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Rechtsfolgen des Todes eines Nießbrauchsberechtigten

Oberlandesgericht Bremen – Az.: 1 U 15/14 – Urteil vom 19.11.2014

Die Berufung der Kläger sowie die Berufung der Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Bremen – 8. Zivilkammer – vom 21.3.2014 (Az. 8 O 1795/13) werden zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 2/3 und die Beklagte zu 1) 1/3. Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagte zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die Beklagte zu 1) 1/3. Im Übrigen tragen die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1) kann die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 24.200,00 € sowie in Höhe von 110 % des wegen der Kosten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2) und 3) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zu 2) und 3) vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die einstweilige Anordnung des Landgerichts Bremen vom 17.12.2013 wird auch insoweit aufgehoben, als sie in dem Urteil vom 21.3.2014 hinsichtlich der Beklagten zu 1) aufrechterhalten worden ist.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 22.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil sowie um die Zulässigkeit der den Beklagten zu 1) bis 3) gemäß § 727 Abs. 1 ZPO erteilten Rechtsnachfolgeklauseln zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil. Gegenstand des Titels ist die Verpflichtung zur Beseitigung eines auf dieser Teilfläche befindlichen, baulich zum klägerischen Gebäude gehörenden Anbaus (Landgericht Bremen Teilurteil vom 17.4.2007 – 8 O 1570/04; BGH Urteil vom 30.5.2008 – V ZR 184/07). Daneben existiert ein rechtskräftiges Urteil auf Herausgabe der Teilfläche des Beklagtengrundstücks, auf dem der hier zur Rede stehende Überbau errichtet wurde (Landgericht Bremen Urteil vom 18.3.2003 – 8 O 1283/02; BGH Urteil vom 16.1.2004 – V ZR 243/03). Die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung daraus sowie die Zulässigkeit der den Beklagten zu 1) bis 3) erteilten Rechtsnachfolgeklauseln sind Gegenstand des weiteren Verfahrens (Urteil des Senats ebenfalls vom 19.11.2014 – 1 U 16/14; Vorinstanz: Landgericht Bremen Urteil vom 21.3.2014 – 8 O 1796/13).

1. Die Beklagten zu 1) bis 3) sind die Erben des im Jahr 2012 verstorbenen W. (im Folgenden: der Verstorbene). Der Verstorbene hatte die beiden, die Herausgabepflicht der Grundstücksfläche sowie die Verpflichtung zur Beseitigung des Überbaus zusprechenden Urteile gegen die Kläger erstritten. Die Beklagten zu 2) und 3) sind im Gegensatz zu der Beklagten zu 1) nicht nur Erben des verstorbenen Titelgläubigers, sondern auch Eigentümer des Grundstücks P.-Str. 99. Sie hatten dem Verstorbenen ein „lebenslängliches“ Nießbrauchsrecht und der Beklagten zu 1) als dessen Ehefrau ein auf den Tod des Verstorbenen aufschiebend bedingtes Nießbrauchsrecht an dem betroffenen Grundstück bewilligt.

Der verstorbene Nießbrauchsberechtigte hatte im Jahr 1973 die Teilfläche des Beklagtengrundstücks P.-Str. 99, die Gegenstand des titulierten Herausgabeanspruchs ist, an den damaligen Eigentümer des Nachbargrundstücks P.-Str. 95-97 vermietet. Dieser hatte im Erdgeschoss des dortigen Hauses einen Supermarkt betrieben und zu Betriebszwecken auf der angemieteten Teilfläche den Anbau errichtet, der Gegenstand der titulierten Beseitigungspflicht ist. In der Folgezeit waren die als Supermarkt genutzten, im Erdgeschoss belegenen Einheiten einschließlich des Anbaus als Sondereigentum nach WEG weiterverkauft worden, wobei der Rechtsvorgänger der Kläger noch in den Mietvertrag mit dem Verstorbenen eingetreten war. Dieser verkaufte im Jahr 1998 die auch jetzt noch als Supermarkt genutzten Einheiten im Erdgeschoss an die Kläger, ohne sie jedoch auf den Überbau und den bestehenden Mietvertrag hinzuweisen. Die Kläger lehnten einen Eintritt in den Mietvertrag mit dem Verstorbenen und die damit verbundene Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Nutzungsentschädigung ab. Daraufhin verlangte der Verstorbene von den Klägern erfolglos die Herausgabe des für den Überbau genutzten Grundstücksteils. In der Folge erstritt er zunächst das – im Parallelverfahren 1 U 16/14 streitgegenständliche – Urteil des Landgerichts Bremen vom 18.3.2003 (8 O 1283/02; BGH V ZR 243/03), das die Kläger zur Herausgabe der Teilfläche des überbauten Grundstücks P.-Str. 99 verpflichtete. Im Anschluss an die dortige Entscheidung des BGH vom 16.1.2004 erkannten die Kläger gegenüber dem Verstorbenen mit Schreiben vom 21.1.2004 den ebenfalls erhobenen Anspruch auf Beseitigung des Überbaus ausdrücklich an. Weil sie ihrer Beseitigungspflicht trotzdem nicht nachkamen, erstritt der Verstorbene auch noch das hier streitgegenständliche Teilurteil des Landgerichts Bremen vom 17.4.2007 (8 O 1570/04; BGH V ZR 184/07). Es verpflichtete die Kläger im Wege des nachbarrechtlichen Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, den auf dem Grundstück P.-Str. 99 stehenden, aber baulich zu ihrem Anwesen gehörenden Anbau auf ihre Kosten zu beseitigen.

