Grabbeigabe vor Vermächtnis: OLG Frankfurt stärkt Testamentsvollstreckerwillen
Im Mittelpunkt des Urteils des OLG Frankfurt, Az.: 21 W 120/23, steht die Frage, ob die Anordnung eines Erblassers bezüglich der Grabbeigabe – speziell die Beilegung einer Goldkette mit Eheringen im Sarg – Vorrang vor testamentarisch festgelegten Vermächtnissen hat. Das Gericht entschied, dass die Handlung des Testamentsvollstreckers, der die Kette dem Sarg beifügte, einem möglichen letzten Wunsch der Erblasserin entsprach und somit keine grobe Pflichtverletzung darstellt.
Trotz Kontroversen zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker über die Ausführung des letzten Willens und die Handhabung von Vermächtnisgegenständen wurde der Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers abgewiesen, da keine eindeutige grobe Pflichtverletzung nachgewiesen werden konnte.
Übersicht
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✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Gericht urteilte, dass der letzte Wille der Erblasserin, vertreten durch den Testamentsvollstrecker, bezüglich der Grabbeigabe Vorrang hat.
- Die Beifügung der Goldkette mit Eheringen zum Sarg durch den Testamentsvollstrecker wurde als möglicher letzter Wunsch der Erblasserin angesehen.
- Es wurde kein Beweis für eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers gefunden.
- Der Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers wurde abgewiesen.
- Das Gericht betonte die Wichtigkeit, den mutmaßlichen Willen der Erblasserin zu respektieren.
- Persönliche Spannungen zwischen den Erben führten nicht zur Entlassung des Testamentsvollstreckers.
- Der Wert des Streitgegenstands und die Kosten der Testamentsvollstreckung wurden berücksichtigt.
- Die Entscheidung verdeutlicht die Komplexität der Testamentsvollstreckung und die Notwendigkeit, den Erblasserwillen genau zu ermitteln und umzusetzen.
Vorrang des Erblasserwillens in der Testamentsvollstreckung
Im deutschen Erbrecht hat der letzte Wille des Erblassers oberste Priorität. Um diesen Willen auch nach seinem Tod umzusetzen, kann eine Testamentsvollstreckung angeordnet werden. Dabei handelt es sich um eine verantwortungsvolle Aufgabe, bei der der Testamentsvollstrecker die Anweisungen des Erblassers gewissenhaft ausführt. Dies kann beispielsweise die Verwaltung des Nachlasses, die Verteilung von Vermögenswerten oder die Umsetzung von Auflagen beinhalten. Die Testamentsvollstreckung trägt dazu bei, dass der Nachlass im Sinne des Erblassers verwaltet und verteilt wird, auch wenn dieser nicht mehr selbst darüber verfügen kann. Beachtet der Testamentsvollstrecker den Erblasserwillen nicht oder nicht richtig, kann das zu Konflikten führen. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zeigt, wie die Gerichte dabei vorgehen, wenn es um die Frage des Vorrangs lebzeitiger Aufträge des Erblassers vor Vermächtnisanordnungen geht.
In einem bemerkenswerten Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, Az.: 21 W 120/23, drehte sich alles um die letztwilligen Anordnungen einer im Jahr 2022 verstorbenen Erblasserin und die daraus resultierenden rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Erben und dem ernannten Testamentsvollstrecker. Die Erblasserin und ihr bereits 2008 verstorbener Ehemann hatten in einem gemeinschaftlichen Testament ihre drei gemeinsamen Kinder als Erben des zuletzt Versterbenden eingesetzt und zusätzlich Vermächtnisse zu deren Gunsten ausgesetzt, darunter speziell die Zuwendung des mütterlichen Schmucks an die Beteiligte zu 3.
Testamentsvollstreckung als Kern des Erbstreits
Nach dem Tod der Erblasserin übernahm der zuvor bestimmte Testamentsvollstrecker, ein Sohn der Verstorbenen, seine Rolle und begann mit der Ausführung des Testaments, was zum Kern des Konflikts führte. Besonders kontrovers war die Handhabung eines bestimmten Stücks des Nachlasses, einer Goldkette mit den Eheringen der Eltern, die bei der Beisetzung der Erblasserin in den Sarg gelegt wurde. Dies geschah trotz der testamentarisch festgelegten Zuwendung des Schmucks an die Beteiligte zu 3, was eine intensive rechtliche Auseinandersetzung nach sich zog.
Die rechtliche Herausforderung der Testamentauslegung
Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Auslegung des Testaments und der Anwendung der Testamentsvollstreckung. Der Testamentsvollstrecker argumentierte, dass die Beilegung der Goldkette samt Eheringen einem letzten Wunsch der Erblasserin entsprach und somit seine Handlung gerechtfertigt sei. Die Beteiligten zu 1 und 3 sahen darin jedoch eine schwere Pflichtverletzung, die die Entlassung des Testamentsvollstreckers rechtfertigen würde, da ein wesentlicher Vermögenswert dem Nachlass und somit der Vermächtnisnehmerin entzogen worden sei.
Gerichtliche Bewertung der Pflichten und Rechte des Testamentsvollstreckers
Das Nachlassgericht und später das Oberlandesgericht Frankfurt mussten sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Handlung des Testamentsvollstreckers als Pflichtverletzung anzusehen sei. In der gerichtlichen Bewertung stand die Glaubhaftigkeit der Darstellung des Testamentsvollstreckers, dass er einem lebzeitigen Wunsch der Erblasserin nachgekommen sei, im Mittelpunkt. Das Gericht fand keine hinreichenden Beweise für eine grobe Pflichtverletzung und wies den Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zurück. Es wurde betont, dass selbst bei Annahme einer Pflichtverletzung diese nicht als grob zu bewerten sei, da der Testamentsvollstrecker in dem Glauben gehandelt habe, den Willen der Erblasserin zu erfüllen.
