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Vermächtnisanspruch – Beginn der Verjährung

Verweigerte Einstweilige Verfügung: Ein Blick auf Erbrecht und Verjährung

In diesem Fall geht es um die Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, die im Kontext eines komplexen erbrechtlichen Disputs steht. Die Antragsteller, Erben ihrer Großmutter, strebten die Übertragung des Eigentums an bestimmten Wohnungen an, die ihnen durch ein Testament zugewiesen wurden. Das Hauptproblem liegt in der rechtlichen Auseinandersetzung um die Gültigkeit des Anspruchs aufgrund von Verjährungsvorschriften.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 31 O 14506/20    >>>

Erbrechtliche Komplexität und Verjährung

Die Antragsteller beanspruchten das Eigentum an Wohnungen, die ihnen durch das Testament ihrer Großeltern vermacht wurden. Jedoch wurde der Antrag auf eine einstweilige Verfügung abgelehnt, da der Anspruch gegen eine der Verfügungsbeklagten verjährt war. Die Verfügungsbeklagte zu 1) berief sich erfolgreich auf die Verjährung ihres Vermächtnisanspruchs, wodurch die Übertragung des Wohnungseigentums nicht mehr durchsetzbar war.

Gesamthandsgemeinschaft und Verfügungsanspruch

Die Erbengemeinschaft, in der die Verfügungsbeklagte zu 1) Teil war, ist eine Gesamthandsgemeinschaft, und die Gesamthandseigentümer können nur gemeinschaftlich über Einzelgegenstände verfügen. Da der Vermächtnisanspruch gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) verjährt ist, konnte keine Einigung über den Eigentumsübergang an die Antragsteller erreicht werden, da eine gemeinschaftliche Mitwirkung aller Erben an der Auflassung des Wohnungseigentums nicht mehr durchsetzbar war.

Regelverjährung und lex specialis

Die Verjährung des Vermächtnisanspruchs auf Übertragung des Wohnungseigentums unterliegt nicht der Regelverjährung, sondern der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 196 BGB als lex specialis, da ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück geltend gemacht wird. Die Verjährung begann kenntnisunabhängig mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen und lief nach zehn Jahren ab, wodurch der Anspruch der Antragsteller erlosch.

Streitwert und Kostenentscheidung

Der Streitwert wurde auf 215.000 € festgesetzt, und die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Ablehnung der einstweiligen Verfügung und die damit verbundene Kostenentscheidung beruhen auf den rechtlichen Bestimmungen und der Bewertung des Gerichts bezüglich des Werts der strittigen Wohnungen und der geltend gemachten Ansprüche.

Was ist ein Vermächtnis –  kurz erklärt


Ein Vermächtnis ist eine Form der letztwilligen Verfügung, bei der der Erblasser einem Begünstigten, dem Vermächtnisnehmer, einen bestimmten Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass dieser als Erbe eingesetzt wird. Dies kann durch ein Testament oder einen Erbvertrag festgelegt werden. Der Vermächtnisnehmer erhält nur einen Teil des Nachlasses und wird nicht zum Erben.

Ein Vermächtnis ist sinnvoll, wenn der Erblasser einer bestimmten Person, die nicht Erbe ist, etwas aus seinem Nachlass zukommen lassen möchte, beispielsweise ein bestimmtes Schmuckstück oder einen Geldbetrag. Es ermöglicht eine gezielte und individuelle Zuwendung von Vermögenswerten an bestimmte Personen, Organisationen oder Institutionen.

Im Gegensatz zum Erben, der für die Schulden des Erblassers haftet, haftet der Vermächtnisnehmer nicht für die Schulden des Erblassers. Der Vermächtnisnehmer erhält das Vermächtnis zusätzlich zu seinem gesetzlichen oder testamentarischen Erbteil, falls er auch als Erbe eingesetzt ist.

Ein Vermächtnis kann nur durch den Erblasser in einer schriftlichen Verfügung erteilt werden. Existieren weder Testament noch Erbvertrag, in denen eine entsprechende Regelung zu finden wäre, kann es kein Vermächtnis geben.