2. Das Landgericht hat die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 1 ZPO nur insoweit für begründet erachtet, als sie sich gegen die Beklagte zu 1) richtet. Dagegen hat es die gegen die Beklagten zu 2) und 3) gerichtete Klage abgewiesen.

Es hat für die entscheidende Frage, ob die titulierten Ansprüche auf Herausgabe der Grundstücksfläche und Beseitigung des Anbaus – wie von den Klägern geltend gemacht – mit dem Tod des Erblassers vollumfänglich und vollstreckungshindernd erloschen sind, als maßgebliches Anknüpfungskriterium auf das Eigentum an dem ehemals dienenden Grundstück P.-Str. 99 abgestellt. Dagegen hat es das ausschließliche Bestehen eines Nießbrauchsrechts für eine Rechtsnachfolge in diese Ansprüche nicht genügen lassen. Denn das Nießbrauchsrecht sei, so die Gründe des angefochtenen Urteils, unvererblich und gehe nicht im Wege der Universalsukzession auf die Erben, hier also auf die Beklagten zu 1) bis 3 über. Die Erben würden also weder Nießbraucher, noch träten sie in eine verfahrensrechtliche Position ein, die der Erblasser im Wege der Durchsetzung eines seiner Rechte aus dem Nießbrauch erlangt habe. Deswegen könnten die Kläger sich auf den Einwand, die titulierten Ansprüche auf Herausgabe und Beseitigung seien erloschen, nur im Hinblick auf die Beklagte zu 1) berufen, da diese zwar Nießbrauchsberechtigte, aber keine Eigentümerin des ehemals dienenden Grundstücks sei.

Dagegen seien die titulierten Ansprüche im Hinblick auf die die Beklagten zu 2) und 3) nicht erloschen. Denn sie seien nicht nur Erben, sondern auch Eigentümer des ehemals dienenden Grundstücks. Mithin könnten sie ihre Rechtsnachfolge in die titulierten Ansprüche aus dem gemäß §§ 1061, 898 BGB heimgefallenen Nießbrauch des Verstorbenen herleiten. Als Eigentümer des vormals dienenden Grundstücks seien die Beklagten zu 2) und 3) nämlich unabhängig von ihrer Erbenstellung Rechtsnachfolger des Nießbrauchsberechtigten kraft Heimfalls. Denn durch den Tod des Nießbrauchers werde der Nießbrauch nicht völlig gegenstandslos. Mit seiner Beendigung nach § 1061 BGB würden die darin vereinten Rechte vielmehr an den oder die Eigentümer des Grundstücks zurückfallen. Das ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 889 BGB, wonach eine Konsolidierung nicht stattfinde, wenn der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwerbe. Der Eigentümer sei damit immer Rechtsnachfolger des Nießbrauchsberechtigten, dessen Recht nicht in den Nachlass, sondern ohne Konsolidierung an den Grundstückseigentümer zurückfalle. Die Annahme eines solchen Heimfalls, der das Erlöschen der Rechte aus den Titeln zum Nachteil der Beklagten zu 2) und 3) verhindere, sei auch interessengerecht. Denn es wäre formalistisch, von den Eigentümern zu verlangen, einen vorher vom Nießbraucher geführten Prozess zu wiederholen, um etwaige Störungen des Grundstücks abzuwehren. Der Annahme des Heimfalls an die Beklagten zu 2) und 3) als Grundstückseigentümer stehe auch das Nießbrauchsrecht der Beklagten zu 1) nicht entgegen. Dabei handele es sich um ein neues Recht, das dem Rückfall des vormaligen, wegen §§ 1059, 1061 BGB unübertragbaren Nießbrauchs des Verstorbenen nicht entgegenstehen könne.

Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten zu 2) und 3) als Rechtsnachfolger des Verstorbenen auch nicht aufgrund der weiter von den Klägern erhobenen Einwände für unzulässig befunden. Eine fehlende Einwilligung der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in die Beseitigung des Überbaus hindere die Vollstreckung nicht. Die Beibringung dieser Zustimmung obliege zudem den Klägern als Vollstreckungsschuldnern. Die Zwangsvollstreckung sei selbst im Hinblick auf eine mögliche wirtschaftliche Zwangslage der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich. Sofern die Beseitigungskosten aufgrund Zeitablaufs eklatant angestiegen sein sollten und nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der bebauten Grundstücksfläche stünden, sei dieser Umstand von den Klägern selbst zu vertreten.

3. Die Kläger rügen mit ihrer Berufung die Rechtsfehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Annahme, wonach die Beklagten zu 2) und 3) als Rechtsnachfolger kraft Heimfalls zur Zwangsvollstreckung des titulierten Beseitigungsanspruchs berechtigt sein sollen.

Die Kläger vertreten weiterhin die Auffassung, dass die Rechte aus den streitgegenständlichen Titeln durch den Tod des Nießbrauchsberechtigten endgültig und vollumfänglich erloschen seien. Maßgeblich dafür streite der zwingende Rechtsgrundsatz, dass der Nießbrauch gemäß § 1061 BGB unvererblich sei und deswegen mit dem Tod des Verstorbenen vollständig und ersatzlos wegfalle. Demgemäß sei auch der angenommene Heimfall des Nießbrauchs an die Beklagten zu 2) und 3) als Grundstückseigentümer ausgeschlossen. Ein Heimfall des Nießbrauchs könne, selbst wenn man ihn für möglich hielte, erst mit dem Tod der Beklagten zu 1) eintreten. Denn diese habe schon zu Lebzeiten des Verstorbenen ein Anwartschaftsrecht innegehabt, das ohne zeitliche Zäsur zu einem Vollrecht erstarkt sei. Ein an das Grundstückseigentum anknüpfendes Fortbestehen der Rechte aus §§ 985, 1004 BGB sei hier entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht interessengerecht. Denn maßgeblicher Rechtsgrund für den Beseitigungsanspruch sei nach dem Urteil des BGH vom 30.5.2008 (V ZR 184/07) allein die schuldrechtliche Anerkenntnisabrede gegenüber dem Verstorbenen gewesen.

