OLG Köln – Az.: I-2 Wx 219/17 – Beschluss vom 22.11.2017
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Leverkusen vom 10.08.2017, 11 VI 135/75, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.
Gründe
I.
Am 31.01.1975 ist Herr SM (Erblasser) verstorben. Seine Ehefrau GM geb. Q ist im Jahre 1963 vorverstorben. Die Beteiligte zu 1) ist seine Tochter. Deren Kinder, die Beteiligten zu 2) und 3) und (der nachverstorbene) T sind seine Enkel.
Der Erblasser hat 3 Verfügungen von Todes wegen hinterlassen. In einem Erbvertrag des Erblassers mit seiner vorverstorbenen Ehefrau vom 06.07.1961 – UR.Nr. 1302/61 des Notars Dr. U in P – hatten sich die Eheleute M gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt (Bl. 3 d. Beiakte 4 IV 393/73). In einem privatschriftlichen Testament vom 04.11.1971 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) zu seiner Vorerbin und seine Enkelkinder zu Nacherben zu gleichen Anteilen eingesetzt (Bl. 20 d. Beiakte 4 IV 393/73). Durch weiteres privatschriftliches Testament vom 03.03.1973 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin eingesetzt, sofern sie einen Ehevertrag abschließt und ins Güterrechtsregister eintragen lässt, wonach ein Zugewinn nicht ihrem jeweiligen Ehemann zukommen darf. Für den Fall, dass ein solcher Ehevertrag nicht geschlossen wird, hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) als befreite Vorerbin eingesetzt und seine Enkelkinder als Nacherben. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Testamentes vom 03.03.1973 Bezug genommen (Bl. 22 d. Beiakte 4 IV 393/73).
Am 13.05.1975 hat das Amtsgericht Leverkusen einen Erbschein erteilt, wonach die Beteiligte zu 1) Alleinerbin des Erblassers ist, Nacherbfolge angeordnet ist, die mit dem Tod der Beteiligten zu 1) eintritt, die Enkelkinder, d.h. die Beteiligten zu 2) und 3) sowie T, Nacherben sind und die Vorerbin zur freien Verfügung über den Nachlas berechtigt ist (Bl. 8 d.A.). Bei der Antragstellung hatte die Beteiligte zu 1) angegeben, einen Ehevertrag nicht geschlossen zu haben und nicht zu beabsichtigen, einen Ehevertrag zu schließen.
Am 30.08.1979 haben die Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 3) einen notariell beurkundeten Vertrag – UR.Nr. 1547/1979 des Notars N in C – geschlossen, durch den die Beteiligte zu 1) mit Zustimmung aller Nacherben ein Nachlassgrundstück an die Beteiligte zu 3) übertragen und die Beteiligte zu 3) auf Erb- und Pflichtteilsrechte nach ihren Eltern verzichtet hat. Dieser Notarvertrag, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 49 ff. d.A.), enthält u.a. folgende (vom Notar vor/bei der Verlesung der Urkunde handschriftlich eingefügte) Regelung:
„Die Entlassung des übertragenen Grundstücks aus dem Nacherbenvermerk wird bewilligt und beantragt. Die Beteiligten setzen sich hinsichtlich der Nacherbfolge im Übrigen in der Weise auseinander, dass die zu 2. Erschienene (Anm.: die Beteiligte zu 3) als Nacherbin ausscheidet. Die entsprechende Eintragung wird bewilligt und beantragt.“
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 01.02.1999 – UR.Nr. 257/1999 des Notars Dr. E in C – hat die Beteiligte zu 2) u.a. ihre Anwartschaft als Nacherbin nach dem Erblasser mit sofortiger dinglicher Wirkung an die Beteiligte zu 1) übertragen (Bl. 137 ff. d.A.).
Der Enkel des Erblassers T ist am 10.07.2012 verstorben. Durch Beschluss des Nachlassgerichts vom 27.05.2016 ist der Erbschein vom 13.05.1975 im Hinblick auf den Tod des Nacherben T wegen Unrichtigkeit eingezogen worden (Bl. 24 d.A.). Erben des T sind ausweislich des Erbscheins des Nachlassgerichts vom 04.09.2012 – 11 VI 199/12 – die Beteiligte zu 1) zu ½-Anteil und die Beteiligten zu 2) sowie 3) jeweils zu ¼-Anteil.
