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Erbausschlagung bei fehlender Geschäftsunfähigkeit

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Amtsgericht Aachen verhandelt wurde, ging es um die Frage der Erbausschlagung bei fehlender Geschäftsunfähigkeit. Der Antragsteller, ein potenzieller Erbe, hatte mehrfach versucht, einen bereits erteilten Erbschein zurückzuziehen und einen neuen Erbschein zu erhalten, der ihn und eine andere Beteiligte als gleichberechtigte Erben ausweist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 74a VI 431/81   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Hauptergebnis des Urteils: Der Antragsteller wurde als Erbe der Erblasserin für ½ des Nachlasses wirksam ausgeschlossen, und die Einziehung des Erbscheins, der die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin ausweist, wurde abgelehnt.

Wichtige Punkte des Urteils:

  1. Die Erblasserin berief die Beteiligten zu Erben zu je ½ in ihrem eigenhändigen Testament.
  2. Der Antragsteller schlug das Erbe aus, was durch eine notarielle Erklärung am 02.09.1980 erfolgte.
  3. Ein zuvor gestellter Antrag auf Einziehung des Erbscheins wurde zurückgewiesen.
  4. Der Antragsteller behauptete, die Ausschlagung sei unwirksam, da er die Erbschaft bereits angenommen habe.
  5. Ein nervenärztliches Gutachten vom 11.12.1981 attestierte dem Antragsteller eine psychische Erkrankung, die Einfluss auf seine Geschäftsfähigkeit gehabt haben könnte.
  6. Das Gutachten selbst sagte jedoch nichts zur Geschäftsunfähigkeit des Antragstellers.
  7. Die Gerichte sahen keine ausreichenden Beweise für die Geschäftsunfähigkeit des Antragstellers zum Zeitpunkt der Ausschlagung.
  8. Das Gericht wies die erneuten Anträge des Antragstellers auf Erteilung eines Erbscheins und Einziehung des bestehenden Erbscheins zurück.

Das Urteil besagt, dass der Antragsteller nicht erbberechtigt ist und dass die vorherigen Ausschlagungen seines Erbes wirksam sind. Das nervenärztliche Gutachten lieferte keine ausreichenden Beweise für seine Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Ausschlagung.

Der Kern des Problems

Der Antragsteller und seine Schwester, die Beteiligte zu 2), waren die Kinder der Erblasserin. Obwohl ein Testament sie beide als Erben zu gleichen Teilen auswies, schlug der Antragsteller das Erbe aus. Dies führte dazu, dass die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin anerkannt wurde. Der Antragsteller argumentierte später, dass seine Ausschlagung unwirksam war, da er die Erbschaft bereits vorher angenommen hatte und zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig war.

Rechtliche Herausforderungen und Zusammenhänge

Das rechtliche Dilemma drehte sich um die Frage, ob der Antragsteller tatsächlich die Erbschaft vor seiner Ausschlagung angenommen hatte und ob er zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig war. Ein weiterer wichtiger Aspekt war, ob die Ausschlagungserklärung des Antragstellers rechtlich bindend war, da er behauptete, sie sei nur als „Vorratsurkunde“ oder Verhandlungsgrundlage gedacht gewesen.

Gerichtliche Entscheidungen und ihre Begründung

Das Amtsgericht Aachen entschied, dass die Ausschlagungserklärung des Antragstellers wirksam war. Es wurde festgestellt, dass er keinen ausreichenden Beweis dafür vorgelegt hatte, dass er die Erbschaft vor der Ausschlagung angenommen hatte. Das Gericht stützte sich auf vorherige Urteile und die Tatsache, dass die vom Antragsteller vorgebrachten Argumente und Beweise nicht ausreichten, um seine Behauptungen zu stützen.

Darüber hinaus wurde das Argument des Antragstellers, er sei zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig gewesen, ebenfalls zurückgewiesen. Obwohl er ein nervenärztliches Gutachten vorlegte, das seine geistige Verfassung in Frage stellte, fand das Gericht, dass dieses Gutachten nicht ausreichend war, um seine Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Ausschlagung nachzuweisen.

Auswirkungen des Urteils

Das Urteil bestätigt die Wichtigkeit klarer und rechtlich bindender Erklärungen im Erbrecht. Es unterstreicht auch die Notwendigkeit, solide Beweise vorzulegen, wenn man versucht, eine bereits getroffene Entscheidung rückgängig zu machen. Für den Antragsteller bedeutet dies, dass er nicht als Erbe anerkannt wird und keinen Anspruch auf einen Anteil am Erbe hat.