Schlüsselentscheidungen und ihre Begründung
Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht die Komplexität der Rechte und Pflichten eines Testamentsvollstreckers sowie die Bedeutung der testamentarischen Auslegung. Die Richter legten dar, dass der Wille der Erblasserin, sofern er glaubhaft vom Testamentsvollstrecker vertreten wird, eine zentrale Rolle in der Bewertung seiner Handlungen spielt. Darüber hinaus wurde klargestellt, dass für die Entlassung eines Testamentsvollstreckers eine grobe Pflichtverletzung nachgewiesen werden muss, was in diesem Fall nicht der Sachlage entsprach.
Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte, dass ohne eindeutige Beweise für eine grobe Pflichtverletzung oder die Missachtung des klaren Willens der Erblasserin der Testamentsvollstrecker in seinem Amt verbleibt.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was versteht man unter einem lebzeitigen Auftrag des Erblassers?
Unter einem lebzeitigen Auftrag des Erblassers versteht man eine Anweisung oder Verfügung, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten erteilt hat und die Auswirkungen auf die Erbfolge oder die Verteilung des Nachlasses nach seinem Tod hat. Dies kann beispielsweise die Anordnung einer Ausgleichungspflicht für lebzeitige Zuwendungen sein, die der Erblasser seinen Abkömmlingen gemacht hat.
Wenn der Erblasser seinen Abkömmlingen zu Lebzeiten Vermögenswerte überträgt, kann dies den Nachlass und damit die Erbansprüche der übrigen Miterben verringern. Um eine gerechte Verteilung des Nachlasses zu gewährleisten, sieht das deutsche Erbrecht in bestimmten Fällen eine Ausgleichungspflicht vor. Diese Pflicht bedeutet, dass der Empfänger einer lebzeitigen Zuwendung diese im Erbfall an seinen Erbteil anrechnen lassen muss. Die Ausgleichungspflicht besteht jedoch nur, wenn gesetzliche Erbfolge eingetreten ist oder wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
Die Ausgleichungspflicht betrifft in der Regel nur Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder und Enkel, und nicht Ehegatten oder Verwandte anderer Ordnungen wie Geschwister oder Eltern. Eine Ausgleichungspflicht kann auch für bestimmte Arten von Zuwendungen, wie beispielsweise eine Ausstattung gemäß § 2050 Absatz 1 BGB, gesetzlich vorgesehen sein oder durch den Erblasser angeordnet werden.
Zusammengefasst ist ein lebzeitiger Auftrag des Erblassers also eine zu Lebzeiten getroffene Regelung, die darauf abzielt, die Verteilung des Nachlasses nach seinem Tod zu beeinflussen, indem sie beispielsweise eine Ausgleichungspflicht für bestimmte Zuwendungen vorsieht.
Wie wirkt sich ein lebzeitiger Auftrag auf Vermächtnisanordnungen aus?
Ein lebzeitiger Auftrag des Erblassers kann sich auf Vermächtnisanordnungen auswirken, indem er die Verteilung des Nachlasses und die Erfüllung von Vermächtnissen beeinflusst. Ein Vermächtnis ist eine testamentarische Verfügung, durch die der Erblasser einer Person (dem Vermächtnisnehmer) einen bestimmten Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass diese Person Erbe wird. Der Vermächtnisnehmer hat einen Anspruch gegen die Erben auf Auszahlung oder Übergabe der Zuwendung.
Wenn der Erblasser zu Lebzeiten bestimmte Zuwendungen gemacht hat, die auf den Nachlass angerechnet werden sollen, kann dies die Höhe des Nachlasses und damit die Erfüllbarkeit von Vermächtnissen beeinflussen. Beispielsweise können lebzeitige Zuwendungen an Abkömmlinge unter bestimmten Voraussetzungen bei der Erbauseinandersetzung ausgeglichen werden müssen. Dies kann dazu führen, dass der Wert des Nachlasses, der für die Erfüllung von Vermächtnissen zur Verfügung steht, reduziert wird.
Die Ausgleichungspflicht kann nur unter Abkömmlingen bestehen und nicht im Verhältnis zu anderen Erben wie dem Ehegatten. Sie kommt in Betracht, wenn die Abkömmlinge aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erben geworden sind oder in einem Testament auf den gesetzlichen Erbteil eingesetzt wurden. Der Erblasser kann jedoch den Ausgleich bei der Zuwendung oder testamentarisch ausschließen.
Zusammenfassend kann ein lebzeitiger Auftrag des Erblassers, insbesondere in Form von ausgleichspflichtigen Zuwendungen, die Verfügbarkeit des Nachlasses für Vermächtnisse beeinträchtigen, indem er die Höhe des Nachlasses reduziert und somit die Mittel, die für die Erfüllung von Vermächtnissen zur Verfügung stehen.
§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil
- § 2227 BGB (Entlassung des Testamentsvollstreckers): Erlaubt die Entlassung eines Testamentsvollstreckers bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, wie z.B. grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Im vorliegenden Fall war strittig, ob die Handlungen des Testamentsvollstreckers eine grobe Pflichtverletzung darstellen.
- § 2203 BGB (Pflichten des Testamentsvollstreckers): Verpflichtet den Testamentsvollstrecker, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers auszuführen. Im Urteil relevant für die Bewertung, ob das Beilegen der Goldkette als Grabbeigabe den Pflichten des Testamentsvollstreckers widersprach.
- § 2040 BGB (Gemeinschaftliche Verfügung von Miterben): Regelt, dass Verfügungen über Nachlassgegenstände grundsätzlich nur von allen Miterben gemeinsam vorgenommen werden können. Dies betrifft auch den Widerruf eines vom Erblasser erteilten Auftrags.