Die Kläger berufen sich auch weiterhin auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit einer Übernahme der Abbruchkosten, die bis zum jetzigen Zeitpunkt auf rund 200.000 € angestiegen sein sollen. Zudem hätten die übrigen Miteigentümer der WEG ihre Zustimmung zum Abbruch mittlerweile endgültig verweigert und schon gegenüber dem Verstorbenen die Einrede der Verjährung erhoben. Die Kläger meinen nach wie vor, dass eine einstimmige Beschlussfassung über den Abbruch des im Gemeinschaftseigentum stehenden Anbaus, deren gerichtliche Durchsetzung insbesondere wegen der gegebenen Verjährung aussichtslos wäre, zwingend erforderlich sei.

Die Kläger beantragen, unter teilweiser Abänderung des am 21.3.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Bremen 8 O 1795/13 über den dortigen Tenor hinausgehend auch noch die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 2) und 3) aus dem Urteil des Landgerichts Bremen vom 17.4.2007 (8 O 1570/04) und aus der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils vom 25.10.2013 für unzulässig zu erklären; die Zwangsvollstreckung aufgrund der zu vorgenanntem Urteil (8 O 1570/04) erteilten Vollstreckungsklausel / Rechtsnachfolgeklausel auch hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) für unzulässig zu erklären.

Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen unter Verteidigung des angefochtenen Urteils, die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 2) und 3) weisen zur Verteidigung des angefochtenen Urteils insbesondere auf die Rechtskraftwirkung der beiden die Herausgabe- und Beseitigungspflicht titulierenden Urteile hin. Demgemäß könnten die Kläger ihrer Verpflichtung zur Beseitigung und Räumung nur solche Einwände entgegenhalten, die die Voraussetzungen von § 767 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO erfüllen würden. Der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung stehe auch nicht die fehlende Zustimmung der übrigen Miteigentümer zu dem Abbruch entgegen, sondern sie tangiere nur die Art und Weise der möglichen Vollstreckungshandlungen. Im Übrigen sei den Klägern schon vom BGH (Urteil vom 30.5.2008 – V ZR 184/07) bescheinigt worden, dass sie mit dem Anerkenntnis auch die Verpflichtung übernommen hätten, das Einverständnis der übrigen Miteigentümer zum Abriss des Überbaus herbeizuführen.

4. Die Beklagte zu 1) rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht hätte sie ungeachtet des fehlenden Eigentums an dem vormals dienenden Grundstück wegen ihres eigenen Nießbrauchsrechts in Bezug auf die Berechtigung zur Zwangsvollstreckung nicht anders behandeln dürfen als die Beklagten zu 2) und 3).

Zwar zieht die Beklagte zu 1) die gesetzlich vorgesehene Unvererblichkeit des Nießbrauchsrechts ihres verstorbenen Ehemannes in Betracht. Sie beruft sich aber darauf, dass sie aufgrund des eigenen aufschiebend bedingten Nießbrauchs vormals Anwartschaftsberechtigte und nunmehr selbst Nießbrauchsberechtigte ist. In dieser Eigenschaft stünden ihr der titulierte Herausgabe- und Beseitigungsanspruch gegen die Kläger in gleicher Weise zu wie den Beklagten zu 2) und 3) als Grundstückseigentümer. Es wäre genau wie bei ihnen unangebrachter Formalismus, wenn man die Beklagte zu 1) darauf verweisen würde, trotz der rechtskräftigen Titel eine neue, eigene prozessuale Auseinandersetzung gegen die Kläger zu führen. Diese Wertung verbiete sich auch nicht aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 1061 S. 1 BGB, wonach das Recht an dem Nießbrauch mit dem Tod des Nießbrauches erlösche. Die Regelung intendiere nämlich einzig den Schutz des Eigentümers vor einem aufgedrängten Dritten als neuen Nießbraucher. Dieser Normzweck werde vorliegend gar nicht tangiert. Denn die Durchsetzung der titulierten Ansprüche berühre das Vertrauen, das die Beklagten zu 2) und 3) mit der Einräumung des Nießbrauchs zugunsten ihres verstorbenen Vaters verbunden hätten, nicht einmal peripher. Sie diene allein der im Interesse aller Beklagten liegenden Abwehr von Störungen durch außenstehende Dritte in Gestalt der Kläger.

 

Die Beklagte zu 1) beantragt im Rahmen ihrer Berufung, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und auch die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen insoweit unter Verteidigung des angefochtenen Urteils, die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.

II.

Sowohl die Berufung der Kläger als auch die Berufung der Beklagten zu 1) sind statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufungen sind jedoch unbegründet.