Schlussfolgerung

Der Fall Erbausschlagung bei fehlender Geschäftsunfähigkeit zeigt die Komplexität des Erbrechts und die Bedeutung klarer rechtlicher Erklärungen. Es ist essentiell, sich über die rechtlichen Konsequenzen im Klaren zu sein, bevor man solch gravierende Entscheidungen trifft, und sicherzustellen, dass man über die notwendigen Beweise verfügt, um seine Position zu stützen.

Erbausschlagung bei geschäftsunfähigem Erben – kurz erklärt


Wenn ein Erbe minderjährig oder geschäftsunfähig ist, muss sein gesetzlicher Vertreter die Erbschaft für ihn ausschlagen. In der Regel sind dies die Eltern des minderjährigen Erben. Im Falle von Geschäftsunfähigkeit ist es ein Betreuer, der die Ausschlagung erklärt. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Ausschlagungserklärung des Betreuers allein nicht ausreicht, um die Erbschaft wirksam auszuschlagen. Bei einem geschäftsunfähigen Erben ist für den Beginn der Frist zur Ausschlagung nicht die Kenntnis des Erben selbst maßgeblich, sondern die Kenntnis des Betreuers. Es kann auch vorkommen, dass ein Betreuer für eine geschäftsfähige Person bestellt wird.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:

  • Erbrecht: In diesem Fall geht es um die Erteilung eines Erbscheins, die Ausschlagung einer Erbschaft und die Frage der Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Ausschlagung. Das Erbrecht regelt die Vermögensnachfolge nach dem Tod einer Person.
  • Familienrecht (FamFG): Das FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) wird in Bezug auf die Kostenentscheidung erwähnt. Es regelt unter anderem Verfahren in Erbschaftssachen.
  • Strafrecht (StGB): Es wird auf die §§ 20, 21 StGB Bezug genommen, die die Schuldunfähigkeit bzw. verminderte Schuldfähigkeit wegen seelischer Störungen behandeln. Dies ist im Kontext der Frage relevant, ob der Antragsteller zum Zeitpunkt der Erbausschlagung geschäftsunfähig war.

Amtsgericht Aachen-  Az.: 74a VI 431/81 – Beschluss vom 15.11.2011

1. Der Antrag des Antragstellers vom 10.11.2009 auf

a. Erteilung eines Erbscheins, der ihn gemeinsam mit der Beteiligten zu 2) als Erben der Erblasserin zu je ½ Anteil ausweist,

b. Einziehung des der Beteiligten zu 2) am 15.07.1981 erteilten Erbscheins als unrichtig,

c. Feststellung der Unwirksamkeit der am 02.09.1980 erklärten Ausschlagung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers vom 10.11.2009 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller und seine Schwester, die Beteiligte zu 2), sind die Kinder der am 10.05.1980 in Aachen verstorbenen C.

Mit eigenhändigem Testament vom 08.03.1971 berief die Erblasserin die Beteiligten zu Erben zu je ½. Die Eröffnung des Testaments erfolgte am 12.08.1980. Durch notarielle Erklärung vom 02.09.1980 schlug der Antragsteller das Erbe aus. Am 15.07.1981 erließ das Amtsgericht Aachen antragsgemäß einen Erbschein (Bl. 7 d.A.), der die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin der Erblasserin ausweist.

Der Antragsteller hat in der Vergangenheit wiederholt erfolglos die Einziehung des Erbscheins vom 15.07.1981 und die Erteilung eines neuen, die Beteiligten als Erben zu je ½ Anteil ausweisenden Erbscheins beantragt.

