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Testamentsauslegung bei Bezugnahme auf gesetzliche Regelung

Gesetzliche Regelungen im Testament: Interpretation und Anwendung

Das Gericht entschied, dass der erteilte Erbschein gültig bleibt, da er dem wirklichen Willen der Erblasserin entspricht. Die Erblasserin hatte in ihrem Testament die Formulierung „Es bleibt die gesetzliche Regelung“ verwendet, die das Gericht als Ausdruck ihres Wunsches interpretierte, sowohl ihre Adoptivkinder als auch ihre Pflegekinder gleich zu behandeln. Dies wurde durch Zeugenaussagen und weitere Testamentsinhalte bestätigt.

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Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Antrag auf Einziehung des Erbscheins: Die Antragstellerin beantragte, den Erbschein einzuziehen, da sie der Meinung war, er sei unrichtig.
  2. Adoptiv- und Pflegekinder: Die Erblasserin hatte sowohl Adoptivkinder als auch Pflegekinder, die sie in ihrem Testament erwähnte.
  3. Formulierung im Testament: Die Formulierung „Es bleibt die gesetzliche Regelung“ im Testament wurde zentral für die Entscheidung des Gerichts.
  4. Gleichbehandlung der Kinder: Das Gericht fand heraus, dass die Erblasserin beabsichtigte, alle ihre Kinder, sowohl Adoptiv- als auch Pflegekinder, gleich zu behandeln.
  5. Testamentsauslegung: Die Auslegung des Testaments war entscheidend, um den wahren Willen der Erblasserin zu verstehen.
  6. Zeugenaussagen: Zeugenaussagen unterstützten die Interpretation, dass die Erblasserin alle ihre Kinder gleich behandeln wollte.
  7. Bedeutung der persönlichen Gegenstände: Die Verteilung persönlicher Gegenstände im Testament zeigte die Absicht der Gleichbehandlung aller Kinder.
  8. Rechtsprechung des BGH: Die Entscheidung berücksichtigte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezüglich der Testamentsauslegung.

Testamentsauslegung und die Bedeutung der „gesetzlichen Regelung“

Im Zentrum des Falles steht ein Testament, das von der Erblasserin in den Jahren 1993, 1995 und zuletzt 1999 verfasst wurde. Die letzte Willenserklärung enthielt die kritische Formulierung „Es bleibt die gesetzliche Regelung“. Dieser Satz wurde zum Dreh- und Angelpunkt des Rechtsstreits. Die Erblasserin, die in ihrem Leben sowohl Adoptivkinder als auch Pflegekinder aufgenommen hatte, hinterließ ein Vermächtnis, dessen Interpretation zu einer rechtlichen Auseinandersetzung führte. Die Antragstellerin, eines der Adoptivkinder, trat mit der Überzeugung vor Gericht, dass laut der Formulierung „gesetzliche Regelung“ nur die Adoptivkinder als gesetzliche Erben in Frage kämen. Die Pflegekinder, so ihre Auffassung, seien lediglich als Vermächtnisnehmer zu betrachten.

Die Rolle von Adoptiv- und Pflegekindern im Testament

Interessant ist, dass die Erblasserin in ihren früheren Testamenten eine klare Unterscheidung zwischen ihren Adoptiv- und Pflegekindern getroffen hatte. Dies änderte sich jedoch im Testament von 1999, wo diese Unterscheidung nicht mehr so klar ersichtlich war. Hieraus ergab sich die rechtliche Problematik: Waren die Pflegekinder in der gleichen Weise zu behandeln wie die Adoptivkinder? Die Antragstellerin argumentierte, dass dies nicht der Fall sei, basierend auf der testamentarischen Formulierung und der historischen Unterscheidung zwischen den Kindern.

Analyse und Interpretation des Testamentstextes

Das Gericht stand vor der Aufgabe, den wahren Willen der Erblasserin zu ermitteln. Hierbei spielten nicht nur die Worte des Testaments eine Rolle, sondern auch der Kontext und die bisherige Behandlung der Kinder durch die Erblasserin. Besonders herausfordernd war die Auslegung der Klausel „Es bleibt die gesetzliche Regelung“. Die Antragstellerin interpretierte diese als einen Verweis auf die gesetzliche Erbfolge, die nur die Adoptivkinder als Erben vorsieht. Jedoch wies das Gericht darauf hin, dass diese Auslegung nicht zwingend sei und auch eine andere Deutung möglich wäre.

