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Testamentsvollstreckervergütungsregelung nach Rheinischer Tabelle

Streit um Testamentsvollstreckervergütung: Einblicke in die rechtlichen Feinheiten und finanziellen Implikationen

Der Fall dreht sich um die Kontroverse über die Vergütung eines Testamentsvollstreckers. Die Erbengemeinschaft nach Dr. P. F., bestehend aus drei Mitgliedern, hat den Beklagten verklagt, der als Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde. Im Kern des Disputs steht die Höhe der Vergütung, die der Beklagte aus dem Nachlass entnommen hat. Die Erbengemeinschaft argumentiert, dass die Vergütung des Beklagten nach der „Rheinischen Tabelle“ zu berechnen sei, während der Beklagte auf eine modernisierte Fassung der Tabelle und auf Empfehlungen des Deutschen Notarvereins verweist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: XXXX    >>>

Die Position der Erbengemeinschaft

Die Erbengemeinschaft argumentiert, dass die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach der traditionellen „Rheinischen Tabelle“ zu berechnen sei. Sie behauptet, dass der Beklagte eine überhöhte Vergütung aus dem Nachlass entnommen hat und fordert die Rückzahlung des zu viel entnommenen Betrags. Die Erbengemeinschaft stellt auch die Qualifikation des Beklagten als Testamentsvollstrecker in Frage, da er keine juristische oder wirtschaftliche Ausbildung hat und die Arbeit von Fachleuten erledigen ließ.

Die Verteidigungsstrategie des Beklagten

Der Beklagte hingegen argumentiert, dass die modernisierte „Rheinische Tabelle“ und die Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Berechnung seiner Vergütung maßgeblich seien. Er behauptet, dass der Erblasser eine angemessene Vergütung für ihn vorgesehen hatte und dass die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kompliziert und konfliktbeladen war.

Die Rolle des Gerichts

Das Gericht hat entschieden, dass die Klage teilweise erfolgreich ist. Es hat den Beklagten verurteilt, einen bestimmten Betrag an die Erbengemeinschaft zurückzuzahlen und weitere Beträge bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München zu hinterlegen. Das Urteil legt fest, dass beide Parteien die Kosten des Rechtsstreits tragen müssen, wobei der Kläger 10 % und der Beklagte 90 % der Kosten zu tragen hat.

Finanzielle und rechtliche Auswirkungen

Der Fall wirft wichtige Fragen zur Berechnung der Testamentsvollstreckervergütung und zur Qualifikation des Testamentsvollstreckers auf. Er zeigt auch, wie komplex und konfliktreich die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft sein kann, insbesondere wenn hohe Geldbeträge und Immobilien im Spiel sind.

Testamentsvollstreckervergütung nach Rheinischer Tabelle –  kurz erklärt


Die Vergütung eines Testamentsvollstreckers in Deutschland kann sich nach verschiedenen Tabellen richten, eine davon ist die sogenannte Rheinische Tabelle. Diese Tabelle legt die Vergütung des Testamentsvollstreckers in Abhängigkeit vom Wert des Nachlasses fest. Nach der Neuen Rheinischen Tabelle beträgt die Vergütung bis zu einem Nachlasswert von 250.000 € 4%, bis 500.000 € 3%, bis 2.500.000 € 2,5%, bis 5.000.000 € 2% und ab 5.000.000 € 1,5%, wobei mindestens der höchste Betrag der Vorstufe anfällt.

Die Rheinische Tabelle wird in der Praxis häufig als Richtlinie verwendet, ist jedoch nicht gesetzlich bindend. Sie dient als Orientierungshilfe für die angemessene Vergütung des Testamentsvollstreckers, wenn im Testament keine spezielle Regelung getroffen wurde.

Es ist zu beachten, dass die Vergütung des Testamentsvollstreckers zusätzlich besteuert wird, einschließlich Einkommensteuer und gegebenenfalls Umsatzsteuer. Dies war zum Zeitpunkt der Entwicklung der Rheinischen Tabelle nicht der Fall, was zu einer höheren steuerlichen Belastung führt.

In Fällen der Dauertestamentsvollstreckung, bei der der Testamentsvollstrecker den Nachlass über einen längeren Zeitraum verwalten muss, kann die Vergütung ebenfalls nach der Neuen Rheinischen Tabelle berechnet werden.