Nachdem das Amtsgericht bereits am 17.06.1994 (Bl. 40 f. d.A.) den entsprechenden Antrag einer E-GmbH, an die der Antragsteller sein Erbe angeblich verkauft hatte, zurückgewiesen hatte, wies es mit Beschluss vom 13.02.1995 (Bl. 57 bis 59 d.A.) einen Antrag des Antragstellers auf Einziehung des Erbscheins vom 15.07.1981 und Erteilung eines neuen Erbscheins zurück. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Vortrag des Antragstellers, er habe vor Erklärung der Ausschlagung die Erbschaft durch umfangreiche Planungen und Verfügungen bereits angenommen, sei zu unkonkret, als dass hieraus auf seinen Willen zur Erbschaftsannahme geschlossen werden könne. Ferner führte das Gericht aus, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erbausschlagung nicht geschäftsunfähig gewesen sei. Diesbezügliche Erkenntnisse in der Zeit zwischen 1990 und 1994 ließen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die geistige Verfassung des Antragstellers zur Zeit der Erbausschlagung zu. Nichts anderes gelte für sein Vorbringen, in Verfahren vor dem Amtsgericht Aachen seien erhebliche Bedenken an seiner Geschäftsfähigkeit geäußert worden. Entmündigung-, Vormundschafts- oder Pflegschaftsvorgänge bzgl. des Antragstellers hätten trotz eingehender Ermittlungen nicht ermittelt werden können. Einen weiteren Antrag auf Einziehung des Erbscheins und Neuerteilung wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 02.03.1999 (Bl. 66 d.A.) u.a. unter Verweis auf seine Entscheidung vom 13.02.1995 zurück.

Ab dem Jahr 2006 stellte der Antragsteller in Verfolgung seines Begehrens zahlreiche weitere Anträge. Mit Beschluss vom 17.08.2006 (Bl. 160 d.A.) wies das Amtsgericht den Antrag vom 24.07.2006, den erteilten Erbschein als unrichtig einzuziehen und einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, zurück. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 24.08.2006 Beschwerde ein, der das Amtsgericht nicht abhalf und die das Landgericht Aachen mit Beschluss vom 16.10.2006 (Bl. 188 f. d.A.) zurückwies. Die hiergegen eingelegte weitere Beschwerde wies das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 11.12.2006 (Bl. 254 f. d.A.) zurück. Die gegen diese Entscheidung angebrachte Gehörsrüge wies das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 05.03.2007 (Bl. 315 bis 319 d.A.) zurück. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26.04.2007 (Bl. 390 bis 395 d.A.) beantragte der Antragsteller erneut die Einziehung des erteilten und die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, was das Amtsgericht mit Beschluss vom 11.07.2007 (Bl. 401 f. d.A.) zurückwies. Auch gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller Beschwerde ein, die das Landgericht Aachen mit Beschluss vom 19.12.2007 (Bl. 423 d.A.) zurückwies. Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 04.02.2008 hob das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 18.03.2008 diese Entscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Aachen zurück. Mit Beschluss vom 29.05.2008 (Bl. 466 bis 469 d.A.) wies das Landgericht Aachen den Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 11.07.2007 erneut zurück, wogegen der Antragsteller unter dem 24.06.2008 wiederum weitere Beschwerde einlegte, die das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 11.08.2008 (Bl. 494 bis 497 d.A.) zurückwies. Sodann erhob der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 29.05.2008 Gegenvorstellung, die mit Beschluss vom 27.11.2008 (Bl. 609 d.A.) zurückgewiesen wurde. Bereits am 09.10.2008 (Bl. 521 f. d.A.) beantragte der Antragsteller unter gleichzeitiger Stellung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wiederum die Erteilung eines die Beteiligten als Erben zu je ½ ausweisenden Erbscheins, wobei er sich erneut auf die Unwirksamkeit seiner Ausschlagungserklärung vom 02.09.1981 berief. Mit Beschluss vom 27.02.2009 (Bl. 628 bis 632 d.A.) wies das Amtsgericht diese Anträge zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Landgericht Aachen mit Beschluss vom 01.07.2009 (Bl. 715 bis 718 d.A.) zurück, die weitere Beschwerde wurde von dem Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 30.09.2009 (Bl. 748 bis 761 d.A.) zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung erhobene Gegenvorstellung und Gehörsrüge wies das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 30.10.2009 (Bl. 788 bis 791 d.A.) zurück.

