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Honoraranspruch des Erbenermittlers

Ein Streit um ein millionenschweres Erbenermittler-Honorar erschütterte eine frischgebackene Erbin, die von den Detektiven ihres Glücks plötzlich zur Kasse gebeten wurde. Die Firma forderte ihren hohen Anteil, als nur ein Teil des Vermögens bereits ausgezahlt war. Doch wann genau wird ein Finderlohn fällig – schon bei Teilauszahlung oder erst, wenn der gesamte Nachlass vollständig abgewickelt ist?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 319 O 119/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Hamburg
  • Datum: 23.01.2025
  • Aktenzeichen: 319 O 119/24
  • Verfahren: Klageverfahren
  • Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Erbrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Erbenermittlungsgesellschaft, die ein Erfolgshonorar von über 2,5 Millionen Euro von der Alleinerbin forderte, da sie diese als Erbin ermittelt und bei der Nachlassabwicklung unterstützt hatte.
  • Beklagte: Die Alleinerbin, die die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung bestritt und argumentierte, dass der Anspruch der Klägerin nicht fällig sei, da die gesamte Erbschaft noch nicht ausgezahlt wurde.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Eine Erbenermittlungsgesellschaft verklagte eine Erbin auf Zahlung eines vereinbarten Erfolgshonorars. Die Klägerin argumentierte, die Fälligkeit sei eingetreten, da ein Großteil des Nachlassvermögens ausgezahlt wurde, während die Beklagte die Fälligkeit mangels vollständiger Auszahlung des gesamten Nachlasses bestritt.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Ist der vertragliche Honoraranspruch einer Erbenermittlerin fällig, wenn die vereinbarte Fälligkeitsvoraussetzung der „Auszahlung der Erbschaft an die Erbin“ nach Gerichtsauffassung die vollständige Auszahlung oder zumindest Auszahlungsreife des gesamten Nachlasses voraussetzt, und die Klägerin dies nicht schlüssig darlegen kann, oder ist der Anspruch bei Teilabwicklung oder -auszahlung bereits fällig?

Wie hat das Gericht entschieden?

  • Klage abgewiesen: Das Landgericht Hamburg hob das zuvor erlassene Versäumnisurteil auf und wies die Klage der Erbenermittlungsgesellschaft ab.
  • Kernaussagen der Begründung:
    • Keine Fälligkeit des Honorars: Der Honoraranspruch ist nach Auslegung der Vereinbarung erst fällig, wenn der gesamte Nachlass an die Erbin ausgezahlt wurde oder auszahlungsreif ist.
    • Kein Anspruch auf Teilzahlung: Die Honorarvereinbarung sah keine Abschlags- oder Teilzahlungen vor, und die Klägerin konnte auch keine mündliche Einigung darüber beweisen.
    • Klägerin beweispflichtig für Fälligkeit: Die Klägerin konnte nicht schlüssig darlegen oder beweisen, dass die Fälligkeitsvoraussetzung (vollständige Auszahlung oder Auszahlungsreife des gesamten Nachlasses) eingetreten ist oder dass die Beklagte alle Nachlassgegenstände erhalten hat.
    • Keine Treuwidrigkeit der Beklagten: Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Eintritt der Fälligkeit treuwidrig verhindert hat.
  • Folgen für die Klägerin:
    • Muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
    • Erhält keine Zahlung des geltend gemachten Honorars sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Der Fall vor Gericht


Stellen Sie sich vor, Sie erben überraschend ein Vermögen – und kurz darauf flattert eine Millionenrechnung ins Haus. Wann muss man den Erbenermittler bezahlen?

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten einen Anruf: Ein Ihnen unbekannter Verwandter ist verstorben und Sie sind der alleinige Erbe eines beträchtlichen Vermögens. Bevor Sie jedoch etwas von dem Erbe sehen, müssen Sie einen Vertrag mit einer Firma unterschreiben, die Sie erst ausfindig gemacht hat. Diese Firma, ein sogenannter Erbenermittler, verlangt für ihre Dienste einen Anteil des Erbes als Honorar. Doch wann genau wird dieses Honorar fällig? Sofort, wenn der erste Teil des Erbes – zum Beispiel Geld von einem Bankkonto – für Sie verfügbar ist? Oder erst, wenn wirklich alles abgewickelt ist, also auch Immobilien verkauft und alle Steuern bezahlt sind?

Genau diese Frage musste das Landgericht Hamburg in einem Urteil klären. Es ging um ein Millionenerbe und eine ebenso hohe Honorarforderung, die zu einem komplizierten Rechtsstreit führte.

Wie kam es zu dem Streit zwischen der Erbin und der Erbenermittlungsfirma?

Erbin entsetzt über Rechnung von Erbenermittler. Vertragspartner zeigt Klausel.
Erbin entsetzt: Erbenermittler fordert Millionen-Honorar bei Teilauszahlung der Erbschaft. Vertrag im Zentrum des Streits. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Erbenermittlungsfirma, die Klägerin in diesem Fall, hatte die Aufgabe, die rechtmäßigen Erben einer wohlhabenden, in M. verstorbenen Frau ausfindig zu machen. Nachforschungen führten die Firma zu einer älteren Dame, Frau W., die als alleinige Erbin infrage kam. Ein Mitarbeiter der Firma kontaktierte Frau W. und lud sie in die Geschäftsräume des Unternehmens ein.

Dort unterzeichnete Frau W., die Beklagte in diesem Prozess, zwei entscheidende Dokumente: eine Honorarvereinbarung und eine Vollmacht. Die Vollmacht ist eine schriftliche Erlaubnis, die es einer anderen Person oder Firma gestattet, in Ihrem Namen zu handeln – in diesem Fall, um das Erbe für Frau W. abzuwickeln. Die Honorarvereinbarung legte fest, dass die Firma für ihre erfolgreiche Suche ein Honorar von 5,95 % des gesamten Erbes erhalten sollte.

Der entscheidende Satz in diesem Vertrag stand unter Ziffer 2 und regelte, wann das Geld zu zahlen ist: „Die Vergütung […] ist erst fällig mit Auszahlung der Erbschaft an die Erbin.“ Was auf den ersten Blick klar erscheint, wurde später zum Kern des gesamten Streits.

