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Wann bekommt man einen Pflichtteilsanspruch?

Pflichtteil beim Erbe: Alles was Sie wissen sollten

Ein Pflichtteilsanspruch sorgt im deutschen Erbrecht in der Regel dafür, dass direkte Nachfahren und Ehepartner eines Erblassers am Nachlass ausreichend beteiligt werden. Durch diesen Anspruch dürfen berechtigte Angehörige trotz fehlender Erwähnung im Erbvertrag oder Testament von den eingesetzten Erben Geldbeträge als Pflichtteil verlangen. Die Höhe des Anteils entspricht prinzipiell der Hälfte des Werts, der ohne Testament in der gesetzlichen Erbfolge vorgesehen wäre. Verschiedene Güterstände in der Ehe des Verstorbenen erfordern zur Berechnung der konkreten Beträge häufig professionelle Unterstützung. In Extremfällen ist zudem ein Pflichtteilsentzug denkbar.

Pflichtteilsanspruch im Erbrecht
Erbe trotz Enterbung oder Nichterwähnung im Testament? Erfahren Sie alles Wichtige über die gesetzliche Erbfolge, Enterbung und den Pflichtanteilsanspruch. Symbolfoto: Von Africa Studio/Shutterstock.com

Potenzieller Pflichtteilsanspruch für direkte Nachfahren, Ehegatten und ersatzweise Eltern

In Deutschland entsteht ein Pflichtteilsanspruch, nachdem bestimmte Angehörige im Testament eines Verstorbenen unzureichend berücksichtigt wurden oder einen Erbteil aus speziellen Gründen ausgeschlagen haben. In diesem Fall zählen grundsätzlich die Kinder des Erblassers zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Adoptivkinder sind dabei im Vergleich mit biologischem Nachwuchs gleichgestellt. Gegenüber den leiblichen Eltern verliert ein Kind hingegen normalerweise nach einer Adoption den Erbanspruch. Wenn Söhne oder Töchter des Erblassers bereits gestorben sind, erhalten die Enkel einen Pflichtteilsanspruch. Das gilt aber ausschließlich für die Nachfahren, die das Kind des verstorbenen Pflichtteilsberechtigten waren. Sobald Kinder und Enkel nicht mehr leben, würden auch Urenkel als weiter entfernte Abkömmlinge nachrücken.

Verwitwete Ehepartner bekommen üblicherweise genauso einen Pflichtteilsanspruch. Dieselbe Regelung ist für einen eingetragenen Lebenspartner des Verstorbenen gültig. Im Anschluss an eine wirksame Scheidung haben Ex-Partner jedoch im Normalfall sämtliche Erbansprüche verloren. Geschiedene dürfen daher lediglich unter bestimmten Voraussetzungen unabhängige Unterhaltsansprüche gegenüber den Erben geltend machen. Zu einem Pflichtteilsanspruch für Eltern kommt es nur, wenn ein kinderloser Erblasser über keine direkten Nachkommen verfügt. Obwohl ohne ein Testament laut der gesetzlichen Erbfolge noch andere Verwandte relevant wären, bestehen deshalb nach einer Enterbung nicht automatische Ansprüche. Geschwistern, Nichten und Neffen steht ebenso wie einem Onkel oder einer Tante eigentlich nie ein Pflichtteilsanspruch zu.

Unterscheidung zwischen Pflichtteil und Zusatzpflichtteil mit entscheidenden Konsequenzen

In Erbfällen ist die Geltendmachung von Ansprüchen auf den kompletten Pflichtteil oder den Zusatzpflichtteil möglich. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Begriffen hängt davon ab, ob ein Pflichtteilsberechtigter vollständig enterbt oder mit einem zu geringen Erbteil bedacht wurde. Wer laut dem Testament nichts erhalten würde oder zum Beispiel wegen anerkannten Belastungen und Beschränkungen das Erbe ausgeschlagen hat, verfügt häufig über einen uneingeschränkten Pflichtteilsanspruch. Anspruchsberechtigte werden dadurch nicht in eine Erbengemeinschaft aufgenommen. Stattdessen handelt es sich um einen Anspruch, den eine enterbte Person gegenüber den Erben geltend macht.