Am 10.11.2009 erschien der Antragsteller erneut bei dem Amtsgericht Aachen und beantragte zu Protokoll der Rechtspflegerin (Bl. 816 bis 818 d.A.) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, wonach die Beteiligten die Erblasserin zu je ½ beerbt haben. Ferner bat er um Feststellung der Unwirksamkeit der Ausschlagung, Einziehung des der Beteiligten zu 2) erteilten Erbscheins und Gewährung von Prozesskostenhilfe. Zur Begründung führte der Antragsteller im Wesentlichen aus, die von ihm erklärte Ausschlagung sei unwirksam, weil er die Erbschaft bereits zuvor angenommen habe. Insbesondere seien sich die Beteiligten über die Aufteilung und Auseinandersetzung des Erbes einig gewesen. Seine Ausschlagungserklärung sei in der Tat notariell beurkundet worden, damit sei jedoch lediglich die Schaffung einer Art Vorratsurkunde oder Verhandlungsgrundlage beabsichtigt gewesen. Die Übersendung der Urkunde an das Nachlassgericht sei nicht von seinem Willen gedeckt gewesen, weil er die Urkunde nur einmal für sich habe haben wollen. Zudem sei er zum Zeitpunkt der Ausschlagungserklärung geschäftsunfähig gewesen.

Bzgl. seiner angeblichen Geschäftsunfähigkeit legte der Antragsteller als Anlage zu seinem Schreiben vom 25.06.2010 ein nervenärztliches Gutachten eines Dr. F vom 11.12.1981 vor, das in Zusammenhang mit einem vor dem Landgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 24 KLs 20 Js 358/78 geführten Verfahren von dem damaligen Verteidiger des Antragstellers veranlasst worden war (Bl. 864 bis 875 d.A.). In dem Gutachten heißt es auf S. 19 (Bl. 873 d.A.) u.a.:

„Zusammenfassend ist aus nervenärztlicher Sicht festzustellen, daß die Vorgeschichte, unter besonderer Berücksichtigung der Lebensentwicklung und der jetzt bestehende Befund zu dem zwingenden Schluss führen, dass es sich bei Herrn D um einen schizoiden Psychopathen handelt.

Die vorausgegangenen Ereignisse hatten selbst das Gericht veranlaßt, sich über den Geisteszustand des Betroffenen Gedanken zu machen. Es stellte aufgrund einer gutachterlichen Bekundung eines Sachverständigen fest, daß Herr D von abnormer Persönlichkeit sei, – es kommt jedoch zu der Auffassung, daß seine abnorme Persönlichkeitsstruktur keinen Krankheitswert habe.

Diese Feststellung veranlaßt den Referenten in Kenntnis des heutigen Befundes die Frage zu stellen, aufgrund welcher Untersuchungen die betroffenen Sachverständigen zu der Diagnose kamen, vor allem da der Betroffene selbst und sein Rechtsanwalt bekunden, daß eine ausführliche nervenärztliche Untersuchung nicht stattgefunden haben soll.“

In der Folge führte der Antragsteller seine am 10.11.2009 vorgebrachten Argumente in zahlreichen Schriftsätzen weiter aus.

Die Beteiligte zu 2) ist den Anträgen des Antragstellers entgegen getreten.

II.

Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der den Antragsteller und die Beteiligte zu 2) als Erben zu je ½ Anteil ausweist, ist zurückzuweisen.

Der Antragsteller ist nicht Erbe der Erblasserin geworden, denn diese wurde durch die Beteiligte zu 2) allein beerbt. Zwar war der Antragsteller gesetzlicher wie testamentarischer Erbe seiner Mutter zu ½, jedoch hat er die Erbschaft durch Erklärung vom 02.09.1980, bei Gericht am 04.09.1980 eingegangen, aus allen Berufungsgründen ausgeschlagen. Diese Ausschlagungserklärung ist wirksam.

