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Pflichtteilsanspruch – Zuwendung von Gesellschaftsanteilen einer GbR als Schenkung des Erblassers

LG Flensburg – Az.: 4 O 297/08 – Teilurteil vom 13.05.2011

Die Beklagte wird verurteilt, durch Vorlage eines Gutachtens eines vereidigten und öffentlich bestellten Sachverständigen den Wert zu ermitteln

1. der der Beklagten zugewendeten Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft M. & G. P. GbR auf den 31.05.1977,

2. der der Beklagten zugewendeten Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft M. & G. P. GbR auf den 27.12.1995.

Hinsichtlich des Antrages zu 4. aus der Klageschrift vom 04.09.2008 (Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) und hinsichtlich des Antrages aus dem Schriftsatz vom 29.01.2009 (Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren) wird die Klage abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Verpflichtung der Klägerin zur Wertermittlung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht Pflichtteilsansprüche nach ihrem am 16.03.2007 verstorbenen Vater G. P. (im Folgenden als Erblasser bezeichnet) geltend. Die Klägerin ist die Tochter des Erblassers aus dessen erster Ehe, die Beklagte ist die dritte Ehefrau und testamentarische Alleinerbin des Erblasers.

Der Erblasser betrieb bis zu Jahresende 1962 zusammen mit seinem Vater eine Möbelhandlung. Diese wurde ab 01.01.1963 verpachtet, die Betriebsgrundstücke in W., B.straße X und in T., F.weg X, verblieben jedoch im Eigentum des Erblassers und seines Vaters, die für die Vermietung und Verpachtung der Grundstücke 1963 die Grundstücksgesellschaft M. & G. P. GbR gründeten. Der Erblasser übertrug der Beklagten in Verträgen vom 31.05.1977 (Bl. 62 ff. d. A.) und vom 27.12.1995 (Anlage B 15 a, Bl. 345 ff. d. A.), jeweils 25 %-ige Gesellschaftsanteile an dieser GbR. Mit Verträgen vom 27.12.1975 (Anlage K 10, Bl. 58 ff. d. A.) und vom 21.04.1993 (Anlage K 12, Bl. 68 ff. d. A.) übertrug der Erblasser der Beklagten darüber hinaus jeweils einen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück „F.“ in St. sowie mit Vertrag vom 14.08.1990 (Anlage B 7, Bl. 222 ff. d. A.) einen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück „O.“ in St..

Die Beklagte wurde mit Schreiben des Rechtsanwalt K. vom 13.04.2007 (Anlage K 2, Bl. 15 ff. d. A.) aufgefordert, Auskunft gemäß § 2027 BGB zu erteilen. Anschließend verlangte der jetzige Klägervertreter mit Schriftsätzen vom 18.06.2007, 31.08.2007 und 25.04.2008 Auskunftserteilung. Die Beklagte erstellte – nach Klageerhebung – am 12.12.2008 ein Nachlassverzeichnis (Anlage K 22 c, Bl. 251 ff. d. A.).

Außerdem legte sie der Klägerin bereits vorgerichtlich Gutachten des Sachverständigen N. vom 20.07.2007 (Anlage K 16, Bl. 84 ff. d. A.) und K 17 (Bl. 117 ff. d. A.) und der Sachverständigen G. vom 20.03.2008 (Anlage K 18, Bl. 144 ff. d. A.), jeweils betreffend die M. & G. P. GbR und deren Grundstücke, sowie ein Gutachten des Sachverständigen L. vom 04.07.1990, betreffend das Grundstück „F.“, vor. Die Beklagte legte außerdem während des Rechtsstreits zum Grundstück „F.“ das Gutachten des Sachverständigen N. vom 04.02.2011 (Anlage B 24, Bl. 411 ff. d. A.) vor.

