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Erbauzinsanpassung ohne Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte

Erhöhung des Erbbauzinses: Zustimmung der Grundschuldgläubiger erforderlich

In einem Beschluss des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt wurde entschieden, dass die Erhöhung des Erbbauzinses ohne die Zustimmung des Inhabers einer bestehenden Grundschuld, die vorrangig vor dem Erbbauzins eingetragen ist, nicht möglich ist. Trotz der Argumentation der Beteiligten, dass die Erhöhung des Erbbauzinses aufgrund einer Flächenerweiterung des Erbbaugrundstücks erfolgte und die Rechtsstellung des Grundschuldinhabers nicht berührt werde, folgte das Gericht dieser Argumentation nicht. Es stellte klar, dass jede rechtliche Beeinträchtigung der Grundschuldinhaber ausgeschlossen sein muss und im vorliegenden Fall eine Zustimmung erforderlich sei, da sich der absolute Zahlbetrag des Erbbauzinses erhöht hat.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Erhöhung des Erbbauzinses bedarf der Zustimmung der im Rang vorgehenden Grundschuldinhaber.
  2. Eine Zustimmung ist auch dann erforderlich, wenn die Erhöhung des Erbbauzinses durch eine Flächenerweiterung des Erbbaugrundstücks begründet wird.
  3. Das Gericht lehnt die Argumentation ab, dass die Rechtsstellung des Grundschuldinhabers durch die Erhöhung des Erbbauzinses nicht berührt wird.
  4. Jede rechtliche Beeinträchtigung der Grundschuldinhaber muss ausgeschlossen sein, um eine Zustimmung entbehrlich zu machen.
  5. Die Zustimmung ist notwendig, da sich durch die Erhöhung des Erbbauzinses der absolute Zahlbetrag ändert und somit die Rechtsstellung der Grundschuldinhaber beeinflusst wird.
  6. Das Gericht folgt der etablierten Rechtsprechung, dass für nachträgliche Änderungen des dinglichen Erbbauzinses die Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte erforderlich ist.
  7. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts wurde zurückgewiesen, da die rechtlichen Voraussetzungen für die Zustimmung gegeben waren.
  8. Die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Gebührenstreitwerts basieren auf den gesetzlichen Bestimmungen.

Erbbauzinsanpassung: Rechte von Inhabern gleich- und nachrangiger Rechte

Bei Erbbaugrundstücken kommt es häufig zu Anpassungen des Erbbauzinses. Dabei stellt sich die Frage, ob für eine solche Änderung die Zustimmung von Inhabern gleich- oder nachrangiger Rechte am Erbbaurecht erforderlich ist. Die Rechtslage ist hier komplex und wird durch zahlreiche Urteile und Fachbeiträge geprägt.

Die Anpassung des Erbbauzinses soll eine Flexibilisierung und Anpassung an wirtschaftliche Veränderungen ermöglichen. Allerdings müssen dabei die Rechte anderer Berechtigter gewahrt bleiben. Inwieweit Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte einer Zinsanpassung zustimmen müssen, ist eine wichtige rechtliche Fragestellung, die im folgenden Beitrag eingehend erläutert wird.

Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung stand die Beschwerde der Eigentümerin eines Grundbesitzes und der Berechtigten eines Erbbaurechts gegen eine Zwischenverfügung des Amtsgerichts Halle (Saale). Die Beteiligten begehrten die Eintragung einer Erhöhung des Erbbauzinses sowie die Zuschreibung eines weiteren Flurstücks zum bestehenden Erbbaugrundstück ohne die Zustimmung der Inhaberin einer zuvor eingetragenen Grundschuld.

Der Streit um die Zustimmung zur Erbbauzinsanpassung

Die Auseinandersetzung begann mit dem Antrag der Beteiligten, ein zusätzliches Flurstück dem Erbbaugrundstück zuzuschreiben und den Erbbauzins von 1.134,00 € auf 2.268,00 € jährlich zu erhöhen. Diese Änderung sollte die erweiterte Fläche und den dadurch gestiegenen Wert des Erbbaurechts widerspiegeln. Das Grundbuchamt verweigerte jedoch die Eintragung dieser Änderungen ohne die Zustimmung der Inhaberin der zuvor eingetragenen Grundschuld, da diese durch die Inhaltsänderung der Erbbauzinsreallast in ihrer Rangstellung betroffen sei.

