OLG München – Az.: 7 U 3222/18 – Urteil vom 31.07.2019
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 09.08.2018, Az. 10 O 27937/13, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Die Parteien streiten um einen Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht der Schwester der Klägerin.
Die Beklagte und der am 12.02.2013 verstorbene Erblasser Horst R. schlossen im Jahr 1990 die für den Erblasser zweite Ehe.
Der Erblasser Horst R. war der Vater der Klägerin und deren Schwester, die beide einer früheren Ehe des Erblassers entstammen.
Der Erblasser betrieb die Gaststätte S. H.in M.-P. Die Beklagte war bei ihm angestellt.
Im Jahr 1990 erwarb die Beklagte eine Eigentumswohnung in der D.straße 25 in I. und im Jahr 1992 eine weitere Eigentumswohnung in der S. R.straße 49 in I.
Die Beklagte und der Erblasser setzten sich mit notariellem Testament vom 06.11.2000 laut Anl. K 1 gegenseitig als Alleinerben ein.
Die Schwester der Beklagten, Frau Jutta H., trat ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch an die Klägerin ab (Anl. K 12).
Die Klägerin erhob zunächst Stufenklage mit folgendem Antrag in der Auskunftsstufe:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in der ersten Stufe Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 12.02.2013 verstorbenen Herrn Horst R., zuletzt wohnhaft in M. (Erblasser und Ehemann der Beklagten) zu erteilen und zwar durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses, das im Einzelnen umfasst:
Alle tatsächlichen Schenkungen einschließlich Pflicht und Anstandsschenkungen, ehebezogene Zuwendungen, ausgleichspflichtige Zuwendungen und alle insofern schenkungsverdächtigen Geschäftsvorfälle, die der Erblasser entweder in den letzten zehn Jahren vor dem 12.02.2013 getätigt hat, oder die der Erblasser an seinen Ehegatten zu seinen Lebzeiten unter Vorbehalt eines Nießbrauchs- oder Wohnrechts oder sonstigen Nutzungs- oder Rückforderungsvorbehalts getätigt hat.
Mit Teilurteil vom 12.06.2015, Az. 10 O 27937/13, das dem Beklagtenvertreter am 07.07.2015 zugestellt wurde, verurteilte das Landgericht München I die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft.
Die Klägerin behauptete, dass der Erblasser die Anschaffungskosten für die beiden Wohnungen in I. getragen habe, da der Beklagten eine Finanzierung der beiden Wohnungen aus eigenen Mitteln nicht möglich gewesen wäre. Sie habe nämlich kein nennenswertes eigenes Vermögen in die Ehe mit dem Erblasser eingebracht.
Die Klägerin beantragte zuletzt in der Leistungsstufe:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 73.180,62 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung.
Die Beklagte erwiderte, dass die Pflichtteilsergänzungsansprüche der Klägerin sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht verjährt seien.
Es lägen keine Schenkungen vor, da die Beklagte die Kaufpreise für beide Wohnungen vollständig mit eigenen Mitteln bezahlt habe. Die dafür von ihr alleine aufgenommenen Darlehen habe sie mit eigenen Mitteln getilgt. Sie sei stets berufstätig gewesen. So habe sie sieben Jahre lang die Vereinsgaststätte des TSG P. als alleinige Pächterin geführt, bevor sie seit Anfang der 1980er Jahre in der Gaststätte des Erblassers beschäftigt gewesen sei.
Mit Endurteil vom 09.08.2018, Az. 10 O 27937/13, wies das Landgericht München I die Klage ab. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester der Klägerin, den die Klägerin aus abgetretenem Recht geltend macht, sei verjährt. Hinsichtlich des eigenen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerin fehle es sowohl an einem schlüssigen Vortrag als auch an einem hinreichenden Beweisantritt für die Behauptung, der Kaufpreis für die beiden Wohnungen in Ingolstadt sei wirtschaftlich vom Kläger aufgebracht worden.