- §§ 662 ff. BGB (Dienstvertrag und ähnliche Verträge): Umfassen Regelungen zu Aufträgen, die auch nach dem Tod des Erblassers wirksam sein können. Im Kontext des Urteils relevant für die Auslegung eines möglichen Auftrags der Erblasserin an den Testamentsvollstrecker.
- § 2205 BGB (Schenkungsverbot für Testamentsvollstrecker): Verbietet Testamentsvollstreckern, ohne Zustimmung der Erben Schenkungen aus dem Nachlass zu tätigen. Im Urteil wird diskutiert, ob die Beigabe der Goldkette als unzulässige Schenkung zu werten ist.
- § 59 Abs. 2 FamFG (Beschwerdeberechtigung): Bestimmt, wer gegen gerichtliche Entscheidungen im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie Erbschaftsangelegenheiten, Beschwerde einlegen darf. Im Urteil für die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts relevant.
- § 84 FamFG (Kostenentscheidung bei Beschwerdeverfahren): Regelt, wer die Kosten eines Beschwerdeverfahrens zu tragen hat, typischerweise der unterliegende Teil. Im vorliegenden Fall bedeutend für die Kostenentscheidung nach erfolgloser Beschwerde.
Diese Paragraphen bilden das rechtliche Gerüst des Urteils und illustrieren die Komplexität der Materie im Erbrecht, insbesondere im Bereich der Testamentsvollstreckung und der Ausführung letztwilliger Verfügungen.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 21 W 120/23 – Beschluss vom 14.12.2023
Gründe
I.
Die am ….2022 verstorbene Erblasserin und ihr am ….2008 vorverstorbener Ehemann hatten sich mit notariellem gemeinschaftlichen Testament vom 18.06.2001 (Bl. 10 ff. d.A.) wechselseitig zum Alleinerben des Erstversterbenden und die Beteiligten zu 1) bis 3) als ihre gemeinsamen Kinder zu Erben des Letztversterbenden eingesetzt. Ferner setzten die Eheleute Vermächtnisse zugunsten der Beteiligten zu 1) bis 3) aus. Der Beteiligten zu 3) wurde hierbei der Schmuck ihrer Mutter zugewendet, wobei es ihr überlassen bleibe, ihren Schwägerinnen jeweils ein Schmuckstück zu schenken. Gemäß Abschnitt V 2 des gemeinschaftlichen Testaments war der Längstlebende berechtigt, Testamentsvollstreckung hinsichtlich der Erbteile der Kinder anzuordnen. Ferner stand dem Längstlebenden gemäß Abschnitt V 1 des Testaments insbesondere das Recht zu, die ausgesetzten Vermächtnisse auch nach Ableben des anderen Ehegatten zu Lebzeiten einseitig abzuändern.
Mit notariell beurkundeter Ergänzung des gemeinschaftlichen Testaments vom 15.04.2008 (Bl. 87 ff. d.A.) ordnete die Erblasserin nach Ableben des Vaters der Beteiligten zu 1) bis 3) Testamentsvollstreckung an und bestimmte den Beteiligten zu 2) zum Testamentsvollstrecker mit der Aufgabenstellung, Vermächtnisse zu erfüllen und die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Erben zu bewirken.
Nach Ableben der Erblasserin nahm der Beteiligte zu 2) mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 27.01.2022 (Bl. 64 d.A.) das Testamentsvollstreckeramt an und begann seine Tätigkeit. Hierbei nahm er den Schmuck der Erblasserin an sich, der zu diesem Zeitpunkt auch eine Goldkette (Lichtbild Bl. 123 d.A.) mit den daran angebrachten Eheringen der Eheleute umfasste.
Der Beteiligte zu 1) teilte dem Beteiligten zu 2) mit Mailschreiben vom 24.01.2022 (Bl. 297R f. d.A.) seine Wünsche hinsichtlich der künftigen Tätigkeit des Beteiligten zu 2) mit und bat um Abstimmung hinsichtlich der Beisetzung der Erblasserin. Mit Mailschreiben an die Beteiligten zu 1) und 3) vom 25.01.2022 (Bl. 158 d.A.) kündigte der Beteiligte zu 2) an, dass die Beisetzung der Erblasserin am 02.02.2022 stattfinden werde.
Mit Mailschreiben an die Beteiligten zu 1) und 3) vom 31.01.2022 (Bl. 166 d.A.) nahm der Beteiligte zu 2) sodann zu dem nach seiner Einschätzung kontrovers gebliebenen Verlauf einer Besprechung der Beteiligten am 27.01.2022 Stellung.
Mit Mailschreiben vom 07.02.2022 (Bl. 124 d.A.) wurde die für ihn schon damals tätige Rechtsanwältin A (nunmehrige Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2)) aus Anlass der für nunmehr auf den 11.02.2022 festgesetzten Beisetzung der Erblasserin von der Beteiligten zu 3) darauf hingewiesen, dass die Beteiligten zu 1) und 3) nichts dagegen hätten, wenn der Beteiligte zu 2) die Eheringe der Eheleute in den Sarg der Erblasserin lege. Jedoch bäten die Beteiligte zu 2) und 3), davon abzusehen, anderen Schmuck der Erblasserin anderweitig zu verwenden, als dies im Testament vorgesehen sei.
Der Beteiligte zu 2) legte bei der Beisetzung der Erblasserin die Eheringe der Eheleute dem Sarg zusammen mit der Goldkette bei, an der die Eheringe von der Erblasserin angebracht worden waren.