Wenn der Antragsteller sich darauf beruft, er habe die Erbschaft bereits vor Erklärung der Ausschlagung angenommen, so ist zutreffend, dass gemäß § 1943 BGB der Erbe nicht mehr ausschlagen kann, wenn er die Erbschaft angenommen hat. Der von dem Antragsteller diesbezüglich vorgebrachte Sachverhalt lässt jedoch unverändert nicht erkennen, dass er seinen Willen, Erbe zu sein, hinreichend zum Ausdruck gebracht hat. Eine weitere inhaltliche Auseinandersetzung mit den von dem Antragssteller geschilderten Tatsachen ist nicht angezeigt. Das Oberlandesgericht Köln hat auf S. 6 seines Beschluss vom 30.09.2009 ausgeführt, dass ein Beteiligter keinen Anspruch darauf hat, dass die Gerichte bei unveränderter Sachlage immer wieder in eine erneute Überprüfung desselben Sachverhalts und der daraus fließenden Rechtslage eintreten. Neue Tatsachen hinsichtlich der angeblichen Annahme der Erbschaft hat der Antragsteller indes weder im Antrag vom 10.11.2009 noch in seinen nachfolgenden Schriftsätzen vorgetragen. Vielmehr wurden diese Tatsachen im Wesentlichen bereits zuvor, etwa im Schriftsatz des Antragstellers vom 07.11.2008 (Bl. 547 bis 551 d.A.) und in der Beschwerdeschrift seines damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 13.03.2009 (Bl. 643 bis 646 d.A.) vorgebracht. Soweit der Antragsteller von seinen bisherigen Schilderungen nunmehr abweicht, sie präzisiert und näher ausführt, handelt es lediglich um Nuancen, die auf den geschilderten Sachverhalt letztlich ohne Auswirkung sind und zu einer anderen rechtlichen Bewertung der vorgetragenen Tatsachen keine Veranlassung geben. Denn unverändert bewegen sich die von dem Antragsteller wiedergegebenen Umstände im Bereich der Absichten und Planungen. Dass dies den Schluss auf eine Annahme der Erbschaft nicht zulässt, wurde von allen beteiligten Gerichten bereits mehrfach umfänglich dargelegt.

Was die angebliche Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Ausschlagung anbelangt, so hat der Antragsteller nunmehr erstmals das nervenärztliche Gutachten vom 11.12.1981 des Neurologen und Psychiaters Dr. F vorgelegt, in dem er in einem relativ engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe der Ausschlagungserklärung als schizoider Psychopath bezeichnet wird, ihm mithin eine psychische Erkrankung attestiert wird, die möglicherweise Einfluss auf seine Geschäftsfähigkeit hatte.

Gemäß den vorgenommenen Ermittlungen steht indes weder eine Geschäftsunfähigkeit des Antragstellers fest noch sind konkrete Umstände gegeben, die Anlass zu der Annahme geben, weitere Ermittlungen, insbesondere durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens, könnten zu dem Ergebnis führen, der Antragsteller sei bei Abgabe der Ausschlagungserklärung am 02.09.1980 tatsächlich geschäftsunfähig gewesen.

Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass das Gutachten vom 11.12.1981 keine Aussage zur Geschäftsfähigkeit des Antragstellers trifft. Vielmehr war sein Zweck, Auskunft über den Gesundheitszustand des Antragstellers zu geben einschließlich der Frage, ob bei ihm aus gesundheitlichen Gründen die Bedingungen einer aufgehobenen bzw. verminderten Schuldfähigkeit gegeben waren (S. 1 Gutachten/Bl. 864 d.A.) Wie es auf der folgenden Seite des Gutachtens heißt, fanden die Explorationen im November und Dezember 1981 statt, also mehr als ein Jahr nach der Ausschlagung.

Zudem ist die von dem Gutachter Dr. F gefundene Diagnose nicht zwingend.

Wie den S. 2 bis 5 des Gutachtens (Bl. 864R bis 866 d.A.) zu entnehmen ist, ging der Untersuchung durch diesen Gutachter ein Strafverfahren vor dem Landgericht Aachen voraus, als dessen Aktenzeichen 24 Kls/20 Js 358/78 – 24 Ns/32 Js 904/77 29/78 – 22/78 angegeben wurde und in dem der Antragsteller ebenfalls auf seine Schuldfähigkeit untersucht worden war. Auf Bitte des Gerichts um Übersendung der Strafakte hat die Staatsanwaltschaft Aachen unter dem 17.08.2011 (Bl. 905 d.A.) mitgeteilt, dass die angeforderten Verfahren dort nicht mehr abliegen. Wie sich aus der von dem Gericht angeforderten und zu einem Sonderband genommenen Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Freiburg vom 13.12.2010 (9 Ns 310 Js 4018/06 AK 68/09) ergibt, handelte es sich bei dem fraglichen Strafverfahren vor dem Landgericht Aachen um das Verfahren 24 KLs 20 Js 358/78, in dem der Antragsteller am 27.11.1980 wegen versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie Beleidigung zu einer Freiheitstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt wurde, wobei das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 26.05.1978 – 34 Ls 32 Js 904/77 – einbezogen worden war (S. 16 des Urteils des Landgerichts Freiburg). Ferner ist dem Urteil des Landgerichts Freiburg auf S. 87 f. zu entnehmen, dass das Landgericht Aachen in seinem Urteil vom 27.11.1980 eine forensisch relevante Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des Antragstellers im Hinblick auf folgende Stellungnahme eines Sachverständigen Dr. M verneinte:

„Der Angeklagte ist von abnormer Persönlichkeit. Sein überhöhtes Selbstbewusstsein und Geltungsbedürfnis geht einher mit mangelnder Eigenkritik und Realitätskontrolle. Er liebt die große Geste, spielt in übersteigerter Selbstdarstellung ständig eine Rolle und beliebt es, sich immer wieder in Szene zu setzen. Dritten gegenüber zeigt er ein aggressives, rücksichtsloses Verhalten, während er in eigenen Belangen empfindlich, mitunter gar wehleidig reagiert. Insbesondere sein Verhalten zur Justiz und anderen Behörden wird durch gesteigerte Neigung zur Rechtsquerulanz bestimmt. Diese äußerte sich in Vielschreiberei und sonstiger Überaktivität. Die Auseinandersetzung in gerichtlichen Verfahren verschafft ihm ein Selbstwertgefühl und Lustgewinn.

Diese abnormen Persönlichkeitsstrukturen haben jedoch keinen Krankheitswert. Der Angeklagte leidet weder an einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, an Schwachsinn noch an einer schweren anderen seelischen Abartigkeit. Im Zeitpunkt der Begehung der Tat war seine Fähigkeit zur Unrechtseinsicht und seine Fähigkeit, entsprechend dieser Einsicht zu handeln, weder gänzlich ausgeschlossen noch erheblich vermindert im Sinne der §§ 20, 21 StGB.“

Weiter ergibt sich aus den S. 86 und 88 f. des Urteils des Landgerichts Freiburg, dass das Amtsgericht Aachen und das Landgericht Aachen in ihren Urteilen vom 02.03.1977 – 29 Ls 10 Js 832/76 – und 17.11.1983 – 67 KLs 20 Js 571/82 -, jeweils sachverständig beraten, ein Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB verneinten. Auch das Landgericht Freiburg hatte in seiner umfassend begründeten Entscheidung vom 13.12.2010 keine Zweifel an der vollen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Antragstellers.

Mithin ist festzuhalten, dass bereits in relativ zeitlicher Nähe zur Erklärung der Ausschlagung die Frage nach der Schuldfähigkeit und dem Krankheitswert des Verhaltens des Antragstellers von den beauftragten Gutachtern nicht einheitlich beantwortet werden konnte. Anhaltspunkte dafür, dass die Frage, ob der Antragsteller gerade am 02.09.1980 geschäftsunfähig war, jetzt – mehr als 30 Jahre nach Abgabe der fraglichen Erklärung – noch geklärt werden kann, sind unter diesen Umständen nicht gegeben. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens liefe vielmehr – allenfalls – auf eine Plausibilitätskontrolle der seinerzeit erstellten Gutachten hinaus, die sich mit der Frage der Geschäftsfähigkeit ohnehin nicht befassen. Schließlich ist zu bedenken, dass selbst bei Bestätigung der von dem Gutachter Dr. F gestellten Diagnose, wonach der Antragsteller ein schizoider Psychopath sein soll, nicht feststehen würde, dass dieses Krankheitsbild im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Ausschlagung zu einer Geschäftsunfähigkeit des Antragstellers führte.

Weitere, in der Vergangenheit noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten der Aufklärung sind nicht ersichtlich. Soweit sich der Antragsteller darauf berufen hat, gegen ihn sei seinerzeit ein Entmündigungsverfahren geführt worden, so hat das Betreuungsgericht unter dem 02.08.2011 (Bl. 897 d.A) mitgeteilt, dass dort keine Vorgänge vorliegen. Dies deckt sich mit den im Beschluss vom 13.02.1995 wiedergegebenen Feststellungen, wonach bereits zum damaligen Zeitpunkt Entmündigung-, Vormundschafts- oder Pflegschaftsvorgänge nicht mehr ermittelt werden konnten. Was die bereits 1980 durch die damals zuständige Nachlassrichterin angeblich geäußerten Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Antragstellers anbelangt, so hat dieser selbst vorgetragen, er habe aufgrund dieser Zweifel ein Attest eines Dr. Q vorgelegt. Dementsprechend hat das Gericht den Antragsteller mit Verfügung vom 02.08.2011 gebeten darzulegen, was Inhalt dieses Attests war, insbesondere zu welchem Ergebnis Dr. Q bzgl. der Geschäftsfähigkeit gelangt war. Hierzu hat sich der Antragsteller indes nicht weiter geäußert, obwohl diese Umstände Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung gewesen sein müssen. In der in Rückverfilmung vorliegenden Ausschlagungsakte findet sich jedenfalls kein Hinweis auf ein solches Attest oder sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die angeblichen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Antragstellers das Gericht zu weiteren Nachforschungen veranlasst hätten. Schließlich kommt auch eine Vernehmung des damaligen Gutachters Dr. F nicht in Betracht. Wie sich aus S. 71 f. des Gutachtens Dr. G vom 23.04.2009, das sich in dem beigezogenen Sonderband Gutachten zu dem in Freiburg geführten Verfahren befindet, ergibt, hat Dr. F gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen erklärt, der Antragsteller sei bei ihm nie in Behandlung gewesen und er könne sich nicht daran erinnern, ein Gutachten über ihn erstattet zu haben.