Die Klägerin meint, bei den Zuwendungen der Gesellschaftsanteile an die Beklagte 1977 und 1985 habe es sich um Schenkungen des Erblassers gehandelt. Soweit die Beklagte dabei Verbindlichkeiten übernommen habe, bestehe ein so großes Missverhältnis zwischen deren Wert und dem Wert der Gesellschaftsanteile, dass jedenfalls von einer gemischten Schenkung ausgegangen werden müsse. Letztlich könne die Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht anders bewertet werden, als wenn der Erblasser ideelle Miteigentumsanteile an vermietetem Grundeigentum unentgeltlich auf die Beklagte übertragen hätte.

Das Nachlassverzeichnis vom 12.12.2008 sei von der Beklagten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden, weil sie darin die Schenkung der „F.“ nicht erwähnt habe. Die Beklagte habe die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägervertreters zu tragen, weil sie bereits durch das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 13.04.2007 in Verzug gekommen sei.

Die Klägerin hat in der Klageschrift beantragt, die Beklagte zu verurteilen, im Wege der Stufenklage

1. der Klägerin Auskunft über den realen und fiktiven Nachlass des am 1.03.2007 verstorbenen G. P. (im Folgenden Erblasser) zu erteilen durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses, das insbesondere Angaben enthält zu:

a) allen beim Erbfall vorhandenen Sachen nebst Angaben zu wertrelevanten Faktoren, Bargeld, Bankguthaben, Forderungen, Versicherungen, Schließfächern mit Inhaltsbeschreibung und Schmuck mit Ausnahme von Hausrat und persönlicher Habe, soweit diese den Wert von 10.000,00 € und bezogen auf einzelne Gegenstände den Wert von 5.000,00 € nicht übersteigen,

b) allen Schenkungen, Anstandsschenkungen und ehebezogenen Zuwendungen, die der Erblasser der Beklagten während der gemeinsamen Ehe gewährt hat,

c) allen Schenkungen und Anstandsschenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod dritten Personen gewährt hat, sowie

d) allen möglicherweise auszugleichenden Zuwendungen des Erblassers;

2. der Klägerin alle Unterlagen vorzulegen, die zur Ermittlung des Wertes des realen und fiktiven Nachlasses des Erblassers erforderlich sind, insbesondere alle Geschäftsunterlagen wie Jahresabschlüsse oder Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, die den vorbezeichneten Unterlagen zugrundeliegenden Geschäftsbücher, Belege und Steuerbescheide sowie Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen jeweils für die letzten fünf Jahre sowie der Bankmitteilungen an das Erbschaftsteuerfinanzamt;

3. durch Vorlage eines Gutachtens eines vereidigten und öffentlich bestellten Sachverständigen den Wert zu ermitteln

a) der vom Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalles gehaltenen Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft M. & G. P. GbR auf den16.03.2007;

b) der der Beklagten zugewendeten Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft M. & G. P. GbR auf den 31.5.1977;

c) der der Beklagten zugewendeten Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft M. & G. P. GbR auf den 27.12.1995;

d) des der Beklagten zugewendeten Grundstücksteils in St., Grundbuch Band XX, Blatt XXX „F.“ auf den 21.04.1993;

e) des der Beklagten zugewendeten Grundstückteils in St., Grundbuch Band XX, Blatt XXX, „F.“, auf den 27.12.1975;

f) des der Beklagten zugewendeten Grundstückteils in St., Grundbuch Blatt XXXX, „O.“, auf den 14.08.1990;

g) sowie etwaiger weiterer Vermögensgegenstände des Erblassers und der Vermögensgegenstände, die der Erblasser der Beklagten während des Bestehens der Ehe zugewendet hat, soweit diese sich aus dem gemäß der Klagschrift zu 1. zu erstellenden notariellen Bestandsverzeichnis ergeben;

4. hilfsweise, für den Fall, dass das Bestandsverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt sein sollte, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass der Bestand des Nachlasses sowie die pflichtteilsergänzenden Schenkungen nach bestem Wissen so vollständig angegeben sind, wie die Beklagte dazu im Stande war;

5. nach Erteilung der Auskunft und Ermittlung des Wertes der Vermögensgegenstände des Nachlasses und der im Rahmen der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände jeweils 1/8 des jeweiligen Wertes abzüglich des bereits an die Klägerin gezahlten Betrags von 76.693,78 € aber zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2007 an die Klägerin zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 29.01.2009 hat die Klägerin außerdem beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.825,95 € zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer von 19 % in Höhe von 346,93 €, also insgesamt 2.172,88 € zu zahlen.

