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Pflichtteilsrecht eines Adoptivkindes – Umfang des Anspruchs auf Wertermittlung

OLG Köln – Az.: I-2 U 53/11 – Urteil vom 26.10.2011

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das als „Urteil“ bezeichnete Teilurteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 17. März 2011, 1 O 438/10, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des am 16. April 2009 verstorbenen Herrn C. Q. durch Vorlage eines Verzeichnisses, das im Einzelnen umfasst:

a) alle im Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva),

b) alle im Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Passiva),

c) alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten getätigt hat,

d) den Wert des im Grundbuch des Amtsgerichts Aachen zu L., Blatt 4251, D. 15, 00000 I. eingetragenen Grundbesitzes durch Vorlage eines Gutachtens eines Sachverständigen.

Der weitergehende Klageantrag zu 1) wird hinsichtlich der beantragten Vorlage von Belegen als unzulässig verworfen und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO

I.

Die Klägerin ist die im Jahre 1968 geborene Tochter der Beklagten aus deren erster – geschiedener – Ehe. Der erste Ehemann der Beklagten verstarb im Jahre 1971. Die Beklagte war seit dem Jahre 1970 in zweiter Ehe mit dem am 16. April 2009 verstorbenen Erblasser verheiratet. Dieser adoptierte die Klägerin mit notariell beurkundetem Adoptionsvertrag vom 2. November 1972 (Urkundenrollen-Nr. 2431/1972 des Notars Dr. J. in I.). In dem Vertrag heißt es u.a.

„Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass T. [der Klägerin] beim Tod des Herrn Q. [des Ehemannes] keinerlei Pflichtteilsrechte zustehen sollen.“

Mit Beschluss vom 15. Dezember 1972 genehmigte das Amtsgericht Aachen den Vertrag vom 2. November 1972 vormundschaftsgerichtlich (§ 1751 Abs. 1 BGB a.F.) und bestätigte diesen (§ 1741 BGB a.F.). Eine Erklärung nach Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG wurde vor dem Amtsgericht Schöneberg nicht abgegeben. Die Eheleute errichteten am 17. Dezember 2008 vor dem Notar S. in I. einen Erbvertrag, in dem sich die Eheleute wechselseitig zum alleinigen Erben einsetzten.

Mit der vorliegenden Stufenklage macht die Klägerin Pflichtteilsansprüche geltend.

Sie hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein Pflichtteilsanspruch zu, da sie nicht wirksam auf einen solchen Anspruch verzichtet habe. Die in der notariellen Urkunde enthaltene Erklärung erfülle nicht die notwendigen Voraussetzungen für einen Verzichtsvertrag; das Vormundschaftsgericht habe nur die Adoption, nicht indes den Pflichtteilsverzicht genehmigt. Zudem sei aufgrund der gesetzlichen Regelungen in dem „Adoptionsgesetz 1977“ der Ausschluss des Pflichtteilsrechts unwirksam.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe kein Pflichtteilsanspruch zu. In der die Adoption betreffenden notariellen Urkunde sei gleichzeitig der Verzicht auf das Pflichtteilsrecht erklärt worden. Dies sei nach dem damaligen Recht wirksam gewesen. Das „Adoptionsgesetz 1977“ sei insoweit nicht anwendbar.

Das Landgericht hat im Teilurteil vom 17. März 2011 die Beklagte im Wesentlichen hinsichtlich des Klageantrages zu 1) antragsgemäß verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht eingelegte und fristgerecht begründete Berufung der Beklagten.

Mit der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen. Zudem vertritt sie die Auffassung, die Klägerin besitze keinen Anspruch auf Vorlage eines Gutachtens eines „öffentlich bestellten und vereidigten“ Sachverständigen.

Die Beklagte beantragt, unter Änderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 17. März 2011 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Teilurteil des Einzelrichters des Landgerichts vom 17. März 2011 Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten hat, wie der Senat eingehend in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert hat, in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg. Insoweit hat der Senat, unter Berücksichtigung des Umfanges, in dem der Rechtsstreit dem Senat angefallen ist, den Tenor der Entscheidung insgesamt neu gefasst. Das Landgericht hat die Stufenklage auf der ersten Stufe zu Unrecht (§ 513 Abs. 1 ZPO) auch hinsichtlich der Vorlage von Belegen sowie eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zugesprochen. Im Übrigen bietet die Berufung keine Aussicht auf Erfolg.