Nachdem die Firma den Erbschein für Frau W. erwirkt hatte – das ist das offizielle Dokument, das sie als rechtmäßige Erbin ausweist – stellte sich heraus, dass das Erbe riesig war. Es umfasste unter anderem eine Wohnung in M., Schmuck und ein Bankvermögen von über 42,5 Millionen Euro bei einer Bank in L.

Was forderte die Firma genau und wie reagierte die Erbin?

Nachdem Frau W. Zugriff auf das Millionenvermögen bei der Bank in L. erlangt hatte, handelte die Erbenermittlungsfirma prompt. Sie schickte eine Rechnung über 2.530.858,75 Euro. Das entsprach genau 5,95 % des bereits ausgezahlten Bankvermögens. Die Firma war der Meinung, ihr stehe nun ein Teil ihres Honorars zu, da ja ein erheblicher Teil der Erbschaft bereits an die Erbin geflossen war.

Frau W. sah das jedoch völlig anders. Sie weigerte sich zu zahlen. Über einen von ihr beauftragten Bevollmächtigten entzog sie der Erbenermittlungsfirma alle Vollmachten. Sie warf der Firma und deren Kooperationspartnern in M. schwere Fehler und Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung des Erbes vor. Sie fühlte sich überrumpelt und schlecht informiert. Schließlich erklärte sie sogar, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten – also für ungültig erklären zu lassen – und widerrief ihn vorsorglich. Ein Widerruf ist das Recht von Verbrauchern, bestimmte Verträge, die zum Beispiel außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden, innerhalb einer Frist rückgängig zu machen.

Da Frau W. nicht zahlte, reichte die Firma Klage beim Landgericht Hamburg ein. Zunächst passierte jedoch eine Panne: Die Klageschrift wurde an eine alte Adresse von Frau W. geschickt. Da sie darauf nicht reagieren konnte, erließ das Gericht zunächst ein sogenanntes Versäumnisurteil. Das ist ein Urteil, das ohne mündliche Verhandlung ergeht, wenn eine Partei auf eine Klage nicht fristgerecht reagiert. Als Frau W. von diesem Urteil erfuhr, legte sie sofort Einspruch ein. Ein Einspruch ist das Rechtsmittel gegen ein Versäumnisurteil, das dazu führt, dass der Prozess neu aufgerollt und eine normale Verhandlung durchgeführt wird.

Wann genau ist das Honorar für einen Erbenermittler fällig?

Nun lag der Fall also richtig beim Landgericht Hamburg. Die Richter mussten die zentrale Frage klären: War die Millionen-Forderung der Firma bereits fällig? Fälligkeit bedeutet im juristischen Sinne der Zeitpunkt, ab dem ein Gläubiger (hier die Firma) vom Schuldner (hier Frau W.) die Bezahlung einer Forderung verlangen kann.

Alles hing an der Auslegung des einen Satzes im Vertrag: „fällig mit Auszahlung der Erbschaft an die Erbin“. Die Firma argumentierte, „Auszahlung der Erbschaft“ bedeute, dass das Honorar schrittweise fällig wird, immer dann, wenn ein Teil des Erbes an die Erbin fließt. Da die Erbschaft aus vielen Teilen (Geld, Immobilien, Schmuck) bestehe, sei es nur logisch, auch das Honorar in Teilen zu erhalten.

Frau W. hingegen argumentierte, „die Erbschaft“ meine das gesamte Erbe als Ganzes. Das Honorar sei also erst dann fällig, wenn der gesamte Nachlass vollständig abgewickelt sei – also alles verkauft, alle Schulden und vor allem die Erbschaftssteuer bezahlt seien – und der endgültige Restbetrag an sie ausgezahlt werde.

Wie hat das Gericht den Vertrag interpretiert?

Das Gericht schloss sich der Sichtweise von Frau W. an und wies die Klage der Firma ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung sehr genau, indem sie den Vertragstext wie ein Puzzle zerlegten.

Um das zu verstehen, stellen Sie sich vor, Sie bestellen ein komplettes Wohnzimmer-Set bestehend aus Sofa, Tisch und Regal. Der Vertrag besagt, Sie zahlen „bei Lieferung der Möbel“. Würden Sie erwarten, den vollen Preis zu zahlen, nur weil der Tisch geliefert wurde, während Sofa und Regal noch fehlen? Wahrscheinlich nicht. Ähnlich argumentierte das Gericht hier.

Die Richter stellten fest:

  • Wortlaut: Der Vertrag spricht von „der Erbschaft“ und „der Vergütung“ jeweils im Singular. Das deutet darauf hin, dass es um einen einzigen Vorgang und eine einzige, unteilbare Zahlung geht. Wären Teilzahlungen gewollt gewesen, hätte man Formulierungen wie „Abschlagszahlungen“ oder „Teilvergütungen“ in den Vertrag aufnehmen müssen.
  • Gesetzliche Regel: Das deutsche Recht (§ 266 Bürgerliches Gesetzbuch) sieht vor, dass ein Schuldner grundsätzlich nicht zu Teilleistungen berechtigt ist. Man kann eine Rechnung nicht einfach in Raten zahlen, wenn das nicht vereinbart wurde. Das Gericht übertrug diesen Gedanken auf den Fall: Wenn keine Teilzahlungen vereinbart sind, kann der Gläubiger sie auch nicht fordern.
  • Verständnis eines Laien: Für einen juristischen Laien, wie Frau W. es ist, erweckt die Formulierung den Eindruck, dass das Honorar am Ende des gesamten Prozesses von der finalen Summe abgezogen wird. Die Klausel, dass die Firma ihr Honorar „von der auszahlenden Stelle“ einziehen dürfe, stütze diese Sicht eher. Sie legt die Vorstellung nahe, dass eine zentrale Stelle am Ende alles auszahlt und dabei direkt das Honorar einbehält.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss: Das Honorar wird erst dann fällig, wenn die gesamte Erbschaft an Frau W. ausgezahlt ist oder zumindest die Auszahlungsreife des gesamten Nachlasses vorliegt.

Warum musste die Firma beweisen, dass die Erbschaft komplett ausgezahlt war?