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angegriffenen landgerichtlichen Urteils vom 09.08.2018 wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin unter Vertiefung und Wiederholung ihres bisherigen Vortrages ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter.
Sie beantragt:
I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 09.08.2018, Az. 10 O 27937/13, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 73.180,62 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
III. Hilfsweise: Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Beklagte beantragt: die Zurückweisung der Berufung.
Der Senat hat am 22.05.2019 mündlich verhandelt. Er hat Hinweise erteilt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2019 haben die Parteien ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Denn das Landgericht hat die zulässige Klage der Klägerin zu Recht abgewiesen, da sie sowohl hinsichtlich des eigenen Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerin als auch hinsichtlich des von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsanspruchs ihrer Schwester Jutta H. unbegründet ist.
I.
Zwar ist der eigene Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin nicht verjährt, jedoch hat die Klägerin die Voraussetzungen der von § 2325 Abs. 1 BGB als Anspruchsvoraussetzung geforderten Schenkung des Erblassers an die Beklagte nicht nachgewiesen.
1. Der aus eigenem Recht geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin ist nicht verjährt, da die durch die Erhebung der Stufenklage nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB eingetretene Hemmung der Verjährung zum Zeitpunkt der Zustellung des bezifferten Zahlungsantrags noch nicht geendet hatte.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB verjährt gemäß § 195 BGB in drei Jahren (vgl. Weidlich in Palandt, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 11 zu § 2317 BGB). Die Verjährungsfrist kann aufgrund des Todes des Erblassers am 12.02.2013 gemäß § 199 Abs. 1 BGB frühestens mit Ablauf des 31.12.2013 begonnen haben.
Die Zustellung der Stufenklage vom 18.12.2013 (Bl. 1/9 d.A.) an den Beklagtenvertreter erfolgte am 03.02.2014 (Bl. zu 12 d.A.), wodurch gemäß § 167 ZPO die Zustellungswirkung rückwirkend mit dem Eingang des Stufenklageschriftsatzes beim Landgericht München I am 19.12.2013 eintrat, da die Zustellung am 03.02.2014 eine „demnächstige“ iSd. § 167 ZPO war. Die Klägerin hat nämlich den Gerichtskostenvorschuss nach § 12 Abs. 1 GKG mit einem dem Stufenklageschriftsatz beiliegenden Verrechnungsscheck bezahlt, der am 20.12.2013 durch die Geschäftsstelle des Landgerichts zur Einlösung an die Landesjustizkasse weitergegeben wurde (vgl. den Stempelvermerk der landgerichtlichen Geschäftsstelle auf Bl. 2 d.A.). Die Wertstellung des Vorschussbetrages erfolgte sodann am 10.01.2014 (Kostenbeleg II). Da der durch die Zahlung mit einem Scheck bedingte Zeitablauf unschädlich ist (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 32. Auflage, Köln 2018, Rdnr. 15 zu § 167 ZPO), kam es damit zu keiner durch ein Verhalten der Klägerin verursachten Verzögerung.
Die mit richterlicher Verfügung vom 07.01.2014 (Bl. 10/11 d.A.) veranlasste, jedoch nach § 172 Abs. 1 ZPO unwirksame Zustellung der Stufenklage unmittelbar an die Beklagte am 14.01.2014 (vgl. Bl. zu 12) und die erst am 03.02.2014 erfolgte wirksame Zustellung der Stufenklage an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten führten zwar zu einer Verzögerung der Zustellung um mehr als 14 Tage. Dies ändert jedoch an der Alsbaldigkeit der Zustellung und damit ihrer Rückwirkung nach § 167 ZPO nichts, da die Verzögerung nicht auf einem vorwerfbaren Verhalten der Klägerin als Zustellungsbetreibender, sondern allein auf der gerichtlichen Sachbehandlung beruhte. Denn im Rubrum des Stufenklageschriftsatzes vom 18.12.2013 war richtigerweise der Beklagtenvertreter als Prozessbevollmächtigter der Beklagten angegeben. Ein Fehler in der gerichtlichen Sachbehandlung kann der zustellungsbetreibenden Klägerin aber nicht zugerechnet werden.