Die Zuwendung erfolgt nicht unmittelbar mit dem Tode des Erblassers, und es ist möglich, dass die Abwicklung des Vermächtnisses und die Übergabe des zugewendeten Gegenstands oder Betrags erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.


Das vorliegende Urteil

LG München I – Az.: 31 O 14506/20 – Beschluss vom 17.11.2020

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 215.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Wegen des Sachverhaltes wird auf die Antragsschrift vom 26.10.2020, sowie die beiden Schriftsätze des Antragstellervertreters vom 13.11.2020 und die damit vorgelegten Unterlagen sowie die Schriftsätze der Verfügungsbeklagtenvertreter vom 12.11.2020 und 13.11.2020 Bezug genommen. Die Verfügungsbeklagten zu 1) und zu 2) berufen sich auf Verjährung. Die Verfügungsbeklagte zu 3) hat noch nicht zum Antrag Stellung genommen.

II. Der Antrag ist zurückzuweisen. Eine Auflassungsvormerkung kann nicht angeordnet werden, da der Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) verjährt ist.

1. Zur Sicherung des Anspruchs auf Auflassung des Eigentums an einer Wohnung kann eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden, ohne dass eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht werden muss §§ 883, 885 BGB. Glaubhaft zu machen ist ein Verfügungsanspruch gegen den Eigentümer. Eigentümer sind vorliegend die Verfügungskläger als Erben der Erben von Frau H in Gesamthandsgemeinschaft. Die Anordnung einer Auflassungsvormerkung zugunsten einer Gesamthandsgemeinschaft kann nur erfolgen, wenn gegen alle Gesamthandseigentümer ein durchsetzbarer Anspruch auf Übertragung des Eigentums besteht. Betreffend der Verfügungsbeklagten zu 1) ist der Anspruch jedoch verjährt.

Den Antragstellern stand mit dem Tod ihrer Großmutter … gegen … und ihren Vater … als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an den im Tenor genannten Wohnungen, vorbehaltlich eines Wohnrechts an der Wohnung Nr. 15 zugunsten der Verfügungsbeklagten zu 1) aus § 2174 BGB zu.

Die Ehegatten … haben mit gemeinschaftlichen Testament (§ 2265 BGB) vom 03.08.1998 (Anlage K 2) die im Tenor genau bezeichneten Wohnungen den Antragstellern als Vermächtnis nach dem Letztversterbenden, die Wohnung Nr. 15 belastet mit einem Wohnrecht auf Lebenszeit zugunsten der Verfügungsbeklagten zu 1) und die Wohnung Nr. 103, belastet mit einem Wohnrecht zugunsten der zwischenzeitlich bereits verstorbenen …, zugewandt. Die Forderung der Antragsteller kam am Todestag ihrer Großmutter …, der Letztversterbenden der Ehegatten, am 26.02.2009 zur Entstehung, § 2176 BGB. Die Antragsteller sind nach Bruchteilen berechtigt, §§ 2157, 2091 BGB.

… sind zwischenzeitlich verstorben. Mit Versterben der … ist deren Verpflichtung auf die Verfügungsbeklagte zu 1) übergegangen, … wurde von der Verfügungsbeklagten zu 1) alleine beerbt, … durch die Kläger, die Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) und deren Bruder …, der sein Einverständnis mit der Eintragung der Auflassungsvormerkung gegenüber den Verfügungsklägern bereits erklärt hat. Die Erbengemeinschaften nach … sind noch nicht aufgelöst. Entsprechend dieser Rechtslage ist im Grundbuch die Erbengemeinschaft nach …, bestehend der Verfügungsbeklagten zu 1) und der Erbengemeinschaft nach … eingetragen.