Hier kommt ein wichtiges juristisches Prinzip ins Spiel: die Darlegungs- und Beweislast. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Wer vor Gericht etwas fordert (hier die Firma das Geld), muss auch die Fakten darlegen und beweisen, die seinen Anspruch begründen.

Die Firma hätte also beweisen müssen, dass die Bedingung für die Zahlung – die vollständige Auszahlung der Erbschaft – bereits erfüllt ist. Genau das konnte sie aber nicht. Das Gericht zählte auf, was alles noch unklar war:

  • Was ist mit dem Erlös aus der Versteigerung des Schmucks passiert?
  • Wurde die wertvolle Wohnung in M. verkauft und der Erlös ausgezahlt?
  • Gibt es noch weitere Vermögenswerte wie Möbel, Kunst oder andere Konten?

Die Firma hatte hierzu keine schlüssigen Beweise vorgelegt. Sie hatte einfach nur behauptet, die Erbschaft sei im Wesentlichen abgewickelt. Das reichte dem Gericht nicht.

War es unfair von der Erbin, die Zahlung zu verweigern?

Die Firma brachte noch ein weiteres Argument vor: Sie warf Frau W. vor, sich treuwidrig zu verhalten. Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) ist ein Grundsatz, der besagt, dass sich jeder bei der Ausübung seiner Rechte und Pflichten fair und anständig verhalten muss. Die Firma meinte, Frau W. würde die endgültige Abwicklung des Erbes absichtlich blockieren, nur um die Zahlung des Honorars zu verhindern.

Auch dieses Argument ließ das Gericht nicht gelten. Es sah keine Anzeichen dafür, dass Frau W. die Auszahlung böswillig verhinderte. Im Gegenteil: Es gab ja noch erhebliche Vermögenswerte in M., aus denen das Honorar der Firma später problemlos bezahlt werden könnte. Der Entzug der Vollmacht durch Frau W. war nach Ansicht des Gerichts eine nachvollziehbare Reaktion auf die von ihr beklagten Unregelmäßigkeiten und kein Trick, um die Zahlung zu umgehen.

Warum hat das Gericht nicht geprüft, ob der Vertrag überhaupt gültig war?

Frau W. hatte ja noch viele weitere Einwände erhoben: Sie sei bei der Vertragsunterzeichnung unter Druck gesetzt worden, die Klauseln seien unklar und der Vertrag daher nach den Regeln zum Schutz vor überraschenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam.

Das Gericht hat diese Punkte aber gar nicht mehr geprüft. Warum? Aus Gründen der Prozessökonomie. Die Richter nahmen quasi eine Abkürzung und sagten: „Selbst wenn wir annehmen, der Vertrag wäre zu 100 % gültig, fordert die Firma ihr Geld einfach zu früh.“ Da die Klage schon aus diesem Grund abgewiesen werden musste, war es nicht mehr notwendig, die anderen, sehr komplizierten Fragen zu klären.

Da die Hauptforderung der Firma abgewiesen wurde, entfielen auch die geforderten Zinsen und die Erstattung der Anwaltskosten. Die Klägerin musste die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen – auch die für das fehlerhafte erste Versäumnisurteil, das wegen der falschen Zustellung an die alte Anschrift nie hätte ergehen dürfen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Hamburger Landgerichtsurteil verdeutlicht grundlegende Prinzipien der Vertragsauslegung und Beweislast bei Honorarvereinbarungen mit Erbenermittlern.

  • Präzise Formulierung bestimmt Zahlungszeitpunkt: Das Urteil zeigt, dass die Fälligkeit von Honoraren entscheidend von der genauen Vertragsformulierung abhängt. Die Verwendung des Singulars „der Erbschaft“ und „der Vergütung“ spricht gegen Teilzahlungen und für eine einmalige Zahlung erst nach vollständiger Nachlassabwicklung.
  • Darlegungs- und Beweislast liegt beim Gläubiger: Wer eine Zahlung fordert, muss alle Voraussetzungen für seinen Anspruch vollständig darlegen und beweisen können. Bloße Behauptungen über die „im Wesentlichen“ erfolgte Abwicklung reichen nicht aus, wenn noch substanzielle Vermögenswerte ungeklärt sind.
  • Laienverständnis prägt Vertragsauslegung: Bei der Interpretation von Verträgen mit juristischen Laien orientiert sich das Gericht am Verständnis eines durchschnittlichen Vertragspartners ohne juristische Ausbildung, nicht an der professionellen Sichtweise der anderen Vertragspartei.

Das Urteil etabliert damit klare Standards für die Gestaltung und Durchsetzung von Erbenermittlerverträgen und stärkt die Position von Verbrauchern bei der Vertragsauslegung.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Worauf sollte ich achten, wenn mich ein Erbenermittler kontaktiert und einen Vertrag vorschlägt?

Wenn ein Erbenermittler Kontakt aufnimmt, ist dies für viele eine völlig unerwartete Situation. Oftmals wissen die kontaktierten Personen nichts von einer möglichen Erbschaft oder ihrem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Der Erbenermittler verfügt zu diesem Zeitpunkt über Informationen, die dem potenziellen Erben noch nicht bekannt sind. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, das vorgeschlagene Vertragsangebot sehr genau zu prüfen, bevor eine Unterschrift geleistet wird.

Transparenz über die Erbschaftsinformationen

Ein zentraler Punkt ist die Informationslage vor Vertragsschluss. Erbenermittler geben die Details zur Erbschaft – also wer verstorben ist und woher die Erbschaft stammt – oft erst nach Unterzeichnung des Vertrages preis. Dies begründen sie damit, ihre vorab geleistete Arbeit zu schützen. Obwohl die vollständigen Details oft erst nach Vertragsschluss mitgeteilt werden, sollte der Vertrag selbst oder das Begleitschreiben ausreichend klarstellen, auf welcher Grundlage das Honorar berechnet wird und welche Art von Informationen man erwarten kann. Eine fehlende Transparenz über die genaue Berechnungsgrundlage kann zu erheblichen Missverständnissen führen, wenn der potenzielle Erbe später die Höhe der Erbschaft erfährt.