Schließlich ist auch der Vortrag des Antragstellers, er habe mit der notariellen Beurkundung seiner Ausschlagungserklärung lediglich eine Art Vorratsurkunde oder Verhandlungsgrundlage schaffen wollen, nicht erheblich. Soweit damit erneut die Frage der Scheinerklärung problematisiert werden soll, ist bereits wiederholt festgestellt worden, dass die Voraussetzungen des § 117 BGB hier nicht vorliegen, weil die Ausschlagung gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären ist, so dass ein Einvernehmen zwischen dem Erklärenden und dem Erklärungsempfänger ausscheidet. Im Übrigen ist das Vorbringen des Antragstellers zu diesem Punkt nicht plausibel. Gerade wenn er die Erbschaft lediglich zum Schein ausschlagen wollte, um der Beteiligten zu 2) während seines Auslandsaufenthalts die technische und praktische Verwaltung des Nachlasses zu ermöglichen, wäre es notwendig gewesen, dass die Ausschlagungserklärung den Nachlassgericht zuging. Denn nur in diesem Fall hätte die Beteiligte zu 2) nach außen hin als Alleinerbin auftreten können, während im Innenverhältnis der Beteiligten die angeblich vereinbarte Auseinandersetzung hätte vollzogen werden können.

Aus den vorgenannten Gründen ist auch Antrag auf Einziehung des am 15.07.1981 erteilten Erbscheins und Feststellung der Unwirksamkeit der Ausschlagung (wofür das Nachlassgericht ohnehin sachlich nicht zuständig ist) abschlägig zu bescheiden, ferner ist keine Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG.

FAQ zum Urteil


  • Was ist eine Erbausschlagung bei fehlender Geschäftsunfähigkeit? Eine Erbausschlagung bei fehlender Geschäftsunfähigkeit bezieht sich auf die Situation, in der eine Person ein Erbe ausschlägt, während sie möglicherweise nicht geschäftsfähig ist. Geschäftsunfähigkeit bedeutet, dass die Person nicht in der Lage ist, rechtlich bindende Entscheidungen zu treffen.
  • Was war der Hauptgegenstand des Falles beim Amtsgericht Aachen? Der Hauptgegenstand des Falles war der Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn und eine andere Beteiligte als Erben zu je ½ Anteil ausweist. Er bestritt die Gültigkeit seiner früheren Erbausschlagung und argumentierte, dass er zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig gewesen sei.
  • Was besagt das nervenärztliche Gutachten vom 11.12.1981 über den Antragsteller? Das nervenärztliche Gutachten vom 11.12.1981, erstellt von Dr. F, bezeichnet den Antragsteller als schizoiden Psychopathen. Es wurde jedoch keine direkte Aussage zur Geschäftsfähigkeit des Antragstellers zum Zeitpunkt der Erbausschlagung gemacht.
  • Wie haben die Gerichte auf die Anträge des Antragstellers reagiert? Die Gerichte haben wiederholt die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen. Sie waren der Ansicht, dass der Antragsteller die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat und dass keine hinreichenden Beweise für seine Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Ausschlagung vorliegen.
  • Was bedeutet es, wenn ein Erbschein erteilt wird? Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das bestätigt, wer der rechtmäßige Erbe eines Verstorbenen ist. Es dient als Nachweis der Erbberechtigung und ermöglicht dem Erben, über den Nachlass des Verstorbenen zu verfügen.

 

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