Zwischenverfügung und Beschwerde: Ein juristisches Tauziehen

Die Zwischenverfügung des Grundbuchamts, welche die Zustimmung der Grundschuldinhaberin zur Eintragung der Erbbauzinsanpassung forderte, berief sich auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 877, 876 BGB. Diese sehen vor, dass für die nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses grundsätzlich die Zustimmung gleich- oder nachrangiger Rechteinhaber erforderlich ist. Die Beteiligten legten gegen diese Verfügung Beschwerde ein, argumentierend, dass die Zustimmung entbehrlich sei, wenn die Rechtsstellung des Drittberechtigten durch die Änderung nicht berührt wird.

Juristische Argumentation und Entscheidungsfindung

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Auffassung des Grundbuchamts. Es führte aus, dass die Zustimmung der Grundschuldinhaberin notwendig sei, da sich durch die Erhöhung des Erbbauzinses und die Zuschreibung des Flurstücks die Belastung des Erbbaugrundstücks und somit die Rangstellung der Grundschuld verändere. Der Senat betonte, dass jede rechtliche Beeinträchtigung der Grundschuldinhaberin auszuschließen sei und im vorliegenden Fall eine Zustimmung unerlässlich mache.

Rechtsgrundsätze und ihre Anwendung im Erbbaurecht

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt verdeutlicht wichtige Rechtsgrundsätze im Zusammenhang mit der Anpassung von Erbbauzinsen und der Eintragung im Grundbuch. Insbesondere wird die Bedeutung der Zustimmung von Inhabern vorrangiger oder gleichrangiger Rechte bei Inhaltsänderungen von Erbbaurechten hervorgehoben. Dieser Fall illustriert die komplexe Interaktion zwischen Erbbaurechtsinhabern und Grundpfandrechtsgläubigern und die Notwendigkeit einer sorgfältigen juristischen Prüfung bei der Anpassung von Erbbauzinsen.

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte die Notwendigkeit der Zustimmung der Grundschuldinhaberin zur Eintragung der Erbbauzinsanpassung, betonend, dass rechtliche Beeinträchtigungen der Grundschuldinhaberin in solchen Fällen ausgeschlossen sein müssen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was bedeutet Erbbauzinsanpassung im Grundbuchrecht?

Erbbauzinsanpassung im Grundbuchrecht bezieht sich auf die Änderung der Höhe des Erbbauzinses, der im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrags vom Erbbauberechtigten an den Grundstückseigentümer gezahlt wird. Das Erbbaurecht ermöglicht es einer Person (dem Erbbauberechtigten), auf oder unter der Oberfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu errichten oder zu unterhalten, wofür der Erbbauberechtigte einen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer entrichtet.

Die Anpassung des Erbbauzinses kann notwendig werden, um auf Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse oder der Lebenshaltungskosten zu reagieren. In Erbbaurechtsverträgen werden oft Gleitklauseln vereinbart, die eine Anpassung des Erbbauzinses an die Inflation oder andere wirtschaftliche Indikatoren ermöglichen. Diese Anpassungen sollen sicherstellen, dass der Wert des Erbbauzinses über die Zeit erhalten bleibt und fair für beide Parteien ist.

Die dingliche Sicherung des Erbbauzinses erfolgt durch die Eintragung einer Reallast im Grundbuch. Die Höhe des Erbbauzinses und die Bedingungen für dessen Anpassung werden ebenfalls im Grundbuch vermerkt, insbesondere in Abteilung II des Erbbaugrundbuchs. Dies gewährleistet Transparenz und Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien.

Eine Erbbauzinsanpassung muss im Einklang mit den vertraglichen Vereinbarungen und den gesetzlichen Vorschriften erfolgen. Die Anpassung kann automatisch gemäß der vereinbarten Gleitklausel erfolgen oder erfordert in manchen Fällen eine Neubewertung und Verhandlung zwischen den Parteien. Wichtig ist, dass jede Anpassung des Erbbauzinses und deren Bedingungen im Grundbuch eingetragen werden müssen, um wirksam zu sein.

Zusammenfassend ist die Erbbauzinsanpassung ein wichtiger Mechanismus im Grundbuchrecht, der die Fairness und Aktualität des Erbbauzinses im Laufe der Zeit sicherstellt und sowohl für den Grundstückseigentümer als auch für den Erbbauberechtigten von Bedeutung ist.

Wie wird die Rangfolge im Grundbuch bei Erbbaurechten bestimmt?