Die Honorarvereinbarung im Detail

Das Herzstück des Vertrages ist die Regelung des Honorars. Hier sind einige Aspekte besonders kritisch:

  • Höhe des Prozentsatzes: Erbenermittler verlangen in der Regel einen Prozentsatz des Erbes als Honorar. Dieser Prozentsatz kann stark variieren.
  • Basis der Berechnung: Es ist entscheidend, genau zu verstehen, wovon dieser Prozentsatz berechnet wird. Wird er vom Brutto- oder Nettobetrag der Erbschaft vor Abzug von Steuern und Nachlassverbindlichkeiten berechnet? Oder bezieht sich das Honorar nur auf den tatsächlich ausgezahlten Anteil, der nach Abzug aller Kosten und Verbindlichkeiten verbleibt? Stellen Sie sich vor, der Erbenermittler fordert einen Prozentsatz von der gesamten Erbschaft, obwohl für Sie als Erbe nach Abzug von Schulden oder anderen Verpflichtungen nur ein geringerer Betrag übrigbleibt. Eine unklare Formulierung hierzu kann zu hohen Forderungen führen.
  • Zusätzliche Kosten: Prüfen Sie, ob neben dem prozentualen Honorar weitere Kosten oder Auslagen (z.B. für Recherchen, das Beschaffen von Urkunden oder Übersetzungen) separat in Rechnung gestellt werden dürfen und wer diese trägt.
  • Zahlungszeitpunkt: Wann wird das Honorar fällig? Oftmals ist dies erst nach dem Erhalt der Erbschaft, manchmal jedoch auch bereits bei Teilauszahlungen oder zu einem früheren Zeitpunkt.

Weitere wichtige Vertragspunkte

Neben der Honorarfrage sollten auch andere Regelungen im Vertrag Beachtung finden:

  • Umfang der Leistungen: Was genau umfasst die Tätigkeit des Erbenermittlers? Lediglich das Auffinden und Informieren des Erben oder auch die Unterstützung bei der Klärung von Nachlassangelegenheiten, der Kommunikation mit Behörden oder die Beschaffung von notwendigen Dokumenten?
  • Kündigungs- oder Rücktrittsrechte: Enthält der Vertrag Regelungen für den Fall, dass Sie die Erbschaft nicht antreten möchten oder können? Gibt es eine Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten und unter welchen Bedingungen?
  • Exklusivität: Wird von Ihnen verlangt, die Abwicklung der Erbschaft ausschließlich über diesen Erbenermittler zu regeln und keine weiteren Schritte selbst zu unternehmen oder andere Personen zu beauftragen?
  • Folgen bei Nichterhalt der Erbschaft: Was passiert, wenn sich herausstellt, dass es keine Erbschaft gibt oder der potenzielle Erbe aus rechtlichen Gründen doch kein Erbe wird? Fallen in diesem Fall trotzdem Kosten an?

Das deutsche Vertragsrecht basiert auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, wonach jeder frei entscheiden kann, ob und mit wem er einen Vertrag schließt. Bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – was bei Erbenermittlerverträgen häufig der Fall ist – prüft das Gesetz jedoch, ob diese den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Insbesondere Klauseln, die überraschend sind oder den Vertragspartner intransparent in seinen Rechten beschneiden, können unwirksam sein. Für Sie bedeutet dies, dass es von großer Bedeutung ist, keinen Zeitdruck zuzulassen und den Vertrag in Ruhe zu prüfen, um seine Auswirkungen vollständig zu erfassen. Informationen zum Vertragsrecht finden Sie beispielsweise im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).


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Wie hoch dürfen Erbenermittlungsgebühren typischerweise sein und gibt es gesetzliche Grenzen?

Die Höhe der Gebühren, die Erbenermittler für ihre Leistungen verlangen, ist nicht durch ein spezifisches Gesetz festgelegt. Im Gegensatz zu Rechtsanwälten oder Notaren, deren Gebühren in Deutschland durch gesetzliche Vorschriften (wie das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder das Gerichts- und Notarkostengesetz) geregelt sind, gibt es für Erbenermittler keine direkte Gebührenordnung. Dies bedeutet, dass die Höhe des Honorars grundsätzlich frei zwischen dem Erbenermittler und dem Erben vereinbart wird. Man spricht hier von der sogenannten Vertragsfreiheit.

Übliche Honorarvereinbarungen und beeinflussende Faktoren

Erbenermittler arbeiten in der Regel auf Erfolgsbasis. Das bedeutet, sie erhalten ihr Honorar nur dann, wenn sie tatsächlich unbekannte Erben ausfindig machen und diese ihr Erbe antreten. Das Honorar wird meist als Prozentsatz des Erbanteils berechnet, den der Erbenermittler für den jeweiligen Erben sichert.

Typische Prozentsätze variieren stark, aber oft bewegen sich die vereinbarten Honorare zwischen 10 und 35 Prozent des Netto-Erbanteils. Bei besonders komplexen Fällen oder sehr kleinen Erbteilen können diese Prozentsätze auch höher liegen, um den hohen Rechercheaufwand abzudecken.

Mehrere Faktoren beeinflussen die Höhe des vereinbarten Prozentsatzes:

  • Komplexität der Ermittlung: Wie aufwendig ist es, die Erben zu finden? Handelt es sich um nahe Verwandte oder um entfernte Linien, die möglicherweise im Ausland recherchiert werden müssen?
  • Umfang des Nachlasses: Bei sehr großen Nachlässen kann der Prozentsatz tendenziell niedriger sein, da selbst ein kleiner Prozentsatz einen hohen absoluten Betrag ergibt. Bei sehr kleinen Nachlässen kann der Prozentsatz höher sein, um den Fixkosten der Ermittlung gerecht zu werden.
  • Risiko des Erbenermittlers: Da der Erbenermittler oft in Vorleistung tritt und nur bei Erfolg bezahlt wird, muss das Honorar dieses wirtschaftliche Risiko abdecken.
  • Umfang der Dienstleistung: Bietet der Erbenermittler neben der reinen Identifizierung auch Unterstützung bei der Erbschaftsabwicklung oder anderen Formalitäten an?

