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Inhalt der Nachlassakten betreffend die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers

AG Mönchengladbach-Rheydt – Az.: 12 VI 497/17 – Beschluss vom 29.11.2018

Der Antrag vom 23.11.2018 wird zurückgewiesen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfrage wird die Beschwerde zugelassen.

Gründe

I.

Am 01.05.2017 verstarb der Erblasser, der zwei notarielle Verfügungen von Todes wegen hinterließ, die am 23.06.2017 eröffnet wurden. Durch Testament vom 25.04.2017 ordnete der Erblasser eine Abwicklungs- und eine Dauertestamentsvollstreckung an. Mit einfachem Schriftsatz vom 19.07.2017 erklärte der Testamentsvollstrecker für die Dauertestamentsvollstreckung sodann gegenüber dem Nachlassgericht die Annahme des Amtes. Mit weiterem Schriftsatz vom 25.07.2017 beantragte der Testamentsvollstrecker zwei amtliche Bestätigungen als Testamentsvollstrecker. Auf Grundlage dessen wurde eine Bestätigung entsprechend § 5 Nr. 5 GO NRW ausgestellt, wonach hier eine Erklärung der Amtsannahme eingegangen sei (vgl. dazu MüKoBGB/Grziwotz, 7. Auflage 2017, § 2368 Rn. 57).

Unter Vorlage einer notariell beglaubigten Annahmeerklärung beantrage nunmehr der verfahrensbevollmächtigte Notar, eine Bescheinigung, dass auch diese Erklärung beim Nachlassgericht eingegangen sei. Nach einem am 16.11.2017 geführten Telefonat wurde dieser Antrag ruhend gestellt, woraufhin am 29.11.2017 dem Nachlassgericht ein weiterer Antrag des Notariats zuging, in welchem eine Bescheinigung beantragt wurde, dass sich aus den Nachlassakten keine Umstände ergeben würden, dass dem Nachlassgericht eine „Kündigungserklärung“ des Testamentsvollstreckers oder ein Entlassungsbeschluss vorliege. Auf den hiesigen telefonischen Hinweis vom 30.11.2017, dass der Antrag unzulässig sei, jedoch Akteneinsicht genommen werden könne, wurde der Antrag nicht weiterverfolgt und durch eine Notariatsangestellte noch am gleichen Tag Einsicht in die Akten genommen. Am 23.08.2018 erschien daraufhin der Testamentsvollstrecker und erklärte zu Protokoll der Geschäftsstelle die Annahme der Testamentsvollstreckung. Von dem Protokoll wurde dem Testamentsvollstrecker eine beglaubigte Abschrift ausgehändigt. Auf Antrag vom 25.09.2018 wurde noch eine weitere beglaubigte Abschrift von dem Protokoll an das Grundbuchamt Langenfeld versandt.

Mit Schreiben vom 23.11.2018 beantragt der Notar nunmehr eine schriftliche Bestätigung des Nachlassgerichts, dass aus den Nachlassakten keine Gründe erkennbar sind, wonach zum 19.11.2018 die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers erloschen war.

Am 27.11.2018 ist die Akte händisch dem hiesigen Abteilungsrichter mit der Bitte um Feststellung der funktionellen Zuständigkeit des Rechtspflegers vorgelegt worden, woraufhin der Abteilungsrichter noch am gleichen Tag einen förmlichen Beschluss gem. § 7 RPflG erlassen hat, wonach für die Entscheidung über den Antrag der Rechtspfleger zuständig ist.

II.

1.

Der Antrag ist unzulässig und war daher zurückzuweisen (so bereits Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt, Beschluss v. 01.12.2017, 12 VI 461/16; vgl. auch zum weiterreichenden Zeugnis über die Fortdauer der Testamentsvollstreckung OLG Köln, FGPrax 2011, 86).

Der Gesetzgeber hat im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis einige amtliche Bescheinigungen und Zeugnisse geschaffen (bspw. den Erbschein oder das Testamentsvollstreckerzeugnis), die auf Antrag seitens des Nachlassgerichts nach einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensgang zu erteilen sind. Ein Zeugnis über eine bestimmte Aktenlage ist jedoch nicht geschaffen worden.

In der Rechtsprechung ist gleichwohl anerkannt, dass die Erteilung von Auskünften über den Akteninhalt ohne Rechtspflicht nach pflichtgemäßen Ermessen häufig in billiger Rücksichtnahme auf die Belange der Verfahrensbeteiligten angebracht ist, wenn die nachgesuchte Auskunft mit Leichtigkeit und ohne besondere Verantwortlichkeit erteilt werden kann (vgl. OLG Frankfurt, Rpfleger 1992, 267; OLG Bremen, FamRZ 2018, 783).

Ein derartiger Fall liegt jedoch nicht vor. Einerseits kann die Auskunft regelmäßig schon nicht mit Leichtigkeit erteilt werden, da die entsprechenden Nachlassakten mitunter mehrere Aktenbände umfassen können und seitens des Gerichts mithin jede Seite sorgfältig auf gegebenenfalls einschlägige Umstände untersucht werden müsste. Andererseits kann die Erklärung niemals ohne besondere Verantwortlichkeit erteilt werden, da die Bescheinigungen regelmäßig Grundstücksverkäufe absichern sollen und für den Dienstherr mithin die Gefahr von größeren Amtshaftungsansprüchen gem. Art. 34 GG, § 839 BGB besteht (vgl. MüKoBGB/Grziwotz, 7. Auflage 2017, § 2368 Rn. 60). Dass solche Bescheinigungen zudem erteilt werden sollen, obgleich das Land dafür – mangels entsprechenden Gebührentatbestands – keine Kosten erheben kann, ist nicht einsichtig und spricht ebenfalls gegen deren Zulässigkeit.

Ein anderes ergibt sich auch nicht aus der Ansicht des Notars, dass die Bescheinigung zu erteilen sei, weil das Nachlassgericht eine allgemeine Fürsorgeverpflichtung überall dort treffe, wo ein Rechtsschutzinteresse ersichtlich ist. Die insofern gesehene Verpflichtung des Nachlassgerichts besteht nicht. Daraus, dass das Nachlassgericht in seinen Verfahren gem. § 26 FamFG zur Amtsermittlung oder hinsichtlich der Sicherung des Nachlasses gem. § 1960 BGB zur Fürsorge verpflichtet ist, lässt sich keine allumfassende Fürsorgepflicht des Nachlassgerichts ableiten.

Etwas anderes muss für den vorliegenden Fall auch nicht deshalb gelten, weil der Antragsteller andernfalls schutzlos wäre. Wenn eine Notwendigkeit zur Sichtung der Nachlassakten besteht, steht es den Verfahrensbeteiligten frei auf der Geschäftsstelle Akteneinsicht zu nehmen. Überdies besteht diesseits auch weiterhin die Bereitschaft die Akten dem Notariat gem. § 13 Abs. 4 FamFG zur eigenen Einsicht zu übersenden. Richtigerweise tragen sodann auch die Beteiligten die für den Wirtschaftsverkehr übliche Gefahr, dass sie sich einen unlauteren Vertragspartner ausgesucht haben.

2.

Die Beschwerde war gem. § 61 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Var. 1, Nr. 2 FamFG zuzulassen, da die der Entscheidung zugrundeliegende Rechtsfrage regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen den Notariaten und dem Nachlassgericht führt, das Zeugnis „in wesentlicher Weise auch der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen soll“ (vgl. BGH, NJW 1986, 3143) und eine obergerichtliche Entscheidung nicht bekannt ist.

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