einnahmen aus der Apotheke zur Begleichung der Verbindlichkeiten erforderlich waren, verpachtete der Beklagte zunächst die Apotheke. Das Pachtverhältnis lief zum 31.01.2012 aus.
Im Hinblick auf die Erlangung der Approbation des Bruders der Klägerin im Jahr 2011 verhandelte der Beklagte mit der Klägerin, dem Bruder der Klägerin und der Mutter der Klägerin über eine einvernehmliche Erbauseinandersetzung, ggf. durch Aufteilung der Immobilie. Diese scheiterte jedoch. Insbesondere war auch die Mutter der Klägerin nicht bereit, auf ihre Leibrente (teilweise) zu verzichten. Daraufhin schloss der Beklagte mit dem Bruder der Klägerin am 30.01.2012 vor dem Notar D T einen Übertragungsvertrag. Ausweislich dieses Vertrages wurden dem Bruder der Klägerin von dem Beklagten sowohl die Apotheke als auch die Immobilie gegen Übernahme sämtlicher Nachlassverbindlichkeiten übertragen. Diese Übertragung erfolgte ohne Vereinbarung eines Kaufpreises. Hintergrund war das Ziel der Vermeidung der Aufdeckung und der damit einhergehenden Besteuerung der stillen Reserven. Im Innenverhältnis verpflichtete sich der Bruder der Klägerin, die Klägerin als Miterbin von jeglichen Inanspruchnahmen hinsichtlich der Darlehen der Stadtsparkasse C2 und der Inanspruchnahme aus der Leibrente aus dem Vermächtnis freizustellen. Die Klägerin sollte nach diesem Vertrag eine Miteigentumsbeteiligung eines nicht bebauten Teilgrundstückes, welches hinter der Apotheke gelegen ist, bekommen. Dieses Miteigentum steht zur anderen Hälfte im Eigentum der Mutter der Klägerin. Die Klägerin stimmte dieser Vereinbarung nicht zu und widersetzte sich der Übertragung des Grundstücksanteils. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die als Anlage B 1 (Bl. 302 ff. d.A.) eingereichte Ablichtung der notariellen Urkunde Nr. 122/2012 des Notars D T in T2 verwiesen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe seine Pflichten als Testamentsvollstrecker in mehrfacher Hinsicht verletzt. Der Beklagte habe nicht den gesamten Aktivnachlass auf ihren Bruder übertragen dürfen, während die bestehenden Verbindlichkeiten, insbesondere die aus dem Vermächtnis herrührende Leibrentenverpflichtung bei ihr verblieben seien. Der Beklagte hätte vielmehr einen Auseinandersetzungsplan erstellen müssen, nachdem die einvernehmliche Regelung der Erbauseinandersetzung misslungen sei. Insoweit habe er gegen die Pflicht verstoßen, zunächst die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen und danach erst die Verteilung eines Überschusses vorzunehmen. Soweit eine Überschuldung vorgelegen hat, hätte im Wege einer Nachlassinsolvenz auch die Leibrentenverpflichtung für den Nachlass vermindert werden können. Hinsichtlich der Steuerlast, die der Klägerin durch gewerbliche Vermietung der Apotheke angefallen sei, sei der Beklagte verpflichtet gewesen, vor der Übertragung des Aktivvermögens Vorkehrungen zu treffen, um die die Erben treffende Steuerlast zu begleichen.
Die Klägerin hat behauptet, die auf sie entfallenden anteiligen positiven Einkünfte aus der Miterbengemeinschaft seien in den Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes O vom 22.02. und 27.03.2014 für die Jahre 2010 und 2011 berücksichtigt. Die Einkünfte der Miterbengemeinschaft resultierten aus der gewerblichen Vermietung der Apotheke im Ganzen.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin aus der Inanspruchnahme aus folgenden Nachlassverbindlichkeiten aus dem Nachlass des am 25.04.2007 verstorbenen W C freizustellen:
1.