Gesetzliche Grenzen im Einzelfall: Sittenwidrigkeit und Allgemeine Geschäftsbedingungen

Auch wenn es keine direkte Gebührenordnung gibt, ist die Vertragsfreiheit nicht grenzenlos. Es gibt allgemeine zivilrechtliche Prinzipien, die die Vereinbarung von Honoraren beeinflussen können:

  1. Sittenwidrigkeit (§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB): Ein Vertrag, der gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. Das bedeutet, er ist von Anfang an unwirksam. Eine Honorarvereinbarung kann als sittenwidrig angesehen werden, wenn das geforderte Honorar in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung steht und der Erbenermittler dabei eine Notlage oder die Unerfahrenheit des Erben ausnutzt. Stellen Sie sich vor, ein Honorar ist so extrem hoch, dass es objektiv unangemessen ist, und die Umstände der Vertragsanbahnung lassen darauf schließen, dass der Erbenermittler eine Zwangslage des Erben (z.B. die Unkenntnis über das Erbe) ausgenutzt hat. Eine solche Unwirksamkeit könnte dazu führen, dass der Erbenermittler entweder gar kein Honorar oder nur ein deutlich geringeres, angemessenes Honorar beanspruchen darf. Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit hängt immer von den genauen Umständen des Einzelfalls ab.
  2. Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB-Kontrolle, §§ 307 ff. BGB): Wenn der Erbenermittler einen vorformulierten Vertrag verwendet, der für eine Vielzahl von Fällen gedacht ist (sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen), können die Klauseln dieses Vertrages auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Eine Klausel, die den Erben unangemessen benachteiligt, kann unwirksam sein. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn der vereinbarte Prozentsatz so hoch ist, dass er den Erben entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Für Sie als Laie bedeutet das, dass Honorarvereinbarungen mit Erbenermittlern grundsätzlich frei verhandelbar sind und keine festen gesetzlichen Obergrenzen existieren. Extreme Forderungen können jedoch unter Umständen rechtlich anfechtbar sein, wenn sie gegen die guten Sitten verstoßen oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unangemessen benachteiligend sind. Relevant sind hier die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere die §§ 138 und 307 ff. BGB.


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Welche Rechte habe ich als Erbe, um die Tätigkeit eines Erbenermittlers zu kontrollieren?

Wenn Sie als Erbe einen Vertrag mit einem Erbenermittler geschlossen und eine Vollmacht erteilt haben, entsteht ein klares rechtliches Verhältnis. Der Erbenermittler handelt in diesem Rahmen als Ihr Beauftragter. Aus dieser Beauftragung ergeben sich für Sie als Erbe verschiedene Rechte, um die Aktivitäten des Erbenermittlers zu überwachen und Transparenz zu gewährleisten.

Recht auf Information und Rechenschaft

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Pflichten eines Beauftragten. Ein zentrales Recht des Erben ist das Recht auf Information und Rechenschaftslegung. Der Erbenermittler ist verpflichtet, Ihnen jederzeit Auskunft über den Stand seiner Tätigkeit zu geben. Das schließt die Offenlegung aller relevanten Details ein, die mit der Nachlassermittlung und -abwicklung zusammenhängen.

  • Praktische Auswirkung: Dies bedeutet für Sie, dass Sie detaillierte Informationen über alle Schritte, die der Erbenermittler unternimmt, einfordern können. Dazu gehören beispielsweise Informationen über ermittelte Vermögenswerte, den Fortschritt der Nachlassabwicklung, entstandene Kosten und Korrespondenz mit Behörden oder Banken. Sie können verlangen, dass der Erbenermittler Ihnen Belege und Unterlagen vorlegt, die seine Tätigkeit betreffen. Dieses Recht soll sicherstellen, dass Sie als Erbe stets über den Verbleib und die Entwicklung des Nachlasses informiert sind und nachvollziehen können, welche Handlungen im Rahmen der Beauftragung vorgenommen werden.

Recht auf Widerruf der Vollmacht und Kündigung des Vertrages

Ein weiteres wichtiges Instrument zur Kontrolle ist Ihr Recht, die erteilte Vollmacht jederzeit zu widerrufen und den zugrundeliegenden Vertrag zu kündigen. Die Vollmacht ermöglicht dem Erbenermittler, in Ihrem Namen zu handeln. Der Widerruf der Vollmacht entzieht ihm diese Befugnis für die Zukunft.

  • Praktische Auswirkung: Wenn Sie das Vertrauen in die Tätigkeit des Erbenermittlers verlieren oder aus anderen Gründen möchten, dass er nicht mehr in Ihrem Namen handelt, können Sie die Vollmacht widerrufen. Damit kann der Erbenermittler keine weiteren rechtlich bindenden Handlungen für Sie vornehmen. Unabhängig vom Widerruf der Vollmacht können Sie auch den Vertrag, der die Grundlage der Zusammenarbeit bildet, kündigen. Dies beendet die vertragliche Beziehung. Beachten Sie, dass eine Kündigung des Vertrages unter Umständen Regelungen zur Vergütung für bereits erbrachte Leistungen oder zum Ersatz entstandener Auslagen enthalten kann, die dann zu prüfen wären. Das Recht auf Kündigung und Widerruf gibt Ihnen die Möglichkeit, die Zusammenarbeit zu beenden, wenn Sie dies für notwendig erachten.

Kontrolle der Kosten und Honorare

Obwohl dies nicht direkt die „Tätigkeit“ selbst kontrolliert, ist die Kontrolle der vereinbarten Kosten und des Honorars ein entscheidender Aspekt Ihrer Rechte. Das Honorar des Erbenermittlers wird in der Regel im Vertrag festgelegt und bemisst sich oft prozentual am Wert des Nachlasses.

  • Praktische Auswirkung: Es ist entscheidend, dass der Vertrag klare und transparente Regelungen zur Berechnung des Honorars und zu den erstattungsfähigen Auslagen enthält. Sie haben das Recht, eine genaue Abrechnung über alle angefallenen Kosten und die Berechnung des Honorars zu verlangen. Sollten sich im Laufe der Zeit Unstimmigkeiten ergeben oder das Honorar nach Ihrem Empfinden unverhältnismäßig erscheinen, können Sie die vertraglichen Grundlagen und die Angemessenheit der Forderungen überprüfen. Das Ziel ist hierbei, sicherzustellen, dass die finanzielle Abwicklung der Vereinbarung fair und nachvollziehbar erfolgt.