Die Rangfolge im Grundbuch ist entscheidend, um die Priorität der Rechte an einem Grundstück festzulegen, insbesondere wenn es um die Befriedigung von Ansprüchen aus diesen Rechten geht, wie zum Beispiel bei einer Zwangsversteigerung. Die Rangfolge bestimmt, in welcher Reihenfolge die Gläubiger aus dem Erlös befriedigt werden. Dies ist besonders relevant, wenn der Erlös nicht ausreicht, um alle Forderungen zu decken.

Im Kontext von Erbbaurechten ist die Rangfolge besonders wichtig, da das Erbbaurecht in der Regel an erster Rangstelle stehen muss. Dies bedeutet, dass das Erbbaurecht vor anderen Rechten, wie Hypotheken oder Grundschulden, befriedigt wird. Eine Rangänderung, also die Änderung der Reihenfolge der eingetragenen Rechte, kann durch eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Gläubigern und mit Zustimmung des Grundstückseigentümers erfolgen. Die Änderung wird wirksam, sobald sie im Grundbuch eingetragen ist.

Die Rangfolge im Grundbuch folgt grundsätzlich dem Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, was bedeutet, dass die Reihenfolge der Eintragungen maßgeblich vom Zeitpunkt der Eintragung abhängt. Das Grundbuchamt bestimmt die Rangverhältnisse basierend auf dem Eintragungsdatum.

Für Erbbaurechte ist es zudem relevant, dass bei der Belastung des Erbbaurechts mit Grundpfandrechten (z.B. Hypotheken oder Grundschulden) die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich ist. Der Erbbaurechtsvertrag enthält in der Regel Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen der Grundstückseigentümer zur Zustimmung verpflichtet ist. Die erste Rangstelle für die Bank kann nur eingeräumt werden, wenn der Grundstückseigentümer bereit ist, mit seinem Erbbauzins und anderen Rechten im Rang hinter die Grundpfandrechte zurückzutreten. Eine solche Zustimmung ist jedoch nicht selbstverständlich und muss im Vorfeld geklärt werden.

Zusammengefasst wird die Rangfolge im Grundbuch durch den Zeitpunkt der Eintragung bestimmt und kann durch Vereinbarung zwischen den Beteiligten geändert werden. Im Falle von Erbbaurechten ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers für die Belastung mit Grundpfandrechten und für die Einräumung der ersten Rangstelle für diese Pfandrechte entscheidend.

Inwiefern beeinflusst eine Flächenerweiterung des Erbbaugrundstücks den Erbbauzins?

Eine Flächenerweiterung des Erbbaugrundstücks kann Einfluss auf den Erbbauzins haben, da der Erbbauzins in der Regel auf der Grundlage des Wertes des Grundstücks berechnet wird. Wenn die Fläche des Erbbaugrundstücks vergrößert wird, könnte dies den Wert des Grundstücks erhöhen und somit auch den Erbbauzins beeinflussen.

Der Erbbauzins ist eine regelmäßig zu entrichtende Zahlung des Erbbauberechtigten an den Grundstückseigentümer als Gegenleistung für das Nutzungsrecht des Grundstücks. Die Höhe des Erbbauzinses wird im Erbbaurechtsvertrag festgelegt und kann durch Wertsicherungsklauseln an die Inflation oder andere wirtschaftliche Indikatoren gekoppelt sein, um den Wert des Erbbauzinses über die Zeit zu erhalten.

Bei einer Flächenerweiterung des Erbbaugrundstücks könnte eine Anpassung des Erbbauzinses erforderlich sein, um den veränderten Wert des Grundstücks zu reflektieren. Dies würde in der Regel eine Vertragsänderung erfordern, die zwischen dem Erbbauberechtigten und dem Grundstückseigentümer ausgehandelt und im Grundbuch eingetragen werden muss, um wirksam zu sein.

Es ist jedoch zu beachten, dass die genauen Bedingungen für eine Anpassung des Erbbauzinses von den spezifischen Vereinbarungen im Erbbaurechtsvertrag abhängen. Wenn im Vertrag keine spezifischen Regelungen für eine Flächenerweiterung und die damit verbundene Anpassung des Erbbauzinses vorgesehen sind, müssten die Parteien eine Einigung erzielen und die Änderungen entsprechend dokumentieren.