Gerichtsurteil: Erbschein bleibt bestehen

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der erteilte Erbschein dem wirklichen Willen der Erblasserin entsprach und wies den Antrag auf dessen Einziehung zurück. Es wurde festgestellt, dass die Erblasserin alle ihre Kinder, sowohl die Adoptiv- als auch die Pflegekinder, gleich behandeln wollte. Dieses Urteil stützte sich auf verschiedene Aspekte, darunter die Auslegung des Testaments, Zeugenaussagen und frühere Willenserklärungen der Erblasserin. Insbesondere wurde die Gleichbehandlung aller Kinder sowohl in der Testamentssprache als auch in den Handlungen der Erblasserin während ihres Lebens deutlich.

Das Urteil des AG Gummersbach vom 29. Mai 2015 beleuchtet die Komplexität der Testamentsauslegung und unterstreicht die Bedeutung einer klaren Formulierung testamentarischer Wünsche. In diesem speziellen Fall wurde die Absicht der Erblasserin, alle ihre Kinder gleich zu behandeln, bestätigt, was zu einem fairen und gerechten Ergebnis für alle Beteiligten führte.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Welche rechtliche Bedeutung hat die Formulierung „gesetzliche Regelung“ in einem Testament und wie beeinflusst sie die Erbfolge?

Die Formulierung „gesetzliche Regelung“ in einem Testament bezieht sich auf die gesetzlichen Bestimmungen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt sind. Diese Bestimmungen regeln die Form und den Inhalt eines Testaments sowie die Konsequenzen, die sich aus der Errichtung oder dem Widerruf eines Testaments ergeben können.

Die gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft, wenn der Erblasser kein Testament hinterlässt oder keine sonstige rechtsgeschäftliche Regelung, wie einen Erbvertrag, vorliegt. In diesem Fall bestimmt das Gesetz, wer die Erben sind und wie das Vermögen des Verstorbenen aufgeteilt wird. Die gesetzliche Erbfolge richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis: Zunächst erben die nächsten Verwandten, also Kinder und Enkel, dann weiter entfernte Verwandte wie Geschwister, Neffen und Nichten. Schließlich erben Onkel und Tanten sowie Cousins und Cousinen.

Ein Testament ermöglicht es dem Erblasser, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen und seine Erben selbst zu bestimmen. Es kann auch verwendet werden, um bestimmte Personen von der Erbfolge auszuschließen oder bestimmte Vermögenswerte bestimmten Personen zu hinterlassen. Allerdings muss das Testament bestimmte formelle Voraussetzungen erfüllen, um gültig zu sein. Dazu gehört, dass es entweder von einem Notar erstellt oder vom Testierenden vollständig handschriftlich verfasst wurde.

Die Formulierung „gesetzliche Regelung“ in einem Testament kann also bedeuten, dass der Erblasser die gesetzliche Erbfolge beibehalten möchte, oder sie kann darauf hinweisen, dass er bestimmte gesetzliche Bestimmungen beachtet hat, um sein Testament gültig zu machen. In jedem Fall hat die Formulierung Auswirkungen auf die Erbfolge, da sie bestimmt, wer die Erben sind und wie das Vermögen des Erblassers aufgeteilt wird.

Inwiefern unterscheiden sich die Rechte von „Adoptivkindern“ und „Pflegekindern“ im Erbrecht?

Adoptivkinder und Pflegekinder haben unterschiedliche Rechte im Erbrecht.

Adoptivkinder sind im Erbrecht den leiblichen Kindern gleichgestellt. Sie treten mit den Adoptiveltern und allen Verwandten der Adoptiveltern in eine Erbfolge ein. Sie sind daher voll erbberechtigt, sowohl gegenüber den Adoptiveltern als auch gegenüber den anderen adoptierten Verwandten. Bei der Adoption volljähriger Kinder erlischt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Angehörigen nicht. Sie können von den Adoptiveltern und den leiblichen Eltern erben. Gegenüber anderen Verwandten der adoptierenden Eltern hat das erwachsene Adoptivkind jedoch keinen Erbanspruch.