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Unter welchen Umständen kann ich einen bereits geschlossenen Vertrag mit einem Erbenermittler wieder rückgängig machen?

Ein Vertrag mit einem Erbenermittler kann unter bestimmten Voraussetzungen wieder rückgängig gemacht oder beendet werden. Hier sind die wichtigsten rechtlichen Möglichkeiten, die Ihnen als Laie zur Verfügung stehen können:

Widerrufsrecht: Eine Bedenkzeit nutzen

Das Widerrufsrecht ermöglicht es Ihnen, einen Vertrag ohne Angabe von Gründen innerhalb einer bestimmten Frist wieder aufzuheben. Dieses Recht besteht vor allem bei sogenannten Verbraucherverträgen, die unter besonderen Bedingungen zustande kommen.

  • Wann es greift: Typischerweise bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden (z.B. bei Ihnen zu Hause, am Telefon oder per Post) oder bei Fernabsatzverträgen (online oder über andere Kommunikationsmittel ohne persönlichen Kontakt). Da Erbenermittler oft direkt auf potenzielle Erben zugehen, können diese Konstellationen häufig vorkommen.
  • Frist: Die Widerrufsfrist beträgt in der Regel 14 Tage. Sie beginnt erst, wenn Sie eine korrekte Belehrung über Ihr Widerrufsrecht erhalten haben. Wurden Sie nicht oder falsch belehrt, kann die Frist unter Umständen erheblich länger sein.
  • Praktische Auswirkung: Wenn Sie von Ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen, wird der Vertrag rückabgewickelt. Das bedeutet, er wird so behandelt, als wäre er nie geschlossen worden, und bereits erbrachte Leistungen müssen zurückgegeben werden.

Anfechtung des Vertrages: Vertrag von Anfang an unwirksam machen

Die Anfechtung eines Vertrages führt dazu, dass der Vertrag von Anfang an als ungültig angesehen wird. Dies ist möglich, wenn beim Vertragsschluss ein gravierender Mangel im Willen vorlag.

  • Gründe für eine Anfechtung:
    • Irrtum: Sie haben sich über einen wesentlichen Inhalt des Vertrages geirrt (z.B. über die Art der Dienstleistung oder die Höhe des Honorars), und der Erbenermittler hätte diesen Irrtum erkennen müssen. Ein einfacher Irrtum über den Wert der Erbschaft genügt in der Regel nicht.
    • Arglistige Täuschung: Der Erbenermittler hat Sie bewusst und vorsätzlich über wichtige Tatsachen getäuscht oder Informationen verschwiegen, um Sie zum Vertragsabschluss zu bewegen (z.B. unwahre Angaben zur Notwendigkeit seiner Beauftragung oder zur Höhe der üblichen Kosten).
    • Widerrechtliche Drohung: Sie wurden durch eine rechtswidrige Drohung zum Vertragsschluss gezwungen.
  • Frist: Die Anfechtung muss bei einem Irrtum unverzüglich erfolgen, nachdem Sie Ihren Irrtum bemerkt haben. Bei arglistiger Täuschung oder Drohung haben Sie ein Jahr Zeit, nachdem Sie die Täuschung entdeckt oder die Zwangslage beendet wurde.
  • Praktische Auswirkung: Wird ein Vertrag erfolgreich angefochten, gilt er als von Anfang an unwirksam. Er hat rechtlich nie bestanden, und alle ausgetauschten Leistungen müssen zurückgegeben werden.

Kündigung des Vertrages: Das Vertragsverhältnis beenden

Die Kündigung beendet ein Vertragsverhältnis für die Zukunft. Sie führt nicht dazu, dass der Vertrag rückwirkend unwirksam wird.

  • Wann es greift: Die Kündigung ist relevant bei Dauerschuldverhältnissen oder Dienstleistungsverträgen, die auf eine bestimmte Zeit oder unbefristet geschlossen wurden. Bei Verträgen mit Erbenermittlern, die oft auf einen Erfolg ausgerichtet sind (ähnlich einem Werkvertrag), kann eine vorzeitige Kündigung komplex sein.
  • Arten der Kündigung:
    • Ordentliche Kündigung: Diese ist nur möglich, wenn der Vertrag eine solche Option vorsieht und keine feste Laufzeit oder ein Erfolg geschuldet ist, der die Kündigung vor Fertigstellung erschwert. Meist muss eine Kündigungsfrist eingehalten werden.
    • Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund: Diese ist immer möglich, wenn Ihnen das Festhalten am Vertrag bis zum regulären Ende oder bis zur Erfüllung des Ziels unzumutbar ist. Dies wäre der Fall bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Erbenermittlers, einem nachhaltigen Vertrauensverlust oder wenn die Zusammenarbeit erheblich gestört ist (z.B. durch Intransparenz, überzogene Forderungen).
  • Praktische Auswirkung: Eine Kündigung beendet den Vertrag zum Zeitpunkt der Kündigung (oder nach Ablauf einer Frist). Für bereits erbrachte Leistungen des Erbenermittlers kann jedoch eine Vergütung geschuldet sein, insbesondere wenn der Vertrag als Werkvertrag anzusehen ist. Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund können unter Umständen Schadensersatzansprüche gegen den Erbenermittler bestehen.

Diese Möglichkeiten bieten Ihnen Wege, sich von einem Vertrag mit einem Erbenermittler zu lösen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die genauen Bedingungen und Fristen sind dabei entscheidend.


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Gibt es Möglichkeiten, ein Erbe selbst zu finden oder auf offiziellem Weg Unterstützung zu erhalten, ohne einen Erbenermittler zu beauftragen?

Ja, es gibt offizielle Wege und Möglichkeiten, selbst aktiv zu werden, um ein Erbe zu finden oder die Erbenstellung prüfen zu lassen, ohne direkt einen privaten Erbenermittler beauftragen zu müssen. Viele dieser Schritte sind entweder kostenlos oder mit geringen Gebühren verbunden.