Die Erbengemeinschaft ist Gesamthandsgemeinschaft. Die Gesamthandseigentümer können nur gemeinschaftlich über Einzelgegenstände verfügen, § 2040 BGB. Eine gemeinschaftliches Mitwirken aller Erben an der Auflassung des Wohnungseigentums ist nicht mehr durchsetzbar. Denn gegen die Verfügungsbeklagte zu 1) ist der Vermächtnisanspruch verjährt, sie muss an der Eigentumsübertragung nicht mehr mitwirken.

Für die Verjährung des Vermächtnisanspruchs auf Übertragung des Wohnungseigentums greift nicht die Regelverjährung (§ 195 BGB) sondern als lex specialis die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB, da ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück geltend gemacht wird (vgl. § 3 Abs. 1 WEG, so auch OLG München, Urteil vom 26.07.2017 – 7 U 302/17 -, zitiert nach juris). Der Lauf der Regelverjährung nach § 195 BGB beginnt erst mit Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs (§ 199 Abs. 1 BGB), wird aber durch die absolute Verjährung – für diejenigen erbrechtlichen Ansprüche, die der Regelverjährung unterfallen, geregelt in § 199 Abs. 3a BGB – begrenzt. Die Frist des § 196 BGB beginnt hingegen kenntnisunabhängig mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen (§ 200 BGB). Die Verjährung lief am 27.02.2009 an, §§ 200, 187 BGB, und lief am 26.02.2019 ab, § 188 Abs. 2 BGB. Der Tod von Frau G hatte auf den Lauf der Verjährungsfrist keine Auswirkung, §§ 198, 211 BGB. … ist nach Ablauf der Verjährungsfrist am 30.08.2019 gestorben (Anlage K 6).

Eine weitere Stellungnahmefrist für den Antragstellervertreter zur behaupteten beziehungsweise bestrittenen Kenntnis der Verfügungskläger von dem Vermächtnis ist vor diesem Hintergrund nicht veranlasst.

Gegenüber den Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) ist zwar keine Verjährung eingetreten, da sie in die Rechtsposition ihres Vaters, der auch Vater der Verfügungskläger ist, eingetreten sind. Die Verjährung von Ansprüchen gegen die eigenen Eltern sind nach § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 b BGB bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs der Verfügungskläger gehemmt. Der Zeitraum der Hemmung wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet, § 209 BGB. Trotz der gesamtschuldnerischen Haftung der Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) für den Vermächtnisanspruch können diese eine Einigung über den Eigentumsübergang an die Verfügungskläger ohne die Verfügungsbeklagte zu 1) nicht vornehmen (s.o.).

2. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass im Rahmen der Auflösung der Erbengemeinschaft eine Eigentumsübertragung an die Verfügungskläger oder die Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) denkbar ist, kann eine Auflassungsvormerkung zur Sicherung eines künftigen Anspruchs (§ 883 S. 2 BGB) nicht eingetragen werden. Denn es ist nicht zwingend, dass die Erbengemeinschaft nach … dahingehend aufgelöst werden wird, dass den Verfügungsbeklagten zu 2) und zu 3) die Möglichkeit gegeben wird, das Vermächtnis der Verfügungskläger durch Übertragung des Eigentums an den Wohnungen oder zumindest einer bereits jetzt bestimmbaren Wohnung zu erfüllen. Der Verfügungsbeklagten zu 1) steht als Erbin ihrer Mutter … nicht nur der hälftige Erbanteil am Nachlass nach … zu, sondern neben diesem Erbteil als ihr direkt zugewandtes Vermächtnis der … ein lebenslanges Wohnrecht an der Wohnung Nr. 15.

III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO.

2. Die Streitwertfestsetzung entspricht § 48 GKG. Da lediglich eine Auflassungsvormerkung beantragt wurde, erscheint der Ansatz von 1/4 des Grundstückswerts angemessen. Die streitgegenständlichen Wohnungen sind jeweils 86 Quadratmeter groß. Sie liegen im Bereich des Olympiadorfs in München. Nach Einschätzung des Gerichts ist der Wert der Wohnungen zumindest mit 5.000 €/Quadratmeter anzusetzen. Dies sind 215.000 €.

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