Damit wurde durch den Eingang des Stufenklageschriftsatzes vom 18.12.2013 beim Landgericht am 19.12.2013 die Verjährung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Klägerin von Anfang an gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt.
Die Hemmung hatte bei Zustellung des bezifferten Zahlungsantrags der Klägerin aus dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 13.02.2018 an den Beklagtenvertreter am 02.03.2018 auch noch nicht geendet. Denn nach § 204 Abs. 2 S. 1 BGB endet die Hemmung frühestens sechs Monate nach Rechtskraft des Teilurteils vom 12.06.2015 am 07.08.2015 und damit erst am 07.02.2019.
Auf die Frage der Kenntniserlangung der Klägerin von der Schenkung kommt es daher nicht an.
2. Die Klägerin hat keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Abs. 1 BGB, da die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen konnte, dass der Erblasser die zur Finanzierung der beiden von der Beklagten angeschafften Wohnungen in Ingolstadt erforderlichen Geldmittel allein aufbrachte hat und ihr damit schenkte. Sie konnte auch nicht nachweisen, dass der Erblasser die Wohnungen zu einem bestimmten, d.h. bezifferbaren Teil finanzierte.
Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Erblasser eine Schenkung im Sinne von § 516 BGB gemacht hat, d.h. eine Zuwendung, die den Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und bei der beide Teile darüber einig sind, dass sie unentgeltlich erfolgt (BGH, Urteil vom 14.03.2018 – IV ZR 170/16, Rdnr. 14). Im streitgegenständlichen Fall kann sich diese von § 2325 Abs. 1 BGB geforderte Schenkung nur auf die Finanzierung der beiden Wohnungen beziehen, da ausweislich der vorgelegten Grundbuchauszüge laut Anl. K 10 und 11 die Beklagte das Eigentum an den Wohnungen unmittelbar von den jeweiligen Voreigentümern übertragen erhielt, der Erblasser also niemals Eigentümer der Wohnungen war und diese deshalb auch nicht an die Beklagte übereignen konnte. Die behaupteten beiden pflichtteilsverkürzenden Schenkungen des Erblassers an die Beklagte können sich also nur noch darauf beziehen, dass der Erblasser der Beklagten die für die Anschaffung der Wohnungen erforderlichen Geldmittel ohne Gegenleistung überließ.
a. Die Darlegungs- und Beweislast für diese anspruchsbegründenden Schenkungen trägt grundsätzlich die Klägerin (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.1983 – IVa ZR 151/82, Rdnr. 12). Da dieser von der Klägerin geforderte Schenkungsnachweis jedoch mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden sein kann, wenn sie als Dritte von den insoweit wesentlichen Tatsachen keine hinreichende Kenntnis hat, weil sich die Absprachen über die Finanzierung der beiden Wohnungen allein im Verhältnis zwischen dem Erblasser und der Beklagten abspielten, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung der Beklagten als Anspruchsgegnerin eine erhöhte Darlegungslast auferlegt. Die Beklagte muss demnach die für die fehlende Unentgeltlichkeit maßgeblichen Tatsachen im Wege des substanziierten Bestreitens der Unentgeltlichkeit vortragen (vgl. BGH, Urteil vom 17.01.1996 – IV ZR 214/94, Rdnr. 20).