1. Die Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg. Die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten zu 2) und 3) sowie die Klauselerteilungen waren nicht für unzulässig zu erklären, weil der titulierte Anspruch nicht durch den Tod des ursprünglichen Nießbrauchsberechtigten Wolfgang Warnken erloschen ist. Die Beklagten zu 2) und 3) sind vielmehr kraft Heimfalls des Nießbrauchs Anspruchsinhaber geworden und damit zugleich Rechtsnachfolger des verstorbenen Titelgläubigers.

a) Die Klage ist zwar, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, mit dem Klageantrag zu 1) – Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus den rechtskräftigen Urteilen – als Vollstreckungsabwehrklage nach Maßgabe des § 767 ZPO statthaft. Denn die Kläger haben mit ihrem Einwand des Erlöschens des Nießbrauchs durch den Tod des ursprünglichen Titelgläubigers eine materiellrechtliche Einwendung gegen den Anspruch nach § 767 Abs. 1 ZPO geltend gemacht. Der Klageantrag zu 2) – Unzulässigerklärung der den Beklagten erteilten Rechtsnachfolgeklauseln – ist als Klage gegen die Vollstreckungsklausel nach §§ 768, 767 ZPO ebenfalls statthaft. Die Klagen nach § 767 ZPO und § 768 ZPO können auch miteinander verbunden werden (Zöller / Herget, 30. Auflage, zu § 768 ZPO, Rn. 1).

b) Richtigerweise hat das Landgericht allein die klägerische Einwendung zum Gegenstand seiner Prüfung gemacht, wonach das Nießbrauchsrecht durch den Tod des ursprünglichen Titelgläubigers vermeintlich erloschen sein soll. Soweit sich die Kläger bis zuletzt zu anderen gegen die titulierten Ansprüche auf Herausgabe und Beseitigung gerichteten Einwendungen und Einreden verhalten, sind sie damit wegen § 767 Abs. 2 ZPO offensichtlich ausgeschlossen und ist ihr diesbezügliches Vorbringen unerheblich. Denn nach § 767 Abs. 2 ZPO sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch betreffen, im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind. Die Kläger haben in ihrer Begründung der vorliegenden Vollstreckungsgegenklage richtigerweise selbst nicht in Abrede genommen, dass die ausgeurteilten Ansprüche aus §§ 985, 1004 BGB bis zum Versterben des Titelgläubigers bestanden. Sie haben sich zunächst folgerichtig als nachträglich entstandene Einwendung im Sinne von § 767 Abs. 2 ZPO ausschließlich auf das Erlöschen des Nießbrauchs durch dessen Tod als einzig vermeintlich erheblichen Umstand für die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch die Beklagten im Wege der Rechtsnachfolge berufen.

aa) Der Ausschluss gilt zunächst für den vorgebrachten Einwand, der Anspruch auf Beseitigung des Anbaus bestehe nicht oder sei zumindest nicht durchsetzbar, weil die Zustimmung zum Abbruch durch die übrigen Eigentümer der klägerischen WEG verweigert werde und ihre Erzwingung im Klagewege aussichtslos sei. Bei richtiger Betrachtung handelt es sich bei diesem Einwand der fehlenden Zustimmung vorrangig um eine materiellrechtliche Einwendung gegen den Beseitigungsanspruch selbst. Denn er zielt – unter Berücksichtigung des gesamten Sachvorbringens der Kläger im Berufungsverfahren – offensichtlich darauf ab, dass ihnen die Erfüllung der Beseitigungspflicht in Ermangelung der Zustimmung rechtlich unmöglich sein soll (§ 275 Abs. 1 BGB). Dabei handelt es sich aber ersichtlich nicht um eine nachträgliche Einwendung gemäß § 767 Abs. 2 ZPO, sondern um eine solche, die schon in dem damaligen Verfahren erster Instanz vor dem Landgericht Bremen zum Az. 8 O 1570/04 hätte geltend gemacht werden können und müssen. Denn schon damals lag die Zustimmung der übrigen Eigentümer der klägerischen WEG nicht vor. Außerdem sind die Kläger ungeachtet einer Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO aufgrund ihres Anerkenntnisses der Beseitigungspflicht im Anschluss an die den Herausgabeanspruch betreffenden Revisionsentscheidung des BGH (Urteil vom 16.1.2004 – V ZR 243/03) mit der Berufung auf sämtliche Einwendungen und der Geltendmachung sämtlicher Einreden ausgeschlossen, die ihnen bei Abgabe der Anerkenntniserklärung am 21.1.2004 bekannt waren oder mit denen sie rechneten. Hierzu gehört auch der Einwand, zum Abriss des Überbaus nicht in der Lage zu sein, weil einzelne Miteigentümer Teile eines gemeinschaftlichen Gebäudes nicht ohne die Zustimmung der übrigen Miteigentümer abreißen dürfen und ohne diese daher nicht zum Abriss verurteilt werden können. Die Kläger haben durch ihr Anerkenntnis die Verpflichtung übernommen, das Einverständnis der übrigen Miteigentümer zum Abriss des Überbaus herbeizuführen (BGH Urteil vom 30.5.2008 – V ZR 184/07 -, Rn. 12, in juris).