Darlehen der Frau N C, wie angegeben in der notariellen Urkunde des Notars Dr. D T, UR-Nr.: 1222012 Ziffer VI in Höhe von 23.288,00 €,
2.
die Inanspruchnahme der Klägerin aus dem Vermächtnis der Frau N C gem. § 3 Ziffer 4 des handschriftlichen Testaments des Herrn W C in Höhe von einer monatlichen Leibrente von 4.000,00 €,
3.
aus der Inanspruchnahme des Finanzamtes O aus dem Steuerbescheid vom 25.02.2014 über den Betrag in Höhe von 14.871,71 € für das Veranlagungsjahr 2010 und aus dem Bescheid des Finanzamtes O vom 27.03.2014 in einer Höhe von 12.366,90 € für das Veranlagungsjahr 2011.
Sowie außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.314,81 € an die Klägerin durch Zahlung zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, vorrangiges Ziel des Erblassers sei es gewesen, dass die Apotheke durch ein Familienmitglied, mithin einen der Erben, fortgeführt werden sollte. Insoweit hat der Beklagte die Ansicht vertreten, dass keine schuldhafte Pflichtverletzung vorliege, da er dieser Zielsetzung gerecht geworden sei. Es bestehe aber auch kein Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus dem im Testament vorgesehenen Leibrentenvermächtnis. Die Verpflichtung beruhe auf dem vom Erblasser aufgesetzten Testament, und die dadurch herbeigeführten Verpflichtungen seien durch die Annahme der Erbschaft seitens der Klägerin begründet worden. Zudem könne er rechtlich und tatsächlich die Klägerin gar nicht aus der Verpflichtung zur Zahlung des Vermächtnisses entlassen. Dies wäre nur mit Zustimmung der Vermächtnisnehmerin möglich. Im Übrigen hafte die Immobilie aufgrund der dinglichen Absicherung für die Erfüllung der Leibrente. Bei Ausbleiben der Zahlungen könne die Mutter – unabhängig vom Eigentum – die Leibrentenverpflichtung über die Verwertung der Immobilie durchsetzen. Ein Freistellungsbegehren könne die Klägerin nur gegenüber dem Bruder durchsetzen. Hinsichtlich des Darlehens der Frau N C hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten, dass dieses noch bestehe. Letztlich hat der Beklagte behauptet, dass das diskutierte alternative Lösungsmodell einer Nachlassinsolvenz, deren Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten, zu keiner verbesserten Situation der Klägerin geführt hätte. Die Klägerin sei insofern besser gestellt, da ihr Bruder mehr als den Wert der zugewendeten Gegenstände an Verbindlichkeiten übernommen habe. Soweit die Klägerin in größerem Umfang Entnahmen aus dem gemeinschaftlichen Konto der Erbengemeinschaft vorgenommen habe, sei sie auf die Notwendigkeit der Bildung von Rücklagen für die Steuerzahlungen hingewiesen worden, auch wenn zunächst die Steuernachforderungen vom Konto der Erbengemeinschaft beglichen worden seien.