Angehörige, die einen Zusatzpflichtteil beanspruchen dürfen, haben hingegen in der Regel bereits einen Erbanteil angenommen. Diese Pflichtteilsberechtigten zählen somit selbst zum Kreis der Erben. Damit kommt es während der Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche zu entscheidenden Unterschieden. Den Zusatzpflichtteil fordert der Berechtigte innerhalb der Erbengemeinschaft von Miterben. In derartigen Situationen profitiert diese Person davon, dass Mitglieder der Gemeinschaft sich schneller einen Überblick über den kompletten Nachlass und seinen tatsächlichen Wert verschaffen. Vollständig enterbten Pflichtteilsberechtigten fehlt stattdessen zunächst das erforderliche Wissen.

Einklagbare Ansprüche auf Auskünfte und Auszahlung von Geldbeträgen

Pflichtteilsansprüche lassen sich nur durch die Zahlung von Geldbeträgen begleichen. Ein Anspruch auf Sachwerte aus dem Nachlass besteht für Pflichtteilsberechtigte daher nie. Enterbte Angehörige müssen ihren Pflichtteil schriftlich von einem Alleinerben oder einem Mitglied der Erbengemeinschaft fordern. Wenn keine Kenntnisse zum genauen Umfang des Nachlasses vorhanden sind, ist dieses Ersuchen aber zunächst gar nicht möglich. Denn eine wirksame Aufforderung muss einen konkreten Betrag enthalten.

Wegen des bestehenden Auskunftsanspruchs sind Erben gegenüber Pflichtteilsberechtigten dazu verpflichtet, nach einer Anfrage detaillierte Nachlassverzeichnisse herauszugeben. Bekannte Schenkungen vor dem Tod des Erblassers führen möglicherweise zu einem zusätzlichen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Eine gütliche Einigung über die Höhe des Pflichtteils erspart allen Beteiligten Kosten. Sobald Erben die Kooperation verweigern oder unglaubwürdige Angaben im Nachlassverzeichnis machen, ist jedoch manchmal eine Klage notwendig. Sowohl die Auskünfte zum Nachlass als auch die Auszahlungen eines angemessenen Pflichtteilsanspruchs bleiben für Berechtigte einklagbar.

Höhe des Pflichtteils für direkte Abkömmlinge des Erblassers

Die Höhe des Pflichtteils entspricht prinzipiell dem halben Wert des Erbteils, der dem Berechtigten ohne ein existierendes Testament durch die gesetzliche Erbfolge zugestanden hätte. Jedes Kind erhält im Anschluss an eine Enterbung daher üblicherweise denselben Pflichtteilsanspruch. Nach dem Tod von einem Sohn oder einer Tochter des Erblassers wird dieser Anspruch mit dem identischen Wert auf die direkten Nachfahren des verstorbenen Pflichtteilsberechtigten übertragen. Mit der zusätzlichen Berücksichtigung eines Ehegatten gestaltet sich die Berechnung der exakten Pflichtteile für Kinder ebenfalls schwieriger. Bei einem verwitweten, ledigen oder geschiedenen Erblasser ist stattdessen ausschließlich die Anzahl der Söhne und Töchter entscheidend. Dann steht beispielsweise einem Einzelkind die Hälfte und zwei Kindern jeweils ein Viertel als Pflichtteil zu.

Eventuelle Wahlmöglichkeit zwischen kleinem und großen Pflichtteil in Zugewinngemeinschaften

Für Ehegatten hängt die Pflichtteilberechnung wiederum auch vom Güterstand des Paars ab. Ohne einen Ehevertrag bleibt deshalb zumeist die Zugewinngemeinschaft maßgeblich. In dieser Gemeinschaft darf ein enterbter Ehepartner zumindest den sogenannten kleinen Pflichtteil fordern. Der Anteil liegt bei einem Achtel, solange zudem Kinder mit Erbansprüchen existieren. Ehegatten eines kinderlosen Erblassers verfügen hingegen mindestens über einen kleinen Pflichtteilsanspruch von einem Viertel. Darüber hinaus gibt es in der Zugewinngemeinschaft den Zugewinnausgleich, der neben diesem Anspruch zusätzlich berechnet wird.