b. Da das Landgericht seiner Entscheidung diese höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zugrunde gelegt hatte (vgl. insoweit den landgerichtlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2018 laut S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung, Bl. 160 d.A.), erteilte der Senat mit Verfügung vom 03.01.2019 (Bl. 206 d.A.) einen dementsprechenden Hinweis. Daraufhin hat die Beklagte zunächst vorgetragen, dass sie die Wohnung in der D.straße am 02.04.1990 zum Preis von 156.000,00 DM erworben habe. Zur Finanzierung habe sie bei der vormaligen B. V.bank ein Darlehen über 120.000,00 DM mit einer monatlichen Rate (Zins und Tilgung) von 1.230,00 DM aufgenommen. Die restlichen Anschaffungskosten habe sie aus eigenem Vermögen aufgebracht. Die Wohnung in der S. R.straße habe sie am 20.05.1992 zum Preis von 108.000,00 DM erworben, wofür sie ein Darlehen bei der vormaligen B. V.bank über 100.000,00 DM aufgenommen habe. Die Tilgung des Darlehens sei durch Auszahlung einer Lebensversicherung der Beklagten sowie aus laufenden Einnahmen erfolgt. Die restlichen Anschaffungskosten habe sie aus vorhandenem Vermögen aufgebracht.
Auf den in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2019 erteilten weiteren Hinweis des Senats (vgl. S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung, Bl. 235 d.A.), hat die Beklagte ergänzend zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen in den Jahren 1990 bis 1992 vorgetragen. Danach habe sie im Jahr 1990 aus ihrer vorangegangenen mehr als dreißigjährigen Berufstätigkeit Ersparnisse von ca. 70.000,00 DM gehabt, aus denen sie das Eigenkapital beim Kauf der Wohnung D.straße aufgebracht habe. Ihr Verdienst in der Gaststätte des Erblassers habe sich auf monatlich 1.800,00 DM, die Mieteinnahmen aus der Wohnung D.straße auf monatlich 685,00 DM belaufen. Die ab 1992 von ihr erzielten Mieteinnahmen aus der Vermietung der Wohnung S. R.straße hätten monatlich 550,00 DM betragen. Ausgaben für die Lebenshaltung seien ihr kaum entstanden, da sie sechs Tage in der Woche die Gaststätte geführt hätte und sich dort auch habe verpflegen können. Gewohnt habe sie ausschließlich zusammen mit dem Erblasser in der im Gaststättenanwesen befindlichen Wirtswohnung, sodass ihr keine Mietkosten entstanden seien.
Mit diesen Angaben ist die Beklagte ihrer erhöhten Darlegungslast nachgekommen, da die Beklagte alle im Zusammenhang mit der Finanzierung der Wohnungen relevanten Tatsachen vorgetragen. Mehr ist von ihr nicht zu fordern, insbesondere muss sie nicht die Entwicklung ihrer finanziellen Verhältnisse vom Beginn ihrer Berufstätigkeit über dreißig Jahre bis zum Erwerb der ersten Wohnung darlegen. Die Frage, ob die Angaben der Beklagten – was die Klägerin teilweise bestreitet – richtig sind, ist für die Frage der Erfüllung der Darlegungslast unerheblich.
c. Es wäre nunmehr Sache der Klägerin gewesen, ihre Behauptung, allein der Erblasser habe die Wohnungen finanziert, zu beweisen, da sie insoweit nach wie vor die Beweislast trifft, worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich hingewiesen hat (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung, Bl. 236 d.A.). Eine vom Klägervertreter behauptete „sekundäre Beweislast“ der Beklagten (Schriftsatz des Klägervertreters vom 11.06.2018, dort S. 5, Bl. 157 d.A.) gibt es nicht. Da im streitgegenständlichen Fall nur entscheidend ist, wie die beiden Wohnungen finanziert wurden und die Beklagte insoweit ausreichend vorgetragen hat, hätte die Klägerin nunmehr nachweisen müssen, dass die Angaben der Beklagten zur Aufbringung der Mittel für den Wohnungserwerb aus eigenem Vermögen bzw. Einkommen unzutreffend waren. Da die Klägerin nicht vorträgt, der Erblasser habe der Beklagten eine bestimmte Geldsumme zur teilweisen Finanzierung der Wohnungen geschenkt, sondern behauptet, der Erblasser habe die Wohnungen in vollem Umfang finanziert, da die Beklagte über keinerlei zur Finanzierung hinreichenden Mittel verfügt habe, muss die Klägerin diese Behauptung auch zur Überzeugung des Gerichts nachweisen.