Durch notariell beurkundeten Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 12.07.2017 – UR.Nr. 856/2017 des Notars Dr. N2 in 2-P – haben die Beteiligten zu 1) bis 3) die Erbengemeinschaft bezüglich des Nacherbenanwartschaftsrechts des T aufgehoben und sich dergestalt auseinandergesetzt, dass das Anwartschaftsrecht zu je ½-Anteil auf die Beteiligten zu 2) und 3) übertragen worden ist (Bl. 169 ff. d.A.).
Mit notarieller Urkunde vom 31.05.2017 haben die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der bezeugt, dass die Beteiligte zu 1) Erbin des Erblassers ist, bezüglich eines 1/3-Anteils aber nur befreite Vorerbin, hinsichtlich dieses 1/3-Anteils Nacherbfolge angeordnet ist, die mit dem Tod der Vorerbin eintritt, zu Nacherben die Erbengemeinschaft nach T, bestehend aus den Beteiligten zu 1) bis 3), berufen ist und das Nacherbenanwartschaftsrecht vererblich ist, hilfsweise einen Erbschein zu erteilen, der bezeugt, dass die Beteiligte zu 1) Alleinerbin des Erblassers ist, sie allerdings nur befreite Vorerbin ist, die Nacherbfolge angeordnet ist, die mit dem Tod der Vorerbin eintritt, und zu Nacherben berufen sind die Beteiligte zu 2) zu 1/3-Anteil, die Beteiligte zu 3) zu 1/3-Anteil und die Erbengemeinschaft nach T, bestehend aus den Beteiligten zu 1) bis 3), zu 1/3-Anteil (Bl. 88 ff. d.A.).
Die Beteiligte zu 3) ist den Anträgen der Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 20.07.2017 entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, dass sie bei Abschluss des Notarvertrages am 30.08.1979 nicht über die rechtlichen Folgen ihres Verzichts auf ihr Nacherbenanwartschaftsrecht belehrt worden sei. Die Tragweite sei ihr nicht klar gewesen. Sie habe gar nicht gewusst, welche Grundstücke von ihrem anteiligen Anwartschaftsrecht umfasst gewesen seien. Der Vertrag sei zudem gem. § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Bezüglich der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 20.07.2017 Bezug genommen wird (Bl. 98 ff. d.A.).
Durch Beschluss vom 10.08.2017 hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Hilfsantrags der Beteiligten zu 1) vom 31.05.2017 erforderlich sind, für festgestellt erachtet und den Hauptantrag zurückgewiesen (Bl. 145 ff. d.A.). Zur Begründung hat es sich auf einen Beschluss des OLG Braunschweig vom 27.01.2004, 2 W 249/03, gestützt und u.a. ausgeführt, dass sich die Übertragungen der Nacherbenanwartschaftsrechte der Beteiligten zu 2) und 3) nicht auf deren Rechtsstellung als Nacherben ausgewirkt hätten und deshalb im Erbschein der Vorerbin nicht zu berücksichtigen seien.
Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) am 21.08.2017 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit am 13.09.2017 beim Amtsgericht Leverkusen eingegangenem Schriftsatz vom 11.09.2017 Beschwerde eingelegt (Bl. 154 f. d.A.) und diese mit Schriftsatz vom 18.09.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, begründet (Bl. 156 ff. d.A.). Sie verfolgt mit ihrer Beschwerde ihren Hauptantrag vom 31.05.2017 weiter.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 21.09.2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 177 d.A.).
Die Beteiligte zu 3) ist der Beschwerde mit Schriftsätzen vom 25.09.2017 und 13.10.2017, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, entgegengetreten (Bl. 183, 186 f. d.A.).
II.