1. Zutreffend hat das Landgericht die Klägerin als gesetzliche Erbin und Pflichtteilsberechtigte angesehen. Ihr Pflichtteilsrecht ist nicht durch die in der notariellen Urkunde vom 2. November 1972 enthaltene Regelung ausgeschlossen.

Die Klägerin ist nach den bis zum 31. Dezember 1977 geltenden Vorschriften im Wege eines Vertrages (sog. Vertragssystem; vgl. RGRK/Dickescheid, 12. Auflage 1999, vor § 1741 Rn. 30) adoptiert worden. Mit dem Inkrafttreten des neuen Adoptionsrechts im Jahr 1977 hat sich ihr Status aufgrund der Regelungen in Art. 12 § 2 AdoptG geändert. Nach dieser Bestimmung wurden bei einem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der gesetzlichen Neuregelung zum 1. Januar 1977 noch minderjährigen Adoptivkind bis zum 31. Dezember 1977 auf das Annahmeverhältnis die bisher geltenden Vorschriften über die Annahme an Kindes statt angewandt (Art. 12 § 2 Abs. 1 AdoptG). Ab dem 1. Januar 1978 unterliegt ein – bereits begründetes – Annahmeverhältnis ausschließlich den Vorschriften des neuen Rechts, wenn nicht ein entsprechender Widerspruch ausdrücklich erklärt worden ist (vgl. Soergel/Liermann, BGB, 13. Auflage 2000, Vor § 1741 Rn. 54, 57). Soweit in einem Annahmevertrag das Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen war, verlor dieser Ausschluss mit Ablauf des 31. Dezember 1977 seine Wirksamkeit. Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 1 AdoptG verweist nicht auf Art. 12 § 1 Abs. 5 AdoptG, der den Ausschluss des Erbrechts bei der Volljährigenadoption von der Gesetzesänderung unberührt lässt (vgl. auch Staudinger/Frank, BGB, Bearb. 2007, Vorbem zu §§ 1741 ff. Rn. 66; Staudinger/Frank, BGB, 12. Auflage 1992, Vorbem zu §§ 1741 ff. Rn. 60.).

Diese Grundsätze gelten auch für das streitbefangene Statusverhältnis der Klägerin. Diese war beim Inkrafttreten des Gesetzes noch minderjährig, und zudem ist keine entsprechende Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Schöneberg abgegeben worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten verlor mit der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls die in dem Adoptionsvertrag aufgenommene Regelung, dass der Klägerin beim Tod des annehmenden Ehemannes keinerlei Pflichtteilsrechte zustehen sollten, ihre rechtliche Wirkung. Denn nach dem zum 1. Januar 1977 aufgehobenen § 1767 BGB a.F. waren im Rahmen einer vor dem Stichtag erfolgten Adoption grundsätzlich Vereinbarungen über den Ausschluss des Erbrechts sowie des Pflichtteilsrecht des Kindes möglich (vgl. dazu RGRK/Meyer/Scheffler, 10./11. Auflage 1964, § 1767 Anm. 2; vgl. auch Wetzel, ZEV 2011, 401 [402]). Seit dem Inkrafttreten des neuen Adoptionsrechts besteht diese Möglichkeit nicht mehr. Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung sowie der Übergangsvorschrift war die Intention des Gesetzgebers, ein noch minderjähriges Adoptivkind durch eine erbrechtlich vollständige Gleichstellung mit den leiblichen Kindern in eine harmonische und lebenstüchtige Familie zu integrieren (BVerfG, NJW 2003, 2600; BT-Drucks. 7/3061, S. 19). Mit dieser neu geschaffenen zwingenden Erbenstellung des Adoptivkindes ist zugleich eine entsprechende Pflichtteilsberechtigung verbunden (vgl. §§ 1924 ff., 2303 BGB; vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 70. Auflage 2011, § 1754 Rn. 3; Palandt/Weidlich, aaO, § 1924 Rn. 10). Nur so lässt sich die von dem Gesetzgeber erstrebte (vgl. § 1754 BGB) vollständige Gleichstellung des Adoptivkindes mit den leiblichen Kindern erzielen. Diese gesetzliche Regelung, die die vertraglichen Vereinbarungen überwindet, ist nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2003, 2600; vgl. auch OLG Hamm, FGPrax 2002, 227) nicht verfassungswidrig. Der Eingriff in die erbrechtliche Vermögensdispositionen des Annehmenden wiegt nicht allzu schwer. Zudem kommt bei der gebotenen Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vertrauensschadens für den Annehmenden und der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl des adoptierten Kindes und seiner neuen Familie ersterem keine überwiegende Bedeutung zu.