Dies hat die Klägerin jedoch nicht getan. Sie konnte auch nicht nachweisen, dass der Erblasser die beiden Wohnungen zu einem bestimmbaren Teil finanziert hat.
Mit den (im Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 29.03.2018, dort S. 3, Bl. 152 d.A. nicht bestrittenen) mehrfach wiederholten und diskutierten Äußerungen des Erblassers im Familienkreis, er habe zwei Wohnungen in I. gekauft, die einmal seine Enkel erhalten sollten, stehe aber nicht im Grundbuch, da er aufgrund seiner Abneigung gegen jegliche geschäftliche Termine nicht zum Protokollieren mitgefahren sei (Schriftsatz des Klägervertreters vom 13.02.2018, dort S. 2 -7, Bl. 138 – 143 d.A.), lässt sich ein Nachweis der Finanzierung der Wohnungen durch den Erblasser nicht führen. Denn aus der bloßen Tätigung dieser Aussagen folgt nicht, dass sie auch inhaltlich zutreffen. Hieran bestehen erhebliche Zweifel schon allein deshalb, da der Erblasser schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die Abwicklung aller vermögensverwaltenden Transaktionen der Beklagten überlassen hatte, nie selbst zur Bank gegangen sei, sondern alle Einzahlungen und Abhebungen die Beklagte habe erledigen lassen (Schriftsatz des Klägervertreters vom 13.02.2018, dort S. 3, 4, Bl. 139, 140 d.A.), sodass unklar ist, ob er überhaupt wusste, was mit welchem Geld angeschafft wurde und ob die beiden Wohnungen nicht mit dem eigenen Geld der Beklagten bezahlt wurden. Dass die Beklagte dabei die damaligen Äußerungen des Erblassers nicht in Zweifel gezogen hat, ändert daran nichts. Gegen die inhaltliche Richtigkeit der Äußerungen des Erblassers spricht ferner auch das gemeinschaftliche Testament des Erblassers und der Beklagten vom 06.11.2000 laut Anl. K 1. Denn dort (Ziffer III Abs. 2) werden die Enkel des Erblassers entgegen dessen Aussage, dass die Enkel die Wohnungen einmal erhalten sollten, eben gerade nicht als Erben, sondern nur als Ersatzschlusserben nach dem Tod der Beklagten und dem Ausfall der Klägerin und deren Schwester als Schlusserben eingesetzt.
Die zur Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe „nach Kenntnis der Klägerin und ihrer Schwester kein nennenswertes Vermögen in die im Jahr 1990 geschlossene Ehe eingebracht“ (Schriftsatz des Klägervertreters vom 27.07.2018, S. 1, Bl. 165 d.A.), angebotene Zeugin Jutta H. musste insoweit nicht vernommen werden, da es nicht darauf ankommt, von welchem Vermögen der Beklagten die Klägerin und/oder ihre Schwester Kenntnis hatten, sondern ausschließlich darauf, welches Vermögen die Beklagte tatsächlich bei Eheschluss hatte. Darauf bezieht sich der Beweisantritt jedoch nicht.