Das von dem Beteiligten zu 2) am 17.03.2022 auf Stand 17.03.2022 erstellte und am 23.03.2022 bei dem Nachlassgericht eingereichte Nachlassverzeichnis (Bl. 128 ff. d.A.) weist einen Aktivnachlass von 918.954,17 € aus. Zu Pos. 1.6 „persönliche Gegenstände“ hat der Beteiligte zu 2) darin ausgeführt, dass er eine goldfarbene Halskette mit Ringen der Eheleute auf letzten Wunsch der Erblasserin hin im Sarg beigelegt habe. Unter Position 3 des Nachlassverzeichnisses wird als Vermächtnisgegenstand der in Fotoanlage 2 des Verzeichnisses (Bl. 139 ff d.A.) dargestellte weitere Schmuck der Erblasserin dargestellt.
Der Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 18.03.2022 (Bl. 122 d.A.) die Entlassung des Beteiligten zu 2) beantragt und zur Begründung ausgeführt, der Beteiligte zu 2) habe eine schwere, seine Entlassung rechtfertigende Pflichtverletzung begangen, indem er die in Frage stehende Goldkette ohne Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 3) zusammen mit den Eheringen der Eheleute dem Grab beigegeben habe, statt sie als Teil der Vermächtniszuwendung an die Beteiligte zu 3) dieser auszuhändigen. Die Goldkette im Wert von 5.000,00 € habe einen wesentlichen Nachlasswert ausgemacht, den der Beteiligte zu 2) durch seine Vorgehensweise dem Nachlass und der Beteiligten zu 3) als Vermächtnisnehmerin entzogen habe. Zudem habe der Beteiligte zu 2) die Beisetzung der Erblasserin veranlasst, ohne die Beteiligten zu 1) und 3) auf den Ablauf der Beisetzung Einfluss nehmen zu lassen. Mit Schreiben vom 31.05.2022 hat er den Entlassungsantrag ferner darauf gestützt, dass der Beteiligte zu 2) unausgewogene, ihn einseitig begünstigende Vorschläge zur Aufteilung des Nachlasses gemacht habe und hierdurch das Vertrauensverhältnis zu den übrigen Miterben zerstört worden sei.
Die Beteiligte zu 3) hat sich dem Antrag des Beteiligten zu 1) angeschlossen. Die Erblasserin habe ihr immer wieder versichert, dass die Beteiligte zu 3) ihren gesamten Schmuck erhalten solle. Vor ihrem Tod habe die Erblasserin mit der Beteiligten zu 3) besprochen, dass die Beteiligte zu 3) auch die von dem Beteiligten zu 2) dem Grab der Erblasserin beigegebene Kette erhalten solle, um sie nach Ableben der Erblasserin an deren Stelle zu tragen. Es habe sie tief verletzt, dass der Beteiligte zu 2) die Kette gleichwohl unmittelbar nach Ableben der Erblasserin an sich genommen habe. Ihr Mailschreiben an den Beteiligten zu 2) vom 07.02.2022 habe nur zum Ausdruck gebracht, dass der Beteiligte zu 2) die Eheringe der Eltern in das Grab der Erblasserin legen dürfe, nicht aber auch die dem Schmuck zugehörige Kette, an der sie angebracht waren.
Der Beteiligte zu 2) ist dem Vorwurf einer groben Pflichtverletzung mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 14.04.2022 (Bl. 143 ff. d.A.) entgegengetreten. Mit seinem Vorgehen sei er nur einem ihm unmittelbar vor ihrem Ableben von der Erblasserin mitgeteilten Wunsch nachgekommen, im Falle ihres Ablebens die Goldkette mit den darin angebrachten Eheringen der Eheleute mit in den Sarg zu legen. Die Goldkette habe zudem nicht den Hauptbestandteil des Schmuckbestands der Eheleute ausgemacht und sei keinesfalls mit 5.000,00 € zu bewerten. Ferner sei auch der gegen ihn erhobene Vorwurf unberechtigt, dass er unausgewogene, wertmäßig ihn begünstigende Vorschläge zur Aufteilung der Nachlassgegenstände unterbreitet habe.
Das Nachlassgericht hat in der Sitzung vom 13.02.2023 (Bl. 284 ff. d.A.) die Beteiligten sowie eine Zeugin zu der Frage angehört, ob es einem lebzeitigen Wunsch der Erblasserin entsprochen habe, neben den Eheringen der Eheleute auch die Goldkette, an der sie angebracht waren, als Grabbeigabe in den Sarg der Erblasserin zu legen.
Mit Beschluss vom 24.03.2023 (Bl. 309 ff. d.A.) hat das Nachlassgericht den Antrag der Beteiligten zu 1) und 3) auf Entlassung des Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker zurückgewiesen. Dem Beteiligten zu 2) sei nicht zu widerlegen, dass er mit seiner Vorgehensweise einem lebzeitig geäußerten Wunsch der Erblasserin nachgekommen sei. Seine dazu abgegebene Darstellung erscheine glaubhaft. Jedenfalls sei sie nicht durch die Angaben der übrigen Beteiligten widerlegt worden. Soweit der als Zeuge gehörte Ehemann der Beteiligten zu 3) bekundet habe, dass die Erblasserin ihm vor ihrem Ablegen bestätigt habe, dass die Beteiligte zu 3) die Kette erhalten solle, an der die Eheringe der Eheleute angebracht waren, schließe dies nicht aus, dass die Erblasserin sich zu späterem Zeitpunkt in der von dem Beteiligten zu 2) geschilderten Weise umentschlossen und ihm gegenüber den Wunsch geäußert hatte, die Kette samt darin angebrachten Eheringen in ihren Sarg legen zu lassen. Zudem sei eine Entlassung des Beteiligten zu 2) selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn allein die Beifügung der Eheringe einem Wunsch der Erblasserin entsprochen habe. Die Entlassung setze eine nach § 2227 BGB als grob zu wertende Pflichtverletzung voraus. Der Beteiligte zu 2) habe jedenfalls in dem Glauben gehandelt, einem entsprechenden Wunsch der Erblasserin zu befolgen. Für eine vorsätzliche Abweichung von ihrem Willen seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Zudem fehle es auch an Anhaltspunkten dafür, dass der Beteiligte zu 2) grob fahrlässig gehandelt habe.