2. Der somit nach § 2314 BGB bestehende Auskunftsanspruch der Klägerin umfasst indes keinen Anspruch auf Vorlage eines Gutachtens eines „öffentlich bestellten und vereidigten“ Sachverständigen. Ein Pflichtteilsberechtigter kann allerdings neben der Auskunft über den Bestand des Nachlasses auch vom Erben als Anspruchverpflichteten verlangen, dass der Wert der dazu geeigneten Nachlassgegenstände durch einen unparteiischen Sachverständigen auf Kosten des Nachlasses ermittelt wird (vgl. nur BGHZ 89, 24 [29] = NJW 1984, 487; BGHZ 107, 200 ff. = NJW 1989, 2887). Die Qualifikation des Sachverständigen ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Der Senat teilt die in der Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 454) und Literatur (Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2011, § 2314 BGB Rn. 42) vertretene Auffassung, dass der Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch auf Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hat, denn eine Allgemeinvereidigung des Sachverständigen ist ohne Einfluss auf Qualifikation und Unabhängigkeit des Sachverständigen. Insoweit hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 17. Mai 1996 überzeugend ausgeführt (NJW-RR 1997, 454 [455]):

„Die öffentlichen Vereidigung erfolgt aus Gründen der Praktikabilität vornehmlich bei Sachverständigen, die häufig als Gutachter tätig werden. Eine solche Allgemeinvereidigung hat den Vorteil, dass der Sachverständige sich im Einzelfall aufgrund entsprechender Anordnung des Gerichts auf den geleisteten Eid berufen kann. Auch bei Erstattung eines schriftlichen Gutachtens kann sich der Sachverständige schriftlich auf seinen allgemein geleistete Eid beziehen. Eine solche Bezugnahme ist allerdings nur erforderlich, wenn das Gericht im Einzelfall eine Vereidigung für notwendig hält. Der Sachverständige ist nämlich grundsätzlich uneidlich zu vernehmen (vgl. OLG München, VersR 1984, 590). Eine Vereidigung ist regelmäßig nur geboten, wo eine subjektive falsche Begutachtung bzw. die Begünstigung einer Partei zu besorgen ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 18. Aufl., § 410 Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 51. Aufl., § 410 Rn. 1). Dazu wird selten Anlass bestehen. Mithin kommt der Allgemeinvereidigung des Sachverständigen letztlich nur eine geringe Bedeutung zu. Die von Sachverständigen gewohnheitsmäßig spontan abgegebenen eidesstattlichen Versicherung sind ohnehin ohne Belang (vgl. hierzu Zöller/Greger, § 411 Rn. 4; Peters, NJW 1990, 832). Vorstehende Ausführungen verdeutlichen, dass die öffentliche Vereidigung eines Sachverständigen über dessen Qualifikation und Unparteilichkeit nichts aussagt. Dementsprechend kann der Pflichtteilsberechtigte, dem ohnehin nur ein Wertermittlungsanspruch zugebilligt wird, damit er in die Lage versetzt wird, sich ein verlässliches Bild über den Wert eines Gegenstandes vorliegender Art zu machen (vgl. nur BGH, NJW 1975, 258 [259]), die Vorlage eine Gutachtens eines „öffentlich vereidigten“ Sachverständigen nicht verlangen.“

Diesen Ausführungen stimmt der Senat umfänglich zu und nimmt auf sie zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug.

3. Soweit das Landgericht die Beklagte zusätzlich verurteilt hat, die erteilten Auskünfte zu belegen, hat die Berufung ebenfalls Erfolg. Die Klägerin hat entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die von ihr verlangten Belege nicht hinreichend bestimmt.

Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift bestimmte Angaben bezüglich des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Daraus ergibt sich verfahrensrechtlich die Pflicht zur genügenden Konkretisierung des Leistungsinhalts. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Vorlage von Belegen erfolgt im Wege der Leistungsklage. Bei einer solchen muss u.a. mit Rücksicht auf eine mögliche Zwangsvollstreckung genau bezeichnet werden, welche Leistung der Beklagte erbringen soll; der Klageantrag muss einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (BGH, NJW 1983, 1056; NJW-RR 1988, 693; OLG Köln [7. Zivilsenat], MDR 1993, 83; LG Saarbrücken, JurBüro 1988, 1591; Musielak/Foerste, ZPO, 8. Auflage 2011, § 253 Rn. 32; Zöller/Greger, ZPO, 28. Auflage 2010, § 253 Rn. 13c). Die Beklagte muss dem Klageantrag auch entnehmen können, welches Risiko für sie besteht, und sie muss sich umfassend verteidigen können (BGH, NJW 1978, 1584; NJW 1983, 1056). Nur eine genaue Bezeichnung der von ihr erwarteten Leistung eröffnet der Beklagten die Möglichkeit zu prüfen, ob sie den Anspruch anerkennen oder sich gegen ihn zur Wehr setzen will. Die klagende Partei kann dem Risiko, mit ihrer Auffassung im Prozess (ganz oder teilweise) mit entsprechender Kostenlast zu unterliegen, durch einen unbestimmten Rahmenantrag entgehen. Hierdurch wird der Streit über die Erfüllung der Verpflichtung in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Dieses ist indes auf die Entscheidung solcher Streitfragen nicht zugeschnitten und bietet dafür nicht die nötigen Rechtsgarantien (BGH, NJW 1983, 1056).

Diesen von gefestigter Rechtsprechung und Literatur aufgestellten Grundsätzen genügt der von der Klägerin gestellte Klageantrag, die Beklagte zu verurteilen, „die dazugehörigen Belege“ vorzulegen, nicht, so dass der Klageantrag insoweit mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich erscheint. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die gesetzliche Regelung und auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.000,00 €

Maßgeblich ist hier das Abwehrinteresse der Beklagten als Berufungsführerin. Dieses wird nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten bestimmt, der für einen Berufungsführer mit der Erfüllung einer ausgeurteilten Auskunftserteilung verbunden ist (vgl. nur die umfangreichen Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage 2010, § 3 Rn. 16 Stichwort „Auskunft“). Vorliegend folgt der Senat den Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift, dass die Erstellung eines schriftlichen Nachlassverzeichnisses einen zeitlichen Aufwand von 3 Stunden in Anspruch nimmt; entsprechend sind bei dem maximalen Stundensatz nach dem JVEG von 17,00 € insgesamt 51,00 € anzusetzen. Zudem dürften die Kosten für die Erstellung des tenorierten Sachverständigengutachtens bei 703,00 € bis 858,00 € zuzüglich Auslagen und MWSt. liegen.

Rechtlich fehl gehen die jetzigen Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dem am 10. Oktober 2011 bei Gericht eingereichten Schriftsatz vom 6. Oktober 2011. Unabhängig davon, dass die Klägerin bzw. ihre Prozessbevollmächtigte nicht zwischen dem Angriffsinteresse einer klagenden Partei und dem Abwehrinteresse eines Beklagten differenzieren, sind auch die Ausführungen rechtsfehlerhaft. „Der Wert der Auskunftsstufe in einer Stufenklage“ entspricht nicht grundsätzlich „dem Wert des Leistungsanspruchs.“ Vielmehr ist das mit einem Auskunftsanspruch verbundene Angriffsinteresse regelmäßig nicht identisch mit der Hauptsache, sondern entspricht nur einem Teilwert, der nach § 3 ZPO zu schätzen ist, wobei sich in der Praxis ein Wert von 1/10 bis 1/4 des möglichen Leistungsbegehrens eingespielt hat (vgl. Zöller/Herget, aaO, § 3 Rn. 16 Stichwort „Auskunft“). Keine andere Beurteilung rechtfertigt der Beschluss der Einzelrichterin des 10. Zivilsenats des OLG Köln vom 11. September 2009, 10 WF 160/09. Dieser befasst sich, was indes von der Prozessbevollmächtigten verkannt wird, nicht mit der gesonderten Festsetzung des Streitwertes für einen Auskunftsanspruch, sondern mit der Frage, welcher Streitwert bei einem Zusammentreffen von Leistungs- und Vorbereitungsansprüchen im Rahmen einer Stufenklage (§ 254 ZPO) maßgebend ist.

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