Über die Klageanträge zu 1. und 2. ist bereits durch Anerkenntnis-Teilurteil vom 26.11.2008 (Bl. 231 ff. d. A.) entschieden worden. Soweit darin dem Klageantrag zu 2. nicht stattgegeben worden ist, hat die Klägerin den Klageantrag zu 2) zurückgenommen, ebenso den Klageantrag zu 3. a). Die Klageanträge zu 3. d), e) f) und g) haben die Parteien im Verhandlungstermin am 14.03.2011 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin stellt nunmehr die Anträge zu 3. b) und c) sowie zu 4. aus der Klageschrift und den Antrag aus dem Schriftsatz vom 29.01.2009.

Die Beklagte beantragt insoweit, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Zuwendung von GbR-Anteilen könne generell niemals eine Schenkung sein, weil sie mit einer Übernahme der persönlichen Haftung für die Gesellschaftsschulden und einer Verpflichtung zur Arbeitsleistung für die Gesellschaft verbunden sei. Sie behauptet, sie habe tatsächlich für die Gesellschaft in erheblichem Umfang Arbeitsleistungen erbracht. Sie meint, diese seien über ihre gesellschaftsrechtliche Verpflichtung weit hinaus gegangen, sodass eine etwaige Schenkung des Erblassers nach § 2330 BGB zu beurteilen wäre.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 14.01.2011 (Bl. 391 d. A.) durch Vernehmung der Beklagten als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.03.2011 (Bl. 451 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Während über den Klageantrag zu 5. im Rahmen der Stufenklage noch nicht entschieden werden kann, weil die Klägerin diesen Antrag erst nach vollständiger Erfüllung aller Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche beziffern kann, sind die übrigen, noch nicht zurückgenommenen oder für erledigt erklärten Klageanträge entscheidungsreif. Diese Entscheidung hat deshalb durch Teilurteil zu ergehen (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Die Klageanträge zu 3. b) und c) sind begründet.

Der Klägerin stehen entsprechende Wertermittlungsansprüche nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB zu. Die Klägerin ist, was zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht, nach einer Quote von 1/8 Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2303 Abs. 1 BGB, die Beklagte ist Erbin nach dem Erblasser.

Die vom Erblasser der Beklagten zugewandten Gesellschaftsanteile sind nach § 2325 Abs. 1 BGB zum fiktiven Nachlass hinzuzurechnen. Es handelt sich bei diesen Zuwendungen nämlich um gemischte Schenkungen.

a) Der Erblasser und die Beklagte als Vertragsparteien haben die Zuwendungen seinerzeit subjektiv jeweils als Schenkungen verstanden und gewollt. Im Vertrag vom 27.12.1995 (Anlage B 15 a) haben sie in § 1 ausdrücklich erklärt, dass die Übertragung „im Wege der Schenkung“ erfolge. Im Vertrag vom 31.05.1977 (Anlage K 11) haben sie zwar nicht ausdrücklich von Schenkung gesprochen, auf der Seite 7 des Vertrages aber ausdrücklich Befreiung von der Grunderwerbssteuer unter Hinweis darauf beantragt, dass der Erwerb unentgeltlich erfolgt sei.

Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass Vertragspartner ein objektiv entgeltliches Geschäft nicht durch eine bloße Erklärung zu einem unentgeltlichem machen können. Sie können aber innerhalb eines vertretbaren Rahmens die Werte von Leistung und Gegenleistung selbst bestimmen und damit festlegen, ob diese als gleichwertig gelten sollen, oder ob zwischen ihnen eine Differenz und damit eine zumindest teilweise Schenkung verbleibt. Diese Befugnis findet ihre Grenze erst beim evidenten Missbrauch.