Nachdem die angeblich immer noch fehlende Zustimmung der übrigen Eigentümer der klägerischen WEG zum Abriss des Anbaus als materiellrechtliche Einwendung gegen den titulierten Beseitigungsanspruch sowohl wegen des Anerkenntnisses der Kläger vom 21.1.2004 als auch wegen der durch § 767 Abs. 2 ZPO angeordneten Präklusion unerheblich ist, tangiert sie allenfalls noch die zulässige Art und Weise der Zwangsvollstreckung des titulierten Beseitigungsanspruches durch die Beklagten zu 2) und 3). Hierzu hat der Senat (Beschluss vom 8.7.2009 – 1 W 14/09) in dem Verfahren 8 O 1570/04 auf eine gegen die Zwangsvollstreckung des Verstorbenen gerichtete sofortige Beschwerde der Kläger bereits festgestellt, dass der Vollstreckungsgläubiger in Ermangelung der Zustimmung nur nach § 888 Abs. 1 ZPO vorgehen kann, wenn dessen Voraussetzungen auch im Übrigen vorliegen.

bb) Die Kläger sind darüber hinaus mit dem materiellrechtlichen Einwand endgültig ausgeschlossen, die Erfüllung der Beseitigungspflicht sei wegen der Höhe der Abrisskosten unverhältnismäßig und ihnen wirtschaftlich unzumutbar. Zum einen handelt es sich dabei wiederum um eine Einwendung, die ihnen schon im Rahmen des Rechtsstreits um den titulierten Beseitigungsanspruch bekannt war und von ihnen tatsächlich erhoben wurde, weil sie auch die damaligen Kosten von angeblich 90.000,00 € für unzumutbar hielten. Deswegen ist auch dies keine nachträgliche Einwendung im Sinne des § 767 Abs. 2 ZPO. Zum anderen scheitert der Einwand der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit an dem in § 275 Abs. 2 S. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz, wonach das Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 2 S. 1 BGB auch davon abhängt, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat. So verhält es sich aber bei den Klägern. Denn zu der von ihnen anerkannten Verpflichtung ist es nur deshalb gekommen, weil sie, wie der BGH in seiner Entscheidung vom 30.5.2008 (V ZR 184/07, Rn. 20, in juris) festgestellt hat, bei dem Erwerb des Teileigentums der Ausdehnung des Gebäudes auf das Grundstück des Beklagten keine Beachtung geschenkt und so den Mangel des ihnen verkauften Teileigentums nicht erkannt haben. Soweit eine Inanspruchnahme des Verkäufers wegen dessen Insolvenz aussichtslos ist, liegt dies außerhalb des Risikobereichs der Beklagten. Außerdem hatten es die Kläger nach der zugrunde gelegten Auffassung des BGH auch nach der Aufdeckung des Rechtsmangels in der Hand, die Verpflichtung zur Beseitigung des Überbaus zu vermeiden oder dadurch aufzuschieben, dass sie die dem Beklagten geschuldete Miete weiter bezahlten oder das Angebot des Beklagten annahmen, in den Mietvertrag einzutreten. Statt dies zu tun, haben sie den Beklagten mit ihrem Verhalten Anlass gegeben, den Mietvertrag zu kündigen und damit die Situation geschaffen, deren Folgen sie als wirtschaftlich unzumutbar ansehen. Damit aber schließt die im Rahmen von § 275 Abs. 2 BGB gebotene Wertung des Verhaltens der Kläger es aus, ihnen das Recht zu eröffnen, die geschuldete Leistung zu verweigern (BGH V ZR 184/07, Rn. 15 bis 21, in juris). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung zu dem konkreten Fall hat jede Preissteigerung hinsichtlich der Beseitigungskosten als Folge des eigenen Handelns der Kläger außer Betracht zu bleiben.

cc) Soweit die Kläger im Berufungsverfahren immer noch zu einer Verjährung des Beseitigungsanspruchs vortragen, hilft ihnen dies für die Abwehr der Zwangsvollstreckung des rechtskräftig titulierten Beseitigungsanspruchs offensichtlich nicht weiter. Denn bereits rechtskräftig festgestellte Ansprüche verjähren gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB erst nach 30 Jahren. Die Verjährungsfrist hat mit der Rechtskraft des Urteils zu laufen begonnen. Sie gilt auch gegenüber dem Rechtsnachfolger, also den Beklagten zu 2) und 3).

c) Die Kläger können sich im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) und 3) aber auch nicht mit Erfolg auf das nachträgliche Erlöschen der titulierten Herausgabe- und Beseitigungsansprüche berufen. Denn nach zutreffender Auffassung des Landgerichts ist der Nießbrauch des Verstorbenen ihnen als Eigentümer des vormals dienenden Grundstücks heimgefallen und insoweit nicht gemäß § 1061 S. 1 BGB durch den Tod von Wolfgang Warnken nachträglich erloschen.

aa) Zwar trifft es zu, dass das Nießbrauchsrecht des verstorbenen Titelgläubigers wegen § 1061 S. 1 BGB, der dessen Erlöschen mit dem Tod anordnet, unvererblich gewesen ist. Es war also nicht Gegenstand des Nachlasses und konnte nicht im Wege der erbrechtlichen Universalsukzession auf die Beklagten übergehen. § 1061 BGB bildet nämlich für den Nießbrauch eine gesetzliche, unabdingbare Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Erben als Gesamtrechtsnachfolger vollumfänglich in die Rechtsposition des Erblassers eintreten. Sie werden also nicht aufgrund ihres Erbrechts selbst nießbrauchsberechtigt, sondern das nießbrauchsbedingte Nutzungsrecht erlischt in Bezug auf die Erben kraft Gesetzes mit dem Tod des Erblassers. Mithin kann die hier zur Rede stehende Rechtsnachfolge in die titulierten Herausgabe- und Beseitigungsansprüche richtigerweise nicht aus dem Erbrecht der Beklagten abgeleitet werden. Das schließt aber den Fortbestand des Nießbrauchs unter einem anderen, in der Person des potentiellen Rechtsnachfolgers begründeten Gesichtspunkt nicht aus. Einen solchen relevanten Aspekt stellt vorliegend das Eigentum der Beklagten zu 2) und 3) an dem vormals dienenden Grundstück dar. Der Nießbrauch des Erblassers fällt also, statt insoweit zu erlöschen, an den Eigentümer zurück (Staudinger, BGB/Frank, Neubearbeitung 2009, zu § 1056 BGB, Rn. 1; jurisPK-BGB/Lenders, 7. Auflage 2014, § 1061 BGB, Rn. 8).