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Nachlassgericht hat den Hauptantrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung eines Erbscheins vom 31.05.2017 im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Die Beteiligte zu 1) ist zwar infolge der Erbverzichtserklärungen der Beteiligten zu 2) und 3) Vollerbin nach dem Erblasser zu 2/3-Anteil und Vorerbin zu 1/3-Anteil. Insoweit sind Nacherben indes nur die Beteiligten zu 2) und 3) und nicht auch die Beteiligte zu 1). Der Senat weist darauf hin, dass deshalb – auch wenn dies nicht Gegenstand der Beschwerde ist – der Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1.
Mit dem Tod des Nacherben T sind die Beteiligten zu 2) und 3) als Erben an seine Stelle getreten. Nach § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB geht das Anwartschaftsrecht eines Nacherben, der nach dem Erbfall, aber vor dem Eintritt der Nacherbfolge verstirbt, grundsätzlich auf seine Erben über. Dies gilt allerdings nur, wenn nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, z.B. der Wille, Ersatzerben einzusetzen. Hier sind zunächst keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Erblasser für den Fall, dass einer der eingesetzten Nacherben den Nacherbfall nicht erlebt, Ersatzerben bestimmen wollte. Dem maßgeblichen Testament vom 03.03.1973 ist zwar zu entnehmen, dass der Erblasser verhindern wollte, dass sein Vermögen an den jeweiligen Ehemann seiner Tochter und Vorerbin, der Beteiligten zu 1), fällt. In Bezug auf seine Enkel, die Nacherben, ist ein solcher Wille indes nicht erkennbar. Insoweit reicht es auch nicht aus, dass es sich bei den Nacherben um Abkömmlinge des Erblassers handelt. Denn selbst wenn der eingesetzte Nacherbe ein Abkömmling des Erblassers ist – so wie hier -, genügt dies allein noch nicht ohne weiteres zu der Annahme, dass der Erblasser die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft nicht gewollt hat (BGH NJW 1963, 1150-1152; Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2108 Rn. 2). Eine Anwendung der §§ 2094, 2069, 2102 Abs. 1 BGB kommt daher nicht in Betracht. Das Nacherbenanwartschaftsrecht ist daher im Zweifel vererblich gem. § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB.
Allerdings kann die Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts des jeweiligen Nacherben auch teilweise ausgeschlossen werden (MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2108 Rn. 7; Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2108 Rn. 4). Hier ist im Wege der ergänzenden Auslegung des maßgeblichen Testaments vom 03.03.1973 davon auszugehen, dass der Erblasser eine Vererbung des Anwartschaftsrechts eines der eingesetzten Nacherben auf die Vorerbin nicht gewollt hätte, wenn er die Möglichkeit in Betracht gezogen hätte, dass die Vorerbin eines ihrer Kinder, die eingesetzten Nacherben, beerbt. Denn der Erblasser hatte die Beteiligte zu 1) für den Fall, dass sie den Zugewinnausgleich nicht durch einen in das Güterrechtsregister einzutragenden Ehevertrag ausschließt, gerade als Vorerbin eingesetzt, um sein Vermögen im Wege der Erbfolge an die nächste Generation weiterzureichen. Dieses Ziel würde aber nicht erreicht, wenn die Beteiligte zu 1) im Wege der Erbfolge nach ihren Kindern letztlich doch (teilweise) wieder Vollerbin würde. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Erblasser zwar die Vererblichkeit der Anwartschaftsrechte im Zweifel nicht generell ausschließen wollte, er eine Vererbung an die Vorerbin, die Beteiligte zu 1), aber nicht wollte. Die Beteiligte zu 1) mag den verstorbenen T zwar beerbt haben, das Nacherbenanwartschaftsrecht des T fällt jedoch allein den Beteiligten zu 2) und 3) zu. Sie sind daher insoweit Nacherben zu je 1/6-Anteil.
Der Umstand, dass ein Nacherbe nach dem Erbfall und vor dem Nacherbfall verstorben ist, führt zur Unrichtigkeit eines Erbscheins (Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 352b Rn. 19). Das Nachlassgericht hat den Erbschein vom 13.05.1975 daher zu Recht eingezogen. Ein neu zu erteilender Erbschein hat die an die Stelle des Verstorbenen getretenen Nacherben zu enthalten.
2.