Pflegekinder hingegen haben gegenüber ihren Pflegeeltern kein Erbrecht. Unabhängig davon, wie lange sie in der Familie leben und wie eng die Bindung zu den Pflegeeltern ist, erben sie nichts, wenn diese sterben. Pflegekinder sind mit ihren Pflegeeltern nicht verwandt, daher besteht kein gesetzliches Erbrecht.

Es ist jedoch möglich, dass Pflegeeltern ein Testament aufsetzen, in dem sie das Pflegekind als Erben einsetzen. In diesem Fall muss geklärt werden, wer das Sorgerecht für das Kind hat, insbesondere die Vermögenssorge, da dieser das Erbe für das Kind bis zur Volljährigkeit entsprechend verwalten muss.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Informationen auf dem deutschen Recht basieren und in anderen Ländern unterschiedlich sein können.


Das vorliegende Urteil

AG Gummersbach – Az.: 40 VI 796/14 – Beschluss vom 29.05.2015

Der Antrag der Antragstellerin, den am 29.10.2014 vom Amtsgericht H. erteilten Erbschein einzuziehen, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner wurden von der Erblasserin bereits in den 70er bzw. 80er Jahren adoptiert. Bei der Beteiligten zu 3), geboren am 00.00.1987, und der Beteiligten zu 4), geboren am 00.00.1995, handelte es sich um Pflegekinder der Erblasserin; sie kamen bereits wenige Tage nach ihrer Geburt in die Obhut der Erblasserin; eine Adoption durch die Erblasserin war aufgrund der jeweils fehlenden Zustimmung der leiblichen Mütter der Beteiligten zu 3) und 4) nicht möglich.

Die Erblasserin errichtete unter dem 00.00.1993, unter dem 00.00.1995 und unter dem 00.00.1999 Testamente. Wegen der Wortlaute der Testamente vom 00.00.1993 und vom 00.00.1995 wird auf Bl. 4-11 der Testamentsakte, Az. 40 IV 000/14, Bezug genommen. Das Testament vom 00.00.1999 enthält u.a. folgenden Inhalt:

„Mein letzter Wille!

Es bleibt die gesetzliche Regelung. Das Haus darf in den nächsten 20 Jahren nicht verkauft werden. Aus dem Überschuss der Lebensversicherung soll zuerst das WFA-Darlehen abgezahlt werden. Meine persönlichen Sachen sollen unter meinen 4 Kindern aufgeteilt werden. E. soll auf jeden Fall meine Barbie und K. auf jeden Fall meinen Steiff-Teddy haben ( … ).

Ich liebe Euch alle 4 gleich und ich weiß, Ihr werdet es gut machen.“

Die Erblasserin verstarb am 08.08.2014; im Oktober 2014 erfolgte die Testamentseröffnung. Am 13.10.2014 führten die Antragstellerin und der Antragsgegner eine SMS-Unterhaltung mit folgendem Inhalt (Bl. 38 d.A.):

Antragstellerin: “ Ja die Testamente hab ich bekommen“

Antragsgegner: „Wann denn?“

Antragstellerin: „Samstag. Wir erben alle zu gleichen Teilen“

Antragsgegner: „Ok. Hab noch nix bekommen. Ich denke, dann kommt das heute.“

Am 24.10.2014 haben der Antragsgegner und die Beteiligten zu 3) und 4) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheines auf Grundlage des Testaments vom 00.00.1999, nachdem die Erblasserin von den Beteiligten zu 1) bis 4) zu gleichen Teilen beerbt wurde, beantragt. Unter dem 29.10.2014 hat das Nachlassgericht antragsgemäß den Erbschein erteilt. Mit Schriftsatz vom 29.12.2014 hat die Antragstellerin die Einziehung des Erbscheins beantragt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der Erbschein unrichtig sei. Erben der Erblasserin seien lediglich sie selbst und der Antragsgegner – die Adoptivkinder und gesetzlichen Erben der Erblasserin – geworden, nicht auch die Beteiligten zu 3) und 4) als Pflegekinder der Erblasserin. Dies ergebe sich aus der im Testament vom 00.00.1999 enthaltenen Bestimmung „Es bleibt die gesetzliche Regelung“. Die Beteiligten zu 3) und 4) seien nach dem Testament lediglich Vermächtnisnehmer. Die Erblasserin sei sich bewusst gewesen, dass nach der „gesetzlichen Regelung“ lediglich ihre Adoptivkinder erben würden. Bereits in einem früheren Testament vom 00.00.1995 haben sie sprachlich zwischen ihren „Adoptivkindern“ und ihren „Pflegekindern“ unterschieden. Hätte sie auch ihre Pflegekinder zu Erben einsetzen wollen, hätte es der Regelung, nach der ihre persönlichen Sachen zwischen ihren vier Kindern aufgeteilt werden sollen, nicht bedurft. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 19 f., 44 f. und 52 ff. und 77 f. d.A. Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt, den am 29.10.2014 vom Amtsgericht H. erteilten Erbschein, wegen Unrichtigkeit einzuziehen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf Einziehung des Erbscheins zurückzuweisen.