Das vorliegende Urteil

LG München I – Az.: 18 O 11437/19 – Endurteil vom 05.03.2021

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach Dr. P. F., verst. Am 03.01.2018, bestehend aus

1. Frau A. F.

2. Frau A. F. und

3. Herrn Dr. O. F.

EUR 88.925,87 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 26.03.2019 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den unter Ziff. I genannten Klagebetrag nebst Zinsen bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München zugunsten der Erbengemeinschaft Dr. P. F. zu hinterlegen und der Erbengemeinschaft nach Dr. P. F. die Hinterlegung des Betrages nachzuweisen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach Dr. P. F., verst. am … 2018 bestehend aus

4. Frau A. F.

5. Frau A. F. und

6. Herrn Dr. O. F.

vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 13.04.2019 zu erstatten.

4. Der Beklagte wird verurteilt, den unter Ziff. III. genannten Klagebetrag nebst Zinsen bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München zugunsten der Erbengemeinschaft Dr. P. F. zu hinterlegen und der Erbengemeinschaft nach Dr. P. F. die Hinterlegung des Betrages nachzuweisen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

7. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 10 % und der Beklagte 90 % zu tragen.

8. Das Urteil ist für die Parteien jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 98.580,53 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Testamentsvollstreckervergütung des Beklagten.

Der Kläger, seine Schwester A. F.-K. und seine Stiefmutter A. F. sind kraft notariellem Testament vom 10.06.2016 jeweils zu 1/3 Erbe des am 03.01.2018 verstorbenen Dr. P. F. (Anlage K 8).

Der Erblasser hat mit privatschriftlichem Nachtrag zu seinem Testament den Beklagten als Testamentsvollstrecker eingesetzt und hinsichtlich der Vergütung bestimmt:

„Die Vergütung der Aufwendungen von P. L. wird anhand der rheinischen Tabelle abgewickelt. Vorauszahlungen sind zulässig.“ (Anlage K 1)

Der Nachlasswert bestimmt sich nach dem vorläufigen Nachlassverzeichnis des Beklagten vom 08.05.2018 (Anlage K 2).

Der Beklagte hat 131.667,00 Euro als Testamentsvollstreckervergütung aus dem Nachlass entnommen (Anlage K 4).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2019 verlangte der Kläger die Rückzahlung der zuviel erhobenen Vergütung, wobei dem Beklagten ein Honorar in Höhe von 50.000,00 Euro zugebilligt worden sei (Anlage K 5). Mit weiterem Anwaltschreiben wurde der Beklagte nochmals zur Rückzahlung der Testamentsvollstreckervergütung bis zum 12.04.2019 aufgefordert. Dies wurde von Seiten des Beklagten zurückgewiesen (Anlage K 7).

Der Kläger trägt vor, dass nach der „Rheinischer Tabelle“ die Vergütung prozentual nach dem jeweiligen Bruttonachlasswert zu staffeln sei, ab einem Nachlasswert von über 511.291,88 Euro betrage der Vergütungswert 1 % des Bruttonachlasses. Der Erblasser habe sich hinsichtlich der Vergütung auf die übliche Vergütung für Testamentsvollstrecker nach der gängigen Rheinischen Tabelle festgelegt. Der Wortlaut sei eindeutig. Auch aufgrund der beruflichen Qualifikation des Beklagten sei eine Anwendung der neuen/fortentwickelten Rheinischen Tabelle für Notare nicht geboten. Der Beklagte könne sich auch deshalb nicht auf die Rheinische Tabelle berufen, da er mangels juristischer, betriebs- oder volkswirtschaftlicher Qualifikation oder Erfahrung als Testamentsvollstrecker seine fehlende Qualifikation durch Einschaltung von Rechtsanwälten und Steuerberatern kompensiert habe. Schon deshalb könne er keine Vergütung für aufwendige Grundtätigkeiten, Auseinandersetzung, schwierige Gestaltungsaufgaben sowie Steuerangelegenheiten verlangen, da er die Tätigkeiten nicht selbst sondern von fachlich Qualifizierten erbringen ließ.

Der Erblasser habe die Testamentsvollstreckung vor seinem Tot streichen wollen. Dazu sei es aber nicht mehr gekommen.

Die Auseinandersetzung sei einfach ohne Streit gewesen. Die Immobilien seien veräußert worden, der Erlös geteilt. Die Wertpapiere seien aufgeteilt worden.

Der Kläger behauptet, dass für die Immobilie in V. nicht der Verkaufspreis sondern der vom Immobiliensachverständigen Dr. R. W. ermittelte Verkehrswert in Höhe von 2.550.000,00 Euro maßgeblich sei (Anlage K 3). Die Testamentsvollstreckervergütung betrage daher 33.086,47 Euro.