Mit Urteil vom 15.03.2016 (Bl. 421 d.A.), auf das wegen der Feststellungen und aller weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe seine Verpflichtungen als Testamentsvollstrecker nach § 2219 Abs. 1 BGB verletzt, indem er ohne Zustimmung der Klägerin nahezu das gesamte Aktivvermögen des Nachlasses auf deren Bruder übertragen habe, ohne die Klägerin von den sie als Miterbin treffenden Verbindlichkeiten im Außenverhältnis zu befreien. Die von dem Beklagten durchgeführte Auseinandersetzung habe nicht den an einen Testamentsvollstrecker zu stellenden Sorgfaltspflichten entsprochen. Es müssten zunächst die Verbindlichkeiten berichtigt werden, § 2046 BGB, und sodann die Überschüsse verteilt werden, § 2047 BGB. Durch die Begründung des Freistellungsanspruchs der Klägerin gegen ihren Bruder habe eine Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten nicht stattgefunden. Das Vorgehen des Beklagten sei nicht durch vorrangige Ziele des Erblassers gerechtfertigt gewesen. Aus § 3 Nr. 1 des Testaments ergebe sich, dass für den Fall der nicht unmittelbaren Nachfolge in die Apothekerstellung eine Gleichbehandlung der Kinder vorgesehen gewesen sei.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag unverändert weiterverfolgt. Er rügt insbesondere, dass das Landgericht zu Unrecht eine Pflichtverletzung darin gesehen habe, dass der Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin nahezu das gesamte Aktivvermögen des Nachlasses auf den Bruder der Klägerin übertragen habe, ohne die Klägerin von den sie als Miterbin treffenden Verbindlichkeiten im Außenverhältnis zu befreien. Der Klägerin sei auch unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung kein Schaden entstanden. Die Klägerin sei in einem größeren Umfang von Verbindlichkeiten befreit worden, als ihr Vorteile entzogen worden seien. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass der Nachlass überschuldet gewesen sei. Hinsichtlich der Darlehensverpflichtung der Erbengemeinschaft gegenüber der Mutter der Klägerin habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die Klägerin sei in vollem Umfang für das Bestehen des von ihr behaupteten Schadens darlegungs- und beweispflichtig. Des Weiteren könne ein Freistellungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten nur subsidiär gegenüber dem Freistellungsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem Bruder bestehen. Hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Freistellung von ihren Steuerschulden habe das Landgericht verkannt, dass Steuerschuldner für die Steuern regelmäßig der Erbe, nicht der Testamentsvollstrecker sei. Der Beklagte habe der Klägerin die zur Begleichung erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt.
Der Beklagte beantragt, unter Abänderung und Aufhebung des Urteils des Landgerichts Bonn, Aktenzeichen – 3 O 110/14 – vom 15.03.2016 die Klage der Klägerin abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung. Sie vertritt die Auffassung, dass das Landgericht die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur vom Testamentsvollstrecker geforderten Sorgfalt berücksichtigt habe. Dem Testament habe sich entnehmen lassen, dass der Erblasser für den Fall, dass nur eines der beiden Kinder Erbe würde, die Vorstellung hatte, dass das jeweils andere Kind mindestens einen Betrag i.H.v. 500.000 € erhalten sollte. Als Alternative zur Vorgehensweise des Beklagten sei insbesondere angesichts des unstreitig überschuldeten Nachlasses in Betracht gekommen, die Apotheke und Immobilie zu veräußern, aus dem Erlös die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen und den Rest an die Vermächtnisnehmerin zu deren vollständigen Befriedigung herauszugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den vorgelegten Anlagen verwiesen.
B.
I.
Die Berufung des Beklagten hat hinsichtlich der Freistellung der Klägerin von der Inanspruchnahme durch das Finanzamt O (Antrag zu 3)) Erfolg, im übrigen ist sie unbegründet.
1.
Ohne Erfolg wendet der Beklagte sich gegen seine Verurteilung zur Freistellung der Klägerin wegen der Nachlassverbindlichkeiten in Gestalt des Darlehens der Frau N C und des Anspruchs aus dem Vermächtnis zu deren Gunsten in Gestalt einer monatlichen Leibrente von 4.000,- €.
Zutreffend ist das Landgericht, auf dessen Ausführungen der Senat in vollem Umfang Bezug nimmt, davon ausgegangen, dass der Beklagte seine Pflichten als Testamentsvollstrecker nach § 2219 I BGB verletzt hat, indem er ohne Zustimmung der Klägerin nahezu das gesamte Aktivvermögen des Nachlasses auf ihren Bruder, Herrn K C, übertragen hat, ohne die Klägerin von den sie als Miterbin treffenden Verbindlichkeiten im Außenverhältnis zu befreien. Die vom Beklagten mit dem Übertragungsvertrag vom 30.1.2012 durchgeführte Auseinandersetzung entsprach, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht den an ihn als Testamentsvollstrecker zu stellenden Sorgfaltspflichten.
Eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung nach den Bestimmungen der §§ 2042 ff. BGB, die vom Testamentsvollstrecker nach § 2204 BGB zu berücksichtigen sind, setzt grundsätzlich zunächst die Berichtigung der Verbindlichkeiten nach § 2046 BGB und sodann ggflls. die Verteilung des Überschusses voraus. Durch die vom Beklagten vorgenommene Übertragung des Grundstücks und der Apotheke auf den Bruder der Klägerin sind hingegen weder die Verbindlichkeiten aus den Darlehen der Sparkasse noch die aus dem Darlehen der Mutter der Klägerin im Außenverhältnis zur Klägerin getilgt worden noch ist die Klägerin von den Ansprüchen der Mutter aus dem Vermächtnis hinsichtlich der Leibrente in Höhe von 4.000,- € monatlich im Außenverhältnis befreit worden. Bei einem – unstreitigen – Wert des Nachlasses in Höhe von 820.000,- € (Grundstück 520.000,- €, Apotheke 300.000,- €) und Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse in Höhe von 370.509,57 € im Zeitpunkt der Auseinandersetzung, auf den insoweit maßgeblich abzustellen ist, sowie gegenüber der Mutter der Klägerin in Höhe von 23.288,- € war der Nachlass bei Berücksichtigung der der Mutter zugewandten Vermächtnisse, nämlich des Wohnrechts mit einem Wert von 120.000,- € und der Leibrente in Höhe von 565.000,- € überschuldet. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, hätte der Beklagte als Testamentsvollstrecker dafür Sorge tragen müssen, dass die Nachlassverbindlichkeiten einschließlich der Verbindlichkeiten aus dem Vermächtnis jedenfalls die Klägerin nicht belasteten, die bis auf den ihr angebotenen Miteigentumsanteil an dem hinteren Grundstücksteil, der jedenfalls nicht entsprechend werthaltig war, keine Nachlasswerte erhielt. Dies hätte er etwa durch Maßnahmen nach §§ 1992, 1991 Abs. 4 BGB oder aber durch eine Befreiung der Klägerin von den bestehenden Verbindlichkeiten, die auch im Außenverhältnis zur Klägerin wirkte, also letztlich einen Verzicht der Gläubiger, insbesondere der Mutter der Klägerin, auf eine Inanspruchnahme der Klägerin aus der Leibrente und der ihr gegenüber bestehenden Darlehensschuld bewirken können. Allein das Bestehen der Verbindlichkeiten im Außenverhältnis zur Mutter stellt einen durch die Pflichtverletzung des Beklagten entstandenen Schaden dar. Dass etwa der Darlehensrückzahlungsanspruch der Mutter der Klägerin damals oder inzwischen erloschen wäre, hat der insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht substantiiert dargelegt.
Der Senat hat nicht übersehen, dass der Beklagte ersichtlich bemüht war, den – hypothetischen – Willen des Erblassers, der nach den von ihm getroffenen Regelungen nach Möglichkeit einen Verbleib der Apotheke und des Hausgrundstücks in der Familie und eine lebenslange Versorgung seiner Ehefrau durch das Wohnrecht und die Leibrente wünschte, Geltung zu verschaffen, obwohl die Verhältnisse, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht beim Eintritt des Erbfalls nicht so günstig waren, wie der Erblasser sich dies ersichtlich bei der Errichtung des Testaments vorgestellt hatte. Der Senat hat vielmehr erwogen, deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten zu verneinen.