Rolle des Nachlassgerichts

Die zentrale Anlaufstelle in Deutschland für Erbschaftsangelegenheiten ist das Nachlassgericht. Dieses Gericht ist eine Abteilung des Amtsgerichts, das für den letzten Wohnsitz des Verstorbenen zuständig ist. Das Nachlassgericht ist gesetzlich verpflichtet, bestimmte Aufgaben nach einem Todesfall zu übernehmen, auch wenn keine Erbenermittlung durch Private erfolgt.

Das bedeutet praktisch für Sie:

  • Verwahrung von Testamenten: Liegt ein Testament oder Erbvertrag vor, wird dieser oft beim Nachlassgericht verwahrt und nach dem Tod eröffnet. Das Gericht informiert die darin benannten Erben oder Beteiligten von Amts wegen.
  • Ermittlung gesetzlicher Erben: Wenn kein Testament existiert, ermittelt das Nachlassgericht die gesetzlichen Erben. Dies geschieht oft auf Basis von Informationen, die dem Gericht vorliegen (z.B. aus Sterbefallmitteilungen oder Anfragen von Hinterbliebenen). Das Gericht sichert den Nachlass und klärt, wer erbberechtigt ist.
  • Erteilung eines Erbscheins: Um sich als Erbe offiziell ausweisen zu können und auf Bankkonten oder Immobilien zugreifen zu können, benötigen Sie oft einen Erbschein. Diesen stellt das Nachlassgericht auf Antrag aus. Für die Beantragung eines Erbscheins müssen Sie dem Gericht Ihre Erbenstellung darlegen, zum Beispiel durch die Vorlage von Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden, die Ihre Verwandtschaft mit dem Verstorbenen belegen. Die Kosten für einen Erbschein richten sich nach dem Wert des Nachlasses.

Eigene Recherchewege

Auch ohne direkten Kontakt zum Nachlassgericht können Sie selbst erste Schritte unternehmen, wenn Sie den Verdacht haben, Erbe zu sein oder jemanden kennen, der verstorben ist und möglicherweise Vermögen hinterlässt:

  • Standesamt: Hier erhalten Sie Sterbeurkunden des Verstorbenen. Diese enthalten oft Informationen zum letzten Wohnsitz, was wichtig ist, um das zuständige Nachlassgericht zu ermitteln.
  • Eigene Familienforschung: Durch das Sammeln von Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden können Sie Familienstammbäume erstellen. Dies hilft, die Verwandtschaftsverhältnisse zu klären und potenzielle Erben zu identifizieren. Viele Informationen sind in Archiven, Pfarrämtern oder Stadtarchiven zu finden.
  • Grundbuchamt: Wenn zum Nachlass Immobilien gehören, können Sie beim zuständigen Grundbuchamt Einsicht in das Grundbuch beantragen, wenn Sie ein berechtigtes Interesse darlegen können. Dort sind die Eigentumsverhältnisse vermerkt.

Nachlasspflegschaft als gerichtliche Maßnahme

Ist ein Erbe unbekannt oder kann nicht schnell ermittelt werden, kann das Nachlassgericht eine sogenannte Nachlasspflegschaft anordnen. Ein Nachlasspfleger ist eine Person, die vom Gericht bestellt wird, um den Nachlass zu sichern, zu verwalten und die unbekannten Erben zu ermitteln. Der Nachlasspfleger handelt im Interesse der Erben und wird vom Gericht überwacht.

Für Sie bedeutet das: Auch wenn Sie noch nicht als Erbe feststehen, kann das Nachlassgericht über einen Nachlasspfleger sicherstellen, dass das Erbe nicht verloren geht, bis die rechtmäßigen Erben gefunden sind. Diese gerichtliche Maßnahme ist eine offizielle Alternative zur privaten Erbenermittlung, wenn die Erben zunächst unklar sind.

Diese Wege ermöglichen es Ihnen, auf offizielle Strukturen und eigene Anstrengungen zu setzen, um Licht in die Frage der Erbschaft zu bringen und mögliche Kosten für private Dienstleister zu vermeiden, die oft erst bei Erfolg ein Honorar verlangen, das aber einen hohen Prozentsatz des Erbes ausmachen kann.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Standardisierte Vertragsbedingungen, die ein Unternehmen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat, anstatt sie individuell auszuhandeln. Ihr Zweck ist es, den Vertragsabschluss zu vereinfachen und Rechtssicherheit zu schaffen. Das Gesetz prüft solche AGB streng, um sicherzustellen, dass sie den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen oder überraschende Klauseln enthalten. Sollten AGB-Klauseln unwirksam sein, gelten stattdessen die gesetzlichen Regelungen. Im Fall der Erbenermittlerin wurde die Gültigkeit der AGB von Frau W. angefochten, musste aber vom Gericht aus Prozessökonomie nicht mehr geprüft werden.

Beispiel: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Sie beim Abschluss eines Handyvertrags unterschreiben, sind AGB.

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Darlegungs- und Beweislast

Ein grundlegendes juristisches Prinzip, das festlegt, welche Partei in einem Gerichtsverfahren bestimmte Tatsachen vortragen (darlegen) und beweisen muss, um ihren Anspruch durchzusetzen. Wer vor Gericht etwas fordert, muss die Tatsachen beweisen, die diesen Anspruch begründen. Kann die Partei die benötigten Beweise nicht erbringen, verliert sie den Prozess, auch wenn der Anspruch vielleicht tatsächlich existieren würde. Im Fall der Erbenermittlerin musste die Firma beweisen, dass die gesamte Erbschaft bereits an Frau W. ausgezahlt war, was ihr nicht gelang.

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Einspruch

Ein Rechtsmittel, das dazu dient, ein Versäumnisurteil aufzuheben und den gerichtlichen Prozess erneut aufzurollen. Legt eine Partei fristgerecht Einspruch gegen ein Versäumnisurteil ein, wird der Fall so behandelt, als wäre das Versäumnisurteil nie ergangen. Dies führt zu einer normalen mündlichen Verhandlung, in der beide Parteien ihre Argumente vorbringen können. Im vorliegenden Fall legte Frau W. Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein, da sie die Klageschrift nicht erhalten hatte.