Der Kläger beantragt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach Dr. P. F., verst. Am 03.01.2018, bestehend aus

Frau A. F.

Frau A. F.-K.

Herrn Dr. O. F.

EUR 98.580,53 Euro nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 26.03.2019 zu bezahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, den unter Ziff. I genannten Klagebetrag nebst Zinsen bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München zugunsten der Erbengemeinschaft Dr. P. F. zu hinterlegen und der Erbengemeinschaft nach Dr. P. F. die Hinterlegung des Betrages nachzuweisen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach Dr. P. F. verst. Am … 2018 bestehend aus

Frau A. F.

Frau A. F.-K. und

Herrn Dr. O. F.

Vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.217,45 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB hieraus seit dem 13.04.2019 zu erstatten.

4. Der Beklagte wird verurteilt, den unter Ziff. III. genannten Klagebetrag nebst Zinsen bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München zugunsten der Erbengemeinschaft Dr. P. F. zu hinterlegen und der Erbengemeinschaft nach Dr. P. F. die Hinterlegung des Betrages nachzuweisen.

Der Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers maßgeblich seien. Der Erblasser habe den privatschriftlichen Nachtrag vom 07.11.2017 nach einem Gespräch mit dem Notar M. G. am 09.10.2017 erstellt. Der Notar habe als Vergütung die fortentwickelte Rheinische Tabelle nach den Empfehlungen des deutschen Notarvereins empfohlen.

Der Erblasser habe eine angemessene Vergütung für seinen Freund den Beklagten gewollt und eine konfliktbeladene Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft vorhergesehen.

Soweit von Rheinischer Tabelle gesprochen werde, bemisst diese sich in heutiger Zeit nach der fortentwickelten Tabelle. Die Rheinische Tabelle sei in der seinerzeit geltenden Fassung in Reichsmark ausgestaltet.

Für die Immobilie in V. sei der Kaufpreis von 3.000.000,00 Euro anzusetzen.

Der Beklagte habe die Steuererklärung abgegeben. Die bestehenden Belastungen der Immobilie gelöscht und diverse Verträge geprüft. Er macht daher eine Erhöhung des Vergütungssatzes wegen besonderer Schwierigkeit der Konstituierung des Nachlasses und der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und Erledigung der Steuerangelegenheiten geltend. Er verlangt eine Vergütung von 114.846,308 Euro zzgl. MwSt.

Ergänzend wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Terminsprotokoll vom 25.09.2020 und vom 05.02.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist teilweise erfolgreich.

1. Der Kläger kann von dem Beklagten die Rückzahlung der zuviel vereinnahmten Testamentsvollstreckervergütung nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 i.V.m. § 2221 BGB verlangen.

a) Der Beklagte war mit privatschriftlicher Verfügung vom 17.11.2017 (Anlage K 1) als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Der Klägervortrag, dass der Erblasser die Testamentsvollstreckung vor seinem Tod habe streichen wolle, nur nicht mehr dazu gekommen sei, läuft ins Leere. Eine Streichung ist tatsächlich nicht erfolgt.

b) Nach der privatschriftlichen Verfügung soll die Vergütung nach der Rheinischen Tabelle abgewickelt werden. In der Praxis gibt es die „alte“/„ursprüngliche“ Rheinische Tabelle vom Notariat in Rheinpreußen aus dem Jahre 1925, welche noch in Reichsmark bemessen ist oder die sog. Neue/fortentwickelte „Rheinische Tabelle“ des Deutschen Notarvereins. Die Klausel ist daher auslegungsbedürftig.