Der Beteiligte zu 1) hat gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 20.04.2023 zugestellten Beschluss mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 17.05.2023 (Bl. 308 d.A.) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat der Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 05.07.2023 (Bl. 315 ff. d.A.) ausgeführt: Der Beteiligte zu 2) habe selbst dann dem Willen der Erblasserin zuwidergehandelt, wenn seine Darstellung als zutreffend unterstellt werde, dass er die Goldkette der Erblasserin aufgrund eines ihm gegenüber geäußerten Wunschs der Erblasserin dem Grab beigefügt habe. In diesem Wunsch der Erblasserin sei ein Auftrag der Erblasserin im Sinne der §§ 662 ff. BGB zu sehen, den die Beteiligte zu 3) mit ihrem Mailschreiben vom 07.02.2022, dass sie keine Beigabe der Kette wünsche, kraft ihrer Stellung als Miterbin in gemäß § 671 Abs. 1 BGB wirksamer Weise widerrufen habe. Zudem habe der Beteiligte zu 2) durch die unentgeltliche Beifügung der Goldkette gegen das Schenkungsverbot aus § 2205 BGB verstoßen und auch in dieser Hinsicht pflichtwidrig gehandelt. Wenn das Nachlassgericht geltend gemacht habe, dass jedenfalls eine grobe Pflichtwidrigkeit verneint werden müsse, da dem Beteiligten zu 2) jedenfalls keine vorsätzliche grob fahrlässige Missachtung des Erblasserwillens angelastet werden könne, sei die Beweislast verkannt worden. Es spreche ein Anscheinsbeweis für die Annahme, dass er mit der Beifügung der Goldkette dem Willen der Erblasserin zuwidergehandelt habe, da sich der Wille der Erblasserin bereits aus ihrem gemeinschaftlichen Testament ersehen lasse. Zudem sei auch die Darstellung des Beteiligten zu 2) unglaubhaft, dass er den Beteiligten zu 1) und 3) seine Absicht, mit den Eheringen auch die Goldkette dem Grab beizulegen, schon vor der Beisetzung offengelegt habe. Damit stehe in Widerspruch, dass eine derartige Absicht von dem Beteiligten zu 2) weder in der in seinem Mailschreiben vom 25.01.2022 vorgeschlagenen Agenda noch in seinem umfassenden Vermerk vom 27.01.2022 zu der von ihm beabsichtigten Vorgehensweise festgehalten worden sei.
Der Beteiligten zu 3) ist der Beschluss des Nachlassgerichts am 18.04.2023 zugestellt worden (Bl. 305. d.A.). Sie hat mit Schreiben vom 16.07.2023 (Bl. 326 d.A.) ausgeführt, dass sie mit der von dem Beteiligten zu 1) eingelegten Beschwerde und den gestellten Anträgen übereinstimme und diesen nichts hinzuzufügen habe.
Der Beteiligte zu 2) tritt der Beschwerde entgegen. Das Einverständnis der Beteiligten zu 3) mit der Beigabe auch der Goldkette ergebe sich aus ihrem Mailschreiben vom 07.02.2022. Zudem bleibe er dabei, dass er mit der Beigabe der Kette einen ihm gegenüber geäußerten Wunsch der Erblasserin befolgt habe. Der von ihm als Testamentsvollstrecker zu befolgende Wille der Erblasserin schließe auch ihm gegenüber nur mündlich geäußerte Wünsche und Absichten ein. Jedenfalls habe er mit seiner Vorgehensweise nur dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin entsprochen.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.09.2023 (Bl. 331 d.A.) nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Beschwerde sei nicht abzuhelfen, da die für den Vorwurf einer groben Pflichtverletzung beweisbelasteten Beschwerdeführer beweisfällig geblieben seien.
Der Beteiligte zu 1) hält mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 27.10.2023 (Bl. 347 ff. d.A.) an seinem Entlassungsantrag fest. Der Beteiligte zu 2) habe nicht nachzuweisen vermocht, dass er den aus dem Testament ersichtlichen Willen der Erblasserin, der Beteiligten zu 2) ihrem gesamten Schmuck einschließlich der Goldkette zukommen zu lassen, ohne Vorsatz missachtet habe. Die gegenteilige Auffassung der Beteiligten zu 3) sei ihm schon aus deren Mailschreiben vom 07.02.2022 bekannt gewesen.
II.
1. Soweit die Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 16.07.2023 (Bl. 326 d.A.) ausgeführt hat, dass sie mit der von dem Beteiligten zu 1) eingelegten Beschwerde übereinstimme, kann dies nicht als Einlegung einer selbständigen Beschwerde gewertet werden. Die für die Beteiligte zu 3) gemäß § 63 Abs. 1 FamFG maßgebliche Frist zur Einlegung einer Beschwerde gegen den ihr am 18.04.2023 zugestellten Beschluss des Nachlassgerichts war bereits seit dem 18.05.2023 verstrichen. Es kann nicht angenommen werden, dass die Beteiligte zu 3) mit diesem Schreiben gleichwohl eine schon wegen Versäumung der Beschwerdefrist unzulässige Beschwerde einlegen wollte. Vielmehr handelt es sich dabei ersichtlich allein um eine Stellungnahme der Beteiligten zu 3) zu der ihr von dem Nachlassgericht am 13.07.2023 zugestellten Beschwerdebegründung des Beteiligten zu 1). Dies wird auch durch ihre sodann ausgebliebene Beteiligung am weiteren Beschwerdeverfahren bestätigt.
