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Einstweilige Anordnung zur Einziehung eines Erbscheins

In der Welt des Erbrechts gibt es immer wieder Fälle, die sowohl juristisch als auch emotional komplex sind. Ein solcher Fall wurde kürzlich vor dem Amtsgericht Augsburg verhandelt, bei dem es um die Einziehung eines Erbscheins ging.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: Az.: 3 VI 3524/19   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Augsburg hat im Fall 3 VI 3524/19 eine einstweilige Anordnung zur Einziehung eines Erbscheins erlassen, da Zweifel an der Gültigkeit des zugehörigen Testaments und der Unterschrift des Erblassers bestehen

  • Der Fall dreht sich um die Einziehung eines Erbscheins, der am 01.10.2019 ausgestellt wurde.
  • Ein Beteiligter erhob Einwände gegen ein gemeinschaftliches Testament vom 19.01.2019.
  • Es wurde argumentiert, dass der Erblasser an Demenz gelitten haben könnte, was die Gültigkeit des Testaments beeinflussen würde.
  • Es gibt Bedenken hinsichtlich der Unterschrift des Erblassers. Es besteht der Verdacht, dass eine andere Person im Namen des Erblassers unterschrieben haben könnte.
  • Gemäß § 2361 Abs. 1 S. 1 BGB muss das Nachlassgericht einen Erbschein einziehen, wenn dessen Unrichtigkeit festgestellt wird.
  • Es wurden Bleistiftspuren auf der Rückseite des Testaments gefunden, was darauf hindeutet, dass die Unterschrift vorgezeichnet und dann mit einem Kugelschreiber nachgezogen wurde.
  • Das Gericht hat entschieden, dass es eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gibt, dass der Erbschein unrichtig ist und eingezogen werden muss.
  • Der Alleinerbe wurde angewiesen, den Erbschein bis zur endgültigen Entscheidung über die Einziehung des Erbscheins beim Amtsgericht Augsburg, Nachlassgericht, einzureichen.
  • Es wurde dem Alleinerben auch untersagt, bis zur endgültigen Entscheidung über die Einziehung des Erbscheins alleinige Verfügungen über die Nachlassgegenstände zu treffen.

Erbschein und Einziehung – Einleitung zur Thematik

Ein Alleinerbe erhielt einen Erbschein, der am 01.10.2019 ausgestellt wurde. Doch bald darauf wurden Zweifel an der Gültigkeit dieses Erbscheins laut. Ein Beteiligter erhob Einwände gegen ein gemeinschaftliches Testament, das am 19.01.2019 erstellt wurde. Er argumentierte, dass der Erblasser an Demenz gelitten habe, was die Gültigkeit des Testaments in Frage stellen könnte. Darüber hinaus gab es Bedenken bezüglich der Unterschrift des Erblassers. Es wurde vermutet, dass eine andere Person im Namen des Erblassers unterschrieben haben könnte.

Das rechtliche Problem – Einziehung eines Erbscheins

Das rechtliche Problem in diesem Fall war die Frage, ob der Erbschein korrekt und rechtmäßig ausgestellt wurde. Nach § 2361 Abs. 1 S. 1 BGB muss das Nachlassgericht einen Erbschein einziehen, wenn sich dessen Unrichtigkeit herausstellt. Das Gericht kann gemäß § 49 Abs. 1 FamFG durch eine einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Handeln besteht.

Die Herausforderung der Beweisführung

Die Herausforderung lag in der Bewertung der vorgebrachten Argumente und Beweise. Es gab keine konkreten Belege für die behauptete Demenz des Erblassers. Allerdings gab es konkrete Anhaltspunkte, die darauf hindeuteten, dass das Testament möglicherweise nicht vom Erblasser selbst unterschrieben wurde. Insbesondere wurden Bleistiftspuren auf der Rückseite des Testaments gefunden, was darauf hindeutet, dass die Unterschrift möglicherweise vorgezeichnet und dann mit einem Kugelschreiber nachgezogen wurde.