Maßgeblich für die Auslegung der testamentarischen Verfügung ist nicht der objektive Empfängerhorizont, sondern allein der Erblasserwille. Ausgangspunkt jeder Auslegung ist zunächst der Wortlaut der Verfügung. Auch wenn an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks nicht zu haften ist und der Tatrichter sich nicht auf die Analyse des Wortlauts beschränken darf (BGHZ 86, 41 (47) = NJW 1983, 672), so ist sie immer der Ausgangspunkt (BayObLG NJW 1993, 256 (257)). Der Wortsinn der benutzten Ausdrücke ist zu hinterfragen (BGH ZEV 2009, 459 (461); FamRZ 1987, 475 (476)). Welcher Wille mit dem vom Erblasser gewählten Worten zum Ausdruck gebracht wurde, hängt zunächst vom Sinn der Worte nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ab (MüKoBGB/Leipold Rn. 9). Da das Wort aus Sicht des Erklärenden auszulegen ist, kann auch ein Wort im üblichen Sprachsinne aus Sicht des Erklärenden einen anderen Sinn haben (z.B. Bezeichnung der Ehefrau als „Mutter“ oder „Mutti“). Der Wortsinn der benutzten Ausdrücke ist unter Heranziehung aller Umstände zu hinterfragen, dahingehend, was der Erblasser mit seinen Worten sagen wollte. Denn der Sprachgebrauch ist nicht immer so exakt, dass der Erklärende mit seinen Worten genau das unmissverständlich wiedergibt, was er eigentlich zum Ausdruck bringen will (BGHZ 121, 357 (363) = NJW 1993, 2168 (2169, 2170); NJW 1993, 256 (257)). Dabei ist allein das subjektive Verständnis des Erblassers hinsichtlich des von ihm verwendeten Begriffs maßgeblich (OLG Brandenburg NJW-RR 2009, 14 f.), Czubayko in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl., § 2084 Rn. 8.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob eine Vergütungsberatung durch den Notar G. erfolgt ist, da diese Beratung oder auch ausgesprochene Empfehlung bei Verfassen der testamentarischen Verfügung vom 07.11.2017 eingeflossen sein müsste. Dafür gibt es keine objektiven Erkenntnisse. Solche hätte auch die Zeugin A. F. nicht liefern könne, da sie ausweislich des Beweisthemas nur zu der Vergütungsberatung und dem zeitlich nachfolgendem Abfassen der Verfügung als Zeugin benannt wurde. Die Zeugin musste daher nicht vernommen werden. Es verbleibt daher beim Wortlaut der Verfügung.

Als Rheinische Tabelle wird grundsätzlich nur die alte Rheinische Tabelle bezeichnet. Die neue Rheinische Tabelle wird stets mit dem Zusatz „neu“ oder „fortgeführt“ gekennzeichnet. Eine derartige Kennzeichnung ist vorliegend nicht erfolgt. Dabei ist unschädlich, dass die alte Rheinische Tabelle bis heute in Reichsmark besteht. Eine Umrechnung in Euro ist jederzeit auffindbar. Auch der BGH hat diese Empfehlungen als akzeptable Grundlage bezeichnet mit der Einschränkung, dass jeder von den Einzelfallumständen absehende Schematismus zu vermeiden ist und alle Richtlinien nur als ein Anhalt für Normalfälle herangezogen werden dürfen, Zimmermann in: MueKO, BGB, 8. Aufl., § 2221 Rn. 10, m.w.N.

c) Bei Anwendung dieser Rheinischen Tabelle gilt daher ein Wert von 1 % von dem Bruttonachlass. Der Nachlass beträgt unstreitig mehr als 511.291,88 Euro (1 Mio. RM).

aa) Soweit sich der Beklagte auf Zuschläge wegen einer schwierigen Auseinandersetzung des Nachlasses beruft, folgt ihm das Gericht nicht. Zwar werden auch Zuschlage für die alte Rheinische Tabelle akzeptiert werden, Rainer Lorz in: Christian Klein-Wiele Uricher, Erbrecht, 4. Auflage, § 5 Rn. 263. Solche Zuschläge sollen in Betracht kommen bei aufwändiger Grundtätigkeit, wenn die Konstituierung des Nachlasses gegenüber dem Normalfall einen höheren Aufwand erfordert; Auseinandersetzung des Nachlasses, wenn ein Teilungsplan aufzustellen und zu vollziehen ist oder Vermächtnisse zu erfüllen sind; komplexerer Nachlassverwaltung, wenn sich z.B. Auslands- oder Gesellschaftsvermögen im Nachlass befindet; schwierigen Gestaltungsaufgaben, wenn z.B. unter der Regie des Testamentsvollstreckers Umstrukturierungen und Umschuldungen vorzunehmen sind; Erledigung von Steuerangelegenheiten, wenn diese mehr als die durch den Erbfall entstehenden inländischen (Erbschaft-)Steuern umfassen, Rainer Lorz in: Christian Klein-Wiele Uricher, Erbrecht, 4. Auflage, § 5 Rn. 263. Die vom Beklagten hierfür angeführten Aspekte rechtfertigen nach Überzeugung des Gerichts keinen Zuschlag. Soweit der Beklagte behauptet, dass aufgrund der angespannten Atmosphäre die Auseinandersetzung schwierig gewesen sei, ist dies bereits nicht für einen Zuschlag geeignet. Nachlassaufteilungen unter mehreren Erben werden regelmäßig emotional geführt. Auch die Einbindung von Anwälten ist dabei nicht ungewöhnlich und rechtfertigt nicht per se Zuschläge. Hier hat sich der Beklagte auch teilweise anwaltlich vertreten lassen, insoweit hat er derartige Schwierigkeiten selbst durch Einschaltung eines eigenen Anwalts gelöst. Ein die Zuschläge rechtfertigender Mehrverwaltungsaufwand ist ihm dadurch nicht entstanden. Der Verkauf von Immobilien bzw. die Bereinigung von Grundbucheinträgen durch Löschungsbewilligungen genügt hierfür ebenfalls nicht aus. Die Zugehörigkeit von Immobilien in einen großen Nachlass ist nicht ungewöhnlich. Hier wurden beide Objekte verkauft. Soweit eine Bereinigung von Grundbucheinträgen für die Immobilie in B. notwendig war, rechtfertigt auch dies keinen Zuschlag. Es handelt sich um ein formalistisches Verfahren, der Löschungsbewilligung wird bei Vorlage entsprechender Unterlagen (die vom Grundbuchamt benannt werden) erfolgen. Die Einschaltung eines Anwalts bedarf es nicht, dies kann der Testamentsvollstrecker alleine. Auch die Erstellung einer deutschen Steuererklärung gehört zu den üblichen Aufgaben des Testamentsvollstreckers und rechtfertigt damit keinen Zuschlag. Ein Auslandssachverhalt oder ein minderjähriger Erbe lag hier nicht vor. Insoweit war ein Zuschlag nicht gerechtfertigt.