Die Suchergebnisse enthalten keine spezifischen Informationen zur direkten Auswirkung einer Flächenerweiterung auf den Erbbauzins. Es wird jedoch allgemein darauf hingewiesen, dass der Erbbauzins an die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst werden kann und dass jede Anpassung des Erbbauzinses im Grundbuch eingetragen werden muss.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

Basierend auf dem vorgelegten Urteilstext lassen sich folgende Gesetze und Paragraphen identifizieren und erläutern:

  1. §§ 879, 877, 876 BGB: Diese Paragraphen regeln die Änderung von Inhalten bei Rechten an Grundstücken. § 876 BGB besagt, dass zur Inhaltsänderung eines Rechts an einem Grundstück die Zustimmung des Berechtigten erforderlich ist. § 877 BGB spezifiziert, dass dies auch für die Änderung von Lasten und Beschränkungen gilt. § 879 BGB befasst sich mit der Rangordnung von Grundstücksrechten. Im vorliegenden Fall wird darauf verwiesen, dass für die Inhaltsänderung der Erbbauzinsreallast aufgrund einer Bestandteilzuschreibung und der damit verbundenen Erhöhung des Erbbauzinses die Zustimmung der im Rang betroffenen Grundpfandrechtsgläubigerin notwendig ist.
  2. § 880 Abs. 2 BGB: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen für die Zustimmung zu einer Inhaltsänderung von Rechten, die mit dem Grundstück verbunden sind. Im Kontext des Urteils wird deutlich, dass die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin zur Erhöhung des Erbbauzinses erforderlich ist, da diese Änderung unmittelbar ihre materiell-rechtliche Rangposition betrifft.
  3. § 29 GBO (Grundbuchordnung): § 29 GBO bestimmt die Formvorschriften für die Eintragung von Rechten in das Grundbuch, insbesondere dass die zu einer Eintragung erforderlichen Erklärungen in öffentlich beglaubigter Form vorliegen müssen. Im Urteil wird hervorgehoben, dass die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin zur Inhaltsänderung der Erbbauzinsreallast in der Form des § 29 GBO hätte nachgewiesen werden müssen.
  4. § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO: Dieser Paragraph legt fest, wie das Grundbuchamt zu verfahren hat, wenn einem Eintragungsantrag ein Hindernis entgegensteht. Das Grundbuchamt kann den Antrag zurückweisen oder dem Antragsteller eine Frist zur Behebung des Hindernisses setzen. Im vorliegenden Fall wurde eine Zwischenverfügung erlassen, um auf das Fehlen der erforderlichen Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin hinzuweisen.
  5. § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO: Dieser Teil der Grundbuchordnung spezifiziert, dass Eintragungen nur vorgenommen werden dürfen, wenn die hierfür erforderlichen Erklärungen und Nachweise in der vorgeschriebenen Form erbracht wurden. Im Kontext des Urteils unterstreicht dies die Notwendigkeit der formgerechten Beibringung der Zustimmung zur Eintragung des erhöhten Erbbauzinses.

Diese Gesetze und Paragraphen bilden die rechtliche Grundlage für die Entscheidung des Oberlandesgerichts, dass die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin zur Eintragung eines erhöhten Erbbauzinses erforderlich ist, um die Rechte Dritter nicht zu beeinträchtigen und die ordnungsgemäße Rangfolge im Grundbuch zu wahren.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 43/22 – Beschluss vom 26.04.2023

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Halle (Saale) —- Grundbuchamt — vom 25. März 2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 22.680,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin des in den Grundbüchern von … Blatt 115 und 705 verzeichneten Grundbesitzes eingetragen. Die Beteiligten zu 2) sind als Berechtigte eines Erbbaurechts für die Dauer von 75 Jahren an dem im Grundbuch von … Blatt 705 verzeichneten Grundstück im Grundbuch (Erbbaugrundbuch) von … Blatt 706 eingetragen. In lfd. Nr. 1 der Abt. Ill des Grundbuchs von … Blatt 706 ist zugunsten der Beteiligten zu 3) eine Grundschuld ohne Brief über einen Betrag in Höhe 313.000,00 € eingetragen. In lfd. Nr. 1 der Abt. ll des Grundbuchs von … Blatt 706 ist — im Rang vor der vorstehenden Grundschuld — zugunsten des jeweiligen Eigentümers des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ein, Erbbauzins in Höhe von 1.134,00 € jährlich eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2021 haben die Beteiligten zu 1) und 2) unter Vorlage einer Ausfertigung des Nachtrages zum Erbbaurechtsvertrag vom 10. August 2021, einer kirchenrechtlichen Genehmigung und einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts beantragt, das im Grundbuch von … Blatt 115 verzeichnete Flurstück 160 als Bestandteil zu dem in Blatt 705 für … gebuchten Erbbaugrundstück zuzuschreiben und die Ausdehnung des Erbbaurechts auf das Flurstück 160 sowie einen auf 2.268,00 € erhöhten Erbbauzins in die betroffenen Grundbücher einzutragen.