Letztlich führt dieser Gesichtspunkt aber nicht zu einer Entlastung des Beklagten vom Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung. Der Erblasser hatte nämlich nicht nur die vorgenannten Ziele im Auge, sondern wollte auch eine finanzielle Gleichstellung seiner Kinder dadurch herbeiführen, dass bei Übernahme der Apotheke und des Grundstücks durch einen seiner Abkömmlinge nur dieser Erbe sein sollte, während der andere ein Vermächtnis in Höhe des gesetzlichen Erbteils, mindestens in Höhe von 500.000,- €, erhalten sollte. Als Vermächtnisnehmer wäre der andere Abkömmling daher in keinem Fall mit Nachlassverbindlichkeiten wie den Darlehen oder Ansprüchen aus Vermächtnissen belastet gewesen. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass der Bruder der Klägerin mehr Nachlassverbindlichkeiten übernommen habe, als er an Werten aus dem Nachlass erhalten habe, beruhte dies auf dem Einverständnis des Bruders und kann schon deshalb nicht zu Lasten der Klägerin berücksichtigt werden.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Gefahr der Inanspruchnahme der Klägerin aus dem Darlehen der Mutter und der Leibrente so gering war, dass sie letztlich zu vernachlässigen war. Dies gilt jedenfalls im Zeitpunkt der Auseinandersetzung durch Übertragung des Grundstücks und der Apotheke auf den Bruder.
Diese Gefahr ist auch nicht inzwischen entfallen.
Der Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Bruder der Klägerin schon kurze Zeit nach dem Übertragungsvertrag die Darlehen bei der Sparkasse getilgt hat, die Klägerin insoweit also nicht mehr mit einer Inanspruchnahme zu rechnen hat. Soweit ersichtlich hat der Bruder der Klägerin auch bisher die Verpflichtungen aus der Leibrente ordnungsgemäß erfüllt. Dennoch besteht für die Klägerin das nicht nur theoretische Risiko, von ihrer Mutter insoweit und auf Rückzahlung des von ihr gewährten Darlehens in Anspruch genommen zu werden, wenn ihr Bruder, aus welchen Gründen auch immer, diese im Innenverhältnis zur Klägerin übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt. Einer Inanspruchnahme durch ihre Mutter hätte die Klägerin in diesem Verhältnis nichts entgegenzusetzen, während sie ggflls. gezwungen wäre, ihren Bruder gerichtlich auf Freistellung in Anspruch zu nehmen, um gegen ihn vollstrecken zu können. Abgesehen von den bereits hiermit verbundenen Nachteilen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Vollstreckung gegen den Bruder der Klägerin in jedem Fall erfolgreich wäre. Es spricht nämlich alles dafür, dass der Bruder der Klägerin, der bereits kurze Zeit nach Abschluss des Studiums und der Übernahme der Apotheke das Darlehen bei der Sparkasse getilgt hatte, zu diesem Zeitpunkt nicht über die hierfür erforderlichen Mittel verfügte, dies also nur über die Aufnahme eines eigenen Kredits konnte, der über die eingetragenen Grundschuld gesichert wurde. Dem entsprechenden Hinweis des Senats im letzten Termin vom 5.12.2017 hat der Beklagte nicht widersprochen, erst recht nicht dargelegt, dass das Grundstück nicht mehr mit einer Grundschuld zugunsten der Sparkasse belastet ist. Auch die Argumentation des Beklagten, die Leibrente sei aufgrund Zeitablaufs nun geringer zu bewerten, greift nicht. Die Berechnung der Leibrente nach der statistischen Lebenserwartung berücksichtigt nicht, dass die Leibrente für die tatsächliche Lebensdauer zu erbringen ist, die auch deutlich über der statistischen Lebenserwartung liegen kann. Soweit der Beklagte darauf hinweist, dass bei einer Versteigerung des Grundstücks die Reallast zur Sicherung der Leibrente erlischt, gilt dies nicht für die schuldrechtliche Verpflichtung aus der Leibrente. Damit war und ist eine erfolgreiche Vollstreckung der Klägerin auch unter Berücksichtigung des Wertes der Apotheke nicht sicher. Etwa eine Pfändung der Einkünfte des Bruders aus der Apotheke wäre vom erfolgreichen Betrieb der Apotheke abhängig, der nicht gesichert ist. Darüber hinaus weist die Klägerin auch zu Recht darauf hin, dass allein durch das Bestehen der gegen sie gerichteten Forderungen aus den Nachlassverbindlichkeiten ihre Kreditwürdigkeit herabgesetzt ist.