Wenn die Vertragspartner seinerzeit von einer Schenkung bzw. einer Unentgeltlichkeit ausgegangen sind, dann haben sie damit zum Ausdruck gebracht, dass die von der Beklagten mit der Übernahme der Gesellschaftsanteile zugleich übernommenen Verpflichtungen aus ihrer Sicht geringfügig und zu vernachlässigen waren, jedenfalls bei weitem nicht dem Wert der übertragenen Anteile entsprachen. Dass diese Bewertung unvertretbar gewesen sein sollte, lässt sich nicht feststellen.

b) Nach den von der Beklagten zitierten Urteilen des BGH vom 11.05.1959 (Az. II ZR 2/58) und vom 26.03.1981 (Az. IV a ZR 154/80) kann zwar die Aufnahme eines Gesellschafters in eine OHG grundsätzlich keine Schenkung darstellen, weil der aufgenommene Gesellschafter mit seinem Eintritt in die Gesellschaft die persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernimmt und in der Regel zum Einsatz seiner vollen Arbeitskraft im Dienste des Gesellschaftsunternehmens verpflichtet ist. Diesen Gegenleistungen des Übernehmers, hier also der Beklagten, kommt jedoch im vorliegenden Fall nur geringes Gewicht zu.

Im vorliegenden Fall ging es ja nicht um eine unternehmerisch tätige OHG, sondern um eine GbR, deren Tätigkeit sich darauf beschränkte, die im Gesellschaftsvermögen vorhandenen Grundstücke zu vermieten und zu verpachten. Der von den einzelnen Gesellschaftern in diesem Zusammenhang geschuldete Arbeitseinsatz war deshalb überschaubar, er ging nicht über das hinaus, was auch ein Miteigentümer einer vermieteten Gewerbeimmobilie zu leisten hat. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob die Beklagte tatsächlich denjenigen Arbeitsumfang erbracht hat, den sie behauptet. Diesen schuldete sie nämlich ggf. jedenfalls nicht allein aufgrund ihrer Gesellschafterstellung.

So hat die Beklagte selbst auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 18.10.2010 vorgetragen, dass sie schon seit 1973 finanztechnische Aufgaben und die Buchführung der Gesellschaft übernommen habe, und auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 02.03.2011 (Bl. 406 d. A.), dass sie die Geschäfte der Gesellschaft seit 1968 geführt habe. In den Jahren vor 1977 kann aber jedenfalls nicht die Stellung als Gesellschafterin rechtliche Grundlage für diese Leistungen der Beklagten gewesen sein. Dass sich gerade durch die Zuwendung von Gesellschaftsanteilen an ihrer Arbeitsleistung Grundlegendes geändert hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Außerdem hat die Beklagte selbst auf Seite 6/7 ihres Schriftsatzes vom 02.03.2011 (Bl. 408/409 d. A.) erklärt, dass sie als Gesellschafterin nicht verpflichtet gewesen sei, Bilanzen und Steuerklärungen zu erstellen und den gesamten, hiermit zusammenhängenden Schriftwechsel zu führen, dass sie aber genau das getan habe. Ferner macht die Beklagte im Hinblick auf § 2330 BGB geltend, überobligatorischen Arbeitseinsatz geleistet zu haben.

Für die Frage des Vorliegens einer gemischten Schenkung kommt es aber nur darauf an, zu welchem Arbeitseinsatz die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin verpflichtet war. Auf ihre tatsächlichen Leistungen kann gerade vor dem Hintergrund ihres eigenen Vortrages dabei nicht angestellt werden. Geht man davon aus, dass die Beklagte – wie sie es selbst geltend macht – jedenfalls den größten Teil ihrer Leistungen überobligatorisch erbracht hat, dann bleibt ungekehrt nur eine durchaus überschaubare Arbeitsbelastung, zu der sie als Gesellschafterin tatsächlich verpflichtet war.