Dadurch, dass die Beteiligte zu 3) durch Vertrag mit der Beteiligten zu 1) vom 30.08.1979 als Nacherbin ausgeschieden ist, ist die Beteiligte zu 1) bezüglich dieses 1/3-Anteils Vollerbin geworden. Auch insoweit ist der Erbschein vom 13.05.1975 unrichtig geworden.
Vor Eintritt des Erbfalls ist der Nacherbe zwar noch nicht Erbe geworden, doch hat er bereits eine so sichere Aussicht auf die Erbschaft, dass von einem Anwartschaftsrecht des Nacherben auszugehen ist, über das er schon vor dem Nacherbfall verfügen kann (MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 34 m.w.N.; Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 12 m.w.N.). Auch eine Übertragung auf den Vorerben ist zulässig und ist auch dann anzunehmen, wenn der Nacherbe dem Vorerben gegenüber in notariell beurkundeter Form auf sein Nacherbenrecht verzichtet (vgl. MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 35 m.w.N.; Staudinger/Avenarius, BGB, Neubearb. 2013, § 2100 Rn. 85). Hier haben die Beteiligten zu 1) und 3) in dem notariell beurkundeten Vertrag vom 30.08.1979 zum Zwecke der Auseinandersetzung der Nacherbfolge vereinbart, dass die Beteiligte zu 3) als Nacherbin ausscheidet. Dieses Ausscheiden als Nacherbin ist als Verzicht auf das Nacherbenrecht und damit als Übertragung auf die Vorerbin zu verstehen.
Der Vorerbe wird durch den Erwerb des Anwartschaftsrechts grundsätzlich Vollerbe; die Anwartschaft geht in seiner Hand durch Konsolidation unter. Sein Vorerbrecht erstarkt zum Vollerbrecht (Staudinger/Avenarius, BGB, Neubearb. 2013, § 2100 Rn. 85; MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 35). Das Anwartschaftsrecht des Nacherben erlischt zwar ausnahmsweise dann nicht, wenn es die Rücksichtnahme auf Rechte Dritter gebietet (BGH ZEV 1995, 453; Staudinger/Avenarius, BGB, Neubearb. 2013, § 2100 Rn. 85; MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 35). Hier ist indes nicht ersichtlich, dass Rechte Dritter betroffen sein könnten. Denn eine Ersatznacherbschaft hat der Erblasser nicht angeordnet (s.o.).
Die Übertragung des Anwartschaftsrechts der Beteiligten zu 3) auf die Beteiligte zu 1) ist entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 3) nicht gem. § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Es ist schon nicht ersichtlich, dass zwischen der Leistung der Beteiligten zu 1), ein Grundstück auf die Beteiligte zu 3) zu übertragen, und der Leistung der Beteiligten zu 3), ihr Nacherbenanwartschaftsrecht auf die Beteiligte zu 1) zu übertragen, zum Zeitpunkt des Vertragsschluss am 30.08.1979 ein auffälliges Missverhältnis im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB bestanden hat. Insoweit kann jedenfalls nicht allein auf das Wertverhältnis zwischen dem im Jahre 1979 übertragenen Grundstück und dem sonstigen Nachlass des Erblassers abgestellt werden. Denn wäre der Vertrag im Jahre 1979 nicht geschlossen worden, hätte die Beteiligte zu 1) – außer ihrem Anwartschaftsrecht – bis heute schon deshalb nichts von dem Nachlass des Erblassers erlangt, weil die Vorerbin noch lebt und der Nacherbfall auch 38 Jahre nach dem Vertragsschluss noch nicht eingetreten ist. Zudem ist die Beteiligte zu 1) befreite Vorerbin und daher weitgehend zu Verfügungen über Nachlassgegenstände (auch Grundstücke) befugt. Die Beteiligte zu 3) konnte daher unabhängig von der Frage, ob sie den Eintritt des Nacherbfalls überhaupt erleben wird, nie sicher sein, was sie mit Eintritt des Nacherbfalls vom Nachlass des Erblassers tatsächlich erhalten wird. Dadurch, dass der Beteiligte zu 3) als Gegenleistung für den Verzicht auf ihr Nacherbenanwartschaftsrecht im Jahre 1979 ein Baugrundstück übertragen worden ist, hat sie daher einen erheblichen Vermögenswert aus dem Nachlass erhalten, den sie andernfalls möglicherweise nie erlangt hätte. Ein auffälliges Missverhältnis ist daher nicht gegeben. Zudem fehlt es auch an den subjektiven Merkmalen des § 138 Abs. 2 BGB. Es ist nicht ersichtlich, dass bei Abschluss des Verzichtsvertrages im Jahre 1979 die Unerfahrenheit der Beteiligten zu 3) ausgenutzt worden wäre. Nur weil die Beteiligte zu 3) noch jung war, bedeutet dies nicht, dass sie unerfahren war und die Tragweite ihres Verzichts auf ihr Nacherbenrecht nicht erfasst hat. Von einem Ausnutzen einer etwaigen Unerfahrenheit der Beteiligten zu 3) kann auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil ihr Verzicht auf ihr Nacherbenrecht noch am Beurkundungstag handschriftlich in die notarielle Urkunde eingefügt worden ist. Im Gegenteil spricht dieser Umstand gerade dafür, dass dieser Passus während der Beurkundung nicht nur vorgelesen, sondern im Einzelnen auch besprochen worden ist.