2. Die hiernach allein von dem Beteiligten zu 1) eingelegte Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Beteiligte zu 1) hinsichtlich der Ablehnung seines gemäß § 2227 BGB gestellten Antrags auf Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Testamentsvollstreckeramt gemäß § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdebefugt.
3. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für die von dem Beteiligten zu 1) gemäß § 2227 BGB beantragte Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Testamentsvollstreckeramt liegen nicht vor.
Zutreffend ist das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass eine Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Testamentsvollstreckeramt nicht nach § 2227 BGB gerechtfertigt erscheint.
Gemäß § 2227 BGB kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Miterben entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Gesetz nennt als nicht abschließend zu verstehende Beispiele eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers sowie dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.
Eine Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung wird mit der Beschwerde nicht geltend gemacht. Der Beteiligte zu 1) macht dem Beteiligten zu 2) allein eine grobe Pflichtwidrigkeit zum Vorwurf. Dieser Vorwurf greift nicht durch.
a) Bereits eine objektive Pflichtwidrigkeit des Beteiligten zu 2) ist nicht ersichtlich. Zwar ist der Testamentsvollstrecker nach § 2203 BGB insbesondere verpflichtet, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen. Dazu gehört die Erfüllung der von dem Erblasser ausgesetzten Vermächtnisse. In dem notariellen Testament der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehegatten war der Beteiligten zu 3) der Schmuck der Erblasserin vermacht worden. Hierzu gehört auch die von dem Beteiligten zu 2) dem Grab beigegebene Goldkette der Erblasserin. Ferner werden im üblichen Sprachgebrauch auch Eheringe zum Schmuck gerechnet.
Für eine ergänzende oder erläuternde Auslegung der Vermächtnisanordnung der testierenden Eheleute dahin, dass sie von der Vermächtniszuwendung an die Beteiligte zu 3) eine zum Schmuck der Ehefrau gehörende Goldkette sowie die Eheringe der Eheleute ausgenommen hätten, um ihre Verwendung als Grabbeigabe zu ermöglichen, fehlt es auch dann an zureichenden Anhaltspunkten, wenn als zutreffend unterstellt wird, dass dies einem kurz vor ihrem Ableben geäußerten Wunsch der letztverstorbenen Ehefrau entsprochen haben soll. Denn für die Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments ist allein ein bei beiden Eheleuten gemeinschaftlich bestehender Wille maßgeblich. Dass eine Verwendung der Goldkette als Grabbeigabe einem schon bei Testamentserrichtung im Jahre 2001 wirklich oder mutmaßlich bestehenden Wunsch des vorverstorbenen Vaters der Beteiligten zu 1) bis 3) entsprochen haben soll, liegt fern.
Durch das von ihr zugunsten der Beteiligten zu 3) ausgesetzte Vermächtnis war die Erblasserin jedoch nicht daran gehindert, noch zu ihren Lebzeiten über den der Beteiligten zu 3) als Vermächtnis zugewendeten Schmuck oder Teile davon zu verfügen. Sie war deshalb insbesondere auch nicht gehindert, noch zu ihren Lebzeiten einer Vertrauensperson einen sodann für diese nach §§ 662 ff. BGB rechtsverbindlichen Auftrag zu erteilen, die in Frage stehende Goldkette nebst den Eheringen nach ihrem Ableben als Grabbeigabe zu verwenden.
Einem ihm in dieser Weise gemäß §§ 662 ff. BGB erteilten Auftrag der Erblasserin durfte der Beteiligte zu 2) nachkommen, ohne dass dies als objektiv pflichtwidriger Verstoß gegen seine Pflichten als Testamentsvollstrecker gewertet werden könnte. Denn er durfte zumindest nach den Grundsätzen einer rechtfertigenden Pflichtenkollision dem ihm erteilten Auftrag der Erblasserin den Vorzug gegenüber seinen Pflichten als Testamentsvollstrecker einräumen.
Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Beteiligte zu 3) den lebzeitigen Auftrag der Erblasserin vor seiner Ausführung durch den Beteiligten zu 2) durch ihr Mailschreiben vom 07.02.2022 widerrufen habe. Denn der Widerruf eines Auftrags stellt eine Verfügung im Sinne des § 2040 BGB dar, die nur von allen Miterben gemeinschaftlich vorgenommen werden kann (vgl. Staudinger/Löhning, BGB, 2020, § 2040 BGB Rn. 7). Es liegt anders als für den Widerruf einer von dem Erblasser erteilten Vollmacht, die von jedem Miterben mit Wirkung für seine Person einzeln widerrufen werden kann (vgl. Staudinger/Löhning, BGB, § 2040 BGB Rn. 12).
Zudem war der Erbengemeinschaft mit Anordnung der Testamentsvollstreckung auch die Befugnis zur Entscheidung über den Widerruf eines von der Erblasserin erteilten Auftrags entzogen worden und auf den Beteiligten zu 2) übergegangen.
Die objektive Feststellungslast für ein pflichtwidriges Verhalten des Beteiligten zu 2) liegt bei dem Beteiligten zu 1) als Antragsteller des Entlassungsverfahrens, da eine Entlassung nach § 2227 BGB nur in Betracht kommt, wenn eine grobe Pflichtwidrigkeit des Testamentsvollstreckers feststeht.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch das Nachlassgericht ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass die Erblasserin entsprechend der Darstellung des Beteiligten zu 2) ihm gegenüber kurz vor ihrem Ableben den Wunsch geäußert hatte, die Kette mit daran angehängten Eheringen als Grabbeigabe zu verwenden. Ein solcher Sinneswandel ist keineswegs schon allein deshalb ausgeschlossen, weil die Erblasserin sich nach Schilderung anderer von dem Nachlassgericht gehörter Auskunftspersonen zuvor dahin geäußert hatte, dass die Beteiligte zu 2) auch diese Kette erhalten solle. Die Erblasserin kann sich durchaus angesichts ihres nahenden Todes anders entschieden haben, als es zuvor von ihr bekundet worden war.
b) Zudem würde sich das Verhalten des Beteiligten zu 2) nicht einmal dann als eine im Sinne des § 2227 BGB grobe Pflichtverletzung darstellen, wenn man von einer objektiv fehlenden Beauftragung des Beteiligten zu 2) durch die Erblasserin ausgehen wollte.