Sobald der Ehepartner in einem Testament mit einem Erbanteil oder einem Vermächtnis bedacht wurde und der Pflichtteil nach einer Enterbung jedoch höher liegen würde, entsteht eine kompliziertere Situation. Das führt manchmal dazu, dass der hinterbliebene Ehepartner die Wahl zwischen dem kleinen und großen Pflichtteilsanspruch trifft. Hierbei beinhaltet die größere Variante die Berücksichtigung eines pauschalisierten Zugewinnausgleichs, der in der gesetzlichen Erbfolge die Erbquote des Gatten um ein Viertel erhöht hätte.

Für den Ehepartner besteht oft die Chance, ein zu geringes Erbe anzunehmen und zusätzlich bis zum Erreichen des großen Pflichtteilwerts eine Aufstockung einzufordern. Zugleich dürfen verwitwete Pflichtteilsberechtigte eventuell zunächst den vorgesehenen Erbanteil ausschlagen und daraufhin auf den kleinen Pflichtteil zusammen mit einem separaten Zugewinnausgleich Anspruch erheben. In verschiedenen Situationen profitiert der Ehepartner dabei nicht immer von derselben Entscheidung am meisten. Der kleine Pflichtteil übersteigt mit dem ergänzenden Zugewinnausgleich in vielen Einzelfällen die große Alternative. Wer nach dem Tod des Ehegatten einen möglichst hohen Pflichtteilsanspruch geltend machen möchte, benötigt deshalb häufig eine professionelle Beratung.

Übliche Pflichtteilsquoten bei Gütergemeinschaft und Gütertrennung

Die Pflichtteilsquoten in einer Gütergemeinschaft entsprechen dem kleinen Pflichtteil in einer Zugewinngemeinschaft ohne Zugewinnausgleich. Bei diesem Güterstand übernimmt der hinterbliebene Ehepartner ohnehin automatisch die Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens, während der Rest den Nachlass darstellt. Hiervon darf ein enterbter Gatte aus der ehemaligen Gütergemeinschaft wiederum den üblichen Pflichtteil von einem Achtel, der sich durch die Kinderlosigkeit des Verstorbenen auf ein Viertel steigert, verlangen.

Wenn der Erblasser und sein Ehepartner eine Gütertrennung vereinbart haben, bestimmt in der Regel ausschließlich die Anzahl der erbberechtigten Kinder die Höhe des Pflichtteils. Bei mindestens drei Söhnen oder Töchtern steht dem Ehepartner in diesem Fall immer ein Achtel zu. Insofern der Verstorbene zwei Kinder hatte, beträgt der Pflichtteil eines Ehegatten in Gütertrennung ein Sechstel. Neben einem Einzelkind entspricht der Pflichtteilsanspruch des verheirateten Partners in dieser Situation einem Viertel.

Entziehung, Beschränkung und Verjährung des Pflichtteils

Unter strengen Voraussetzungen darf der Erblasser im Testament einem Berechtigten den Pflichtteil entziehen. Eine rechtsgültige Pflichtteilsentziehung ist insbesondere oft möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Verstorbenen schaden wollte. Verurteilungen zu Freiheitsstrafen gelten teilweise auch als Grund für die Entziehung. Durch eine Pflichtteilsbeschränkung verhindert der Erblasser wiederum manchmal, dass ein verschuldeter oder verschwenderischer Angehöriger den Nachlass verprasst. Dann erhalten in der Regel die Erben des eigentlichen Berechtigten später den Pflichtteil. Darüber hinaus ist die dreijährige Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruchs beachtenswert.

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