Die Übertragung des Nacherbenrechts der Beteiligten zu 3) auf die Vorerbin, die Beteiligte zu 1), führt nicht nur dazu, dass die Vorerbin insoweit Vollerbin geworden ist; dieser Umstand ist entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts auch in den Erbschein des Vorerben aufzunehmen. Das Nachlassgericht ist zwar zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Übertragung eines Nacherbenanwartschaftsrecht auf einen Dritten nicht dazu führen kann, dass der Dritte Nacherbe wird, weil nur der Erblasser einen Nacherben bestimmen kann. Der Dritte tritt zwar in die vermögensrechtliche Position des Nacherben ein, Nacherbe wird er aber nicht. Dementsprechend ist er auch nicht in den Erbschein aufzunehmen (vgl. zum Vorstehenden: OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.01.2004 – 2 W 249/03, ZErb 2004, 297, 298; BayObLG, FGPrax 2001, 207-209; Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 352b Rn. 19; MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 40). Eine andere Beurteilung ist indes dann geboten, wenn das Nacherbenanwartschaftsrecht auf den (befreiten) Vorerben übertragen wird. Denn wenn die Beschränkung des Vorerben gegenstandslos wird, weil er die Anwartschaft des Nacherben durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, bedarf es der Angabe der Nacherbschaft im Erbschein nicht mehr (Senat, Beschluss vom 11.06.1990 – 2 Wx 9/90, MittRhNotK 1990, 223, 224; LG Berlin, DNotZ 1976, 569; Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 352b Rn. 19; MüKo-BGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2100 Rn. 40). Dem steht entgegen der Auffassung des Nachlassgerichts auch die oben genannte Entscheidung des OLG Braunschweig (Beschluss vom 27.01.2004 – 2 W 249/03, ZErb 2004, 297, 298) nicht entgegen. Denn das OLG Braunschweig hatte insoweit über einen anderen Sachverhalt zu entscheiden und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem vom OLG Köln entschiedenen Fall (aaO, Beschluss vom 11.06.1990 – 2 Wx 9/90, MittRhNotK 1990, 223, 224) um einen Sonderfall handelt.
3.
Die Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts der Beteiligten zu 2) auf die Beteiligte zu 1) durch notariell beurkundeten Vertrag vom 01.02.1999 hat zur Folge, dass die Beteiligte zu 1) auch insoweit Vollerbin geworden ist. Auch dies ist in einem Erbschein zu berücksichtigen.
Auf den Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 12.07.2017 kommt es nicht an. Er wirkt sich auf die Stellung der Beteiligten als Nacherben nicht aus. Im Übrigen deckt sich sein Inhalt mit der vorstehenden Auslegung durch den Senat.
Im Ergebnis ist die Beteiligte zu 1) daher Alleinerbin. Bezüglich eines 1/3-Anteil ist Nacherbfolge angeordnet. Nacherben sind die Beteiligten zu 1) und 2). Es handelt sich um eine befreite Vorerbschaft.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,00 € (§ 36 GNotKG)