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Testamentsvollstrecker: Feststellung der Höhe des Vergütungsanspruchs

LG Hamburg, Az.: 318 O 35/13

Urteil vom 29.05.2013

Es wird festgestellt, dass die Vergütung der Beklagten für die Testamentsvollstreckung (H..-J.. O.., verstorben am …2011) den Betrag von € 14.919,43 nicht übersteigt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt Feststellung bzgl. der Vergütung der Beklagten als Testamentsvollstreckerin.

Testamentsvollstrecker: Feststellung der Höhe des Vergütungsanspruchs
Foto: D_Premium_shots/Bigstock

Die Beklagte ist Testamentsvollstreckerin nach dem am …2011 verstorbenen H..-J.. O.., dem Vater des Klägers. Dieser hatte ein notarielles Testament errichtet (Anlage K1), wonach der Kläger zur Hälfte als unbeschränkter Erbe eingesetzt worden ist. Hinsichtlich der weiteren Hälfte wurde die Beklagte als Vorerbin eingesetzt sowie der Kläger als Nacherbe.

Zum Nachlass gehören verschiedene Konten bei verschiedenen Banken; erheblich wertvolle Gegenstände sind im Nachlass nicht enthalten. Die Wohnung des Erblassers (B.. 4) wurde vom Kläger am 2. November 2011 gekündigt und zum 31. Januar 2012 zurückgegeben. Für die Entsorgung und Räumung der Wohnung sorgte – ohne Probleme – im Wesentlichen der Kläger.

Mit Schreiben vom 18. April 2012 erhielt der Kläger ein vorläufiges Nachlassverzeichnis, welches einen Brutto-Nachlass von € 414.428,73 ausweist. Die Beklagte brachte darin eine Vergütung für ihre Tätigkeit als Testamentsvollstreckerin von insgesamt € 32.549,29 in Ansatz (vgl. Anlage K2).

Der Kläger meint, dass er sich gegen die sog. Konstitutionsgebühr – 3% vom Brutto-Nachlass – nach der sog. Rheinischen Tabelle nicht wehren könne (€ 12.432,86). Allerdings sei der Ansatz hinsichtlich des Zuschlages wegen Veranlassung der Auflösung der Mietwohnung und Rückgabe an den Vermieter sowie der Auflösung der Bankkonten bei vier Instituten sowie der Sichtung der Sammlung von Münzen nicht zutreffend. Ein Ansatz von jeweils 6/10 des Grundbetrages, wie ihn die Beklagte für richtig halte und angesetzt habe, sei vorliegend nicht gerechtfertigt, weil es sich lediglich einen „einfachen Fall“ einer Testamentsvollstreckung handele. Allenfalls sei ein Zuschlag von 2/10 des Grundbetrages anzusetzen, und zwar für die Aufteilung des hiesigen Nachlasses. Er schulde daher einen über € 14.919,43 hinausgehenden Betrag nicht. Außerdem könne die Beklagte den Ansatz von Mehrwertsteuer, die sie hinzugerechnet habe, nach § 19 UStG vermeiden.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass die Vergütung der Beklagten für die Testamentsvollstreckung den Betrag in Höhe von € 14.919,43 nicht übersteigt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässige (Feststellungs-)Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Feststellung verlangen, dass ihre Vergütung für die Testamentsvollstreckung betreffend den Nachlass des Vaters des Klägers, H..-J.. O.., den Betrag von € 14.919,43 nicht übersteigt. Nach § 2221 BGB kann der Testamentsvollstrecker für die Führung seines Amts eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser – wie hier – ein anderes bestimmt hat. Der insoweit unstreitig gebliebene Vortrag des Klägers rechtfertigt vorliegend die Annahme, dass die Beklagte – ausgehend vom Brutto-Nachlass – lediglich den sog. Vergütungsgrundbetrag fordern kann (€ 12.432,86) sowie einen Zuschlag in Höhe von weiteren 2/10 des Grundbetrages betreffend die vorzunehmende Auseinandersetzung (entspricht € 2.486,57), und zwar nach Maßgabe der Neuen Rheinischen Tabelle (ZEV 2000, 181). Eine „aufwendige Grundtätigkeit“ ist nicht ersichtlich; auch rechtfertigt der Umfang der anstehenden Auseinandersetzung des Nachlasses nicht den Ansatz eines Zuschlages von hier 6/10.

Ferner rechtfertigt der Vortrag des Klägers, dass der Ansatz von 19% Mehrwertsteuer durch die Beklagte auf ihre Netto-Vergütung nicht berechtigt ist; sie kann von § 19 UStG Gebrauch machen.

Soweit die Beklagte zu den tatsächlichen Grundlagen, die zur Bemessung ihrer Vergütung heranzuziehen sind, in ihrer „Klageerwiderung“ vom 22. April 2013 (Bl. 33 d.A.) bzw. in ihrem weiteren Schriftsatz vom 17. Mai 2013 (Bl. 67 d.A.), abweichenden Sachvortrag geleistet hat, ist sie mit diesem sämtlichst nach § 296 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Danach sind Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist vorgebracht werden, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Kammer hatte mit Verfügung vom 26. Februar 2013 (Bl. 6 d.A.), der Beklagten zugestellt am 1. März 2013 (Bl. 10R d.A.), einen frühen ersten Termin im Sinne von § 275 ZPO anberaumt und der Beklagten aufgegeben, sich zu der Klageschrift binnen zwei Wochen zu erklären (vgl. § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese hatte aber lediglich mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. März 2013 (Bl. 13 d.A.) ihre Verteidigungsbereitschaft anzeigen lassen, sich zur Sache aber nicht eingelassen. Durch die Zulassung des späteren Vorbringens der Beklagten (s.o.) würde sich die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, weil die Kammer in eine Beweisaufnahme einzutreten hätte, um die tatsächlichen Grundlagen, die zur Bemessung der Vergütung der Beklagten – einschließlich der Frage der Umsatzsteuer-Befreiung – heranzuziehen sind, aufzuklären. Die Beklagte hat ihre Verspätung auch nicht genügend entschuldigt. Sie hat sich vielmehr das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten, der sich auf einen „Beurteilungsfehler“ seiner Urlaubsvertreters berufen hat (vgl. Schriftsatz vom 30. März 2013, Bl. 23 d.A.), als eigenes zurechnen lassen, § 85 Abs. 2 ZPO. Die fehlerhafte Behandlung einer Fristsetzung im Sinne von § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO rechtfertigt die Annahme einer (wenigstens) leichten Fahrlässigkeit bei der Prozessführung durch eine anwaltlich vertretene Partei. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht damit entlasten, dass nicht ihr originär bestellter Bevollmächtigter einem „Beurteilungsfehler“ unterlegen ist, sondern dessen „Urlaubsvertreter“; auch insoweit besteht eine Zurechnung.

Soweit die Beklagte mit besagtem Schriftsatz vom 30. März 2013 „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ nach § 233 ZPO betreffend die versäumte Klageerwiderungsfrist beantragt hat, ist dieser nicht mit Erfolg versehen. Bei der nach § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO bestimmten Frist handelt es sich nicht um eine „Notfrist“ im Sinne von § 233 ZPO (vgl. nur OLG Koblenz, NJOZ 2011, 725).

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

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