Aufgrund des Heimfalls ist der Grundstückseigentümer – als Voraussetzung der Erteilung einer Vollstreckungsklausel für einen von diesem erwirkten Titel – auch Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchers. Mit dem Tod des Nießbrauchers, der neben der Beendigung des Nießbrauchs (§ 1061 BGB) dessen Heimfall an den Eigentümer herbeigeführt hat, ist somit der Eigentümer in die sich aus dem Titel ergebende Rechtsstellung des Nießbrauchers eingetreten. Er hat damit den Nachweis seiner Rechtsnachfolge geführt (OLG Celle Rechtspfleger 1953, 82 f., für den Fall eines durch den verstorbenen Nießbrauchsberechtigten erwirkten gerichtlichen Vergleichs).

bb) Der die Rechtsnachfolge der Beklagten zu 2) und 3) bewirkende Heimfall des Nießbrauchsrechts des Verstorbenen an sie als Eigentümer des vormals dienenden Grundstücks entspricht auch, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, dem anwendbaren Rechtsgedanken des § 889 BGB. Danach erlischt ein Recht an einem fremden Grundstück nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht erwirbt. Das BGB lässt also beschränkt dingliche Rechte, zu denen der Nießbrauch zählt, am eigenen Grundstück ausdrücklich zu. Dies gilt nur dann nicht, wenn beschränkt dingliche Rechte, wie Vormerkung und Hypothek, betroffen sind, die eine gesicherte Forderung voraussetzen, die der Eigentümer nicht gegen sich haben kann. Beschränkt dingliche Rechte an dem eigenen Grundstück können nicht nur anfänglich bestellt werden, sondern – wie hier – nachträglich durch Zusammentreffen von Eigentum und ursprünglichen Fremdrecht in einer Person entstehen (Palandt / Bassenge, 73. Auflage 2014, zu § 889 BGB, Rn. 1). Dass die Gesetzesregelung des § 889 BGB vor allem die Rangwahrung zugunsten des Eigentümers im Blick hat, schließt die Zuhilfenahme des dortigen Rechtsgedankens für die hiesige Konstellation nicht aus. Die Interessenlage ist sogar absolut vergleichbar, denn durch den Heimfall des Nießbrauchs an die Eigentümer wird zwar keine grundbuchrechtliche Rangwahrung bewirkt, wohl aber die Wahrung der Stellung der beklagten Grundstückseigentümer in Bezug auf die bereits titulierten Eigentumsrechte. Hinzu kommt, dass der Heimfall eines Nießbrauchsrechts kraft Gesetzes – abgesehen vom Tod des Nießbrauchers (§ 1061 BGB) – nur noch in zwei weiteren, hier nicht gegebenen Konstellationen ausgeschlossen ist. Zum einen soll § 889 BGB gemäß § 1063 BGB ausdrücklich nicht gelten, wenn der Nießbrauch an einer beweglichen Sache mit dem Eigentum in derselben Person zusammentrifft. Zum anderen erlischt der Nießbrauch nach §§ 1072, 1063 BGB bei Vereinigung des Nießbrauchs an einem Recht mit dem belasteten Recht. Diese Ausnahmen gelten auch für den Nießbrauch an einem Grundstücksrecht, wie etwa dem Erbbaurecht. Einen solchen gesetzlich ausdrücklich angeordneten Erlöschenstatbestand sieht das BGB für die Vereinigung des Nießbrauchs an einem Grundstück – insbesondere im Gegensatz zum Nießbrauch an einem Grundstücksrecht – mit dem Eigentum an dem Grundstück aber gerade nicht vor. Deswegen können nach der Gesetzessystematik in der hiesigen Konstellation allein der Rechtsgedanke und die Gesetzesintention des § 889 BGB zum Tragen kommen, wonach eine Vereinigung beider Rechte eintritt, und der dazu führt, dass das Nießbrauchsrecht des Verstorbenen den Beklagten zu 2) und 3) als Grundstückseigentümer heimfällt.

cc) Einen nicht hinzunehmenden, unlösbaren Wertungswiderspruch zu dem in § 1061 BGB zwingend angeordneten Erlöschen des Nießbrauchs mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten löst die Annahme des Heimfalls an den Eigentümer des vormals dienenden Grundstücks ebenfalls nicht aus. Wenn durch § 1061 BGB der allgemeine Gesetzesgrundsatz durchbrochen wird, wonach die Rechtsnachfolge des Erben allumfassend ist (sog. Universalsukzession) und sich damit prinzipiell auf alle dem Vermögen des Erblassers zugehörigen Sachen und Rechte erstreckt, ist der Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift jedenfalls auf das absolut notwendige Maß unter Beachtung des aufgezeigten Normzwecks zu beschränken. Anderenfalls würde nämlich das gesetzlich statuierte Verhältnis von Regel und Ausnahme in sein Gegenteil verkehrt. Sinn und Zweck des § 1061 S. 1 BGB ist es, den Grundstückseigentümer nicht mit dem Nießbrauchsrecht eines Dritten zu belasten, dem er nicht das gleiche persönliche Vertrauen entgegenbringt wie dem Erblasser. Richtigerweise erfasst sind damit insbesondere die häufigeren Fälle, in denen der Nießbrauchsberechtigte stirbt, seine Erben aber nicht zugleich Eigentümer des vormals dienenden Grundstücks sind und in keinem verwandtschaftlichen oder sonst persönlichen Näheverhältnis zum Grundstückseigentümer stehen. Insbesondere für diese Fälle ordnet § 1061 S. 1 BGB zugunsten des Eigentümers, der gegen seinen Willen nicht mit dem ererbten Nießbrauchrecht eines „Fremden“ belastet werden soll, dem er nicht das gleiche Vertrauen entgegenbringt wie dem Erblasser, das automatische Erlöschen mit dem Tod des Nießbrauchsberechtigten an.