Mit Zwischenverfügung vom 25. März 2022 hat das Grundbuchamt die Beteiligten zu 1) und 2) darauf hingewiesen, dass der beantragten Eintragung das Hindernis einer fehlenden Zustimmung der Beteiligten zu 3) zu der Inhaltsänderung der Erbbauzinsreallast entgegenstehe, zu dessen formgerechter Behebung eine Frist von vier Monaten gesetzt werde. Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, dass es für die begehrte Inhaltsänderung der Zustimmung der Grundschuldgläubigerin bedürfe, die infolge der Bestandteilzuschreibung nunmehr durch die verdeckte Nachverpfändung in Bezug auf das bestandteilzugeschriebene Erbbaurecht im Rang der in Bezug auf die im Inhalt zu ändernde Erbbauzinsreallast vorgehe, so dass ihr Recht nicht nur wirtschaftlich, sondern unmittelbar in ihrer Rangfolge auch materiell-rechtlich gemäß §§ 879, 877, 876 BGB betroffen sei. Danach bedürfe es zur Inhaltsänderung der im Rang vorgehenden Erbbauzinsreallast der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin nach § 880 Abs. 2 BGB in der Form des § 29 GBO.

Gegen diese Zwischenverfügung haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 9. August 2022 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und zu entscheiden, dass im Falle der Inhaltsänderung eines Erbbaurechts mittel Bestandteilzuschreibung eines weiteren Grundstücks zum Erbbaugrundstück die Inhaltsänderung keiner Zustimmung eines am Erbbaurecht Berechtigten bzw. – hilfsweise – eines am Erbbaurecht berechtigten Grundpfandrechtsgläubigers bedürfe. Sie haben zur Begründung ausgeführt, dass nach überwiegender Meinung im Rahmen einer Inhaltsänderung die Zustimmung des Drittberechtigten dann entbehrlich sei, wenn dessen dingliche Rechtsstellung durch die Inhaltsänderung nicht berührt werde. Dies setze voraus, dass jede rechtliche und nicht bloß wirtschaftliche Beeinträchtigung des Dritten ausgeschlossen sei. Die Zustimmung sei nur dann erforderlich, wenn die Rechtsstellung des Drittberechtigten durch die Inhaltsänderung verschlechtert werde.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 16. September 2022 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht — Beschwerdesenat — zur Entscheidung vorgelegt. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zu ihrer Beschwerde mit Schriftsatz vom 28. September 2022 ergänzend ausgeführt, dass auch im Zusammenhang mit der zur Eintragung bewilligten Änderung der vorrangigen Erbbauzinsreallast die Zustimmung des Grundpfandrechtsgläubigers dann entbehrlich sei, wenn dessen dingliche Rechtsstellung durch die Inhaltsänderung nicht berührt werde. So liege es hier. Die Änderung des Zinses sei allein der Flächenvergrößerung geschuldet, welche aus der Bestandteilzuschreibung resultiere. Die mittels der Reallast gesicherte wiederkehrende Leistung und ihre Anpassungskriterien seien gegenüber der bereits eingetragenen Reallast unverändert geblieben. Der Zins betrage 1,80 € pro Quadratmeter Erbbaugrundstücksfläche jährlich. Eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Grundpfandrechtsgläubigers sei nicht gegeben. Seine rechtliche Beeinträchtigung sei ausgeschlossen.

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen die Zwischenverfügung vom 25. März 2022 ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

A.

Soweit die Beteiligten beantragt haben. die angefochtene Zwischenverfügung aufzuheben, besteht hierzu kein Anlass, denn die Voraussetzungen für den Erlass der Zwischenverfügung haben vorgelegen.

Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt einen Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht. Dabei soll eine Eintragung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden und auch die anderweitigen Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen sind.