Eine im Sinne des § 2227 BGB grobe Pflichtverletzung liegt nur vor, soweit die Pflichtverletzung sich als objektiv erheblich und subjektiv schuldhaft darstellt (vgl. Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2227 BGB Rn. 4). Die objektive Feststellungslast für die Umstände, auf die sich die Wertung als grobe und nicht nur einfache Pflichtverletzung stützen soll, liegt gleichfalls auf Seiten dessen, der die Entlassung des Testamentsvollstreckers betreibt, hier somit auf Seiten des Beteiligten zu 1).
Nach diesen Maßstäben geht zu Lasten des Beteiligten zu 1), dass es an zureichenden Anhaltspunkten für eine Einstufung als grobe Pflichtverletzung fehlt.
Zwar kommt als grobe Pflichtverletzung grundsätzlich auch die Missachtung der letztwilligen, gegebenenfalls durch Auslegung festzustellenden Anordnungen des Erblassers in Betracht (vgl. OLG Zweibrücken RPfleger 1989, 370; BayObLG FamRZ 2000, 573; Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2227 BGB Rn. 3). Jedoch fehlt es auch in dieser Hinsicht sowohl am objektiven wie auch am subjektiven Moment einer groben Pflichtwidrigkeit.
In objektiver Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Beteiligte zu 2) nur ein Einzelstück aus dem Gesamtbestand an Schmuckstücken der Erblasserin entnommen hatte. Auch der Beteiligte zu 1) stellt nicht in Frage, dass der übrige Schmuck der Erblasserin weiterhin vorhanden ist und für eine Vermächtniszuwendung an die Beteiligte zu 3) zur Verfügung steht. Ferner macht die in Frage stehende Goldkette selbst nach Auffassung des Beteiligten zu 1) mit 5.000,00 € nur einen geringfügigen Anteil des insgesamt ausweislich des Nachlassverzeichnisses des Beteiligten zu 2) vom 17.03.2022 mit etwa 950.000,00 € zu veranschlagenden Aktivnachlasses aus. Ferner hat der Beteiligte zu 2) jedenfalls nicht eigennützig gehandelt. Eine Einstufung als grobe Pflichtwidrigkeit erscheint auch nicht schon allein deshalb gerechtfertigt, weil der Beteiligte zu 2) im formalen Sinn in gemäß § 2205 BGB unentgeltlicher Weise über die Goldkette der Erblasserin verfügt hat, wenn er sie als Grabbeigabe verwendet hat, ohne das dem Nachlass hierbei ein wertmäßiges Äquivalent für die Goldkette zugeflossen wäre.
Vielmehr steht auch einer solchen Wertung der Umstand entgegen, dass der Beteiligte zu 2) sich nach seiner unwiderlegt geblieben Darstellung bei seiner Vorgehensweise einem Wunsch der Erblasserin verpflichtet gefühlt hat. Damit fehlt es jedenfalls an einem in subjektiver Hinsicht als grob einzustufendes Verschulden des Beteiligten zu 2). Denn für die Einstufung seiner Pflichtwidrigkeit macht es einen bedeutsamen Unterschied aus, ob er einem von ihm als zumindest sittlich und moralisch verpflichtend empfundenen Wunsch der Erblasserin nachgekommen war, oder auch aus seiner Sicht eine in keiner Weise vom Willen der Erblasserin gedeckte Handlungsweise vorlag, wenn er die Eheringe dem Grab beigab, ohne sie vorher von der Goldkette als einem Teil des der Beteiligten zu 2) vermachten Schmucks abgelöst zu haben.
Unter diesem Gesichtspunkt muss hier jedenfalls eine subjektiv als grob zu wertende Pflichtverletzung verneint werden.
Dem Beteiligten zu 2) ist zudem nicht zu widerlegen, dass eine Beigabe der Kette auch dann von einem Wunsch der Erblasserin gedeckt gewesen war, wenn sie ihn nicht ausdrücklich dazu angewiesen hatte, die Eheringe ihrem Grab samt dieser Kette beizugeben. Die Erblasserin hatte die Ringe schon zu ihren Lebzeiten an die Goldkette angehängt und beides zusammengetragen. Dass jedenfalls die Beigabe der Ringe einem Wunsch der Erblasserin entsprochen hat, wird auch von dem Beteiligten zu 1) nicht in Zweifel gezogen. Es liegt dann keineswegs fern, dass im Verständnis des Beteiligten zu 2) die Eheringe und die Kette sowohl aus seiner eigenen Sicht wie auch aus Sicht der Erblasserin eine Einheit gebildet hatten, und von dem Wunsch nach einer Beigabe der Ringe zugleich auch die Kette umfasst gewesen ist. Sofern dem Beteiligten zu 2) hierbei eine Fehleinschätzung der Willensrichtung der Erblasserin unterlaufen sein mag, wäre dies ebenfalls nicht als grobe, sondern allenfalls als leichte Fahrlässigkeit zu werten.
Dass der Beteiligte zu 2) die Eheringe der Eltern vor Verwendung als Grabbeigabe von der Goldkette trennen müsse, an die sie von der Erblasserin angehängt worden waren, hat zudem auch die Beteiligten zu 3) in ihrem Mailschreiben vom 07.02.2022 nicht ausdrücklich verlangt. Dem Beteiligten zu 2) ist deshalb nicht zu widerlegen, dass er sich in seinem Verständnis auch auf einen fehlenden Widerspruch der Beteiligten zu 3) als Vermächtnisbegünstigte stützen konnte, wenn er die Eheringe der Eltern dem Grab samt dieser Goldkette beigegeben hatte.