dd) Zuletzt ist die aus dem Heimfall an die Beklagten zu 2) und 3) als Eigentümer resultierende Rückausnahme von der gesetzlichen Ausnahmeregelung, dass das Nießbrauchsrecht mit dem Tod des Berechtigten erlischt, in der vorliegenden Konstellation gerade auch interessengerecht. Denn dem Eigentümer, der ursprünglich das Nießbrauchsrecht eingeräumt hatte, würde der titulierte Beseitigungsanspruch jedenfalls („erst Recht“) unter den gleichen Voraussetzungen zustehen wie dem vormaligen Nießbrauchsberechtigten. Es wäre deswegen ungerechtfertigter Formalismus, wenn man ihn allein wegen des Versterbens des nießbrauchsberechtigten Titelgläubigers darauf verweisen würde, die ihm als Eigentümer ebenfalls unmittelbar und unter denselben Prämissen zustehenden Ansprüche auf Herausgabe und Beseitigung nach §§ 985, 1004 BGB erneut gerichtlich durchzusetzen. Diese Vorgabe würde in sachlich nicht gerechtfertigter, unbilliger Weise dazu führen, dass die Kläger einem bestehenden und rechtskräftig festgestellten Anspruch abermals entgegentreten und dessen Verwirklichung weiter zeitlich hinauszögern könnten. Ihnen wäre dann zumindest formal die Möglichkeit eröffnet, den Beklagten zu 2) und 3) in einem neuerlichen Rechtsstreit die gleichen Einwände entgegenzubringen, die aus denselben Gründen gegen sie als Eigentümer nicht durchgreifen könnten, wie sie in den beiden, jeweils über drei Instanzen und mehrere Jahre geführten Verfahren gegenüber dem verstorbenen Titelgläubiger für unerheblich befunden wurden.

ee) Entgegen der zuletzt geäußerten Auffassung der Kläger ist die Annahme eines Heimfalls an den Grundstückseigentümer auch nicht auf das Erbbaurecht beschränkt oder von der vertraglichen Vereinbarung eines Heimfallgrundes abhängig. Zwar sieht § 2 Nr. 4 ErbbauRG für das Erbbaurecht die Möglichkeit der Vereinbarung eines Heimfalls an den Eigentümer ausdrücklich vor. Bei dieser Regelung handelt es sich aber lediglich um eine Klarstellung, dass die Parteien den Heimfall an den Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen frei vertraglich vereinbaren können. So kann als Voraussetzung des Heimfalls z. B. auch vertraglich vereinbart werden, dass dieser mit dem Tod des Erbbauberechtigten eintreten soll, der Tod also Heimfallgrund kraft Vertrages wird (dazu Staudinger, BGB / Rapp, Neubearbeitung 2009, zu § 2 ErbbauRG, Rn. 21). Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der vertraglichen Vereinbarung von Heimfallgründen schließt es selbstverständlich nicht aus, dass der Heimfall unter bestimmten Voraussetzungen ungeachtet einer solchen Vereinbarung automatisch eintritt. Die zusätzliche, wegen des grundsätzlich über allem stehenden Prinzips der Vertragsfreiheit ohnehin nur deklaratorische Gesetzesregelung, beim Erbbaurecht Heimfallgründe ausdrücklich vereinbaren zu können, führt jedenfalls nicht zwingend zu dem Umkehrschluss, dass ein Heimfall nur in den gesetzlich positiv festgeschriebenen Fällen – also beim Erbbaurecht und beim Vorliegen eines im ErbbauRG genannten Heimfallgrundes – eintreten kann. Dieser Negativschluss wäre nur dann zwingend, wenn eine Gesetzesregelung existierte, die einen Heimfall des Nießbrauchs generell oder unter den hiesigen Voraussetzungen ausdrücklich verbieten würde. Die Bestimmung des § 2 Nr. 4 ErbbauRG vermag die Richtigkeit der hier maßgeblichen Auffassung, wonach dem Eigentümer das Nießbrauchsrecht des Verstorbenen heimfällt, also nicht zu widerlegen.

ff) Anders als die Kläger meinen ist der Heimfall des Nießbrauchsrechts des Verstorbenen an die Beklagten zu 2) und 3) auch nicht auf den Tod der Beklagten zu 1) hinausgeschoben. Denn die Beklagte zu 1) konnte ihr jetziges Nießbrauchsrecht gerade aufgrund der gesetzlichen Ausnahmebestimmung des § 1061 S. 1 BGB nicht durch Erbschaft im Wege der Universalsukzession erwerben. Im Hinblick auf sie, die nicht Eigentümerin ist, ist das vormalige Nießbrauchsrecht des Verstorbenen, aus dem allein eine Rechtsnachfolge in die titulierten Ansprüche abgeleitet werden kann, kraft gesetzlicher Anordnung endgültig erloschen. Die Beklagte zu 1) hat damit ausschließlich ein originäres, durch den Tod ihres verstorbenen Ehemannes aufschiebend bedingtes Nießbrauchsrecht von den Beklagten zu 2) und 3) als verpflichtete Grundstückseigentümer erhalten.