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Fälligkeit

Der Zeitpunkt, ab dem eine Leistung, insbesondere eine Zahlung, von einem Gläubiger rechtlich eingefordert werden kann. Erst wenn eine Forderung fällig ist, kann der Schuldner zur Zahlung gezwungen werden oder gerät in Verzug. Der genaue Zeitpunkt der Fälligkeit wird oft im Vertrag geregelt oder ergibt sich aus gesetzlichen Bestimmungen. Die Bestimmung der Fälligkeit des Honorars war der Kernstreit im Fall der Erbenermittlerin.

Beispiel: Die Miete ist meist am dritten Werktag des Monats fällig.

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Versäumnisurteil

Ein besonderes Gerichtsurteil, das ergeht, wenn eine Partei in einem Zivilprozess nicht oder nicht rechtzeitig auf die Klage reagiert (z.B. indem sie nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint oder keine Verteidigungsschrift einreicht). Es wird „versäumt“, sich am Prozess zu beteiligen. Das Gericht erlässt dann ein Urteil auf Basis der Behauptungen der anwesenden Partei. Im Fall der Erbenermittlerin erging zunächst ein Versäumnisurteil gegen Frau W., da die Klageschrift an eine falsche Adresse geschickt wurde.

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Vollmacht

Eine schriftliche Ermächtigung, die einer Person oder Firma erlaubt, im Namen einer anderen Person zu handeln. Die Vollmacht legt fest, welche Handlungen die bevollmächtigte Person vornehmen darf, zum Beispiel Verträge abschließen oder Gelder entgegennehmen. Sie ist ein wichtiges Instrument, um Rechtsgeschäfte zu erleichtern. Frau W. hatte der Erbenermittlungsfirma eine Vollmacht erteilt, um das Erbe für sie abzuwickeln, die sie später widerrief.

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Widerruf

Das Recht eines Verbrauchers, einen Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist ohne Angabe von Gründen rückgängig zu machen. Dieses Recht besteht häufig bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen (z.B. an der Haustür) oder im Fernabsatz (z.B. online) geschlossen wurden, um den Verbraucher vor Übereilung zu schützen. Mit einem wirksamen Widerruf wird der Vertrag so behandelt, als wäre er nie zustande gekommen. Frau W. erklärte vorsorglich den Widerruf ihres Vertrages mit der Erbenermittlungsfirma.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Fälligkeit einer Forderung:
    Eine Forderung ist fällig, wenn der Gläubiger (die Person, die etwas verlangt) die Leistung vom Schuldner (die Person, die etwas schuldet) verlangen kann. Erst mit der Fälligkeit kann der Gläubiger klagen oder andere rechtliche Schritte einleiten, um seinen Anspruch durchzusetzen. Der Zeitpunkt der Fälligkeit ergibt sich entweder aus einer Vereinbarung im Vertrag, aus dem Gesetz oder aus den Umständen des Einzelfalls. Ohne Fälligkeit besteht kein durchsetzbarer Anspruch, selbst wenn die Forderung dem Grunde nach besteht.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die zentrale Frage des Gerichts war, ob die Honorarforderung des Erbenermittlers bereits fällig war, obwohl noch nicht das gesamte Erbe an die Erbin ausgezahlt wurde.

  • Vertragsauslegung:
    Bei der Vertragsauslegung geht es darum, den wahren Sinn und Inhalt einer vertraglichen Vereinbarung zu ermitteln, wenn die Parteien darüber streiten. Es ist nicht nur der reine Wortlaut entscheidend, sondern es muss auch berücksichtigt werden, was die Parteien üblicherweise gemeint haben könnten und wie ein redlicher Dritter oder ein juristischer Laie die Klausel verstehen würde. Der Wille der Parteien und der Vertragszweck sind dabei maßgeblich.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht legte die umstrittene Klausel zur Fälligkeit im Honorarvertrag unter Berücksichtigung des genauen Wortlauts und des Verständnisses eines Laien aus.

  • § 266 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Teilleistungen:
    Dieser Paragraph regelt, dass ein Schuldner grundsätzlich nicht dazu berechtigt ist, eine Leistung nur in Teilen zu erbringen, wenn nicht ausdrücklich eine Teilzahlung vereinbart wurde. Der Gläubiger muss eine Teilleistung dann nicht annehmen, wenn er die gesamte Leistung erwartet. Das Gesetz schützt so den Gläubiger davor, dass er sich mit unvollständigen Leistungen zufriedengeben muss und fördert die vollständige Erfüllung von Verpflichtungen.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht zog diesen Grundsatz heran, um zu begründen, dass auch der Gläubiger (die Erbenermittlungsfirma) keine Teilleistung des Honorars verlangen kann, wenn der Vertrag keine solche Vereinbarung vorsieht.

  • Darlegungs- und Beweislast:
    Im Zivilprozess bedeutet die Darlegungs- und Beweislast, dass die Partei, die eine Behauptung aufstellt oder einen Anspruch geltend macht, die Tatsachen, die diesen Anspruch begründen, auch schlüssig darlegen und gegebenenfalls beweisen muss. Kann sie das nicht, geht dies zu ihren Lasten und der Anspruch wird abgewiesen. Dieses Prinzip sorgt für Fairness und eine geregelte Beweisführung im Gerichtsverfahren.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Erbenermittlungsfirma als Klägerin musste beweisen, dass die im Vertrag vereinbarte Bedingung für die Fälligkeit – die vollständige Auszahlung des Erbes – bereits erfüllt war, was ihr nicht gelang.

  • § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Grundsatz von Treu und Glauben:
    Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz besagt, dass jeder bei der Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten ehrlich, fair und anständig handeln muss. Er dient als Korrektiv, um die Anwendung von Gesetzen oder Verträgen im Einzelfall zu mäßigen und Missbräuche zu verhindern. Niemand darf seine Rechte so ausüben, dass er andere mutwillig schädigt oder nur einen Vorteil erzwingt, der dem ursprünglichen Zweck der Vereinbarung widerspricht.

    → Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Erbenermittlungsfirma argumentierte, die Erbin verhalte sich treuwidrig, indem sie die Zahlung verzögere; das Gericht sah jedoch keine Anzeichen für ein böswilliges Verhalten der Erbin.


Das vorliegende Urteil


LG Hamburg – Az.: 319 O 119/24 – Urteil vom 23.01.2025


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