Die gerichtliche Entscheidung

Das Gericht entschied, dass aufgrund dieser Anhaltspunkte die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Erbschein unrichtig ist und eingezogen werden muss. Es wurde angeordnet, dass der Alleinerbe den Erbschein bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Einziehung des Erbscheins beim Amtsgericht Augsburg, Nachlassgericht, einreichen muss. Darüber hinaus wurde dem Alleinerben untersagt, bis zur endgültigen Entscheidung über die Einziehung des Erbscheins alleinige Verfügungen über die Nachlassgegenstände zu treffen.

Die Auswirkungen und das Fazit

Die Auswirkungen dieses Urteils sind weitreichend. Es unterstreicht die Bedeutung von klaren und unanfechtbaren Testamenten und Erbscheinen. Es zeigt auch, wie wichtig es ist, bei der Erstellung solcher Dokumente sorgfältig und gewissenhaft vorzugehen.

Das Fazit dieses Urteils ist, dass im Erbrecht nichts als selbstverständlich angesehen werden sollte. Jedes Detail, jede Unterschrift und jedes Datum kann von entscheidender Bedeutung sein. Es ist von größter Wichtigkeit, sicherzustellen, dass alle Dokumente korrekt und rechtmäßig sind, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Was ist eine einstweilige Anordnung im Erbrecht? – kurz erklärt


Eine einstweilige Anordnung im Erbrecht ist eine gerichtliche Maßnahme, die eine vorläufige Regelung in erbrechtlichen Angelegenheiten trifft. Sie dient dazu, die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer nachfolgenden verfassungsgerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache zu sichern und insbesondere den Eintritt irreversibler Zustände zu verhindern. Ein Gericht kann eine solche Anordnung treffen, wenn dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Die einstweilige Anordnung soll sicherstellen, dass der bestehende Zustand erhalten bleibt, insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass das Recht des Antragstellers ohne diese vorläufige Maßnahme nicht gesichert werden kann.


Das vorliegende Urteil

AG Augsburg – Az.: 3 VI 3524/19 – Beschluss vom 21.11.2019

1. Der Alleinerbin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, den Erbschein vom 01.10.2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Einziehung des Erbscheins zur Akte des Amtsgerichts Augsburg, Nachlassgericht, zu geben.

2. Der Alleinerbin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben sich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Einziehung des Erbscheins einstweilen jeglicher alleinigen Verfügung über die Nachlassgegenstände zu enthalten.

Gründe

Mit Schreiben vom 27.10.2019 erhob der Beteiligte Einwände gegen das gemeinschaftliche Testament vom 19.01.2019. Insoweit trug der Beteiligte vor, dass der Erblasser unter einer jahrelangen Demenz gelitten habe und daher die Gültigkeit des Testaments fraglich sei. Weiter erscheine ihm die Unterschrift des Erblassers wie die einer bestimmten Person, die im Namen des Erblassers unterschrieb. Mithin zweifelt der Beteiligte … an, dass das gegenständliche Testament vom Erblasser eigenhändig unterschrieben worden ist.

Nach § 2361 Abs. 1 S. 1 BGB hat das Nachlassgericht von Amts wegen den erteilten Erbschein einzuziehen, wenn sich dessen Unrichtigkeit ergibt (vgl. BeckOK FamFG/Schlögel, 32. Ed. 1.10.2019, FamFG, § 353 Rn. 1). Gemäß § 49 Abs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Erbschein unrichtig ist und einzuziehen sein wird. Zwar hat der Beteiligte … keine Belege für die vorgetragene Demenz vorgelegt, aus welcher sich eine Testierunfähigkeit ergeben könnte, jedoch bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das gegenständliche gemeinschaftliche Testament nicht von dem Erblasser eigenhändig unterschrieben worden ist. Insoweit ergibt sich zunächst ein krakeliges Schriftbild mit einigen Unterbrechungen im Schreibfluss. Zwar könnte dies auch auf körperliche Einschränkungen im Zusammenhang mit dem hohen Alter des Erblassers zurückzuführen sein, jedoch sind bei genauer Betrachtung der Unterschriften des Erblassers auf der Rückseite des gegenständlichen Testaments Bleistiftspuren vorhanden, welche darauf hindeuten, dass die Unterschrift mit einem Bleistift vorgezeichnet wurde und sodann mit einem Kugelschreiben nachgefahren wurde. Hieraus ergeben sich erhebliche Zweifel daran, dass die Unterschrift unter dem gegenständlichen Testament von dem Erblasser eigenhändig verfasst worden ist. Es besteht daher die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der gegenständliche Erbschein unrichtig ist und gemäß § 2361 BGB einzuziehen sein wird.