Der Antragsgegner und die Beteiligten zu 3) und 4) sind der Ansicht, dass die Erblasserin mit der Formulierung „Es bleibt die gesetzliche Regelung“ habe ausdrücken wollen, dass ihre Adoptivkinder und ihre Pflegekinder zu gleichen Teilen erben sollten, da die Erblasserin sie – ungeachtet ihrer jeweiligen rechtlichen Stellung zu der Erblasserin – gleich geliebt und gleich behandelt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte sowie der Testamentsakte, Az. 40 IV 000/14, Bezug genommen.

II.

1. Ergibt sich, dass ein erteilter Erbschein unrichtig ist, so hat das Nachlassgericht diesen gemäß § 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen. Demgemäß war der erteilte Erbschein nicht einzuziehen, da dieser dem tatsächlichen Willen der Erblasserin entspricht.

Bei dem am 00.00.1999 erstellten, privatschriftlichen Testament der Erblasserin, handelt es sich erkennbar – dies zeigt auch die Zusammenschau mit den zuvor errichteten privatschriftlichen Testamenten vom 00.00.1993 und vom 00.00.1995 – um das Testament eines juristischen Laien. Die in dem Testament getroffene Regelung „Es bleibt die gesetzliche Regelung“ ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin keineswegs eindeutig dahingehend zu verstehen, dass die Erblasserin ihre gesetzlichen Erben – die Antragstellerin und den Antragsgegner – als Erben einsetzen wollte. Sie ist vielmehr schon aus dem Grund auslegungsbedürftig, weil die Erblasserin den Begriff „gesetzliche Regelung“ und nicht den Begriff „gesetzlichen Erbfolge“ verwendete und aus dem weiteren Testamentsinhalt nicht eindeutig hervor geht, was mit „gesetzliche Regelung“ gemeint ist, welche Personen also aufgrund der „gesetzlichen Regelung“ zu Erben der Erblasserin eingesetzt werden sollten. Neben einer Einsetzung ihrer Adoptivkinder als Erben zu gleichen Teilen ist hier ebenso eine Einsetzung ihrer Adoptivkinder und ihrer Pflegekinder als Erben zu gleichen Teilen denkbar.

Bei der Auslegung einer Verfügung von Todes wegen ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Die insoweit gebotene Testamentsauslegung muss die Ermittlung dessen zum Ziel haben, was der testierende Erblasser mit seinen Worten sagen wollte; allein sein subjektives Verständnis der von ihm verwendeten Worte und Begrifflichkeiten ist insoweit maßgeblich (OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2011, 10 U 112/10).

Bereits die Formulierung am Ende des Testaments legt nahe, dass die Erblasserin eine unterschiedliche Behandlung der Beteiligten zu 1) bis 4) aufgrund deren rechtlicher Beziehung zu ihr – Adoptivkinder auf der einen und Pflegekinder auf der anderen Seite – nicht vornahm und vielmehr die Beteiligten zu 1) bis 4) als Erben zu gleichen Teilen einsetzen wollte („Ich liebe Euch alle 4 gleich und ich weiß, Ihr werdet es gut machen“). Diese Gleichbehandlung wird zudem aus der im Testament enthaltenen Bestimmung, dass die persönlichen Sachen der Erblasserin zwischen ihren vier Kindern aufgeteilt werden sollen, ersichtlich. Dass die Erblasserin ihren persönlichen Gegenständen bzw. deren Verteilung wiederum große Bedeutung beimaß, wird aus der Zusammenschau aller Testamente deutlich, in der sie stets bestimmte persönliche Gegenstände ausdrücklich einem der Beteiligten zu 1) bis 4) zuwies. Da es sich bei der Erblasserin – wie bereits dargestellt – um einen juristischen Laien handelte, kann dieser Bestimmung auch nicht entnommen werden, dass die Beteiligten zu 3) und 4) lediglich Vermächtnisnehmer sein sollten; Laientestamente enthalten häufig Wiederholungen, weil der Testierende die erbrechtlichen Konstrukte nicht kennt. Aus der in Bezug genommenen Formulierung wird zudem deutlich, dass die Erblasserin neben ihren Adoptivkindern auch ihre Pflegekinder als ihre „Kinder“ bezeichnete, ohne hierbei terminologisch zu differenzieren.