Im Übrigen ist es selbst dann, wenn die Beklagte alle von ihr behaupteten Leistungen erbracht hat, immer noch so, dass ihr Einsatz nicht mit dem vollen Einsatz der Arbeitskraft eines OHG-Gesellschafters wie in den BGH-Fällen verglichen werden kann. Schließlich arbeitete die Beklagte nach dem als Anlage B 27 vorgelegten Arbeitsvertrag ja darüber hinaus auch noch für das Immobilienbüro des Erblassers und hatte nach den Angaben in ihrer Parteivernehmung noch eine eigene Bauträgergemeinschaft, mit der sie Gewinne erzielte.

c) Ebenso wenig ist es als unangemessen zu bewerten, dass die Vertragsparteien 1977 und 1995 die im Vertrag vom 31.05.1977 (Anlage K 11) auf Seite 4 ausdrücklich genannte, im Übrigen mit der Gesellschafterstellung automatisch verbundene Übernahme einer persönlichen Haftung der Beklagten für die Gesellschaftsverbindlichkeiten als wirtschaftlich unerheblich und jedenfalls nicht als eine dem Wert der übernommenen Gesellschaftsanteile gleichwertige Gegenleistung angesehen haben.

Zwar haftet jeder GbR-Gesellschafter theoretisch in voller Höhe mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wirtschaftlich kann diese Belastung aber nicht etwa einfach mit der Höhe der Gesellschaftsverbindlichkeiten bewertet werden. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass ja für die Tilgung der Gesellschaftsverbindlichkeiten zunächst einmal das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung steht, und dass im Übrigen auch ein persönlich in Anspruch genommener Gesellschafter im Innenverhältnis letztlich nur seinen eigenen Anteil zu tragen hat, während er hinsichtlich der Anteile der übrigen Gesellschafter bei diesen Regress nehmen kann, wenn er im Außenverhältnis allein in Anspruch genommen worden ist.

Die Beklagte behauptet zwar in ihrem Schriftsatz vom 21.04.2011, dass die beiden anderen Gesellschafter über kein Vermögen außerhalb der Gesellschaft verfügt hätten, sodass ein etwaiger Regressanspruch der Beklagten gegen sie wirtschaftlich nicht werthaltig gewesen wäre. Sie behauptet aber nicht, dass die Gesellschaftsverbindlichkeiten überhaupt das Gesellschaftsvermögen überstiegen hätten. Immerhin verfügte die Gesellschaft ja über das Eigentum an den von ihr vermieteten und verpachteten Grundstücken. Nach der von der Beklagten selbst als Anlage B 9 vorgelegten Bilanz per 31.12.1976 (Bl 338 d. A.) belief sich das Gesellschaftsvermögen auf 290.652,05 € Anlagevermögen, während die Verbindlichkeiten nur 157.447,64 DM betrugen. Dass der Wert der Gesellschaftsanteile wirtschaftlich wesentlich höher war, ergibt sich auch daraus, dass die Vertragspartner den Wert des Vertrages vom 31.05.1977 mit 300.00,00 DM angegeben haben, wobei sich der Vertrag ja nur auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Umfang von insgesamt 35 % bezog. Dabei ist die Angabe außerdem noch ausdrücklich „im Kosteninteresse“ erfolgt, was in aller Regel indiziert, dass der wirkliche wirtschaftliche Wert noch höher liegt. Nur so ist es auch zu erklären, dass bei praktisch identischem Vertragsgegenstand der Wert 1995 mit nur 150.000,00 DM angegeben worden ist.

d) An dem zumindest ganz überwiegenden Charakter der Übertragungen als Schenkungen kann es auch nichts ändern, dass die Beklagte unstreitig 1978 eine Einlage in Höhe von 60.000,00 DM und nach ihrer Behauptung im Schriftsatz vom 21.04.2011 außerdem 2003 eine weitere Einlage von 50.000,00 € geleistet und Arbeitstätigkeiten für die GbR auch schon vor ihrer Eheschließung mit dem Erblasser und der Übertragung des ersten Gesellschaftsanteils sowie nach der Übertragung des zweiten Gesellschaftsanteils erbracht hat. Alle diese Leistungen stellen nämlich keine Gegenleistung für die Übertragung der Gesellschaftsanteile dar.

Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass Vertragsparteien eine Gegenleistung auch nachträglich vereinbaren und dadurch ein ursprünglich unentgeltliches Geschäft zu einem entgeltlichen Geschäft machen können. Dazu ist es aber erforderlich, dass die nachträglichen Leistungen gerade mit Bezug auf das ursprünglich entgeltliche Geschäft erbracht werden, dass sich die Vertragspartner also über ihren spezifischen Charakter als Gegenleistungen einig sind. Demgegenüber behauptet die Beklagte selbst nicht, mit dem Erblasser derartige Abreden getroffen zu haben, durch die der ursprünglich gewollte Schenkungscharakter nach ihrer übereinstimmenden Vorstellung subjektiv wieder aufgehoben worden wäre.

e) Die Berücksichtigung der Zuwendung der Gesellschaftsanteile nach § 2325 Abs. 1 BGB ist auch nicht nach § 2330 BGB ausgeschlossen.

Um Anstandsschenkungen kann es sich dabei schon deshalb nicht handeln, weil es sich dabei nur um kleinere Zuwendungen wie Gelegenheitsgeschenke oder Trinkgeld handeln darf. Demgegenüber kann auch eine Zuwendung von großem Wert – wie hier – einer sittlichen Pflicht entsprechen, eine solche Pflichtschenkung liegt jedoch nur dann vor, wenn das Ausbleiben einer Belohnung sittlich anstößig wäre (Palandt/Edenhofer BGB, 69. Aufl., § 2330 Rdnr. 3). Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich aber nicht entnehmen, dass es dem Erblasser moralisch vorzuwerfen gewesen wäre, wenn er ihr die Gesellschaftsanteile nicht zugewandt hätte.

Dieses gilt auch dann, wenn man gemäß der Behauptung der Beklagten davon ausgeht, dass sie Arbeitsleistungen für die GbR in einem erheblichen Umfang erbracht hat, obwohl sie zunächst gar nicht Gesellschafterin war und später auch in dieser Eigenschaft bei weitem nicht zu so weitgehenden Leistungen verpflichtet gewesen wäre. Zum einen handelte es sich nämlich, wie oben zu b) bereits dargelegt, jedenfalls nicht um den Einsatz ihrer vollen Arbeitskraft, die Beklagte war daneben stets auch noch in anderem Rahmen tätig. Zum anderen ist eine gegenseitige Unterstützung unter Ehegatten auch sonst üblich, zumal dann, wenn sie einem Unternehmen dient, dessen Erträge zwar rechtlich nur dem einen Ehegatten zustehen, faktisch aber beiden wegen ihres gemeinsamen Wirtschaftens aus einer Kasse zugute kommen. Dass der Erblasser mit der Beklagten für ihre Tätigkeit in seinem Immobilienbüro einen gesonderten Arbeitsvertrag geschlossen hatte, ändert daran nichts. Schließlich hat er ihr mit dem Objekt „F.“ erhebliches Immobilienvermögen zugewandt, und zwar in zwei Schritten jeweils in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass es insgesamt als sittlich anstößig erschienen wäre, wenn der Erblasser von der Übertragung der Gesellschaftsanteile abgesehen hätte.

f) Die Beklagte hat ihre Wertermittlungspflicht, bezogen auf die Übertragungszeitpunkte 1977 und 1995, noch nicht erfüllt. Die Gutachten der Sachverständigen N. und G. beziehen sich ja jeweils nur auf den Zeitpunkt des Erbfalls.