bb) Nach der Tabelle kommt es für die Vergütungshöhe auf den Bruttonachlasswert an. Dieser bemisst sich nach Anlage K 4 in Höhe von 3.190.175,00 Euro. Soweit die Klageseite den Bruttonachlasswert aufgrund eines geringeren Verkehrswerts der Immobilie G. V. um 450.000,00 Euro infolge eines Sachverständigengutachten (Anlage K 12) kürzen will, folgt ihr das Gericht nicht. Die Immobilie in B. wurde knapp vier Monate nach Versterben des Erblasser für 3,0 Mio. Euro veräußert. Die Rechtsprechung orientiert sich bei der Bewertung solcher Nachlassgegenstände regelmäßig am tatsächlich zeitnah erzielten Verkaufspreis, abzüglich der verkaufsbedingten Kosten, auch wenn er stark von den individuellen Verhältnissen abhängt, Lange, MueKO, BGB, 8. Aufl., § 2311 Rn. 35. Die Einzelrichterin legt daher den erzielten Verkaufspreis auch als geschätzten Wert der Immobilie zugrunde, § 287 ZPO. Der Verkauf der Immobilie erfolgte weniger als ein halbes Jahr. Abzüge sind aufgrund der Lastenfreiheit der Immobilie nicht vorzunehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von Klägerseite vorgelegten Verkehrswertgutachten (Anlage K 12). Ein tatsächlich erzielter Verkaufserlös verdient den Verzug, da dieser den derzeit auf den Markt erzielbaren Wert genauer widerspiegelt als ein Gutachten.

cc) Im Ergebnis bemisst sich daher die Testamentsvollstreckervergütung auf 1 % des Bruttonachlasswertes in Höhe von 3.190.175,00 Euro mithin auf: 31.901,75 Euro.

Soweit der Beklagte hierauf eine Umsatzsteuer geltend macht, ist er darlegungs- und beweisbelastet für den Umstand, dass die Vergütung umsatzsteuerpflichtig ist. Hierauf wurde er in der Verhandlung vom 05.02.2021 hingewiesen. Ausführungen hierzu sind nicht erfolgt. Damit kann er die Zahlung von Umsatzsteuer nicht verlangen.

Im Ergebnis hat damit der Kläger einen Rückzahlungsanspruch von 88.925,87 Euro. Dieser ergibt sich aus der Differenz von 131.667,00 Euro (entnommener Vergütung vom Beklagten) abzgl. Geschuldeter Vergütung von 31.901,75 Euro abzgl. der vom Kläger angeführten Zuschlage Bl. 81, 82 d.A. (409,03 Euro, 1.227,10 Euro, 9.203,25 Euro).

2. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten hat der Beklagte als Verzugsschaden nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu ersetzen. Der Beklagte befand sich aufgrund der Rückzahlungsaufforderung durch Rechtsanwalt B. (Anlage K 5) in Verzug.

II. Kosten § 92 ZPO; Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO. Der Streitwert bemisst sich am Klageantrag.

 

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