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Zuständiges Nachlassgericht bei Umzug in Hospitz wenige Tage vor dem Tod

Bestimmung des zuständigen Nachlassgerichts bei Versterben im Hospiz nach Umzug

In einem komplizierten Rechtsfall musste das Oberlandesgericht Hamm entscheiden, welches Amtsgericht für eine bestimmte Nachlassangelegenheit zuständig ist. Der Fall drehte sich um einen Erblasser, der nach einer langen Zeit in seiner Heimatstadt in ein Hospiz umzog und dort wenige Tage später verstarb. Dabei gab es eine Kontroverse über das zuständige Nachlassgericht, da die vorläufige Pflege in einem Hospiz und der daraus resultierende Wohnsitzwechsel eine Rechtsunsicherheit schufen.

Die entscheidende Frage war, welches Gericht zuständig ist, wenn der Erblasser nur wenige Tage vor seinem Tod in ein Hospiz zieht. Dies führte zu einer rechtlichen Diskussion über die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts und die Auswirkungen eines kurzfristigen Umzugs in ein Hospiz auf die Zuständigkeit des Gerichts.

Direkt zum Urteil Az: I-15 SA 5/21 springen.

Die Fakten des Falles

Der Erblasser litt an einer unheilbaren Erkrankung und begab sich in die Palliativversorgung eines Hospizes, wo er nur vier Tage nach seiner Aufnahme verstarb. Zuvor hatte der Verstorbene jahrzehntelang in einer Eigentumswohnung in seiner Heimatstadt gelebt und war dort auch offiziell gemeldet. Dieser Wechsel des Wohnorts so kurz vor dem Tod stellte eine Herausforderung für die Bestimmung des zuständigen Nachlassgerichts dar.

Testament und erste Gerichtsverfahren

Der Verstorbene und seine bereits verstorbene Frau hatten ein gemeinschaftliches Testament hinterlegt, das nach dem Tod des Erblassers zur Eröffnung an das Amtsgericht Essen-Steele gesendet wurde. Dieses Gericht erklärte sich jedoch für örtlich unzuständig und verwies das Verfahren an das Amtsgericht Essen. Als auch das Amtsgericht Essen das Verfahren ablehnte, wurde die Angelegenheit dem Oberlandesgericht Hamm zur Klärung vorgelegt.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm entschied schließlich, dass das Amtsgericht Essen als zuständiges Gericht zu bestimmen ist, da der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Essen-Steele bindend war. Eine Ausnahme würde nur dann gemacht, wenn der Beschluss willkürlich oder verfahrensfehlerhaft wäre, was hier nicht der Fall war.

Der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers

Ein entscheidendes Argument des Oberlandesgerichts war, dass der Erblasser trotz seines Umzugs in das Hospiz seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der neuen Stadt begründet hatte. Denn obwohl absehbar war, dass der Aufenthalt des Erblassers in dem Hospiz aufgrund seiner Krankheit mit dem Tod enden würde, war seine Anwesenheit in dem Hospiz aufgrund der sehr kurzen Dauer nicht zu einem gewöhnlichen Aufenthalt geworden.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-15 SA 5/21 – Beschluss vom 22.04.2021

Das Amtsgericht Essen wird als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Gründe

I.

Der Erblasser litt an einem unheilbaren Speiseröhrenkrebs im Endstadium und begab sich am 00.00.2021 in die Palliativversorgung eines Hospizes in D, wo er vier Tage nach Aufnahme verstarb. Zuvor hatte der Erblasser rund 40 Jahre in einer Eigentumswohnung in A gelebt. Unter dieser Adresse war der Erblasser auch weiterhin gemeldet.

Der Erblasser und seine vorverstorbene Frau hatten beim Amtsgericht Essen ein eigenhändiges gemeinschaftliches Testament hinterlegt. Das Amtsgericht Essen übersandte das Testament zum Zwecke der Eröffnung an das Amtsgericht Essen-Steele. Nach Eröffnung der Verfügung von Todes wegen am 24. Februar 2021 erklärte sich das Nachlassgericht Essen-Steele mit Beschluss vom 4. März 2021 für örtlich unzuständig und verwies das Verfahren an das Nachlassgericht Essen. Das Amtsgericht Essen hat die Übernahme des Verfahrens mit Verfügung vom 11. März 2021 abgelehnt. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Essen-Steele hat mit Verfügung vom 14. März 2021 die Sache dem Senat zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

Der Senat ist nach den § 5 FamFG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts berufen.

In der Sache ist das Amtsgericht Essen als örtlich zuständiges Gericht zu bestimmen, weil der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Essen-Steele vom 4. März 2021 bindend ist (§ 3 Abs. 3 FamFG). Eine Bindungswirkung würde dem Verweisungsbeschluss nur dann nicht zukommen, wenn der Beschluss objektiv willkürlich oder verfahrensfehlerhaft wäre (Keidel-Sternal, FamFG, 20. Auflage, § 3 Rn.52 ff.). Eine offensichtliche Gesetzwidrigkeit liegt dem Verweisungsbeschluss allerdings ersichtlich nicht zugrunde.

Nach § 343 Abs. 1 FamFG ist für Nachlasssachen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Nicht zweifelhaft ist, dass sich der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers vor seiner Aufnahme in dem Hospiz am 00.00.2021 in A befand, wo er 40 Jahre lang in einer eigenen Eigentumswohnung gelebt hat. Mit Aufnahme in dem Hospiz in D zum Zwecke der Palliativbetreuung begründete der Erblasser in den 4 Tagen bis zu seinem Tod einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt in D noch nicht. Jedenfalls im gegebenen Fall ist seine Anwesenheit in dem Hospiz aufgrund der sehr kurzen Dauer nicht zu einem gewöhnlichen Aufenthalt erstarkt, auch wenn bereits bei Aufnahme absehbar gewesen war, dass der Aufenthalt eher mit dem Tod als durch die Rückkehr in seine Wohnung enden würde.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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