Dass die Erblasserin neben ihren Adoptivkindern auch ihre Pflegekinder als Erben im Sinne der „gesetzlichen Regelung“ verstanden wissen wollte, wird zudem dadurch belegt, dass die Erblasserin bereits im ersten Testament vom 00.00.1993 die Beteiligte zu 3) – die Beteiligte zu 4) war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geboren – nach ihrer Vorstellung als weitere Erbin für den Fall einsetzen wollte, dass diese an ihrem 18. Geburtstag noch mit der Antragstellerin und dem Antragsgegner in einer Familie leben sollte; in diesem Fall sollte das Erbe gedrittelt werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Erblasserin sodann im Testament vom 00.00.1995 die Antragstellerin und den Antragsgegner als Erben zu gleichen Teilen einsetzte. Hätte die Erblasserin an dieser Erbeinsetzung festhalten wollen, hätte es aus ihrer laienhaften Sicht nahe gelegen, die Antragstellerin und den Antragsgegner im Testament vom 00.00.1999 wiederum namentlich aufzuführen, anstatt pauschal – ohne weitere namentliche Bezeichnung der Erben und damit anders als in den vorherigen Testamenten vom 00.00.1993 und vom 00.00.1995 – auf die „gesetzliche Regelung“ Bezug zu nehmen.

Die Gleichbehandlung der Beteiligten zu 1) bis 4) unabhängig von deren rechtlicher Stellung zur Erblasserin wird zudem durch mehrere schriftliche Zeugenaussagen Angehöriger und enger Freunde der Erblasserin – auch Zeugenaussagen sind bei der Ermittlung des wirklichen Erblasserwillens einzubeziehen – bestätigt; auf die Aussagen des Bruder der Erblasserin, Herrn U. S. (Bl. 41 d.A.), der langjährigen Freunde und Paten der Beteiligten zu 2) bis 4), Frau C. I. und Herr I. I. (Bl. 42 d.A.), deren Tante, Frau E. B. (Bl. 43 bzw. 50 d.A.) sowie deren Onkel, Herrn E. S. (Bl. 49 d.A.), wird insoweit Bezug genommen. Herr U. S. gab auch an, dass die Erblasserin ihm gegenüber geäußert habe, dass alle ihre Kinder sie nach ihrem Tod zu gleichen Teilen beerben sollten.

Zuletzt belegen auch die von der Antragstellerin abgegeben Erklärungen in der SMS-Unterhaltung mit dem Antragsgegner vom 13.10.2014, nachdem diese vom Inhalt der eröffneten Testamente Kenntnis erlangt hatte, dafür, dass nach dem Willen der Erblasserin nicht lediglich sie und der Antragsgegner zu gleichen Teilen, sondern daneben auch die Beteiligten zu 3) und 4) die Erblasserin beerben sollten. Mit der Formulierung „Wir erben alle zu gleichen Teilen“ kann die Antragstellerin nur gemeint haben, dass nach ihrem Verständnis auch die Beteiligten zu 3) und 4) erben sollten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geben auch die nach dem Erbfall geäußerten Auffassungen der Beteiligten von dem Inhalt des Testaments Anhaltspunkte für den Willen des Erblassers (vgl. BGH ZEV 2009, 459, 461 m.w.N.).

Mangels Unrichtigkeit war der Erbschein daher nicht einzuziehen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 353 Abs. 1, 81 Abs. 1 S. 1 FamFG.

3. Verfahrenswert: 51.250,00 EUR

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