Letztlich kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, den ihr durch die vom Beklagten durchgeführte Auseinandersetzung in Gestalt der Forderungen der Mutter aus dem Darlehen und der Leibrente entstandenen Schaden bei unterbleibender Freistellung durch ihren Bruder durch Führung eines Prozesses gegen diesen und eine aufwändige und nicht sichere Zwangsvollstreckung ausgleichen zu müssen. Vielmehr hätte der Beklagte dafür Sorge tragen müssen, dass die Klägerin solchen Ansprüchen ihrer Mutter erst gar nicht ausgesetzt sein würde. Es erscheint daher auch vom Ergebnis her gerechtfertigt, das Risiko, das der Beklagte der Klägerin zugemutet hat, von ihm tragen zu lassen.
Eine Einschränkung des Tenors im Sinne einer nachrangigen Haftung des Beklagten nach dem Bruder der Klägerin ist nicht gerechtfertigt.
Der Beklagte haftet als Gesamtschuldner mit dem Bruder der Klägerin, wobei im Innenverhältnis der Gesamtschuldner vorrangig der Bruder der Klägerin haftet.
2.
Erfolg hat die Berufung insoweit, als der Beklagte zu Unrecht zur Freistellung wegen der Forderungen des Finanzamts verurteilt worden ist.
Die Klägerin hat nicht hinreichend bestritten, dass sie die zu versteuernden Beträge durch nicht vom Beklagten genehmigte Entnahmen von dem vom Beklagten im Rahmen der Testamentsvollstreckung eingerichteten Konto, auf dem die Einkünfte der Erbengemeinschaft aus der zwischenzeitlichen Verpachtung der Apotheke eingingen, erlangt hat. Die Klägerin hat, nachdem sie zunächst bestritten hatte, überhaupt entsprechende Einnahmen gehabt zu haben (Bl. 14, 151 d.A.), sodann vorgetragen, in welcher Höhe sie Entnahmen getätigt habe, könne sie nicht sagen (Bl. 346 d.A). Dies stellt ein unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen dar. Auch auf den bereits im ersten Termin vor dem Senat erteilten entsprechenden Hinweis hin hat sie ihr Vorbringen nicht ergänzt. Die Klägerin hat auch nichts dazu vorgetragen, dass ihr Ansprüche in der entnommenen Höhe zugestanden hätten.
Hatte die Klägerin keinen Anspruch auf die entnommenen Beträge, ist ihr auch kein Schaden in Gestalt der hierauf zu zahlenden Steuern entstanden. Soweit die Klägerin meint, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Beträge von ihr zurückzufordern, ist ihr auch insoweit kein Schaden entstanden, da nicht ersichtlich ist, dass ihr nach Abführung der Steuern Ansprüche in Höhe der entnommenen Beträge zugestanden hätten.
3.
Der Anspruch auf die der Klägerin vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 7.314,81 € ist begründet.
In der Berechnung des Gegenstandswertes für die Gebührenforderung ist zwar ein Betrag in Höhe von 17.000,- € für die Steuererstattungen enthalten, der sich nach Abzug dieses Betrages ergebende Gegenstandswert in Höhe von 958.797,57 € im Unterschied zum angesetzten Gegenstandswert von 975.797,57 € (vgl. Bl. 17 d.A.) hätte aber mangels eines Gebührensprungs keine geringeren Kosten verursacht.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Die Entscheidung des Senats beruht vielmehr auf den Einzelheiten des zur Entscheidung stehenden Sachverhalts mit seinen Besonderheiten.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 615.526,61 €