Zutreffend hat das Grundbuchamt darauf hingewiesen, dass es für die Eintragung eines erhöhten Erbbauzinses der Zustimmung der Beteiligten zu 3) bedarf.

Für eine nachträgliche Änderung des dinglichen Erbbauzinses ist gemäß §§ 877, 876 Satz 1 BGB als Inhaltsänderung die Zustimmung der Inhaber gleich— oder nachrangiger Rechte am Erbbaurecht erforderlich (z. B. Grziwotz, in: Meikel, GBO, 12. Aufl., Einleitung B, Rdn. 480). Aus dem Schutzzweck der §§ 877, 876 Satz 1 BGB, wie er auch in § 876 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommt, ist allerdings zu folgern, dass die Zustimmung des Dritten unnötig ist, wenn seine dingliche Rechtsstellung durch die Änderung nicht berührt wird. Danach muss also jede rechtliche, nicht bloß eine wirtschaftliche Beeinträchtigung ausgeschlossen sein (z. B. BGH, Beschluss vom 14. Juni 1984, V ZB 32/82, zitiert nach Juris). Bezogen auf den Erbbauzins gilt dabei, dass die Inhaber gleich- oder nachrangiger dinglicher Rechte am Erbbaurecht einer Änderung des Inhalts der Erbbauzinsreallast nicht zustimmen müssen, wenn sich aus der neuen Erbbauzinsreallast kein höherer Erbbauzins als derjenige aus der bisherigen Reallast ergeben kann (z. B. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2016. V ZB 61/15, zitiert nach Juris).

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der neuen Reallast zweifellos ein höherer Erbbauzins als bislang, nämlich 2.268,00 € jährlich statt 1.134,00 €.

Der Senat folgt den Beteiligten zu 1) und 2) auch nicht dahin, dass eine abweichende Bewertung gerechtfertigt sei, weil der Erbbauzins zwar in der Jahressumme erhöht sei, je Quadratmeter der um das zugeschriebene Grundstück vergrößerten Erbbaugrundstücksfläche aber unverändert bei 1,80 € liege. Tatsächlich führt die Zuschreibung des Flurstücks 160 als Bestandteil des Erbbaugrundstücks Flurstück 159 gemäß §§ 890 Abs. 2, 1131 Satz 1 BGB ohne weiteres dazu, dass sich Grundpfandrechte, die am „Hauptgrundstück“ bestehen, also an dem Grundstück, dem zugeschrieben wird, auch auf das zugeschriebene Grundstück erstrecken, und zwar gemäß § 1131 Satz 1 BGB im Nachrang zu dessen Belastungen (vgl. Hertel, in: BeckOGK BGB, 15. April 2021, Rdn. 73 zu § 890 BGB). Insofern haftet im Ergebnis der Zuschreibung ein größeres Grundstück für die Grundschuld der Beteiligten zu 3) als zuvor. Darin liegt für sich genommen keine Benachteiligung der Grundschuldgläubigerin.

Dessen ungeachtet besteht bei Eintragung eines als Jahresbetrag angegebenen höheren Erbbauzinses eine gegenüber der Grundschuld der Beteiligten zu 3) vorrangige Belastung des Erbbaurechts, die in ihrem absoluten Zahlbetrag einen deutlich größeren Umfang besitzt als zuvor. Zu dieser Benachteiligung ist die Zustimmung der Beteiligten zu 3) erforderlich.

B.

Soweit die Beteiligten zusätzlich allgemein die Entscheidung beantragen, dass im Falle der Inhaltsänderung eines Erbbaurechts mittel Bestandteilzuschreibung eines weiteren Grundstücks zum Erbbaugrundstück die Inhaltsänderung keiner Zustimmung eines am Erbbaurecht Berechtigten bzw. — hilfsweise — eines am Erbbaurecht berechtigten Grundpfandrechtsgläubigers bedürfe, bleibt die Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg. Gegenstand der Beschwerde, über die der Senat zu entscheiden hat, kann ausschließlich die im konkreten Fall angefochtene Zwischenentscheidung sein, nicht aber die Feststellung allgemeiner Rechtssätze zu der Erforderlichkeit der Zustimmung eines Berechtigten/Grundpfandrechtsgläubigers in bestimmten Fallkonstellationen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 43 Satz 1. 52 Abs. 1, Abs. 2 GNotKG‚ nämlich dem zwanzigfachen Jahreswert des Erbbauzinses, der zusätzlich in das Grundbuch eingetragen werden soll.

 

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