2. Der Klageabtrag zu 4. ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann über diesen Antrag schon jetzt entschieden werden. Er bezieht sich ja nicht auf die Wertermittlungen, hinsichtlich derer noch keine vollständige Erledigung oder rechtskräftige Entscheidung vorliegt, sondern allein auf das Bestandsverzeichnis gemäß dem Klageantrag zu 1.. Über diesen Antrag ist bereits im Anerkenntnis- Teilurteil vom 26.11.2008 rechtkräftig entschieden worden, und die Beklagte hat das geschuldete Nachlassverzeichnis vom 12.12.2008 (Anlage K 22 c) vorgelegt. Zu den jetzt noch offenen Klageanträgen steht der Klageantrag zu 4. nicht in einem Stufenverhältnis.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 260 Abs. 2 BGB nicht vorliegen. Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Beklagte das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt habe.

Das Verzeichnis bezieht sich unter V. auf Zuwendungen während der gesamten Ehezeit, ist also formell vollständig. Ihren zwischenzeitlichen Vortrag über die Bezahlung privater Steuern vom Gesellschaftskonto hat die Klägerin wieder fallengelassen.

Der von ihr nunmehr allein noch geltend gemachte Gesichtspunkt, dass die Beklagte im Nachlassverzeichnis die Übertragung des hälftigen Eigentumsanteils am Objekt „F.“ von 1993 nicht als Schenkung erwähnt habe, reicht als Anhaltspunkt für eine Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten nicht aus. Der Sachverhalt als solcher war und ist der Klägerin nämlich bekannt. Die Beklagte wollte ihn offensichtlich nicht verheimlichen, sie hat ihn vielmehr deshalb nicht im Nachlassverzeichnis aufgeführt, weil es sich aus ihrer Sicht nicht um eine Schenkung handelte. Diese Rechtsansicht und ihre Begründungen waren und sind der Klägerin aus dem vorliegenden Rechtsstreit wiederum auch bekannt. Auch wenn die Rechtsauffassung der Beklagten unrichtig sein sollte, handelt es sich dabei jedenfalls nicht um eine Sorgfaltswidrigkeit i. S. d. § 260 Abs. 2 BGB.

3. Ebenso unbegründet ist der Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 29.01.2009. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Ersatz eines Verzugsschadens nach §§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 286 BGB.

Die Gebühren der Klägervertreter sind ja schon spätestens zum Zeitpunkt ihres Schreibens vom 18.06.2007 (Anlage K 3) entstanden. Zu diesem Zeitpunkt war die Beklagte jedoch gegenüber der Klägerin nicht im Verzug mit der Auskunftserteilung. Das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 13.04.2007 (Anlage K 2) konnte einen solchen Verzug von vornherein nicht auslösen. Darin wurde nämlich nicht der tatsächlich bestehende Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter nach § 2314 BGB gegenüber der Beklagten geltend gemacht, sondern ein Auskunftsanspruch nach § 2027 BGB, weil die Klägerin noch keine Kenntnis vom Testament des Erblassers hatte und davon ausging, neben der Beklagten gesetzliche Erbin geworden zu sein. Da ein solcher Anspruch nach § 2027 BGB tatsächlich nicht bestand, brauchte die Beklagte auf das Schreiben des Rechtsanwalts K. vom 13.04.2007 hin auch nicht tätig zu werden und keine Auskunft zu erteilen.

Daran ändert es nichts, dass die Ansprüche nach § 2314 BGB und nach § 2027 BGB auf ähnliche Leistungen gerichtet sind. Wer seinem Gläubiger 2.000,00 € als Kaufpreis schuldet, kommt mit dieser Leistung nicht dadurch in Verzug, dass ihn der Gläubiger zu Unrecht zur Rückzahlung eines angeblichen Darlehens auffordert, auch wenn die angebliche Darlehenssumme ebenfalls 2.000,00 € beträgt, die Mahnung und der tatsächlich bestehende Anspruch also beide auf Zahlung von 2.000,00 € gerichtet sind.

4. Die Kostenentscheidung muss dem Schlussurteil vorbehalten bleiben.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Die Höhe der Sicherheit entspricht den Kosten, die die Beklagte nach der Schätzung des Gerichts für die Erfüllung der beiden Wertermittlungsansprüche aufwenden muss.

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