Auf die Frage, ob – wie von der Klägerin behauptet – die Beklagte für ihre Tätigkeit in der Gaststätte des Erblassers „ein äußerst geringes Gehalt in der Größenordnung von brutto ca. DM 1000,00“ oder aber – wie von der Beklagten behauptet 1.800,00 DM monatlich bezog, kommt es nicht an, sodass auch insoweit die Zeugen H. nicht zu vernehmen war. Denn selbst bei einem monatlichen Einkommen von 1.000,00 DM monatlich erscheint es aufgrund der angegebenen Mieteinnahmen von monatlich 685,00 DM und ab 1992 von insgesamt 1.235,00 DM, die vom Klägervertreter im Schriftsatz vom 10.07.2019 nicht bestritten wurden (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 10.07.2019, dort S. 4 unten, Bl. 243 d.A.), nicht unmöglich, dass die Beklagten die monatliche Rate von 1.230,00 DM zur Gänze oder zumindest zum Teil selbst aus eigenen Einnahmen finanzierte. Selbst wenn aber von einer Finanzierungsmöglichkeit nur zum Teil ausgegangen werden sollte, hätte die Klägerin aufgrund der sie treffenden Beweislast nachweisen müssen, welcher Teil der Finanzierungskosten nicht von der Beklagten getragen werden konnte und deshalb vom Erblasser übernommen wurde, da nur insoweit eine Schenkung vorläge und insoweit ein Anspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB gegeben sein könnte. Dies wäre jedoch auch dann nicht möglich, wenn aufgrund der Beweisaufnahme feststehen sollte, dass die Beklagte entgegen ihren Angaben tatsächlich nur 1.000,00 DM verdient haben sollte, da ein nachvollziehbarer Rechenansatz fehlt. Die Klägerin hat deshalb auch immer nur behauptet, die Beklagte habe zur Finanzierung gar nichts beigetragen.
Die von der Klägerin behauptete (von der Beklagten allerdings bestrittene) Äußerung der Beklagten gegenüber der Schwester der Klägerin, Frau Jutta H., vom 17.05.2019, die Gewinne aus der Gaststätte, seien auf das Konto der Beklagten geflossen, kann als wahr unterstellt werden, sodass die Zeugin H. auch insoweit nicht vernommen werden musste. Denn damit wäre der Nachweis der vollständigen Finanzierung der Wohnungen durch den Erblasser immer noch nicht geführt, da daraus nicht notwendigerweise folgt, dass gerade die streitgegenständlichen Wohnungen vollständig aus eben diesen Gewinnen finanziert wurden und nicht aus eigenen Mitteln der Beklagten.
Wie die Beklagte die Finanzierung einer im Jahr 1994 angeschafften weiteren Immobilie bewerkstelligte, ist für die Finanzierung der hier allein streitgegenständlichen beiden Wohnungen in Ingolstadt ohne Bedeutung, da die 1994 angeschaffte weitere Wohnung durch den Erblasser ganz oder zum Teil finanziert worden sein kann.
Der Vortrag der Klägerin zur Gewinnsituation des S. Hofs ist ebenfalls unerheblich, da – auch wenn man die behauptete Ertragssituation als wahr unterstellt – damit noch nicht bewiesen ist, dass die Finanzierung der streitgegenständlichen Wohnungen ganz oder zu einem bestimmbaren Teil daraus durch den Erblasser erfolgte.
Nach alledem scheitert der von der Klägerin geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch am mangelnden Nachweis der vollständigen Finanzierung der Wohnungen durch den Erblasser bzw. desjenigen Teils, der vom Erblasser finanziert worden sein soll.
II.
1. Mangels nachgewiesener das Erblasservermögen verkürzender Schenkungen besteht – wie oben unter I. 2 dargelegt – auch kein Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester der Klägerin, sodass die Klägerin ein solcher der Klägerin auch aus abgetretenem Recht nicht zusteht.
2. Der von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsanspruch ihrer Schwester wäre, wenn er denn bestünde, im Übrigen auch – wie das Landgericht richtig festgestellt hat – verjährt.