2. Die Berufung der Beklagten zu 1) ist ebenfalls unbegründet.

Das angefochtene Urteil lässt auch insoweit keinen Rechtsfehler erkennen, als es die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte zu 1) antragsgemäß für unzulässig erklärt und ihr die Titelumschreibung mit der Begründung verwehrt hat, sie sei im Gegensatz zu den Beklagten zu 2) und 3) nicht Grundstückseigentümerin, sondern ausschließlich Inhaberin eines eigenen, originären Nießbrauchsrechts.

Die Beklagte zu 1) war im Gegensatz zu den Beklagten zu 2) und 3) nämlich zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin des ehemals dienenden Grundstücks P.-Str. 99. Sie hat einzig aufschiebend bedingt durch den Tod des Verstorbenen ein eigenes, originäres Nießbrauchsrecht erworben. Der Erwerber des zweiten, bedingten Nießbrauchs erwirbt diesen vom Eigentümer, hier also die Beklagte zu 1) von den Beklagten zu 2) und 3). Er tritt damit weder materiellrechtlich, noch prozessual in die aus dem Nießbrauch folgenden Rechte des ersten Nießbrauchers ein (Münchener Kommentar zum BGB / Pohlmann, 6. Auflage 2013, Rn. 14; Erman Kommentar zum BGB/Bayer, § 1061 BGB, Rn. 1). Weil das Nießbrauchsrecht aber – abgesehen von der hier in Bezug auf die Beklagten zu 2) und 3) relevanten Ausnahme des Heimfalls an den Grundstückseigentümer – gemäß § 1061 S. 1 BGB mit dem Tod erlischt und unvererblich ist, konnte der Nießbrauch des Verstorbenen nicht im Wege der Erbfolge auf die Beklagte zu 1) übergehen.

Mithin ist die Beklagte zu 1) mangels Eigentums an dem Nießbrauchsgrundstück, auf das es für die Rechtsnachfolge in die titulierten, grundstücksbezogenen Ansprüche allein ankommt, richtigerweise anders zu behandeln als die Beklagten zu 2) und 3). Auf ihr eigenes, erst mit dem Tod des Verstorbenen entstandenes Nießbrauchsrecht kann die Beklagte zu 1) eine Berechtigung zur Zwangsvollstreckung aus den vom Verstorbenen erstrittenen Urteilen sowie auf Titelumschreibung deswegen nicht stützen, da sie dieses Nießbrauchsrecht bei zutreffender rechtlicher Bewertung nicht von dem Verstorbenen durch Erbschaft, sondern von den Eigentümern, also von den Beklagten zu 2) und 3), originär kraft vertraglicher Vereinbarung erworben hat. Wenn aber nicht einmal das Vollrecht an dem dienenden Grundstück eine Rechtsnachfolge in die titulierten Ansprüche bewirken kann, muss dies erst Recht für die Anwartschaft der Beklagten zu 1) gelten. Denn das Anwartschaftsrecht hatte bis zu seinem Erstarken zum Vollrecht durch den Tod des Verstorbenen als vereinbarte aufschiebende Bedingung nur die Gestalt eines wesensgleichen Minus. Es bezog sich ebenfalls ausschließlich auf ihr originäres, von den Beklagten zu 2) und 3) eigeräumten Nießbrauchsrecht und nicht auf den mit Ausnahme des Heimfalls erloschenen Nießbrauch des Verstorbenen.

Somit wäre die Beklagte zu 1) – wollte sie eigenständig Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen die Kläger anstrengen – anders als die Beklagten zu 2) und 3) als Eigentümer des dienenden Grundstücks darauf zu verweisen, den Herausgabe- und Beseitigungsanspruch trotz der rechtskräftigen Titulierung durch ihren verstorbenen Ehemann selbst gerichtlich geltend zu machen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Da die Kläger mit ihrer gegen die Beklagten zu 2) und 3) gerichteten Berufung erfolglos geblieben sind, während die Beklagte zu 1) nur mit ihrer alleinigen Berufung unterlegen ist, waren die Kosten des Berufungsverfahrens verhältnismäßig aufzuteilen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.

Aufgrund der hier im Rahmen der vorläufigen Vollstreckbarkeit festgesetzten Sicherheitsleistung und der Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO entfällt das Bedürfnis der Kläger für die vom Landgericht zu ihren Gunsten getroffene einstweilige Anordnung, wonach die Zwangsvollstreckung bis zur Rechtskraft des Urteils eingestellt bleiben sollte. Die einstweilige Anordnung war deswegen aufzuheben.

IV.

Die Revision war auf den Antrag der Kläger zuzulassen.

Die Zulassung der Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung und zur Rechtsfortbildung geboten. Denn die hier entscheidungserhebliche und durch den Senat bejahte Rechtsfrage, ob der Eigentümer des vormals dienenden Grundstücks Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchsberechtigten kraft Heimfalls wird, ist weder gesetzlich geregelt, noch existiert hierzu gefestigte obergerichtliche oder gar höchstrichterliche Rechtsprechung. Inzident klärungsbedürftig und von grundsätzlicher Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang die durch den Senat verneinte Frage sein, ob die Annahme eines Heimfalls an den Grundstückseigentümer in einem relevanten Wertungswiderspruch zu dem gemäß § 1061 S. 1 BGB gesetzlich angeordneten Erlöschen des Nießbrauchs mit dem Tod Berechtigten steht.

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