Vor diesem Hintergrund ist ein umgehendes Vorgehen zur Sicherung erforderlich, nachdem der Alleinerbin gemäß Erbschein vom 01.10.2019 noch Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen ist und deshalb die Hauptsache nicht sogleich entschieden werden kann. Da aber die Gefahr besteht, dass die Rechtsstellung des Beteiligten … welcher als Sohn des Klägers zu den gesetzlichen Erben zählt, durch Verfügungen der Alleinerbin gemäß Erbschein vom 01.10.2019 beeinträchtigt wird, zumal bereits eine Eintragung in das Grundbuch vorgenommen wurde, war der Alleinerbin aufzugeben den Erbschein vom 01.10.2019 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine auf Einziehung des Erbscheins zur Akte des Amtsgerichts Augsburg, Nachlassgericht, zu geben und sich bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Einziehung des Erbscheins jeglicher alleinigen Verfügung über die Nachlassgegenstände zu enthalten.

? FAQ zum Urteil


  • Was ist eine einstweilige Anordnung zur Einziehung eines Erbscheins? Eine einstweilige Anordnung zur Einziehung eines Erbscheins ist eine vorläufige gerichtliche Maßnahme, bei der einem Erben aufgegeben wird, den Erbschein bis zu einer endgültigen Entscheidung über dessen Einziehung beim zuständigen Nachlassgericht einzureichen.
  • Welche Gründe können zur Einziehung eines Erbscheins führen? Gründe für die Einziehung eines Erbscheins können beispielsweise Zweifel an der Gültigkeit des zugehörigen Testaments oder der Unterschrift des Erblassers sein. Im vorliegenden Fall wurden Einwände gegen ein gemeinschaftliches Testament erhoben und es bestanden Bedenken hinsichtlich der Unterschrift des Erblassers.
  • Was sind die rechtlichen Grundlagen für die Einziehung eines Erbscheins? Gemäß § 2361 Abs. 1 S. 1 BGB hat das Nachlassgericht von Amts wegen den erteilten Erbschein einzuziehen, wenn sich dessen Unrichtigkeit ergibt. Zudem kann das Gericht gemäß § 49 Abs. 1 FamFG durch eine einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, wenn dies gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Handeln besteht.
  • Welche Maßnahmen kann das Gericht im Rahmen einer einstweiligen Anordnung treffen? Das Gericht kann dem Alleinerben aufgeben, den Erbschein bis zur endgültigen Entscheidung über dessen Einziehung beim Nachlassgericht einzureichen. Zudem kann es dem Alleinerben untersagen, bis zur endgültigen Entscheidung alleinige Verfügungen über die Nachlassgegenstände zu treffen.
  • Was sollte man tun, wenn man Zweifel an der Gültigkeit eines Testaments oder eines Erbscheins hat? Bei Zweifeln an der Gültigkeit eines Testaments oder eines Erbscheins sollte man sich an einen Fachanwalt für Erbrecht wenden. Dieser kann die Sachlage prüfen und entsprechende rechtliche Schritte einleiten. Es ist wichtig, rechtzeitig zu handeln, um seine Rechte als Erbe zu wahren.

* Alles ohne Gewähr – Lassen Sie sich zu Ihrem individuellen Fall beraten

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