Zudem hat der Beteiligte zu 2) diese Verwendung der Kette in dem von ihm am 17.03.2022 aufgestellten Nachlassverzeichnis (Bl. 128 ff. d.A.) sogleich offengelegt und zu keinem Zeitpunkt vor den Beteiligten zu 1) und 3) verheimlicht. Dies spricht ebenfalls dafür, dass der Beteiligte zu 2) bei seiner Handlungsweise in gutem Glauben gewesen ist, hierbei den für ihn jedenfalls sittlich-moralisch verbindlichen Wünschen der Erblasserin nachzukommen.
c) Eine Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Testamentsvollstreckeramt wäre zudem letztlich nicht einmal dann gerechtfertigt, wenn man von einer groben Pflichtwidrigkeit ausgehen wollte. Nach § 2227 BGB ist die Entlassung des Testamentsvollstreckers keine zwingende Rechtsfolge seiner Pflichtwidrigkeit, sondern muss in Ausübung des gerichtlichen Ermessens entschieden werden, ob die Pflichtwidrigkeit seine Entlassung erfordert. Im Rahmen der damit erforderlichen Ermessensausübung ist zu ermitteln, ob auch der Erblasser mutmaßlich bei Kenntnis der Pflichtwidrigkeit von einer Ernennung des Testamentsvollstreckers abgesehen hätte und dies mit den Interessen der übrigen Beteiligten an einer Beendigung oder dem Fortbestand der Testamentsvollstreckung abzuwägen (vgl. Grüneberg/Weidlich, BGB, 2023, § 2227 BGB Rn. 11). Insoweit spricht hier für eine Belassung des Beteiligten zu 2) im Testamentsvollstreckeramt, dass er ausweislich der ihm von der Erblasserin zu Lebzeiten erteilten Generalvollmacht in besonderer Weise das Vertrauen der Erblasserin genossen hat. Ferner ist angesichts des wertmäßig nicht ganz unbedeutenden Nachlassbestands von etwas unter 1,0 Mio Euro ein objektives Bedürfnis für den Fortbestand der Testamentsvollstreckung gegeben, zumal die Auseinandersetzung des Nachlasses zwischen den Miterben erst an ihrem Anfang steht.
Zwar wird aus dem Verfahren auch deutlich, dass persönliche Spannungen zwischen dem Beteiligten zu 2) und den Beteiligten zu 1) und 3) aufgekommen sind. Jedoch ist auch in dieser Hinsicht derzeit nicht ersichtlich, dass der Willen der Erblasserin von dem Beteiligten zu 2) nicht hinreichend beachtet wird oder er sein Amt einseitig zu eigenen Gunsten und unter Verletzung der Interessen der Miterben ausübt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach sollen die Kosten einer erfolglos gebliebenen Beschwerde demjenigen Beteiligten auferlegt werden, der sie eingelegt hat. Für eine davon abweichende Ermessensausübung sind keine durchgreifenden Gesichtspunkte ersichtlich.
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Folglich ist kein ordentliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Senats gegeben.
5. Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 61, 65 GNotKG. Sie richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert der Interessen, denen das Rechtsmittel ausweislich des Antrags des Beschwerdeführers dient. Ziel des Antrags des Beteiligten zu 1) war die Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Amt des Testamentsvollstreckers. Damit ist für den Geschäftswert auch des Beschwerdeverfahrens die spezielle Regelung betreffend das Verfahren über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers in § 65 GNotKG heranzuziehen, nach der der Geschäftswert jeweils 10 Prozent des Werts des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls beträgt, wobei Nachlassverbindlichkeiten nicht abgezogen werden. Den Wert des Nachlasses schätzt der Senat unter Berücksichtigung der Angaben aus dem Nachlassverzeichnis des Beteiligten zu 2) vom 17.03.2022 (Bl. 128 ff. d.A.) auf 900.000,00 €. Der in Position 1.1. bis 1.12 des Verzeichnisses ausgewiesene Aktivnachlass ergibt einen Aktivbestand von 950.000,00 €. Die unter Position 1.14 ausgewiesenen Schenkungen der Eheleute an die Beteiligte zu 3) würden nur in den Aktivnachlass eingehen, wenn der Erblasserin ein Anspruch auf Rückabwicklung dieser Schenkungen gegen die Beteiligte zu 3) zugestanden hätte. Dafür ist nichts ersichtlich. Die in Position 2 des Verzeichnisses ausgewiesenen und als Nachlassverbindlichkeiten anerkennungsfähigen Positionen machen 14.356,90 € und damit rund 15.000,00 € aus. Die von dem Beteiligten zu 2) als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebrachten Kosten der Testamentsvollstreckung stellen keine von dem Erblasser selbst herrührende Schulden dar. Gleiches gilt für die Kosten der Beisetzung und der Grabpflege. Denn hierbei handelt es sich um nicht abzugsfähige Erbfallschulden, also solche Verbindlichkeiten, die erst aus Anlass des Erbfalls entstanden sind, aber nicht schon im Zeitpunkt des Erbfalls und in der Person der Erblasserin begründet waren. Demzufolge kann als fernliegend ausgeschlossen werden, dass sich der auf etwa 950.000,00 € zu veranschlagende Aktivnachlass durch von der Erblasserin selbst herrührende Schulden auf einen Betrag unterhalb von 900.000,00 verringern würde. Bei Ansatz von 10 % hiervon ergibt sich der festgesetzte Wert des Beschwerdeverfahrens von 90.000,00 €.