Die nach § 195 BGB dreijährige Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Schwester der Klägerin (s. o. unter I. 1.) begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsergänzungsanspruch entstand und die Schwester der Klägerin Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Entstanden ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch (sein Bestehen unterstellt) mit dem Tod des Erblassers am 12.02.2013.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Schwester der Klägerin auch bereits Kenntnis außer von der Beklagten als Schuldnerin des Anspruchs auch von den den Pflichtteilsergänzungsanspruch ihrer Ansicht nach begründenden Umständen, nämlich den das Erblasservermögen verkürzenden behaupteten Schenkungen und dem Testament des Erblassers vom 06.11.2000 (zu den anspruchsbegründenden Umständen im Fall des § 2325 Abs. 1 BGB vgl. BGH, Urteil vom 09.03.1988 – IVa ZR 272/86, Rdnr. 10 und Weidlich in Palandt, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 6 zu § 2325 BGB). Kenntnis erfordert dabei nicht, dass der Gläubiger alle Einzelheiten der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände überblickt. Ausreichend ist vielmehr, dass der Gläubiger den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet. Maßgeblich ist, ob der Gläubiger auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen so viel Aussicht auf Erfolg hat, dass sie für ihn zumutbar ist (vgl. Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, München 2018, Rdnr. 28 zu § 199 BGB mit den Nachweisen aus der ständigen Rechtsprechung des BGH). Dies gilt auch, wenn der Gläubiger zwar seinen Anspruch nicht abschließend beziffern kann, ihm aber die Erhebung einer Stufenklage zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 10.05.2012 – I ZR 145/11, Rdnr. 30).
Im streitgegenständlichen Fall wusste die Schwester der Klägerin nach dem eigenen Vortrag der Klägerin schon vor dem Erbfall von den behaupteten Schenkungen des Erblassers an die Beklagte zur Finanzierung der Wohnungen (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 11.06.2018, S. 5, Bl. 157 d.A.). Auf die Kenntnis von den einzelnen geschenkten Wohnungen aufgrund der Grundbuchauszüge vom 27.12.2017 laut Anl. K 10 und 11 kommt es daher nicht an. Jedenfalls hätte die Schwester der Klägerin aber – wie die Klägerin selbst – ohne weiteres eine Stufenklage erheben können, um damit die Verjährung zu hemmen.
Da die Schwester der Klägerin – wie sich aus der Klageerhebung der Klägerin noch im Jahr 2013 ergibt – vom Testament des Erblassers, mit dem sie enterbt worden war, jedenfalls noch im Laufe des Jahres 2013 Kenntnis erlangte, begann die Verjährungsfrist des § 195 BGB mit Ablauf des 31.12.2013 zu laufen und endete drei Jahre später mit Ablauf des 31.12.2016.
Da der behauptete Pflichtteilsergänzungsanspruch der Schwester der Klägerin erstmals mit dem Schriftsatz des Klägervertreters vom 13.02.2018 geltend gemacht wurde, hat dessen Zustellung an den Beklagtenvertreter am 02.03.2018 die bereits mit Ablauf des 31.12.2016 eingetretene Verjährung nicht mehr hemmen können.
Die Erhebung der Stufenklage laut Schriftsatz des Klägervertreters vom 18.12.2013 (Bl. 1/9 d.A.) hat die Verjährung hinsichtlich des behaupteten Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Schwester der Klägerin nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt, da sich die Stufenklage nur auf einen etwaigen Anspruch der Klägerin aus eigenem Recht bezog. Dies ergibt sich insbesondere aus dem damals noch unbezifferten Klageantrag in der Leistungsstufe, mit dem 1/8 des Nachlasswertes beansprucht wurde. Dies ist aber gerade die nur auf die Klägerin selbst entfallende Pflichtteilsquote.
Auch die Klageerhebung im Verfahren vor dem Landgericht München I, Az. 32 O 20824/13, in dem neben der Klägerin auch deren Schwester ihre Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte geltend machen, hat die Verjährung hinsichtlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Schwester der Klägerin nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Denn in diesem Verfahren war nur „der ordentliche Pflichtteil“ der Schwester der Klägerin streitgegenständlich (vgl. Stufenklageschriftsatz vom 18.12.2013, S. 3 und 4, Bl. 3 und 4 d.A.) und damit gerade nicht deren Pflichtteilsergänzungsanspruch.
III.
Da das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat, bestand auch keine Veranlassung, den Rechtsstreit auf den Hilfsantrag der Klägerin hin an das Landgericht zurückzuverweisen.
C.
Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.